Mängelrüge nach über zwei Wochen in der Regel nicht mehr unverzüglich

OLG Köln, Urteil vom 18.03.2014 – 15 U 167/13

Mängelrüge nach über zwei Wochen in der Regel nicht mehr unverzüglich

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 1.3.2013 (90 O 57/11) wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage unter Abänderung des Urteils der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 1.3.2013 (90 O 57/11) abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
I.

1
Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen von der Klägerin geleasten, bei der Beklagten gekauften LKW.

2
Am 5.8.2008 bestellte die Klägerin bei der Beklagten einen LKW S zum Preis von 72.590,00 EUR brutto mit dem späteren amtlichen Kennzeichen XX-XX 000 und schloss am 24.8./24.9.2008 für dieses Fahrzeug einen Leasingvertrag mit der S Trucks Financial Services GmbH. Die Leasinggeberin erwarb das Fahrzeug von der Beklagten. Die Zulassung und Übergabe des LKWs an die Klägerin erfolgten am 18.9.2008. Wegen anschließend erhobener im Einzelnen streitiger Beanstandungen der Klägerin hinsichtlich der Funktion des Katalysators befand sich das Fahrzeug unstreitig jedenfalls am 9.1.2009, am 28.1.2009 und am 26.9.2011 in der Werkstatt der Beklagten. Am 20.2.2010 wurde in einer anderen Werkstatt der NOx-Sensor ausgetauscht. Mit Schreiben vom 26.8.2011 forderte die Klägerin die Beklagte zur Mangelbeseitigung bis zum 5.9.2011 auf. Mit Schreiben vom 5.10.2011 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag.

3
Die Klägerin beantragte die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens (16 OH 9/09 LG Köln), in dem der E-Sachverständige N ein Gutachten vom 28.4.2010 nebst Ergänzung vom 11.10.2010 erstellte, das sich u.a. mit dem vorliegend in Rede stehenden LKW befasst. Wegen des Verfahrensablaufs und des Ergebnisses der Begutachtung wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte verwiesen.

4
Die Klägerin hat in erster Instanz eine Verurteilung der Beklagten zur Rückabwicklung des Kaufvertrages durch Rückzahlung von 54.805,45 EUR an die Leasinggeberin nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des LKWs sowie Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten beantragt und der S Trucks Financial Services GmbH den Streit verkündet. Die Klägerin hat behauptet, dass außer den o.g. von der Beklagten zugestandenen Werkstattaufenthalten weitere Nachbesserungsversuche wegen des Katalysators stattgefunden hätten. Dieser funktioniere indes auch nach dem letzten Werkstattaufenthalt vom 26.9.2011 nicht ordnungsgemäß, da der Fehler bereits zwei Tage später erneut aufgetreten sei. Dies führe dazu, dass eine Warnanzeige („System defekt, sofort Werkstatt aufsuchen, Betriebsstunden unter 50 Stunden“) aufleuchte und nach weiteren 50 Stunden Betriebszeit die Leistung des Fahrzeugs gedrosselt werde.

5
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und das Vorliegen eines Mangels bestritten. Ferner hat sie die Auffassung vertreten, dass die Klägerin jedenfalls gemäß § 377 HGB nicht berechtigt sei, sich auf eine etwaige Mangelhaftigkeit zu berufen, weil sie eine rechtzeitige Rüge versäumt habe. Im Übrigen handele es sich allenfalls um einen Bagatellmangel, dessen Beseitigung lediglich Kosten in Höhe von ca. 1.350,00 EUR verursache und der deshalb nicht zum Rücktritt berechtige.

6
Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als die Beklagte verurteilt wurde, an die S Trucks Financial Services GmbH einen Betrag von 48.292,60 EUR abzüglich 0,07259 EUR für jeden bis zur Übergabe des LKWs über 334.721 km hinaus gefahrenen Kilometer nebst Zinsen zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe des LKWs, sowie der Annahmeverzug der Beklagten festgestellt wurde. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass nach dem im selbstständigen Beweisverfahren eingeholten Sachverständigengutachten von einer Funktionsbeeinträchtigung im Katalysatorsystem am 25.1.2010 und am 8.3.2010 auszugehen sei. Eine erfolgreiche Mangelbeseitigung sei der Beklagten am 26.9.2011 nicht gelungen, da sich aus den Bekundungen der vernommenen Zeugen und der Rechnung der Firma O & T Nutzfahrzeuge GmbH vom 28.9.2011 ergebe, dass die Fehlfunktion kurze Zeit später wieder aufgetreten sei. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Fehler auf der Klägerin zuzurechnenden Umständen beruhe, etwa mangelhafter Qualität des Zusatzstoffes Ad-Blue oder unzureichender Wartung. Der Beklagten sei hinreichend Gelegenheit zur Behebung des Mangels gegeben worden und die Klägerin sei auch nicht gemäß § 377 HGB gehindert, Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Die anzurechnenden Nutzungsvorteile hat das Landgericht ausgehend von einer zu erwartenden Gesamtfahrleistung des LKWs von 1.000.000 km auf 0,07259 EUR pro Kilometer beziffert.

