AG Köln, Urteil vom 23.09.2013 – 142 C 515/12
Keine Reisepreisminderung bei einvernehmlicher, vorbehaltloser Leistungsänderung und Mangelkenntnis.(Rn.24)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 391,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.07.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 86 %% und die Beklagte zu 14 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe geleistet hat.
Tatbestand
1
Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Reiseveranstalterin, auf Reisepreisminderung und Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude in Anspruch.
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Der Kläger buchte bei der Beklagten für sich und seine Ehefrau eine Reise auf die Insel Kos/Griechenland in das Hotel Q. Kos in der Zeit vom 13.08.2011 bis 27.08.2011. Gebucht war die Unterbringung in einem Doppelzimmer, Dusche oder Bad, Balkon, Klimaanlage bei Verpflegung Alles Inklusive. Der Gesamtpreis belief sich auf 2.608,00 Euro. Der Kläger trat die Reise an. Wegen der weiteren Einzelheiten der Buchung wird auf die Buchungsbestätigung vom 05.06.2011 Bl. 6 ff. d.A. Bezug genommen. In dem Katalog des Hotels wird auf einen blühenden Garten mit Palmen und farbenfrohen Blumen sowie auf die griechische Gastfreundschaft verwiesen. Wegen der übrigen Angaben in diesem Katalog wird auf Bl. 9 ff d.A. Bezug genommen. Nach Ankunft am Reiseziel wurde dem Kläger auf seinen Wunsch statt des gebuchten Zimmers ein Appartement mit Meeresblick zur Verfügung gestellt. Der Kläger rügte am 13.08.2011 Mängel, worüber unter dem 19.08.2011 eine Leistungsänderungsmitteilung erstellt wurde. Wegen der Einzelheiten dieser Mitteilung wird auf 64 d.A. Bezug genommen. Am sechsten Tag wurde der Kühlschrank in dem Appartement ausgetauscht. Nach Reiseende machte der Kläger unter dem 03.09.2011 bei der Beklagten Ansprüche geltend.
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Der Kläger behauptet, dass die Reise mit Mängeln behaftet gewesen sei. In dem Appartement hätten die alten Fußleisten von der Wand abgestanden. Dadurch hätten hervortretende rostige Nägel eine Verletzungsgefahr dargestellt. Des Weiteren habe sich an sieben Stellen die Tapete von der Wand abgeschält. Die Stühle seien versifft und beschädigt gewesen und der Kühlschrank völlig vereist und ohne funktionsfähige Isolierung. Nach dem Austausch sei der Kühlschrank vor der Tür gelagert worden. Der Geschirrschrank habe Sperrmüllqualität aufgewiesen. Ferner behauptet der Kläger, dass im Bad sowohl Duschvorhang als auch Badematte verschimmelt gewesen seien, das Silikon am Wannenrand verspakt und die Armaturen vergammelt. Unter dem Waschbecken habe sich ein Loch befunden und die Badezimmertür sei an einer Ecke abgeschlagen. Überdies sei der Balkon unbenutzbar gewesen, da die darauf befindliche Klimaanlage bei Betrieb heiße Luft auf diesen blies und Wasser aus ihr austrat, so dass bei nicht ständigem Wischen Rutschgefahr bestand. Durch die veraltete Technik der Klimaanlage habe es zudem eine Lärmbelästigung gegeben. Diese sei umso erheblicher gewesen, da alle Klimaanlagen auf den Balkons standen. Der Kläger behauptet auch, das Restaurant habe erhebliche Hygienemängel vorgewiesen. Die Buffetcontainer seien verdreckt und die Gardinen im Speisesaal hingen lose auf den Befestigungen. Beim Abendessen habe es sich immer nur um die aufgewärmten Reste des Mittagessens gehandelt. Der Fisch und das Fleisch seien ungenießbar gewesen und das Essen ohne Variation. Es habe jeden Tag das gleiche gegeben. Auch das Servicepersonal sei chronisch unterbesetzt gewesen, so dass die Gäste selbst ihr Geschirr dauerhaft ab- und aufdecken mussten. Der Außenbereich des Hotels sei ungepflegt gewesen, die Rasenflächen und Zäune teilweise kaputt bzw. verrottet, die Rasenflächen seien außerdem vermatscht gewesen. Die Plastikliegen nebst Auflagen seien stark abgenutzt gewesen und am Strand seien die Auflagen nur für eine Gebühr in Höhe von fünf Euro zu erhalten gewesen. Auch die Sonnenschirme seien zum Teil defekt und schmutzig gewesen. Desweiteren ist der Kläger der Ansicht, dass die Beklagte sich die in dem Hotelkatalog gemachten Angaben zu dem Garten zurechnen lassen müsse, da die Beklagte ihm diesen Katalog zugesandt habe. Er ist der Ansicht, dass der Reisepreis wegen der Mängel um insgesamt 60 % entsprechend 1.564,80 Euro zu mindern sei. Weiter habe der Kläger Anspruch auf Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude für drei Tage in Höhe von 558,86 Euro, so dass sich insgesamt ein Anspruch in Höhe von 2.123,66 Euro ergebe.
