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Es ist allgemein bekannt, dass Ansprüche nicht zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden können, sondern der Verjährung unterliegen. Hingegen besteht gar nicht so selten eine unzutreffende Vorstellung darüber, wie der Verjährungseintritt unterbunden werden kann – ein Irrtum, der für den Anspruchsteller fatale Folgen haben kann.
Erhebung der Einrede der Verjährung führt zur Klagabweisung
Das Recht, von jemand anderem ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, unterliegt der Verjährung, so steht es in § 194 Abs. 1 BGB. Die Verjährung tritt ein, wenn die gesetzliche Verjährungsfrist abgelaufen ist. Erhebt der Beklagte dann in einem Rechtsstreit die sog. Einrede der Verjährung, wird der Klaganspruch des Klägers abgewiesen, sofern die gerichtliche Überprüfung ergibt, dass Verjährung tatsächlich eingetreten ist. Wichtig in diesem Zusammenhang: Ein verjährter Anspruch besteht nach wie vor, er ist nicht erloschen, sondern (wenn der Beklagte die Einrede der Verjährung erhebt) nicht mehr durchsetzbar. Das Gericht prüft dabei nicht von sich aus, ob ein Anspruch verjährt ist. Versäumt es der Beklagte, rechtzeitig im Gerichtsverfahren die Einrede zu erheben, und stehen dem Anspruch des Klägers keine anderweitigen Rechtsgründe entgegen, wird der Beklagte verurteilt.
Die Erhebung einer Klage wegen eines verjährten Anspruchs ist für den Kläger folglich zwar risikoreich, aber nicht von vornherein aussichtslos. Es besteht ja die Möglichkeit, dass der Beklagte sich aus welchen Gründen auch immer gar nicht gegen die Klage verteidigt und der Kläger ohne Gerichtstermin ein sog. Versäumnisurteil erhält – ein vollwertiges Urteil, aus dem der Kläger die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Und es besteht eben auch die Möglichkeit, dass der Beklagte gar nicht weiß oder dass er vergisst, dass er die Einrede der Verjährung erheben muss, damit sie zur Wirkung kommt.
Es gibt nicht nur eine Verjährungsfrist
Es gibt nicht nur eine Verjährungsfrist, sondern eine Vielzahl von Verjährungsfristen, die unterschiedlich lang sind, sich in verschiedenen Gesetzen und dort an verschiedenen Stellen befinden. Nachfolgend finden Sie eine Auswahl der wichtigsten Verjährungsfristen:
– die sog. regelmäßige Verjährungsfrist, auch Regelverjährung genannt. Sie steht in § 195 BGB und beträgt drei Jahre. Sie findet Anwendung, sofern keine spezielle Verjährungsfrist gilt und gilt z. B. für die meisten Zahlungsansprüche. Sie beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Kläger Kenntnis vom Anspruch erhalten hat. Ist der Anspruch des Klägers z. B. im Jahr 2015 entstanden und hat er auch in diesem Jahr von ihm erfahren, hat die Regelverjährung mit Ablauf des 31.12.2015 zu laufen begonnen und endet am 31.12.2018. Mit Beginn des 01.01.2019 ist sein Anspruch verjährt.
– die Verjährungsfristen der kaufrechtlichen Mängelgewährleistungsansprüche. Sie sind in § 438 Abs. 1 BGB aufgezählt; die wichtigste von ihnen ist die zweijährige Verjährungsfrist gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB, sie gilt für alle beweglichen Verkaufs- und Gebrauchsgüter des täglichen Lebens. Sie beginnt mit Übergabe bzw. Ablieferung der Kaufsache.
– die Verjährungsfristen der werkvertraglichen Mängelgewährleistungsansprüche. Sie sind in § 634a Abs. 1 BGB aufgezählt und beginnen mit der Abnahme des Werkes.
– die Verjährungfrist im nationalen Transportrecht. Sie ist in § 439 Abs. 1 HGB geregelt und beträgt nur ein Jahr (bei Vorsatz oder ihm gleichstehendem Verschulden drei Jahre), beginnend mit dem Tag der Ablieferung des Transportguts bzw. dem Tag, an dem es hätte abgeliefert werden sollen. Diese Frist gilt auch für Verbraucher, z. B. im Zusammenhang mit einem Umzugsvertrag.
– die Verjährungsfrist im Reiserecht. Sie steht in § 651g Abs. 2 BGB und beträgt zwei Jahre, beginnend mit dem Tag, an dem laut Vertrag diese Reise enden sollte.
– die Verjährungsfrist der Ersatzsansprüche des Vermieters. Sie ist in 548 BGB geregelt und beträgt sechs Monate, beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält.
Erstes Mittel der Wahl zur Hemmung der Verjährung: Mahnbescheid oder Klageerhebung
Wie wird die Verjährungsfrist denn nun zum Stillstand gebracht, oder juristisch gesprochen: wie wird sie gehemmt? Die wichtigsten Instrumente sind
– die Zustellung eines gerichtlichen Mahnbescheides an den Gegner. Hierbei ist ausreichend, wenn der Antrag vor Ablauf der Verjährungsfrist bei Gericht eingeht und demnächst an den Gegner zugestellt wird. Ein Zeitraum von 14 Tagen wird von den Gerichten als „demnächst“ anerkannt.
– die Erhebung einer Klage, d. h. Zustellung an den Gegner. Auch hier gilt: Eingang bei Gericht vor Ablauf der Verjährungsfrist reicht, wenn die Zustellung an den Gegner demnächst erfolgt.
– die Geltendmachung der Aufrechnung im Prozess
– die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens
– die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe
Ein außergerichtliches Mahnschreiben des Anspruchstellers hemmt die Verjährung hingegen nicht!
Wir können also zusammenfassen:
Ansprüche unterliegen der Verjährung, welche nach Ablauf ihrer Verjährungsfrist eintritt. Es gibt eine Vielzahl von Verjährungsfristen, deren Beginn und Dauer unterschiedlich sind. Mittel der Wahl für die Hemmung der Verjährung sind Einreichung des Mahnbescheidsantrages oder der Klage möglichst zeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist und nicht erst „auf den letzten Drücker“. Ein außergerichtliches Mahnschreiben des Anspruchstellers hemmt die Verjährungsfrist nicht.
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