Kein Anspruch des Mieters auf Selbstablesung des nicht in seinem Mietraum befindlichen Wasserzählers

AG Kehl, Urteil vom 23.09.2011 – 3 C 20/10

Ein Mieter hat gegen den Vermieter keinen Anspruch darauf, ungehindert den Wasserzähler, der sich nicht in den eigenen Mieträumen befindet, ablesen zu können. Zwar hat ein Mieter nach § 556 Abs. 3 BGB ein Prüfungsrecht hinsichtlich der vom Vermieter abgerechneten Betriebskosten. Dieses Prüfungsrecht umfasst jedoch lediglich die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen (Rn. 18).

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 990,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils einem Teilbetrag von 165,00 EUR seit 04.07.2009, 05.08.2009, 04.09.2009, 06.10.2009, 05.11.2009, 04.12.2009 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten eine Mieterhöhung wegen Modernisierungsmaßnahmen geltend und verlangt rückständige Miete.

2

Im Jahre 2008 ließ die Klägerin, an dem von ihr an die Beklagten vermieteten Haus, X Straße in K., Wärmedämmplatten anbringen sowie drei Fenster durch neue mit Wärmeschutzglas austauschen. Durch die Anbringung der Wärmedämmplatten wurde auch der Austausch sämtlicher Fensterbänke erforderlich. Insgesamt beliefen sich die Kosten für diese Arbeiten auf 18.006,34 €.

3

Mit Schreiben vom 28.10.2008 machte die Klägerin eine Mieterhöhung in Höhe von 11 % dieser Aufwendungen, mithin ein Betrag von 165,00 € monatlich, geltend. Wegen des genauen Wortlauts dieses Schreibens wird darauf Bezug genommen (AS 27). Die Beklagten lehnten die Mieterhöhung mit Schreiben vom 09.11.2008 ab. Die Klägerin verlangt nunmehr den Erhöhungsbetrag ab dem 01.07.2009 und die folgenden Monate.

4

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Mieterhöhung berechtigt sei. Sämtliche Maßnahmen hätten die Energieeinsparung befördert.

5

Die Klägerin beantragt,

6

die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 990 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 165,00 €ab dem 04.07.2009, 04.08.2009, 04.09.2009, 04.10.2009, 04.11.2009, 04.12.2009 und 06.01.2010 zu bezahlen.

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Die Beklagten beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Sie sind der Ansicht, dass die durchgeführten Arbeiten nicht zu einer Verbesserung der Wärmeisolierung des Hauses geführt hätten. Im Gegenteil sei der Wärmeverlust dadurch erhöht worden. Insbesondere habe der Ausbau der Fenster im Vorraum zum Haus negative Auswirkungen auf die Isolierung gehabt. Die Beklagten meinen weiter, dass sie die Zahlung jedenfalls solange verweigern, wie sich nicht ungehinderten Zugang zum Wasserzähler, der sich auf dem Grundstück der Nachbarn befindet, wobei die Klägerin dafür sorge, dass die Beklagten nicht auf das Grundstück gelassen würden.

10

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Z. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf sein Gutachten vom 29.09.2010 (AS 127) sowie auf die ergänzenden Stellungnahmen vom 04.01.2011 (AS 197) und vom 20.07.2011 (AS 241) verwiesen.

11

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

I.

12

Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet.

13

Die Beklagten schulden der Klägerin gemäß § 535 Abs. 2 BGB die mit der Klage geltend gemachte rückständige Miete in Höhe von 990,00 €, weil die Klägerin von den Beklagten, jedenfalls mit Wirkung ab dem 01.07.2009 eine um 165 EUR erhöhte Miete verlangen kann (1.). Gegen diese Forderung der Klägerin steht den Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht zu (2.).

1.

14

Die von der Klägerin verlangte Mieterhöhung um 165 € im Monat wegen Modernisierungsmaßnahmen ist gemäß den §§ 559 ff. BGB gerechtfertigt. Die Klägerin hat Arbeiten durchgeführt, die nachhaltig zur Einsparung von Energie führen. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten, dem sich das Gericht uneingeschränkt anschließt, schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die Isolierungsarbeiten und der Austausch der Fenster den Wärmeverlust des Hauses verringern und dadurch auf Dauer Heizenergie eingespart wird. Dabei ist es unerheblich, ob die Isolierung des Hauses noch optimiert werden kann. Entscheidend ist allein, ob mit den durchgeführten Arbeiten eine Verbesserung erzielt wird. Auf der anderen Seite hat der Sachverständige auch nachvollziehbar dargelegt, dass durch den Ausbau der Fenster des Vorraumes keine negativen Auswirkungen auf die Isolierung des Hauses bestehen.

15

Die Klägerin kann ihrem Mieterhöhungsverlangen die gesamten angefallenen Kosten zugrunde legen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die gesamten, von der Klägerin zur Begründung der Mieterhöhung, angeführten Kosten für die der Verbesserung der Isolierung dienenden Baumaßnahmen erforderlich waren. Somit kann sie die jährliche Miete um 11 % der Kosten, mithin monatlich um 165 EUR, erhöhen.

16

Die Mieterhöhung wurde den Beklagten von der Klägerin entsprechend des § 559b Abs. 1 BGB mit Schreiben vom 28.10.2008 schriftlich und unter Darlegung des Erhöhungsgrundes sowie einer Erläuterung der Berechnung auf Grundlage der entstandenen Kosten erklärt.

17

Da die Beklagten bereits mit Schreiben vom 09.11.2008 die geltend gemachte Mieterhöhung ablehnten, bestehen auch keine Zweifel daran, dass die nach § 559b Abs. 2 Satz 2 BGB längstens geltende Karenzfrist von 6 Monaten für das Wirksamwerden der Mieterhöhung jedenfalls zum 30.06.2009 abgelaufen ist. Somit kann die Klägerin die erhöhte Miete spätestens ab dem Juli 2009 verlangen.

2.

18

Für die Beklagten besteht gegen die Forderung der Klägerin wegen der behaupteten Verweigerung des Zugangs zum Wasserzähler kein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB. Die Beklagten haben nämlich keinen Anspruch darauf, dass sie ungehindert den Wasserzähler, der sich nicht in ihren eigenen Mieträumen befindet, ablesen können. Zwar hat ein Mieter nach § 556 Abs. 3 BGB ein Prüfungsrecht hinsichtlich der vom Vermieter abgerechneten Betriebskosten. Dieses Prüfungsrecht umfasst jedoch lediglich die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen (vgl. Palandt, BGB, 69. Auflage, § 556 BGB, Rn. 13; Schmidt/Futterer, Mietrecht, 10. Auflage, §556 Rn. 479 ff.). Der Vermieter ist nicht verpflichtet, dem Mieter zu ermöglichen, selbst die für die Abrechnungen notwendigen Messwerte abzulesen. Der Mieter ist hinreichend dadurch geschützt, dass der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit der Messwerte trägt. Verweigert der Vermieter den Zugang zu den Messinstrumenten ohne vernünftigen Grund, wird dies bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sein.

3.

19

Die Verzinsung der Forderung der Klägerin ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB i.V.m. § 556b Abs. 1 BGB, wobei wegen Sonn- und Feiertagen der Zahlungsverzug in den Monaten August sowie November 2009 jeweils erst ab am 05. und im Oktober am 06. eingetreten ist. Darüber hinaus war die Klage abzuweisen.

II.

20

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708, 711 ZPO.

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