BGH, Urteil vom 17. November 2014 – I ZR 97/13
Keine Verwirkung einer Vertragsstrafe bis zur Genehmigung einer vollmachtslos abgegebenen Unterlassungserklärung
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. April 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 2. August 2012 im Hinblick auf die Verurteilung zur Zahlung von 324.500 € und von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2008 aus 327.187,60 € zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die in Portugal ansässige Klägerin war Inhaberin der unter anderem für Bekleidungsstücke mit Priorität vom 17. Oktober 1996 eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke Nr. 000397117 Sie ließ unter dieser Marke Bekleidungsstücke und Accessoires im gehobenen Preissegment herstellen und im Europäischen Wirtschaftsraum durch Lizenznehmer vertreiben. Im März 2011 übertrug sie die Marke auf die Q. , S. .
Der Beklagte verkaufte 2007 als Geschäftsführer der Pe. W. & E. Ltd. mit Sitz in F. Bekleidungsstücke und Gürtel, die ohne die Zustimmung der Klägerin mit ihrer Marke versehen und in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt und vertrieben worden waren.
Unter dem 13. Juli 2007 mahnten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Pe. W. & E. Ltd. ab. Der Beklagte gab für die Gesell- schaft am 24. Juli 2007 und im eigenen Namen am 2. August 2007 Erklärungen ab, in denen er sich strafbewehrt zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung bis zum 21. August 2007 verpflichtete und angab, die Abmahnkosten in Höhe von 2.687,60 € zu übernehmen. Die für die Pe. W. & E. Ltd. ab- gegebene Erklärung nahmen die Prozessbevollmächtigten der Klägerin in deren Namen am 26. Juli 2007 und die vom Beklagten persönlich abgegebene Erklärung am 3. August 2007 an.
Der Beklagte führte den Verkauf von widerrechtlich mit der Marke der Klägerin versehenen Kleidungsstücken unter dem am 17. Juli 2007 mit Hilfe eines Strohmanns gegründeten Unternehmen P- Ltd. weiter. Er erzielte dadurch im Zeitraum vom 24. September 2007 bis zum 13. Februar 2008 einen Umsatz von 417.892,74 €.
Mit der vorliegenden Klage beansprucht die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von 327.187,60 €. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einer Vertragsstrafe von 304.500 € wegen Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot und einer weiteren Vertragsstrafe von 20.000 € wegen der bislang nicht erteilten Auskunft sowie aus 2.687,60 € vertraglich übernommener Abmahnkosten. Außerdem macht die Klägerin im Wege der Stufenklage Auskunftsansprüche geltend.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat seine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 2. August 2007 mit Schriftsatz vom 18. November 2011 widerrufen und geltend gemacht, die Klägerin existiere nicht mehr, jedenfalls sei sie nicht aktivlegitimiert. Auch sei eine Prozessvollmacht der Klägervertreter nicht nachgewiesen worden.
Das Landgericht hat den Beklagten durch Teil-Versäumnisurteil zur Zahlung von 327.187,60 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2008 sowie zu der vertraglich übernommenen Auskunft verurteilt. Nach einem Einspruch des Beklagten hat das Landgericht das Teil-Versäumnisurteil aufrechterhalten. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Vertragsstrafen und Abmahnkosten aufgrund des zwischen den Parteien abgeschlossenen Unterlassungsvertrags zu.
Die Klägerin habe ihre Existenz als juristische Person und die Prozessvollmacht ihrer Rechtsanwälte nachgewiesen. Sie sei aktivlegitimiert, weil der Unterlassungsvertrag mit ihr zustande gekommen sei. Die Klägerin habe ihre Aktivlegitimation für die Klageansprüche nicht deswegen verloren, weil die Gemeinschaftsmarke im Zuge der Umgliederung im Jahr 2011 an das Schweizer Unternehmen Q. übertragen worden sei. Die Vertragsstrafe sei bereits vor der Umstrukturierung im März 2011 verwirkt worden. Die Ansprüche seien deshalb bei der Klägerin entstanden und weder kraft Gesetzes noch rechtsgeschäftlich auf die Erwerberin übergegangen. Den Klageansprüchen stehe auch nicht der vom Beklagten während des Prozesses erklärte Widerruf des Unterlassungsvertrags wegen fehlender Vertretungsmacht der Klägervertreter bei Abschluss des Vertrags entgegen. Es könne unterstellt werden, dass die Rechtsanwälte bei der Annahme der Erklärung des Beklagten am 3. August 2007 ohne Vertretungsmacht gehandelt hätten. Ein vollmachtloses Handeln sei jedoch spätestens dadurch, dass die Klägervertreter aus dem Vertrag Klage erhoben hätten, mit Rückwirkung genehmigt worden. Zur Klageerhebung seien die Klägervertreter durch die ihnen erteilte und im Original vorgelegte umfassende Handlungsvollmacht vom 27. Mai 2010 bevollmächtigt gewesen. Der vom Beklagten während des Rechtsstreits mit Schreiben vom 18. November 2011 erklärte Widerruf habe mithin ein bereits genehmigtes Geschäft betroffen und sei daher ins Leere gegangen.