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Mit Schriftsatz vom 25.02.2013 hat der Kläger die Klage um weitere 652,00 Euro Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude erweitert.
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Der Kläger beantragt nunmehr,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.123,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2012 zu zahlen.
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 652,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 06.03.2013 zu zahlen.
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger als Nebenforderung die angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 272,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2012 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 25.03.2013 (Bl. 74 f d.A.) durch Einholung schriftlicher Zeugenaussagen der Zeugen T. und L. . Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Aussagen Bl. 81 bis 85 d.A. verwiesen.
12
Weiter wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere die eingereichten Lichtbilder.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nur teilweise begründet.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Minderungsanspruch in Höhe von 391,20 Euro gemäß §§ 651d Abs. 1, 651c Abs. 1, 638 Abs. 3 und 4 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Reisevertrag zu. Weitere Ansprüche bestehen nicht.
I.
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Die von dem Kläger bei der Beklagten gebuchte und durchgeführte Reise auf die Insel Kos war teilweise mit Mängeln gemäß § 651 c BGB behaftet. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass die Klimaanlagen am Hotel einen den Aufenthalt beeinträchtigenden Lärm verursachten, defekte Liegen, Sonnenschirme und Auflagen vorhanden waren und die Rasenflächen vermatscht sowie ein Zaun defekt waren.
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Ein Mangel nach § 651 c Abs. 1 BGB liegt vor bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft oder bei Vorhandensein eines Fehlers, d.h. einer Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit, die den Wert oder die Tauglichkeit des mit der Reise verfolgten Zweckes aufhebt oder mindert.
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Lärm gehört zu den Umständen, die dem Reisezweck Erholung zuwiderlaufen, so dass sie als Mangel anzusprechen sind. Eine derartige Abweichung lässt sich in Hinblick auf eine von den Klimaanlagen ausgehende Lärmbeeinträchtigung feststellen. Die Zeugin T. hat bekundet, dass der Blas- und Anlauflärm der an den Balkonen angebrachten Klimaanlagen den Schlaf beeinträchtigte. Weiter verlor die Klimaanlage am Balkon der Kläger Wasser, das mit einem Handtuch aufgewischt wurde. Nach zwei Tagen fand eine notdürftige Reparatur statt. Auch verströmte die Anlage nach dem Bekunden der Zeugin auf dem Balkon Warmluft. Die Zeugin L. hat bestätigt, dass die Klimaanlage auf dem Balkon war; weiter hat sie ausgesagt, dass Wasser austrat, die Nutzbarkeit des Balkons aber nicht beeinträchtigt war. Die Aussagen sind glaubhaft, sie werden durch die Lichtbilder (Bl. 36/37 d.A.) gestützt.
