OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. Juni 2020 – 15 U 9/20
Die Bestimmung in den Nutzungsbedingungen eines Hallen- und Freibads „Im Falle der Verweisung aus dem Bad wird das Eintrittsgeld nicht erstattet“ ist nach § 308 Nr. 7 BGB unwirksam.(Rn.33)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 21.11.2019 (Az.: 3 O 97/19) wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Baden-Baden sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf eine Vollstreckung aus dem Unterlassungstenor durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Im Übrigen darf die Beklagte eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des betreffenden Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I.
1
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen (Anlage K 1).
2
Die Beklagte betreibt ein Hallen- und Freibad in B…. In ihren Nutzungsbedingungen (Stand: 15.03.2019, Anlage K 2) findet sich folgende Klausel:
3
„9. Aufsicht
(…)
b. Das Badepersonal übt gegenüber allen Besuchern das Hausrecht aus und ist befugt, Personen, welche die
– Sicherheit und Ordnung gefährden
– andere Badegäste belästigen
– trotz Ermahnungen gegen die Bestimmungen der Haus- und Badeordnung verstoßen aus dem …bad zu verweisen. Der Zutritt kann auf Zeit oder auf Dauer untersagt werden.
c. Im Falle der Verweisung aus dem Bad wird das Eintrittsgeld nicht erstattet.“
4
Die Aufenthaltsdauer ist für einen Einzeleintritt zeitlich nicht beschränkt. Neben dem Einzeleintritt bietet die Beklagte eine günstigere Abendkarte mit Einlass ab 18.00 Uhr, 10-er und 20-er Punktekarten sowie eine Saisonkarte mit Gültigkeit vom 1. Mai bis zum 30. September an.
5
Der Kläger hat die Beklagte vorgerichtlich wegen mehrerer Klauseln in den Nutzungsbedingungen abgemahnt (vgl. Anlagen K 3 und K 4), die Beklagte hat eine Teilunterlassungserklärung abgegeben (Anlage K 7), aber die streitgegenständliche Klausel Ziffer 9 c verteidigt (vgl. Anlage K 8).
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Der Kläger hat vorgetragen, der ersatzlose Verweis aus dem Bad sei nur als Ausfluss einer vorherigen Vertragskündigung denkbar und unterfalle daher § 308 Nr. 7 BGB. Die Beklagte müsse ihrem Vertragspartner ausdrücklich den Nachweis gestatten, dass ein Aufwand in der hier pauschalierten Höhe des gesamten Eintrittsgeldes nicht oder zumindest erheblich niedriger angefallen sei. Das Fehlen dieser Nachweismöglichkeit führe zur Rechtswidrigkeit von Ziffer 9 lit. c. Hier gehe es nicht darum, dass aufgrund eines sachlichen Grundes ein Hausverbot ausgesprochen werden dürfe. Bei Ausspruch eines berechtigten Hausverbotes würde dem Verbraucher die Nutzungsmöglichkeit entzogen, sodass dann das einbehaltene Entgelt (ohne gewährte Nutzung) als Schadensersatzpauschale gewertet werden müsse. Hier sehe § 309 Nr. 5 lit. b BGB vor, dass dem Verbraucher ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, dass ein Schaden in der geltend gemachten Höhe nicht oder zumindest erheblich niedriger angefallen ist.
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Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:
8
1. Der Beklagten wird untersagt, gegenüber Verbrauchern gemäß § 13 BGB die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Verträgen über die Nutzung eines Bades zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen:
9
Im Falle der Verweisung aus dem Bad wird das Eintrittsgeld nicht erstattet.
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2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000 (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
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Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass das schuldrechtliche Vertragsverhältnis als solches wie auch sein Fortbestand nicht Gegenstand von Ziffer 9 lit. c seien. Die Klausel regele allein die Konsequenzen der Ausübung des Hausrechts durch die Beklagte. Mithin greife § 308 Nr. 7 BGB nicht ein. § 309 Nr. 5 lit. b BGB sei nicht anwendbar, weil das Schuldverhältnis fortbestehe und die Beklagte darüber hinaus keine Schadenersatz- oder Wertminderungsansprüche geltend mache, die sie pauschaliere. Ziffer 9 lit. c der Nutzungsbedingungen weiche nicht von Rechtsvorschriften ab, enthalte auch keine diese ergänzenden Regelungen und unterliege deshalb nicht der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 BGB).