7
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem Urteil vom 1.3.2013 (Bl. 152 ff. GA) Bezug genommen.

8
Hiergegen richten sich die Rechtsmittel beider Parteien:

9
Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung den Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter sowie wiederholt, vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Rechnung der Firma O & T Nutzfahrzeuge GmbH vom 28.9.2011 nicht geeignet sei, den Vortrag der Klägerin zu bestätigen, dass nach dem Werkstattaufenthalt vom 26.9.2011, bei dem – wie die Beklagte behauptet – lediglich Kulanzleistungen erbracht worden seien, ein (angeblicher) Fehler des Katalysators (weiterhin) vorgelegen habe, weil zum einen unklar sei, ob diese Rechnung den LKW mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX 000 oder möglicherweise ein anderes Fahrzeug betrifft, und die Rechnung zum anderen für eine Leistungserbringung bereits am 8.3.2010 erstellt worden sei. Im Übrigen hält die Beklagte daran fest, dass mangelhaftes Ad-Blue und/oder unzureichende Wartung als Fehlerursache in Betracht kommen, und etwaige Gewährleistungsansprüche gemäß § 377 HGB ausgeschlossen sind, weil nach dem Vortrag der Klägerin der Mangel erstmals am 17.12.2008 aufgetreten, gegenüber der Beklagten indes erst am 9.1.2009 angezeigt worden sei. Schließlich meint die Beklagte, dass die vom Landgericht angenommene Gesamtlaufleistung zu hoch und dementsprechend die Höhe der in Abzug gebrachten Nutzungsentschädigung zu gering sei.

10
Die Beklagte beantragt,

11
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

12
Die Klägerin beantragt,

13
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

14
Die Klägerin ist der Auffassung, dass erstinstanzlich unstreitig gewesen sei, dass die Rechnung der Firma O & T Nutzfahrzeuge GmbH vom 28.9.2011 sich auf eine Leistungserbringung am 27.9.2011 bezieht, was ihres Erachtens auch durch die erstinstanzlich vernommenen Zeugen bestätigt wurde. Bei der Angabe des Datums der Leistungserbringung handele es sich erkennbar um ein Versehen. Auf § 377 HGB kann sich die Beklagte nach Meinung der Klägerin schon deshalb nicht berufen, weil – wie sie behauptet – das Fahrzeug nach dem Auftreten des Mangels am 17.12.2008 bereits am 19.12.2008 in die Werkstatt gebracht worden sei. Zum Beleg der Richtigkeit der vom Landgericht angenommenen Gesamtlaufleistung legt die Klägerin die Fotokopie eines Verkaufsprospektes vor.

15
Mit ihrer eigenen Berufung wendet sich die Klägerin gegen die vom Landgericht angenommene Höhe der Nutzungsentschädigung. Sie ist der Auffassung, dass nicht ein Betrag von 0,07259 EUR pro Kilometer, sondern nur von 0,05 EUR pro Kilometer angemessen sei, weil aufgrund der Mangelhaftigkeit lediglich eine eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit bestehe.

16
Die Klägerin beantragt,

17
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die S Trucks Financial Services GmbH einen Betrag von 48.292,60 EUR abzüglich 0,05 EUR für jeden bis zur Übergabe des LKWs über 245.000 km hinaus gefahrenen Kilometer zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 19.11.2008 sowie Zug um Zug gegen Übergabe des LKWs.

