Amtsgericht München, Urteil vom 10.4.14 – 261 C 2135/14
Selbst ist der Reisende
Reisemängel sind von dem Reisenden selbst gegenüber dem Reiseunternehmen anzuzeigen. Rechtsanwaltskosten hierfür können vom Reiseunternehmen nicht verlangt werden, da ein Rechtsanwalt für die Geltendmachung des Mangels nicht erforderlich ist.
Die Kläger, eine fünfköpfige Familie aus Mainz, verlangen von ihrem Reiseveranstalter Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von Euro 413,64, die dadurch entstanden sind, dass die Kläger mit der Anfertigung des Schreibens zur Geltendmachung der Mängel ihrer Reise einen Rechtsanwalt beauftragt haben.
Die Kläger buchten über Vermittlung eines Reisebüros eine Pauschalreise nach Tunesien. Am 6.8.13 wollte die Familie mit einem Rail-& Fly Ticket mit dem ICE 974 zum Flughafen in Hannover anreisen. Der ICE hatte 277 Minuten Verspätung und die Familie verpasste den Flug. Eine alternative Beförderung war nicht möglich und die Familie kehrte nach einer Übernachtung im Hotel nach Hause zurück.
Mit Schreiben vom 9.9.13 machte der Rechtsanwalt der Kläger außergerichtlich geltend, dass die Reise mangelhaft war und forderte zur Rückerstattung des Reisepreises und Entschädigung der Kläger wegen der nutzlos aufgewendeten Urlaubszeit auf.
Das Anwaltshonorar in Höhe von 413,64 Euro fordern nun die Kläger von dem Reiseunternehmen ein.
Das beklagte Reiseunternehmen ist der Auffassung, dass es dafür nicht einstehen müsse.
Der Richter gab nun dem Reiseunternehmen Recht und wies die Klage insoweit ab:
Das Gericht begründet die Entscheidung damit, dass die Beauftragung des Rechtsanwalts durch die Kläger nicht erforderlich gewesen sei. Nur solche Kosten seien erstattungsfähig, die auch erforderlich waren. Dies bedeutet, dass die Inanspruchnahme des Rechtsanwalts für die Geltendmachung der Mängel erforderlich gewesen sein muss. Das Gericht führt aus, dass die Mängelanzeige gemäß § 651 g BGB an keine besondere Form gebunden ist, insbesondere eine anwaltliche Vertretung hierfür nicht vorgeschrieben ist. Die Mitteilung von Reisemängeln bedürfe keiner juristischen Ausbildung. Eine rechtliche Einordnung der vorgetragenen Mängel müsse der Reisende bei der Mängelanzeige nicht vornehmen. Vielmehr sei die Mängelanzeige ähnlich einer Mahnung. Die Kosten einer Mahnung sind, solange der Schuldner nicht in Verzug ist, auch nicht erstattungsfähig. Im Ergebnis hätten die Kläger nach dieser Entscheidung wegen ihrer Pflicht, den Schaden möglichst gering zu halten, die Mängelanzeige selbst erstellen und abgeben müssen.
In einem ähnlich gelagerten Fall hat das Landgericht Frankfurt am Main dem Reisenden Recht gegeben und die Anwaltskosten für die Mängelanzeige ersetzt. Dieser Ansicht ist der Münchner Richter nicht gefolgt.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung 32/14 des AG München vom 28. Juli 2014