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Das Landgericht hat die Beklagte in der angefochtenen Entscheidung, auf die hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrages sowie der Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, antragsgemäß verurteilt. Die beanstandete Klausel verstoße gegen § 308 Nr. 7 b BGB. Bei dem angesprochenen Verweis handele es sich nicht nur um die Ausübung des Hausrechts, sondern er sei notwendigerweise mit einer Kündigung des Nutzungsvertrages verbunden. Bei dem einbehaltenen Eintrittsgeld handele es sich der Sache nach um einen Verwendungsersatz. Nach § 628 BGB hätte der Verbraucher einen Anspruch auf Rückzahlung eines anteiligen Eintrittsgeldes. Die Klausel müsse den Nachweis gestatten, dass der im konkreten Fall angemessene Betrag wesentlich niedriger sei als der pauschalierte Betrag; eine Klausel, die den Gegenbeweis nicht ausdrücklich zulasse, sei unwirksam. Die Verwendung der unwirksamen Klausel indiziere Wiederholungsgefahr. Diese könne nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden, die die Beklagte nicht abgegeben habe. Es komme daher nicht darauf an, dass die Beklagte inzwischen andere Geschäftsbedingungen verwende, die außerdem den gleichen Verstoß aufwiesen.
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Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren ursprünglichen Antrag auf Klageabweisung weiter. Das Landgericht habe bei seiner Entscheidung den Schutzgedanken des § 308 Nr. 7 BGB nicht beachtet. Die Vorschrift ziele darauf ab, dass die vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses für den Verwender nicht vorteilhafter sein dürfe als die Vertragserfüllung. Dadurch würde in unerwünschter Weise ein Anreiz geschaffen, eine vorzeitige Vertragsaufhebung herbeizuführen. Der Kunde solle davor geschützt werden, dass die Ausübung von Rücktritts- oder Kündigungsrechten durch übersteigerte Vergütungs- oder Aufwendungsersatzansprüche ungerechtfertigt erschwert oder gar faktisch unmöglich gemacht werde. Diese Zielrichtung verfolge die Beklagte ersichtlich nicht. Verweise sie den Besucher des Bades, erlange sie dadurch keinerlei Vorteile. Die Auffassung des Landgerichts, der Verweis sei notwendigerweise eine Kündigung des Nutzungsvertrages, sei unzutreffend. Sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck der Bestimmung regele Ziff. 9 lit. b i.V.m. lit. c nur die Ausübung des Hausrechts durch die Beklagte. Damit reflektiere die Klausel den zivilrechtlichen Grundgedanken der Trennung und Abstraktion dinglicher und schuldrechtlicher Rechtsverhältnisse. Aufgrund dieser Trennung berühre die Ausübung des dinglichen Hausrechts das Fortbestehen des schuldrechtlichen Vertragsverhältnisses nicht. Dies habe der BGH in seinem Urteil zum Stadionverbot (NJW 2010, 534 Rn. 11 ff.) ausdrücklich festgestellt. Werde der Nutzer des Bades verwiesen, sei es ihm rein faktisch nicht mehr möglich, diese Einrichtung zu nutzen. Das habe aber keine rechtlichen Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Nutzer und der Beklagten. Gleichfalls unzutreffend sei die Auffassung des Landgerichts, bei dem einbehaltenen Eintrittsgeld handele es sich der Sache nach um einen Verwendungsersatz. § 308 Nr. 7 lit. b BGB betreffe (nur) Bestimmungen, nach denen der Verwender sich eine künftig noch zu erbringende Leistung für Fälle der Kündigung des Vertrages versprechen lasse. Dagegen werde das Eintrittsgeld bereits bei Vertragsschluss gezahlt. Der vom Landgericht zitierte § 628 BGB sei schon deshalb nicht einschlägig, weil es sich bei dem vorliegenden Vertragsverhältnis nicht um einen Dienstvertrag handele. Letztlich sei der Besucher des Bades durch allein in seiner Person liegende Gründe an der Nutzung des Bades gehindert. Dies ergebe sich aus den in Ziff. 9 lit. b aufgeführten