18
Die Beklagte beantragt,

19
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

20
Die Beklagte bestreitet, dass der (angebliche) Mangel relevante Auswirkungen auf den Fahrkomfort habe.

21
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 11.2.2014 Bezug genommen. Die Akten des selbstständigen Beweisverfahrens 16 OH 9/09 (Landgericht Köln) waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

22
Abweichend von der erstinstanzlichen Beurteilung steht der Klägerin nach Auffassung des Senats jedenfalls deshalb gegen die Beklagte kein in dem Leasingvertrag vom 24.8./24.9.2008 abgetretener Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags über den LKW aus §§ 437 Nr. 2, 434, 440 BGB i.V.m. §§ 346 ff. BGB oder einem anderen Rechtsgrund zu, weil sie den (angeblichen) Fehler des Ad-Blue-Systems nicht rechtzeitig gerügt hat, so dass die auf vollständige Klageabweisung gerichtete zulässige Berufung der Beklagten begründet ist, während das ebenfalls zulässige Rechtsmittel der Klägerin keinen Erfolg hat.

23
Dem Rücktrittsbegehren steht § 377 HGB entgegen, weil die Klägerin selbst nach Erlangung positiver Kenntnis von dem (angeblichen) Mangel diesen gegenüber der Beklagten nicht unverzüglich beanstandet hat.

24
Hinsichtlich der Anwendbarkeit, der grundsätzlichen Voraussetzungen und der Rechtsfolgen des § 377 HGB kann auf die Ausführungen in dem Urteil des Senats vom 11.9.2012 in dem Verfahren 15 U 56/11, an dem u.a. die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits beteiligt waren, Bezug genommen werden, wo es heißt (Seite 18 UA):

25
„Bei beidseitigen Handelsgeschäften entsteht mit der Ablieferung der Ware nach § 377 Abs. 1 HGB eine Obliegenheit des Käufers zur Untersuchung und Anzeige etwaiger Mängel an den Verkäufer. Die Ware gilt nach § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt, wenn die Anzeige des Mangels nicht rechtzeitig erfolgt ist. Beginn und Dauer der Gesamtrügefrist – Frist für die Untersuchung und für die daran anschließende Mängelanzeige – richten sich danach, ob es sich um einen offenen oder um einen verdeckten Mangel handelt. War der Mangel bei ordnungsgemäßer Untersuchung erkennbar, liegt ein offener Mangel vor und die Frist zur Anzeige beginnt nach § 377 Abs. 1 HBG unmittelbar im Anschluss an die Frist, die für die Untersuchung zur Verfügung steht. War der Mangel nicht erkennbar, beginnt die Anzeigepflicht unverzüglich nach der Entdeckung des Mangels. Die Anforderungen an die Untersuchung hängen ab von der Natur der Ware, Branchengepflogenheiten sowie dem Gewicht der zu erwartenden Mängelfolgen. Dem Käufer aus früheren Lieferungen bekannte Schwachstellen müssen so eher geprüft werden als das Vorliegen von Eigenschaften, die bisher nie gefehlt haben. Im Interesse der Schnelligkeit des Handelsverkehrs sind an die Untersuchungsobliegenheit strenge Anforderungen zu stellen (Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., 2008, § 377 Rn 35; Oetker/Koch, HGB, 2. Auflage, 2011, § 377 Rn 38, 39; BGH, Urteil vom 17.9.2002, X ZR 248/00, zitiert nach juris Rn 21 mwN). Die Beweislast für die unverzügliche Untersuchung und rechtzeitige Absendung der Rüge trägt der Käufer. Bei verdeckten Mängeln obliegt es ebenfalls ihm zu beweisen, dass der Mangel bei der Untersuchung nicht erkennbar war und wann er den Mangel entdeckt hat (Baumbach/Hopt, a.a.O., § 377 Rn 55).“