II. Die Revision des Beklagten hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 304.500 € wegen Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung zur Unterlassung und zur Zahlung einer weiteren Vertragsstrafe in Höhe von 20.000 € wegen Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung sowie gegen die Verpflichtung zur Zahlung von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2008 aus 327.187,60 € richtet (dazu unter II 2 a). Insoweit führt die Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Erfolglos wendet sich die Revision gegen die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 2.687,60 € und zur Auskunftserteilung (dazu unter II 2 b).
1. Die Klage ist zulässig. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin rechtlich existiert und damit parteifähig ist (§ 50 Abs. 1 ZPO).
a) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe sich für den Nachweis der Existenz der Klägerin, einer Gesellschaft nach portugiesischem Recht, maßgeblich auf einen Onlineauszug aus dem portugiesischen Register gestützt, dessen fehlende Aussagekraft aber verkannt. Der Auszug könne keine in der Zukunft liegenden Umstände – hier den Fortbestand der Klägerin über das Datum des Abrufs der Handelsregisterdaten am 7. September 2011 hinaus – bezeugen. Mit diesem Angriff gegen das Berufungsurteil dringt die Revision nicht durch.
aa) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob der Einwand des Beklagten, die Klägerin sei untergegangen, überhaupt hinreichend substantiiert dargelegt worden ist. Jedenfalls sei dem Vorbringen des Beklagten lediglich zu entnehmen, dass er den Untergang der Klägerin im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der Unternehmensgruppe der Klägerin im März 2011 behauptet habe. Maßgebend sei deshalb allein, ob Umstände eingetreten seien, die Zweifel an der Existenz der Klägerin nach diesem Zeitpunkt begründen könnten. Dass die Klägerin jedoch nach März 2011 existiert habe, ergebe sich aus dem Handelsregisterausdruck vom 7. September 2011 in Verbindung mit der eidesstattlichen Versicherung des Rechtsanwalts Dr. C. vom 7. November 2011. Ergänzend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass die Klägerin auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Berufungsinstanz noch im Internet aufgerufen werden konnte.
bb) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Beklagte sich nur auf einen Untergang der Klägerin im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der Unternehmensgruppe im März 2011 berufen hat, wendet sich die Revision nicht. Im Streitfall war damit allein maßgeblich, ob die Klägerin nach März 2011 noch existiert hat. Dieser Umstand konnte durch einen Auszug aus dem Onlinehandelsregister vom September 2011 nachgewiesen werden.
b) Es sind auch sonst keine Umstände ersichtlich, die Zweifel am Fortbestand der Klägerin seit September 2011 begründen könnten. Ohne Erfolg macht die Revision insoweit geltend, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Klägervertreter selbst im Rahmen von Vergleichsverhandlungen mit Schreiben vom 26. September 2011 angeregt habe, der Beklagte solle Zahlungspflichten auch gegenüber der Q. mit Sitz in der S. übernehmen, weil nicht auszuschließen sei, dass während der in Aussicht genommenen Laufzeit der Zahlungsverpflichtung des Beklagten eine Liquidation der Klägerin erfolgen werde. Aus diesem im Rahmen von Vergleichsverhandlungen geäußerten Wunsch zur umfassenden Absicherung der Zahlungsverpflichtungen des Beklagten lässt sich nicht entnehmen, dass eine Liquidation der Klägerin tatsächlich geplant war und in der Zwischenzeit umgesetzt worden ist.
c) Ist die Existenz der Klägerin im September 2011 damit nachgewiesen und bestehen keine Zweifel an ihrem Fortbestand, kommt es auf die weitere, von der Revision aufgeworfene Frage, ob die Klägerin nach portugiesischem Recht allein deshalb als rechts- und parteifähig zu behandeln ist, weil sie Vermögenswerte klageweise geltend macht, nicht mehr an.