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Auch ein ungepflegter Zustand der Außenanlage stellt sich als Mangel dar, wenn dadurch ein Aufenthalt im Freien beeinträchtigt wird. Der Reiseveranstalter schuldet Außenanlagen, die sich in einem ordentlichen, gepflegten und damit nutzbaren Zustand befinden. Zwar kann sich der Kläger vorliegend nicht schon auf eine Zusicherung in dem vorgelegten Katalog des Hotels berufen; denn er hat nicht unter Beweis gestellt, dass dieser unstreitig vom Hotel erstellte Katalog durch die Beklagte versandt wurde und sie sich damit die Angaben – hier zu dem “blühenden Garten” – als Eigenschaftszusicherung zu eigen machte. Indes reicht es für einen Fehler aus, wenn eine Abweichung von einem Zustand mittlerer Art und Güte vorliegt, der zu einer Beeinträchtigung führt. Dies war der Fall. Die Zeugin T. hat bekundet, dass auf der Anlage auf der rechten Seite der Zaun verrottet und zerrissen war sowie die Rasenflächen kaputt bzw. vermatscht waren. Weiter befanden sich auf dem Bühnendach verrottete Palmblätter. Die Zeugin L. hatte keine Erinnerung an einen defekten Zaun und hat weiter bekundet, dass sie keine vermehrten Beschwerden betreffend der Anlage hatte. Die Aussage der Zeugin T. ist auch insoweit glaubhaft, die Aussage der Zeugin L. steht dem nicht entgegen; denn der Hinweis auf keine vermehrten Beschwerden zeigt, dass es Beschwerden gab. Zudem hat die Zeugin zu dem konkreten Zustand nicht bekundet. Alleine eine fehlende Erinnerung bedeutet nicht, dass der Zustand nicht so wie von der Zeugin T. bekundet war.
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Zuletzt erweisen sich auch wegen Defekten nur eingeschränkt nutzbare Ausstattungsgegenstände wie Sonnenschirme, Liegen und Auflagen als Mangel, da sie gerade bei einem Badeurlaub zur üblichen Hotelausstattung gehören. Hier hat die Zeugin T. bestätigt, dass Plastikliegen keine Auflagen hatten und am Strand die Auflagen wie auch die Schirme alt, defekt und nicht gebrauchsfähig waren. Die Zeugin L. hat bekundet, dass die Liegen am Strand älter waren, an Defekte auch an den Schirmen konnte sie sich nicht erinnern. Insoweit gilt indes das zu den Außenanlagen Gesagte, die fehlende Erinnerung schließt den von der Zeugin T. glaubhaft bekundeten und durch die Lichtbilder Bl. 20 ff d.A. belegten schlechten Zustand nicht aus.
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Diese Mängel hat der Kläger ausweislich der Leistungsänderungsmitteilung vom 19.08.2011 bereits am 13.08.2011 gemäß § 651 d Abs. 2 BGB rechtzeitig angezeigt. Dass die Mängel nicht so genau in der Mitteilung erfasst worden sind wie sie nunmehr vorgetragen sind, ändert an der Wirksamkeit der Anzeige nichts. Der Reisende ist lediglich verpflichtet die Mängel bestimmbar vorzutragen, er muss sie nicht schon vor Ort so substantiieren, wie dies in einem Zivilprozess erforderlich ist.
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Bei der zur Bestimmung der Minderungshöhe erforderlichen und der ersten Instanz als Tatsacheninstanz vorbehaltenen Abwägung hat sich das Gericht von folgenden Gesichtspunkten leiten lassen: Die Beeinträchtigung durch den von den Klimaanlagen bemisst das Gericht mit 5 % Minderung. Zwar handelt es sich hierbei um nächtlichen Lärm; Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass es sich nicht um einen durchgehenden Lärm handelte sondern um ein nach Aussage der Zeugin T. periodisches Auf- und Runterfahren. Soweit aber die Klimaanlage nachts in Betrieb war, konnte der Lärm zudem bereits dadurch gedämmt werden, dass man Tür und Fenster zum Balkon geschlossen halten musste, damit die Anlage ihre Wirkung entfalten kann. Das Austreten von Wasser stellt eine Unannehmlichkeit dar, die nach der glaubhaften Aussage der Zeugin L. die Nutzung des Balkons nicht beeinträchtigte, zum anderen auch nach zwei Tagen zumindest für die Dauer der weiteren Aufenthaltes nach Aussage der Zeugin T. behoben war. Die warme Abluft der Klimaanlage führt ebenfalls nicht zu einer höheren Minderung. Eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der Nutzung des Balkons lässt sich angesichts des auf den Lichtbildern Bl. 36 / 37 d.A. erkennbaren geringen Größe der Anlage und des erkennbaren Standortes an einer Seite nicht feststellen. Für den ungepflegten Zustand der Außenanlage ist eine Minderung von weiteren 5 % gerechtfertigt. Die Nutzung der Rasenfläche zum Aufenthalt war durch deren Zustand beeinträchtigt und der optische Anblick wurde ebenfalls gestört, eine Unbenutzbarkeit lag indes nicht vor, auch war der gesamte Außenbereich betroffen sondern nur die Rasenfläche und die Grenzbefestigung. Die Defekte an den Schirmen und Auflagen lassen eine weitere Minderung in Höhe von 5 % angemessen erscheinen. Dass neben den Auflagen auch die Liegen selbst defekt waren, hat die Beweiserhebung nicht ergeben, die Zeugin T. hat ausgesagt, dass man die Liegen mit zwei / drei Auflagen übereinander nutzen konnte. Insoweit ist daher eine gravierendere Beeinträchtigung nicht ersichtlich. Ausgehend von einem Gesamtpreis von 2.608,00 Euro ergeben 15 % Minderung 391,20 Euro.