26
Nach diesen auch auf den vorliegend in Rede stehenden Kaufvertrag zwischen der Beklagten und der Leasinggeberin, hinsichtlich dessen die Klägerin aus abgetretenem Recht vorgeht und bei dem es sich um ein Handelsgeschäft i.S.d. §§ 343, 344 HGB handelt, anwendbaren Grundsätzen liegt zwar aus den in der Verfügung des Landgerichts vom 2.4.2012 dargelegten Gründen keine Rügepflichtverletzung gemäß § 377 Abs. 1 HGB vor. Unabhängig davon, wann der beanstandete Fehler des Ad-Blue-Systems erstmals durch das Aufleuchten einer entsprechenden Warnanzeige aufgefallen ist, ist der Klägerin nicht vorzuwerfen, dass sie den (angeblichen) Fehler nicht schon früher festgestellt hat. Denn bei dem gerügten Mangel handelt es sich nicht um einen solchen, welcher der Klägerin i.S.d. § 377 Abs. 1 HGB bei einer Untersuchung im ordnungsgemäßen Geschäftsgang nach der am 18.9.2008 erfolgten Übergabe des LKWs hätte auffallen können oder müssen, sondern solche Fehler zeigen sich erfahrungsgemäß erst im Laufe des (normalen) Gebrauchs. Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, insoweit gezielte Untersuchungen (z.B. einen Testbetrieb) durchzuführen, sondern sie konnte und durfte darauf vertrauen, dass der LKW ordnungsgemäß funktioniert/e und musste erst bei einem Auftreten des Mangels im normalen Betriebsablauf tätig werden. Dies hat sie indes nicht unverzüglich i.S.d. § 377 Abs. 3 HGB getan, weil selbst nach dem Vorbringen der Klägerin davon auszugehen ist, dass der (angebliche) Mangel, auf den das Rücktrittsbegehren gestützt wird, nämlich das Aufleuchten der Warnanzeige, erstmals am 17.12.2008 auftrat und am 9.1.2009 gegenüber der Beklagten beanstandet wurde.

27
Eine über zwei Wochen nach Entdeckung des Mangels erfolgende Rüge ist jedoch in der Regel nicht mehr unverzüglich (ständige Rechtsprechung: vgl. etwa BGH, Urteil vom 30.1.1985 – VIII ZR 238/83, in: BGHZ 93, 338 ff. m.w.N.).

28
Vorliegend bemerkte die Klägerin nach den Angaben in ihrem Schriftsatz vom 17.1.2012 (Bl. 32 GA) den Mangel durch Aufleuchten der Warnanzeige „System defekt, sofort Werkstatt aufsuchen, Betriebsstunden unter 50 Stunden“ erstmals am 17.12.2008, einem Mittwoch.

29
An diesem Vortrag muss sich die Klägerin auch unter Berücksichtigung der Erörterungen in der Berufungsverhandlung und der Ausführungen in ihrem – nicht nachgelassenen – Schriftsatz vom 12.2.2014 festhalten lassen. Abweichendes folgt insbesondere nicht aus den Schriftsätzen der Klägerin vom 16.5.2012 und vom 23.11.2012, denen ihres Erachtens zu entnehmen ist, dass ein erstmaliges Aufleuchten der Warnanzeige am 17.11.2008 behauptet werden sollte. Ein solches Verständnis ergibt sich aus den dortigen Ausführungen allerdings nicht, weil die Klägerin die vorherige Angabe eines erstmaligen Aufleuchtens der Warnanzeige am 17.12.2008 weder ausdrücklich noch sinngemäß korrigiert hat. Vielmehr hat die Klägerin im Schriftsatz vom 16.5.2012 (Bl. 60 GA) behauptet, dass sich der LKW bereits vor dem 17.12.2008 mehrfach bei der Beklagten befunden habe, was insoweit unstreitig ist, als es – jedenfalls – am 17.11.2008 einen früheren Werkstattaufenthalt gab. Dass dieser in Zusammenhang mit dem Aufleuchten der Warnanzeige stand, ergibt sich indes weder aus dem Vorbringen der Klägerin noch aus dem diesbezüglichen Werkstattbeleg (Anlage K 11). Denn danach wurde der LKW am 17.11.2008 nicht aufgrund Aufleuchtens der o.g. Warnanzeige, sondern offensichtlich wegen einer sonstigen Beanstandung im Zusammenhang mit dem Ad-Blue-System in die Werkstatt der Beklagten gebracht. Auch im Schriftsatz vom 23.11.2012 (Bl. 94 ff. GA) hat sich die Klägerin zwar u.a. mit dem Werkstattaufenthalt vom 17.11.2008 befasst, die Angabe in ihrem Schriftsatz vom 17.1.2012 zum erstmaligen Aufleuchten der Warnanzeige am 17.12.2008 indes ebenfalls nicht revidiert. Dies ist selbst im Anschluss an den Hinweis des Landgerichts vom 3.1.2013 (Bl. 111a GA), der sich u.a. mit dem (angeblichen) Auftreten des (angeblichen) Mangels am 17.12.2008 befasst, nicht geschehen. Hinzu kommt, dass die Klägerin selbst noch zweitinstanzlich im Schriftsatz vom 1.8.2013 (Bl. 264 GA) behauptet, dass der LKW nach dem Auftreten des Mangels am 17.12.2008 bereits am 19.12.2008 in die Werkstatt der Beklagten gebracht worden sei.