2. Auf der Grundlage der bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist die Klage nur wegen des Anspruchs auf Zahlung der Abmahnkosten in Höhe von 2.687,60 € und wegen des vertraglich vereinbarten Auskunftsanspruchs begründet.
a) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden Ansprüche auf Zahlung von Vertragsstrafen über 324.500 € wegen Verstoßes gegen die vertraglich übernommene Verpflichtung zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung sowie zur Zahlung von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2008 aus 327.187,60 € zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft einen Verstoß des Beklagten gegen die Verpflichtung zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung aus der Vereinbarung der Parteien vom 2./3. August 2007 angenommen.
aa) Das Berufungsgericht hat die Beurteilung des Landgerichts gebilligt, wonach der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 304.500 € zusteht, weil der Beklagte gegen Ziffer 1 der Unterlassungs- und Verpflichtungsvereinbarung vom 2./3. August 2007 verstoßen habe. Es hat insoweit angenommen, es könne offenbleiben, ob die Rechtsanwälte der Klägerin bei der Annahme der Erklärung des Beklagten am 3. August 2007 mit Vertretungsmacht gehandelt hätten. Liege ein vollmachtloses Handeln vor, sei dieses spätestens dadurch, dass die Klägervertreter aus dem Vertrag die vorliegende Klage erhoben hätten, mit Rückwirkung genehmigt worden. Der vom Beklagten während des Rechtsstreits mit Schreiben vom 18. November 2011 gemäß § 178 BGB erklärte Widerruf seiner Verpflichtungserklärung habe danach ein bereits genehmigtes Geschäft betroffen und habe keine Wirkung mehr entfaltet. Mit dieser Begründung kann ein Vertragsstrafeanspruch nicht bejaht werden.
(1) Der Beurteilung des Berufungsgerichts liegt die Annahme zugrunde, die in § 177 Abs. 1, § 184 Abs. 1 BGB angeordnete Rückwirkung der Genehmigung eines zunächst vollmachtlos abgeschlossenen Unterlassungsvertrags führe dazu, dass die im Vertrag versprochene Vertragsstrafe auch durch Zuwiderhandlungen verwirkt wird, die während der Schwebezeit zwischen dem vollmachtlosen Abschluss und der Genehmigung der Vereinbarung durch Klageerhebung am 20. Januar 2011 vorgenommen wurden. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
(2) Gemäß § 184 BGB wirkt die Genehmigung auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nichts anderes bestimmt ist. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts führt die Rückwirkung der Genehmigung jedoch nicht dazu, dass der andere Teil während der Schwebezeit aus dem Vertretergeschäft verpflichtet wird. Während der Schwebezeit entstehen keine Rechtsfolgen, die an das tatsächliche Bestehen einer Leistungspflicht anknüpfen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1975 – VIII ZR 115/74, BGHZ 65, 123, 126; MünchKomm.BGB/Schramm, 6. Aufl., § 177 Rn. 46; Bub in BeckOK/BGB, Stand: 1. Mai 2014, § 184 Rn. 9; Gehrlein/Weinland in jurisPK-BGB, 7. Aufl., § 177 Rn. 5). Der Geschäftsgegner gerät daher während der Zeit schwebender Unwirksamkeit des Vertrags mit seiner Leistungspflicht nicht in Verzug. Besteht seine Verpflichtung in einem Unterlassen, verwirkt er die Vertragsstrafe nicht nach § 339 Satz 2 BGB durch eine Zuwiderhandlung während des Schwebezustands der strafbewehrten Unterlassungsvereinbarung.
(3) Die vom Berufungsgericht angenommenen Verstöße gegen den Unterlassungsvertrag vom 2./3. August 2007 lagen in der Zeit vom 24. September 2007 bis 13. Februar 2008, und damit innerhalb der vom Berufungsgericht angenommenen Zeit schwebender Unwirksamkeit des Vertrags (3. August 2007 bis zur Klageerhebung am 20. Januar 2011). Auf diese festgestellten Zuwiderhandlungen kann bei Annahme eines zunächst vollmachtlos abgeschlossenen Vertrags eine Verurteilung zu Vertragsstrafezahlungen daher nicht gestützt werden.