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Weitere Ansprüche bestehen nicht.
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Zunächst ist dabei festzustellen, dass der Kläger gehindert ist, Ansprüche nach § 651 d Abs. 1 BGB wegen Mängel der Einrichtung des Appartements zu erheben, da der Bezug des Appartements auf eigenen Wunsch in Kenntnis der Beschaffenheit desselben erfolgte.
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Der Reiseveranstalter schuldet dem Reisenden die vertraglich vereinbarte Leistung. Im Falle eines von dem Reisenden angezeigten Mangels hat der Reiseveranstalter die Pflicht und das Recht dem Mangel durch Bereitstellung einer mangelfreien Leistung abzuhelfen. Gelingt die Abhilfe nicht oder nicht vollständig verbleibt dem Reisenden das Minderungsrecht. Kommt es aber zu einer Leistungsänderung auf Wunsch des Reisenden ohne dass bislang ein Mangel vorlag, der der Abhilfe bedurft hätte, liegt eine einvernehmliche Leistungsänderung vor. In diesen Fällen wird der Vertragsgegenstand nunmehr durch die bei Leistungsänderung bekannten Umstände bestimmt. Das bedeutet, dass der Reisende wegen solcher Abweichungen, die ihm bei der Vereinbarung der Leistungsänderungen bekannt waren, kein Minderungsrecht hat, da die Abweichungen – selbst wenn sie sonst als Fehler nach § 651 c BGB anzusprechen wären – nunmehr als vertragsgemäße Leistung akzeptiert worden sind, es sei denn der Reisende hätte sich Rechte wegen dieser Abweichungen vorbehalten (wie hier LG Hannover NJW-RR 1987, 496; a.A Staudinger, BGB, 2011, Rn 202; Führich, Reiserecht, 6 Auflage Rn 181 für den Fall eines von dem Reiseveranstalter ausgehenden Leistungsänderung). Die Notwendigkeit eines Vorbehaltes entspricht der Regelung des § 640 Abs. 2 BGB, wonach die Abnahme eines mangelhaften Werkes in Kenntnis des Mangels ohne Vorbehalt zum Verlust der Gewährleistungsrechte führt. Zwar beinhalten die §§ 651 a ff BGB keine dem § 640 Abs. 2 BGB entsprechende Regelungen, der in dieser Regelung enthaltene Rechtsgedanke des Verbotes widersprüchlichen Verhaltens trägt aber auch beim Reisevertrag. Die Parallele zum Werkvertrag ergibt sich bereits daraus, dass die §§ 651a ff BGB zum Teil auf das Werkvertragsrecht Bezug nehmen, wie etwa in § 651 d Abs. 1 BGB, und der Reisevertrag auch systematisch dem Werkvertrag nahe steht, was sich bereits aus seiner Stellung im 7. Titel der einzelnen Schuldverhältnisse ergibt. Auch inhaltlich ist ein Erfolg geschuldet, beim Werkvertrag das fertige Werk, beim Reisevertrag eine Abfolge von mängelfreien dem Reisezweck dienenden Leistungen. Es ist daher gerechtfertigt den Rechtsgedanken des § 640 Abs. 2 BGB auf den Reisevertrag mit der Maßgabe zu übertragen, dass der Reisende, der einer Leistungsänderung, die keine Abhilfe darstellt, zustimmt und dabei wissentlich Fehler hinnimmt, seine Rechte in Ansehung dieser Fehler verliert, wenn er sich die Rechte nicht vorbehält. Diese Rechtsfolge ist auch zum Schutz des Reiseveranstalters geboten; Der Reiseveranstalter muss bei der Prüfung, ob er einem an ihn herangetragenen Wunsch auf Leistungsänderung zustimmt, abschätzen können, ob und ja welche Rechtsfolgen dies für ihn haben kann. Seine Abwägung wird aber maßgeblich davon beeinflusst, ob er bei einer Leistungsänderung, von der auch der weiß, dass sie Fehler nach § 651 c BGB beinhaltet, mit Gewährleistungsansprüchen rechnen muss oder nicht. Dies gilt insbesondere auch für die Frage, ob er dieser Leistungsänderung, zu der er ja nicht verpflichtet ist, da die bisherigen vertraglichen Leistungen mangelfrei waren, gegen einen Aufpreis zustimmt oder nicht.