30
Das erste Aufsuchen der Werkstatt nach dem 17.12.2008 erfolgte ausweislich der von beiden Parteien eingereichten Unterlagen über Werkstattaufenthalte des in Rede stehenden LKWs erst am 9.1.2009 (vgl. Anlage B 6b), einem Freitag. Selbst wenn man angesichts dieser divergierenden Angaben der Klägerin zum Zeitpunkt des erstmaligen Aufleuchtens der Warnanzeige (17.11.2008 oder 17.12.2008) und des ersten damit in Zusammenhang stehenden Werkstattaufenthalts (17.11.2008, 19.12.2008 oder 9.1.2009) deren Vorbringen nicht bereits als unzureichend qualifiziert, kann nicht davon ausgegangen werden, dass vor dem 9.1.2009 eine Beanstandung wegen des Mangels, auf den das Rücktrittsbegehren gestützt wird, erfolgte.

31
Gerade weil die Klägerin sich darauf beruft, dass die Beanstandung vom 17.11.2008 von der Beklagten nicht (nachhaltig) behoben worden sei, kann es sich auch nicht um denselben Mangel gehandelt haben, der durch das Aufleuchten der Warnmeldung angezeigt wird, da dieser nach dem o.g. Inhalt der Anzeige und der Darstellung der Klägerin u.a. dazu führt, dass nach weiteren 50 Stunden Betriebszeit die Leistung des Fahrzeugs gedrosselt wird. Zwischen den Werkstattaufenthalten am 17.11.2008 und am 9.1.2009 wurden ausweislich der eingereichten Belege (Anlagen K 11 und K 6b) und der dortigen Angabe des jeweiligen km-Standes mit dem LKW jedoch mehr als 10.000 km zurückgelegt, was sich nicht mit einem Aufleuchten der Warnmeldung und einer Leistungsreduzierung nach 50 Stunden Betriebszeit in Einklang bringen lässt.

32
Für einen (angeblichen) weiteren Werkstattaufenthalt am 19.12.2008 fehlt es – jedenfalls – an einem geeigneten Beweisantritt der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin, die insoweit trotz mehrfacher Aufforderungen des Landgerichts (z.B. durch Verfügungen vom 2.4.2012 und 8.6.2012, Bl. 48 f., 63 GA) weder erst- noch zweitinstanzlich konkrete(re) Angaben zu Daten und Anlass von Werkstattaufenthalten gemacht, sondern sich auf eine von der Beklagten vorzulegende Lebenslaufakte und das Zeugnis von Geschäftsführern und Mitarbeitern der Parteien berufen hat. Nachdem der Beklagten durch Beschluss des Landgerichts vom 10.7.2012 (Bl. 72 GA) und dessen Verfügung vom 31.8.2012 (Bl. 84 GA) aufgegeben worden war, die „Lebenslaufakte“ des LKWs vorzulegen, und die Beklagte mit Schriftsatz vom 20.9.2012 (Bl. 89 f. GA) daraufhin die bei ihr vorhandenen Unterlagen (Anlagenkonvolut B 6) eingereicht hatte, hat die Klägerin zwar im Schriftsatz vom 23.11.2012 (Bl. 94 ff. GA) – sinngemäß – behauptet, dass es über die aus den von der Beklagten eingereichten Belegen ersichtlichen Werkstattaufenthalte weitere Termine, u.a. am 19.12.2008, gegeben habe, und hierzu beantragt, der Beklagten aufzuerlegen, einen vollständigen Ausdruck aus ihrem Zentralarchiv betreffend das in Rede stehende Fahrzeug vorzulegen, sowie – wie auch im Schriftsatz vom 1.8.2013 (Bl. 264 GA) – Beweis durch Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als Partei und eigener Mitarbeiter angetreten. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte wiederholt erklärt hat, dass es über die von ihr vorgelegten Unterlagen hinaus keine Belege über (angebliche) weitere Werkstattaufenthalte gibt, sind die erst- und zweitinstanzlichen Beweisangebote der Klägerin jedoch offensichtlich ungeeignet. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass und ggf. woher ohne derartige Unterlagen der Beklagten und/oder eigene Aufzeichnungen der Klägerin der Geschäftsführer der Beklagten oder die als Zeugen benannten Mitarbeiter der Klägerin etwaige Kenntnis von weiteren Werkstattterminen, namentlich einem solchen am 19.12.2008, haben könnten, so dass die Durchführung einer Beweisaufnahme nicht veranlasst ist.