bb) Die Revision wendet sich ferner mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Zahlung einer weiteren Vertragsstrafe in Höhe von 20.000 € zu, weil die Beklagte ihrer gemäß Ziffer 2 der Unterlassungsvereinbarung vom 2./3. August 2007 bestehenden vertragsstrafebewehrten Verpflichtung zur Auskunftserteilung bis 21. August 2007 nicht nachgekommen sei. Dieser Beurteilung liegt ebenfalls die unzutreffende Annahme zugrunde, der Beklagte sei während der vom Berufungsgericht angenommenen Schwebezeit zur Auskunftserteilung verpflichtet gewesen.
cc) Die Revision hat außerdem Erfolg, soweit sie sich dagegen richtet, dass der Beklagte zur Zahlung von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2008 aus 327.187,60 € verurteilt worden ist. Sowohl der vom Berufungsgericht angenommene Beginn des Zinslaufs als auch die Zinshöhe halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
(1) Das Landgericht hat – ausgehend von der in dem Schreiben der Klägerin vom 16. Mai 2008 gesetzten Zahlungsfrist bis zum 6. Juni 2008 – angenommen, die Zinszahlungspflicht des Beklagten beginne am 7. Juni 2008. Aus den vorstehenden Gründen ist auch diese Beurteilung nicht rechtsfehlerfrei. Das Berufungsgericht ist von einer schwebenden Unwirksamkeit der Vereinbarung bis zur Klageerhebung am 20. Januar 2011 ausgegangen. Zuvor war der Beklagte zur Leistung nicht verpflichtet. Die Aufforderung der Klägerin vom 16. Mai 2008 konnte deshalb keine Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen gemäß § 288 BGB auslösen.
(2) Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die vom Berufungsgericht gebilligte Annahme des Landgerichts, der Beklagte schulde gemäß § 288 Abs. 2 BGB Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Unter Entgeltforderungen im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB sind nur solche Forderungen zu verstehen, die auf Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet sind (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2010 – XII ZR 10/08, NJW 2010, 1872 Rn. 23). Nicht als Entgeltforderung anzusehen sind danach Ansprüche aus einem Vertragsstrafeversprechen und Ansprüche auf Erstattung von Abmahnkosten (BGH, NJW 2010, 1872 Rn. 24).
dd) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte sei zur Zahlung der Vertragsstrafen und des Zinsanspruchs verpflichtet, stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
(1) Das Berufungsgericht hat allerdings angenommen, die Klägervertreter verfügten über Generalvollmachten der Geschäftsführerin der Klägerin Sa. vom 10. Oktober 2007, 22. Juli 2009 und 27. Mai 2010. Es hat jedoch letztlich offengelassen, ob darin schon eine Genehmigung des Vertragsschlusses mit dem Beklagten zu sehen ist. Ungeachtet dieser Frage lassen sich die Ansprüche auf Zahlung der Vertragsstrafen schon deshalb nicht – jedenfalls nicht vollständig – auf eine etwaige Genehmigung aufgrund dieser Generalvollmachten stützen, weil sie zeitlich nicht vor den Verletzungshandlungen liegen, aus denen die Klägerin die Vertragsstrafenansprüche herleitet. Dies gilt für die Generalvollmacht vom 10. Oktober 2007 zwar nur eingeschränkt, weil der Zeitraum des beanstandeten Vertriebs vom 24. September 2007 bis zum 13. Februar 2008 reicht. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist aber nichts dazu zu entnehmen, wie sich die Verstöße auf den fraglichen Zeitraum verteilen.
(2) Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht der Revisionserwiderung war der Beklagte nicht gemäß § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens gehindert, sich erst im laufenden Prozess auf die fehlende Vertretungsmacht der Rechtsanwälte der Klägerin bei Annahme der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung des Beklagten am 3. August 2008 zu berufen.
Widersprüchliches Verhalten verstößt nicht ohne weiteres gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Es bleibt einer Partei grundsätzlich unbenommen, von einem Rechtsstandpunkt nach Einleitung eines Rechtsstreits abzurücken. Rechtsmissbräuchlich ist widersprüchliches Verhalten nach ständiger Rechtsprechung vielmehr erst dann, wenn dadurch für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 17. Februar 2005 – III ZR 172/04, BGHZ 162, 175, 181 mwN). Hierfür fehlt es im Streitfall an hinreichenden Anhaltspunkten.
b) Die Revision bleibt dagegen ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts richtet, der Klägerin stünden aufgrund der Verpflichtungsvereinbarung der Parteien Ansprüche auf Auskunftserteilung und auf Zahlung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.687,60 € zu.