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Ausgehend hiervon kann der Kläger wegen der behaupteten Mängel des Appartements in Gestalt von alten abstehenden Fußleisten, rostigen Nägeln, beschädigter Tapete, beschädigten Stühle und Geschirrschrank, verschimmelten Duschvorhang und Badematte, vergammelten Wannenrand und sowie Loch im Waschbecken und beschädigter Badezimmertür keine Ansprüche erheben. Es ist unstreitig, dass dem Kläger zunächst ein mangelfreies Doppelzimmer ohne Meerblick wie gebucht zur Verfügung gestellt wurde und er auf eigenen Wunsch ein Zimmer mit Meerblick haben wollte, worauf ihm das streitgegenständliche Appartement mit Meerblick angeboten wurde. Damit lag keine Situation vor, in dem die Beklagte Abhilfe hätten leisten müssen, vielmehr sollte auf Wunsch des Klägers eine Leistungsänderung herbeigeführt werden. Der Kläger hat weiter mit Schriftsatz vom 25.02.2013 vorgetragen, dass die genannten Mängel an der Einrichtung einschließlich einer geringeren Wohnfläche für ihn sofort erkennbar waren. Dies ist auch nachvollziehbar, da der Kläger sich das Appartement vor Bezug angesehen hat und auch die Lichtbilder Bl. 30 ff. d.A. die Erkennbarkeit wiedergeben. Allein in Hinblick auf den Kühlschrank und die Klimaanlage ist von einer Erkennbarkeit nicht auszugehen. Dass der Kläger aber der Beklagten gegenüber sich wegen der Mängel der Einrichtung vor Bezug des Appartements Rechte vorbehalten hätte, ist weder ersichtlich noch dargetan. Damit hat er diese Beeinträchtigung aber wissentlich hingenommen, um die sich ihm durch die Leistungsänderung gegenüber der vorherigen Unterbringung bietenden Vorteile des Appartements insbesondere den Meerblick ohne Aufpreis in Anspruch nehmen zu können. Minderungsansprüche wegen der ihm somit bekannten Mängel sind damit aber entfallen.
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In Hinblick auf die Verpflegung selbst sowie dem Umfeld im Speisesaal konnte sich das Gericht von dem Bestehen eines minderungserheblichen Mangels nicht überzeugen. Die Zeugin T. hat bekundet, dass das es sich um täglich wiederkehrendes Einheitsessen handelte, um Durchschnittsküche von unterstem Niveau. Abends seien Speisen von Mittag aufgewärmt worden. Die Speisenpräsentation sei widerlich gewesen. Der Fisch sei trocken und lauwarm, der Rosenkohl steinhart gewesen und einmal habe der Tintenfisch Haare gehabt. Die Buffetcontainer seien verdreckt gewesen und Gardinen hätten eine Woche heruntergehangen. Die Zeugin L. hat das Essen als für die Kategorie in Ordnung bezeichnet und einige Warmhaltebehälter seien älter gewesen. Die Aussage der Zeugin T. genügt dem Gericht in diesem Fall nicht zur notwendigen Überzeugungsbildung, zumal die Zeugin L. hier eigene abweichende Wahrnehmung bekundet. Zudem ist die Aussage der Zeugin T. stark durch wertende Beschreibungen ohne objektiven konkreten Gehalt geprägt, nur bei dem Fisch und dem Rosenkohl werden konkrete Angaben gemacht. Im Übrigen bleibt aber unklar, was das Speisenangebot tatsächlich im Übrigen umfasste. Das Gericht kann sich aber ohne genauere Beschreibung unter “widerlicher Präsentation” genauso wenig etwas vorstellen wie unter “Durchschnittsküche und Einheitsgeschmack”. Alleine der Zustand der Warmhaltebehälter und die eine Woche herabhängende Gardine rechtfertigen indes keine Minderung.
