Kein Zutrittsrecht des Miteigentümer-Ehegatten zur ehemals gemeinsam genutzten Wohnung ohne besonderen Grund

LG Saarbrücken, Urteil vom 01.04.2004 – 2 S 227/03

Kein Zutrittsrecht des Miteigentümer-Ehegatten zur ehemals gemeinsam genutzten Wohnung ohne besonderen Grund

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Amtsgerichts Völklingen vom 13.06.2003 aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Die Klage zu Ziffer 3 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.200,– € festgesetzt.

Gründe
1
Hinsichtlich des Sach– und Streitstandes wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils auf die zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufung zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift der Kammer vom 11.3.2004 Bezug genommen.

2
Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

3
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Gestattung der Besichtigung des Anwesens Hstr. … in V durch ihn sowie eine von ihm beauftragten weiteren Person zu. Zwar ist der Kläger Miteigentümer dieses Anwesens und jedem Miteigentümer steht nach § 743 Abs. 2 BGB grundsätzlich ein Mitbenutzungsrecht zu. Unstreitig leben die Parteien bereits seit April 2001 getrennt. Seit dieser Zeit bewohnt die Beklagte zusammen mit ihren Kindern und ihrem Lebensgefährten das streitgegenständliche Anwesen. Durch diese zwischen Parteien vereinbarte Wohnungsregelung für die Zeit ihrer Trennung hat sich der Kläger zwar nicht einer Mitbestimmungsmöglichkeit über das gemeinsame Eigentum begeben. Ihm kann daher unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. Fall der Teilungsversteigerung AG Erkelenz ZMR 2002, 388) ein Zutrittsrecht zustehen. Ein uneingeschränktes Zutrittsrecht zudem in Anwesenheit einer weiteren, von dem Kläger zu bestimmenden Person das dem Kläger durch das Amtsgericht zugesprochen worden ist, ist der Beklagten hier jedoch nicht zumutbar und stellt eine Verletzung ihrer nach Art. 13 GG geschützten Privatsphäre dar. Das zugesprochene, uneingeschränkte Zutrittsrecht liefe darauf hinaus, dass der Kläger ohne zeitliche Einschränkung, ohne konkreten Anlass und ohne Vorankündigung die Besichtigung des Hauses zusammen mit einem von ihm bestimmten Dritten vornehmen könnte. Eine derartige Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre hat die Beklagte jedoch nicht hinzunehmen.

4
Der Kläger hat – unabhängig davon, dass ihm ein derart uneingeschränktes Zutrittsrecht aus den dargelegten Gründen nachdem er ausgezogen ist und damit seinen Mitbesitz aufgegeben hat, nicht zusteht – auch keinen zureichenden Grund vorgetragen, der ein zeitlich eingeschränktes und nur nach Vorankündigung wahrnehmbares Zutrittsrecht rechtfertigen könnte. Die Beschädigung des Zauns durch die Anlieferung des Brennholzes ist auch ohne Betreten des Anwesens in Art und Umfang erkennbar und rechtfertigt keine Zutrittsrecht. Andere Gründe, die ein Betreten des Anwesens derzeit rechtfertigen könnten, hat der Kläger nicht vorgetragen.

5
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

6
Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, so dass für die Zulassung der Revision kein Raum ist.

7
Im Hinblick auf § 544 ZPO und §§ 704, 705 ZPO war das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO. Von der Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 713 ZPO war abzusehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil nicht zulässig ist, denn gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO ist die Nichtzulassungsbeschwerde in allgemeinen Zivilsachen nur zulässig, wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000,– € übersteigt.

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