aa) Der Begründetheit der Ansprüche auf Auskunftserteilung und Zahlung von Abmahnkosten steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht von einer vollmachtlosen Annahme der Verpflichtungserklärung durch die Rechtsanwälte der Klägerin und deshalb von einer bis zur Klageerhebung am 20. Januar 2011 bestehenden schwebenden Unwirksamkeit der entsprechenden Vereinbarung ausgegangen ist. Der Beklagte hat sich in Ziffer 2 seiner Erklärung vom 2. August 2007 zur Erteilung der vom Landgericht tenorierten Auskünfte und in Ziffer 5 der Erklärung zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 2.687,60 € verpflichtet. Beide Ansprüche ergeben sich damit unmittelbar aus der spätestens mit Klageerhebung wirksam gewordenen Verpflichtungserklärung des Beklagten und sind nicht von der weiteren Voraussetzung eines Vertragsverstoßes während des vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Zeitraums einer schwebenden Unwirksamkeit der Vereinbarung abhängig.
bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der – auf Seiten der Klägerin unterstellt vollmachtlos abgeschlossene – Unterlassungs- und Verpflichtungsvertrag der Parteien sei spätestens dadurch wirksam geworden, dass die Klägerin den Vertragsschluss durch Erhebung der vorliegenden Klage konkludent genehmigt habe (§ 177 Abs. 1 BGB).
(1) Die Revision macht insoweit geltend, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft allein den objektiven Umstand der Klageerhebung als Genehmigungshandlung genügen lassen und keine hinreichenden Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen einer stillschweigenden Genehmigung getroffen. Diese Rüge greift nicht durch.
(2) Zwar setzt eine Genehmigung schwebend unwirksamer Geschäfte durch schlüssiges Verhalten regelmäßig voraus, dass der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und dass in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich werden zu lassen (BGH, Urteil vom 22. Februar 2005 – XI ZR 41/04, NJW 2005, 1488, 1490). Allerdings ist auch in einem schlüssigen Verhalten ohne Erklärungsbewusstsein dann eine wirksame, wenn auch nach § 119 BGB anfechtbare Willenserklärung zu sehen, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGH, Urteil vom 2. November 1989 – IX ZR 197/88, BGHZ 109, 171, 177; Urteil vom 7. November 2001 – VIII ZR 13/01, BGHZ 149, 129, 136; MünchKomm.BGB/Schramm aaO § 177 Rn. 26). Der Bundesgerichtshof hat diese Grundsätze allerdings anhand von Sachverhalten entwickelt, bei denen der Geschäftsgegner vor den nachteiligen Folgen des fehlenden Erklärungsbewusstseins des Handelnden geschützt werden sollte. Darauf sind diese Grundsätze aber nicht beschränkt. Liegt in dem schlüssigen Verhalten auch ohne Erklärungsbewusstsein eine Willenserklärung, kommt es nicht darauf an, welche der Vertragsparteien sich darauf beruft. So liegen die Dinge auch im Streitfall. Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zu Recht die Annahme zugrunde gelegt, die Klageerhebung aus dem Vertrag habe den objektiven Erklärungswert, dass die Klägerin den Unterlassungs- und Verpflichtungsvertrag in jedem Fall als wirksam ansehen und behandelt wissen wollte und sich daraus aus Sicht des Beklagten die Genehmigung der Vereinbarung vom 2./3. August 2007 durch die Klägerin im Falle ihrer schwebenden Unwirksamkeit ergibt. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu einem anderen Verständnis Anlass hatte, sind von der Revision weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
III. Das Berufungsurteil ist daher teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit es um die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Vertragsstrafen über 324.500 € wegen Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung sowie zur Zahlung von Verzugszinsen geht. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären haben, ob die Parteien vor den geltend gemachten Verletzungshandlungen eine wirksame Vereinbarung geschlossen haben, die den Beklagten strafbewehrt zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung verpflichtet hat. Das hat die Klägerin geltend gemacht. Sie hat sich darauf berufen, ihre Prozessbevollmächtigten seien bevollmächtigt gewesen, die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung des Beklagten vom 2. August 2007 am 3. August 2007 anzunehmen.
Sollte das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis kommen, dass der Beklagte in dem bislang angenommenen Umfang gegen die Unterlassungs- und Verpflichtungsvereinbarung verstoßen hat, stellt sich die Frage, welche Höhe der Vertragsstrafe angemessen ist. Entgegen der Ansicht der Revision bestehen im Streitfall keine Anhaltspunkte, die aus Rechtsgründen gegen die vom Landgericht angenommene und vom Berufungsgericht gebilligte Höhe der Vertragsstrafe sprechen.