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Auch konnte sich das Gericht nicht davon überzeugen, dass die Gebührenpflichtigkeit von Auflagen am Strand ein zur Minderung berechtigender Mangel darstellt. Die Zeugin L. hat insoweit bekundet, dass diese Praxis auf Kos nicht unüblich sei. Zweifel an der Richtigkeit der Aussage haben sich nicht ergeben. Damit kann aber nicht festgestellt werden, dass die Erhebung von Gebühren am Hotelstrand eine Abweichung von einer geschuldeten Leistung mittlerer Art und Güte darstellt; denn der Maßstab der mittleren Art und Güte bemisst sich auch nach dem Umfeld des Reisezieles und der dortigen Praxis. Dass aber die Beklagte in einem von ihr herausgegebenen Katalog die Verfügbarkeit von Auflagen am Strand ohne Einschränkung ausgeschrieben und damit zugesichert hätte ist nicht ersichtlich und wird auch nicht behauptet.
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In Hinblick auf den Kühlschrank ist eine Minderung ebenfalls ausgeschlossen, da der Kühlschrank nach eigenem Vortrag nach Anzeige ausgetauscht wurde und damit Abhilfe gewährt wurde. Dass der Kühlschrank dann eine Zeitlang vor dem Appartement abgestellt wurde, ist eine bloße Unannehmlichkeit.
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Einen Anspruch auf Schadensersatz aufgrund entgangener Urlaubsfreude gemäß § 651f Abs. 2 BGB steht dem Kläger gegen die Beklagte wegen der oben festgestellten Mängel nicht zu.
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Dieser Anspruch setzt eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise vor. Eine solche liegt erst ab einer Minderungsquote von 50 % vor bzw. ist sie dann gegeben, wenn eine Gesamtabwägung zwischen Art und Ausmaß der Mängel mit Reisezweck, Reisepreis, Reiseziel, Opportunitätskosten auf Seiten des Reisenden ergibt, dass der Urlaub ohne Nutzen war.
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Vorliegend ergibt sich alleine durch den von den Klimaanlagen ausgehenden Lärm, den Zustand der Rasenfläche und des Zaunes sowie durch die Defekte an Sonnenschirmen und Auflagen bereits keine Minderung über 50 %. Aber auch eine Gesamtabwägung kommt zu keinem anderen Ergebnis. Die Mängel sind letztlich zu marginal, als dass sie geeignet wären, eine den Urlaubsnutzen aufhebende Beeinträchtigung herbeizuführen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der weit überwiegende Teil der Reiseleistungen (Flug, Unterhaltung, Sport, Unterbringung, Verpflegung) ohne bzw. ohne feststellbaren Mangel in Anspruch genommen werden konnte.
II.
32
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 286, 288 BGB aufgrund der in dem Anwaltsschreiben vom 22.06.2012 gesetzten Frist zum 06.07.2012.
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Dem Kläger steht kein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu. Insoweit fehlt es an der Darlegung eines Vermögensschadens.
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Ein Anspruch aus §§ 286, 249 BGB setzt einen ersatzfähigen Vermögensschaden voraus. Ein solcher ist nicht dargetan. Dass der Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten tatsächlich an seine Anwältin gezahlt hat, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht behauptet. Es ist auch nicht dargetan, dass sich der Kläger einem durchsetzbaren Honoraranspruch gegenübersieht. Nur ein solcher begründet aber eine einem Vermögensschaden gleichstehende Beschwerung mit einer Verbindlichkeit. Durchsetzbar ist ein Honoraranspruch aber nur, wenn der Kläger von seiner Anwältin eine dem § 10 RVG entsprechende Rechnung gestellt worden wäre, von dieser könnte er dann nach § 250 BGB Freistellung verlangen oder aber bei ernsthafter Zahlungsweigerung der Gegenseite auch unmittelbar Zahlung begehren. Eine solche Rechnung liegt aber nicht vor. Im Übrigen ist auch nicht vorgetragen, dass die Parteien auf eine Rechnungsstellung nach § 10 RVG verzichtet hätten und die Anwältin seine Gebühren auch ohne Rechnung ernsthaft bei dem Kläger einfordert.
III.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Streitwert: 2.775,66 Euro