Voraussetzungen, die im Zuge der Ausübung des Hausrechts einen Verweis rechtfertigen. Bis zu diesem Zeitpunkt, also bis zu dem Verweis, sei die Beklagte ihrer Verpflichtung aus dem Nutzungsvertrag, dem Kunden den Zutritt zu gewähren, nachgekommen. Damit habe sie die von ihr geschuldete Leistung erbracht. Verweise die Beklagte den Kunden des Bades, entstünden ihr daraus keine wirtschaftlichen Vorteile, die ausgeglichen werden könnten. Deshalb sei auch die Annahme des Gerichts unzutreffend, der Verbraucher hätte angeblich einen Anspruch auf Rückzahlung eines anteiligen Eintrittsgeldes. Das Eintrittsgeld sei schon seiner Natur nach unteilbar. Gleiches gelte für die Leistung, nämlich die Gewährung des einmaligen Zutritts zu dem Bad. Wie die Rückzahlung eines anteiligen Eintrittsgeldes angesichts dessen gestaltet werden sollte, sage das Landgericht nicht. Eine entsprechende Formulierung wäre aus Verbrauchersicht völlig unverständlich, in der praktischen Handhabung nicht umsetzbar. Dies alles belege, dass das angefochtene Urteil keinen Bestand haben könne.
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Die Beklagte beantragt:
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Unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Baden-Baden vom 21.11.2019 – 3 O 97/19 – die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
18
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Das Bemühen der Beklagten um eine geltungserhaltende Reduktion trage nicht. Die Beklagte beschränke sich in dem ihrerseits verwendeten Wortlaut gerade nicht auf die (bloße) Ausübung ihres Hausrechtes, sondern postuliere ohne Wenn und Aber, dass das Eintrittsgeld nicht erstattet werde. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Stadionverbot sei nicht einschlägig. Zu Recht habe das Landgericht darauf abgestellt, dass der Vertrag auch Elemente eines Dienstvertrages aufweise. Schließlich werde nicht nur die Aufsicht bis zur Reinigung erbracht, sondern auch Leistungen wie Schwimmkurse für Groß und Klein, Fitnesskurse für Erwachsene bis hin zur „kostenlosen“ und damit im Preis enthaltenen Wassergymnastik. Zwar möge der vorliegende Vertrag neben den dienstvertraglichen auch mietvertragliche Elemente enthalten, soweit er auf die Nutzung der Räume und Gerätschaften gerichtet sei. Davon ausgehend würde dem Verbraucher als „Mieter“ der vertragsgemäße Gebrauch der gemieteten Sachen entzogen, was zur fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB berechtige. Nach dem Wortlaut der Klausel verfalle der Gesamtbetrag des nicht verbrauchten Eintrittsgeldes. Bei kundenfeindlichster Auslegung unterfielen der Klausel damit auch diejenigen Fälle, in denen der Verbraucher als erster morgens eine Tageskarte löse, das Bad betrete und bereits nach fünf Minuten des Bades bei ersatzlosem Verfall des gezahlten Eintrittsgeldes verwiesen werde, obwohl die Beklagte selbst ihre Eintrittsgelder staffele, beispielsweise im Hinblick auf die preiswerteren Abendkarten. Darüber hinaus fielen auf Seiten der Beklagten auch keinerlei „Aufwendungen“ für die Vertragsbeendigung an. Der nachdrückliche Hinweis des Badepersonals „Raus!“ erzeuge auf Seiten der Beklagten keine zusätzlichen Kosten. Wenn hier regelmäßig der ersatzlose Verfall des Eintrittsgeldes durch Einbehalt erfolge, werde der tatsächlich auf Seiten der Beklagten eintretende Schaden nicht berechnet, sondern von vornherein pauschaliert. Die von vornherein nicht erfolgte Nutzung (Verweisung aus dem Bad nach fünf Minuten) erspare der Beklagten entsprechende Kosten und Aufwendungen (Reinigung, biologisch erfolgte Wasserverschmutzung, Abnutzung von Einrichtungsgegenständen etc.). All dies werde beim ersatzlosen Verfall nicht berücksichtigt, was zum Verstoß gegen § 309 Nr. 5 lit. a) BGB und damit zur Rechtswidrigkeit ohne Wertungsmöglichkeit führe.