33
Bei einem danach zugrunde zu legenden erstmaligen Auftreten des Mangels, auf den die Klägerin den Rücktritt begründet, am 17.12.2008 und einer anschließenden Verbringung des LKWs in die Werkstatt der Beklagten am 9.1.2009 erfolgte keine rechtzeitige Mangelrüge. Die regelmäßig zugrunde zu legende 2-Wochen-Frist wäre am 31.12.2008 abgelaufen. Selbst wenn man zur Bemessung der Frist für eine rechtzeitige Mangelanzeige die in die Zeit des Jahreswechsels fallenden (drei bzw. fünf) Feiertage zusätzlich berücksichtigt und deshalb von einer Rügefrist von (maximal) drei Wochen, d.h. bis zum 7.1.2009 ausgeht, war der Zeitraum, innerhalb dessen eine Unverzüglichkeit noch bejaht werden könnte, am 9.1.2009 jedenfalls abgelaufen. Dass und ggf. in welcher sonstigen Weise die Klägerin die Beklagte (rechtzeitig) über das Aufleuchten der Warnanzeige in Kenntnis gesetzt hat, bevor das Fahrzeug in die Werkstatt der Beklagten gebracht wurde, ist weder konkret dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Das Vorbringen der Klägerin, dass sämtliche Mängel stets an dem Tage, an dem sie sich zeigten, telefonisch gegenüber der Beklagten gerügt worden seien, ist angesichts seiner Pauschalität nicht erwiderungsfähig und/oder einer Beweisaufnahme zugänglich und steht im Übrigen in Widerspruch zu anderweitigem Vortrag der Klägerin, wonach Beanstandungen ein oder zwei Tage nach Auftreten eines (angeblichen) Mangels, also gerade nicht am selben Tag, erfolgt sein sollen. Ebenfalls gibt es keine Hinweise darauf, dass aus in der Sphäre der Beklagten liegenden Gründen eine rechtzeitige Mängelanzeige, die auch schriftlich ohne die Notwendigkeit, den LKW in die Werkstatt zu verbringen, hätte erfolgen können, nicht möglich gewesen wäre. Soweit die Klägerin in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 12.2.2014 behauptet, dass die Beklagte in dem Zeitraum vom 24.12.2008 bis zum 3.1.2009 Betriebsferien hatte, führt dieses (neue) Vorbringen unabhängig von einer etwaigen Verspätung nicht zu einer abweichenden Betrachtungsweise, weil dies jedenfalls einer fristwahrenden (schriftlichen) Mängelanzeige (z.B. per email oder Telefax) nicht entgegen stand. Auch sonstige Gründe, aufgrund derer ausnahmsweise eine mehr als drei Wochen nach der Feststellung des (angeblichen) Mangels erfolgende Rüge als unverzüglich angesehen werden könnte, liegen nicht vor, zumal die Klägerin sich gerade darauf beruft, dass nach dem Aufleuchten der Warnanzeige eine (nicht leistungsgeminderte) weitere Nutzung nur für 50 Betriebsstunden möglich ist. Eine solche Betriebszeit wird (auch) bei Einhaltung der zulässigen Lenkzeiten innerhalb von (deutlich) weniger als zwei Wochen erreicht, so dass ein unverzügliches Tätigwerden nicht zuletzt auch im eigenen Interesse der Klägerin gelegen hätte und dessen Unterbleiben dazu führt, dass sich die Klägerin auf den (angeblichen) Mangel gemäß § 377 HGB nicht (mehr) berufen kann.

34
Mangels rechtzeitiger Rüge lässt sich das Rücktrittsbegehren somit nicht auf einen (angeblichen) Fehler des Ad-Blue-Systems stützen, so dass es auf die weiteren Rücktrittsvoraussetzungen, insbesondere die zwischen den Parteien kontrovers diskutierte Frage, ob ein solcher Mangel auch nach dem letzten Werkstattaufenthalt am 26.9.2011 noch vorlag, nicht ankommt.

35
Da der Klägerin somit kein Rücktrittsrecht zusteht, ist ihr eigenes Rechtsmittel, das sich gegen die Höhe der vom Landgericht berücksichtigten Nutzungsentschädigung richtet, unbegründet.

III.

36
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

37
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

38
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, waren ebenfalls nicht zu entscheiden.

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