19
Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivortrags zweiter Instanz wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
20
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
21
Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
22
1. Der in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG eingetragene Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Verwendung der streitgegenständlichen oder einer inhaltsgleichen Klausel. Ziffer 9 lit. c der AGB ist unwirksam. Die Klausel hält einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 bis 309 BGB nicht stand.
23
a) Die Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle.
24
Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind Gegenstand der Inhaltskontrolle nur solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Ziffer 9 lit. c AGB enthält in Verbindung mit Ziffer 9 lit. b AGB eine Regelung, die von den Rechtsfolgen der Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) abweicht.
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aa) Der Inhalt einer Allgemeinen Geschäftsbedingung ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel zu fragen. Sie ist so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Sind mehrere Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar, kommt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Danach ist die scheinbar kundenfeindlichste Auslegung im Ergebnis regelmäßig die dem Kunden günstigste, da sie häufig erst die Inhaltskontrolle eröffnet bzw. zu einer unangemessenen Benachteiligung und damit zur Unwirksamkeit führt. Außer Betracht zu bleiben haben dabei solche Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind (BGH, Urteil vom 12. September 2017 – XI ZR 590/15, juris Rn. 26 mwN).
26
bb) Basierend auf diesen Grundsätzen enthält die beanstandete Klausel eine Regelung, die von den Rechtsfolgen der Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) abweicht.
27
(1) Mit einem Verweis aus dem Bad gemäß Ziffer 9 lit. b AGB ist nach dem Verständnis eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden zugleich die Beendigung des schuldrechtlichen Gebrauchsüberlassungsvertrages verbunden. Besonders deutlich wird dieser Regelungsgehalt für den Fall, dass ein Inhaber einer Saisonkarte dauerhaft des Bades verwiesen wird (vgl. Ziffer 9 lit. b Satz 2 AGB). Damit ist ersichtlich eine konkludente Kündigung des Dauerschuldverhältnisses über die Nutzung des Bades aus wichtigem Grund verbunden (§ 314 BGB). Die Beklagte bringt hier durch die Untersagung des Zutritts auf Dauer ihren Willen zum Ausdruck, auch das schuldrechtliche Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund mit Wirkung für die Zukunft beenden zu wollen (vgl. MüKo BGB/Gaier, 8. Aufl., § 314 Rn. 29 mwN), da sie andernfalls für die verbleibende Gültigkeitsdauer der Saisonkarte aus schuldrechtlicher Sicht weiter Zutritt zum Bad gewähren müsste. Die von der Beklagten angestellte Überlegung, wonach die Ausübung des Hausrechts in der streitgegenständlichen Klausel aufgrund der Trennung zwischen dinglichem Hausrecht und schuldrechtlichem Vertrag das Fortbestehen des schuldrechtlichen Vertrages nicht berühre, verfängt bereits deshalb nicht, weil eine solche Differenzierung einem rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden unbekannt ist. Sie lässt sich auch nicht auf das Urteil des Bundesgerichtshofs zum Stadionverbot stützen. Soweit darin ausgeführt wird (BGH, Urteil vom 30.10.2009 – V ZR 253/08, juris Rn. 11), der Inhaber des Hausrechts könne auch dann grundsätzlich frei darüber entscheiden, wem er den Zutritt zu der Örtlichkeit gestattet und wem er ihn verwehrt, wenn der Zutritt aufgrund eines Vertragsrechtsverhältnisses mit dem Hausrechtsinhaber gewährt werde, ist damit keine Aussage verbunden, dass die Ausübung des Hausrechts keine Auswirkungen auf den schuldrechtlichen Vertrag hat. Im Gegenteil hat der Bundesgerichtshof betont, dass in dem Ausspruch des Stadionverbots zugleich die Kündigung des zwischen dem Inhaber der Dauerkarte und dem Veranstalter bestehenden Dauerschuldverhältnisses liegen könne (BGH, a.a.O., Rn. 28).
28
(2) Ziffer 9 lit. c AGB enthält eine Regelung, die von den Rechtsfolgen der Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) abweicht. Die Kündigung beendet das Dauerschuldverhältnis für die Zukunft; etwaige Vorleistungen sind nach allgemeiner Auffassung auszugleichen (vgl. nur BeckOK BGB/Lorenz, [Stand: 01.05.2020], § 314 Rn. 25: §§ 812 ff. BGB; MüKoBGB/Gaier, 8. Aufl., § 314 Rn. 34; BeckOGK/Martens, [Stand: 01.04.2020], § 314 BGB Rn. 76: § 628 Abs. 1 Satz 3 BGB analog). Bei der Kündigung des Vertragsverhältnisses über eine Saisonkarte wäre danach das im Voraus für den Zeitraum bis Ende September geleistete Eintrittsgeld anteilig zur bei Kündigung noch verbleibenden Gültigkeitsdauer zurückzuerstatten. Demgegenüber statuiert die streitgegenständliche Klausel, dass im Falle eines Verweises das Eintrittsgeld auch nicht teilweise erstattet wird. Anders als die Beklagte meint, gibt es keinen Rechtssatz, wonach ein Eintrittsgeld bereits seiner Natur nach unteilbar sei.
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b) Die streitgegenständliche Klausel hält § 308 Nr. 7 BGB nicht stand.
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aa) Sie unterfällt § 308 Nr. 7 BGB.
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Sie regelt eine Vergütung für erbrachte Leistungen im Zusammenhang mit einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages im Sinne des § 308 Nr. 7 BGB. Bereits nach ihrem Wortlaut knüpft die Klausel explizit an eine Vertragsbeendigung an, nämlich den Verweis aus dem Bad und die damit verbundene Kündigung des schuldrechtlichen Vertrages (vgl. oben II. 1.a) bb) (1); vgl. zu diesem Erfordernis BeckOGK/Weiler, [Stand: 01.03.2020], § 308 Nr. 7 BGB Rn. 89 ff.). Die Anwendbarkeit von § 308 Nr. 7 BGB setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht notwendigerweise die Erhebung einer zusätzlichen Vergütung für den Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung voraus, die Vorschrift erfasst auch eine die Vorauszahlungen des Vertragspartners betreffende Verfallsklausel (vgl. OLG München, Urteil vom 22.06.2006 – 29 U 2294/06, juris Rn. 65; MüKo BGB/Wurmnest, 8. Aufl., § 308 Nr. 7 Rn. 7; Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., § 308 Nr. 7 Rn. 9; Staudinger/Coester-Waltjen, BGB [2019], § 308 Nr. 7 Rn. 7).
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Ein pauschalierter Anspruch auf Schadensersatz im Sinne des § 309 Nr. 5 BGB ist in der Klausel dagegen nicht enthalten (vgl. zur Abgrenzung MüKo BGB/Wurmnest, 8. Aufl., § 308 Nr. 7 Rn. 3 mwN). Die streitgegenständliche Klausel regelt auch keine Vertragsstrafe. Bereits ihr Wortlaut enthält keinen entsprechenden Anhaltspunkt. Zudem ist weder ersichtlich noch wird es von den Parteien geltend gemacht, dass der pauschalierte Ausschluss der Rückerstattung des Eintrittsgeldes im Falle eines Verweises aus dem Bad seinem Zweck nach in erster Linie als Druckmittel zur Sicherung vertragskonformen Verhaltens der Besucher dienen soll (vgl. dazu BGH, Urteil vom 28.01.1993 – I ZR 294/90, NJW 1993, 1786, 1787; BeckOK BGB/Becker, [Stand: 01.05.2020], § 309 Nr. 5 Rn. 8 mwN).
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bb) Der in Ziffer 9 lit. c AGB enthaltene vollständige Ausschluss der Rückerstattung des Eintrittsgeldes bei einem Verweis aus dem Bad stellt eine unangemessen hohe Vergütung für erbrachte Leistungen (§ 308 Nr. 7 lit. a BGB) dar. Denn die Beklagte gestattet ihren Vertragspartnern nicht den Nachweis, ihr stehe überhaupt keine oder eine wesentlich niedrigere Vergütung zu als das vollständige Eintrittsgeld. Bei Klauseln im Sinne des § 308 Nr. 7 BGB, die einen Anspruch auf Vergütung oder Aufwendungsersatz pauschalieren, muss der Verwender aber dem anderen Vertragsteil analog § 309 Nr. 5 lit. b BGB ausdrücklich den Nachweis ermöglichen, dass die festgesetzte Pauschale zu hoch ist (vgl. nur BGH, Urteile vom 10.10.1996 – VII ZR 250/94, NJW 1997, 259, 260; vom 05.05.2011 – VII ZR 181/10, NJW 2011, 1954 Rn. 25; vom 25.07.2012 – IV ZR 201/10, NJW 2012, 3023 Rn. 64; BeckOGK/Weiler, [Stand: 01.06.2020], § 308 Nr. 7 BGB Rn. 200 mzN). Ob dem Vertragspartner praktisch der Nachweis überhaupt gelingen kann, spielt keine Rolle, da auf diese Weise sichergestellt werden soll, dass der Vertragspartner von der rechtlichen Möglichkeit des Gegenbeweises erfährt (vgl. BeckOGK/Weiler, [Stand: 01.06.2020], § 309 Nr. 5 Rn. 151). Daher kann vorliegend dahinstehen, ob der Einwand der Beklagten, der Verweis eines Badegastes verschaffe ihr keine wirtschaftlichen Vorteile, tatsächlich zutrifft. Das weitere Argument der Beklagten, sie habe ihre Leistung mit der Gewährung des Einlasses in das Bad bereits (vollständig) erbracht, trifft jedenfalls gegenüber dem Inhaber einer Saisonkarte nicht zu. Vielmehr führt hier die dauerhafte Untersagung des Zutritts ohne jegliche Erstattung des Eintrittspreises zu einem mit dem Äquivalenzprinzip unvereinbaren Ungleichgewicht der im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptleistungspflichten, vor allem wenn sie zu Beginn der Geltungsdauer der Saisonkarte erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 23.11.2006 – X ZR 16/05, juris Rn. 28: Einziehung von Fahrausweisen; vgl. dazu auch BeckOGK/Eckelt, [Stand: 01.01.2020], § 307 BGB Rn. 140 mwN).
34
2. Der Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG setzt als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr voraus, für deren Vorliegen bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine tatsächliche Vermutung spricht, an deren Widerlegung strenge Anforderungen zu stellen sind. Regelmäßig ist hierfür die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich, die nur im Ausnahmefall entbehrlich ist, wenn besondere Umstände vorliegen, bei denen nach allgemeiner Erfahrung nicht mehr mit einer Wiederholung zu rechnen ist. Nicht ausreichend ist insoweit regelmäßig allein die Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder die bloße Absichtserklärung des Verwenders, diese nicht weiter verwenden zu wollen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.06.2018 – 17 U 147/17, juris Rn. 51; BGH, Urteil vom 12. September 2017 – XI ZR 590/15, juris Rn. 69 mwN). Demgemäß wirkt sich der Umstand, dass die Beklagte ihre Nutzungsbedingungen mittlerweile geändert hat, nicht aus.
35
3. Die Androhung von Ordnungsgeld in Ziffer 2 des Tenors beruht auf § 890 Abs. 1 ZPO.
III.
36
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
37
Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
38
Die Revision ist zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO liegen vor, da es um die Wirksamkeit einer typischen AGB-Klausel geht, welche in der Muster-Haus- und Badeordnung der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen enthalten ist (vgl. Anlage K 4).