Eigene Abberufung des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers rechtsmissbräuchlich

OLG München, Beschluss vom 16.03.2011 – 31 Wx 64/11

Der Beschluss des alleinigen Gesellschafters einer GmbH über seine eigene Abberufung als alleiniger Geschäftsführer ist regelmäßig rechtsmissbräuchlich und daher unwirksam, wenn er nicht zugleich einen neuen Geschäftsführer bestellt.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 13. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Im Handelsregister ist die C. GmbH eingetragen. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist der weitere Beteiligte.

Das mit Beschluss vom 16.1.2006 über das Vermögen der Gesellschaft eröffnete Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss vom 21.5.2010 nach Schlussverteilung aufgehoben. Die Gesellschaft ist Eigentümerin eines Grundstücks, das der Insolvenzverwalter aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben hatte. Mehreren Aufforderungen des Registergerichts zur Anmeldung des Liquidators kam der weitere Beteiligte nicht nach. Am 1.12.2010 meldete er seine Abberufung als Geschäftsführer mit Wirkung zum Zeitpunkt der Eintragung an, gestützt auf den von ihm als Alleingesellschafter gefassten Gesellschafterbeschluss vom 22.11.2010. Das Registergericht lehnte mit Beschluss vom 13.12.2010 den Vollzug der Anmeldung ab mit der Begründung, die Abberufung sei rechtsmissbräuchlich, weil nicht gleichzeitig ein neuer gesetzlicher Vertreter für die GmbH bestellt worden sei. Mit der Beschwerde wird vorgebracht, eine Treuwidrigkeit der Abberufung sei nicht zu erkennen; im Übrigen sei am 31.1.2011 Insolvenzantrag gestellt worden.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Registergericht hat zu Recht die Eintragung abgelehnt, weil die Abberufung des weiteren Beteiligten als Geschäftsführer unwirksam ist.

1. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ist die Amtsniederlegung durch den alleinigen Geschäftsführer, der zugleich alleiniger Gesellschafter ist, wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam, wenn dieser davon absieht, einen neuen Geschäftsführer für die Gesellschaft zu bestellen. Das verlangt das Interesse des Rechtsverkehrs an der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft, die andernfalls beseitigt würde. Daran hat sich durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 nichts geändert, denn die neu eingeführte Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GmbHG gewährleistet bei Führungslosigkeit der Gesellschaft nur eine Passivvertretung.

Grund für die Missbilligung der Amtsniederlegung in derartigen Fällen ist die Zurückstellung überwiegender Interessen anderer Beteiligter durch den Versuch, sich der freiwillig übernommenen Verantwortung für die Gesellschaft und aller weiteren Pflichten zu entledigen, die gerade in wirtschaftlich schwierigen Situationen der Gesellschaft an das Amt des Geschäftsführers geknüpft sind (vgl. BayObLGZ 1981, 266/296; BayObLGZ 1999, 171/173; OLG Köln GmbHR 2008, 544; OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 609/610; Großkomm GmbHG/Paefgen § 38 Rn. 133; Lutter/Hommelhoff GmbHG 17. Aufl. § 38 Rn. 42 f.).

2. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Geschäftsführer sein Amt nicht niedergelegt, sondern sich als alleiniger Gesellschafter selbst gemäß § 38 GmbHG im Beschlusswege abberufen hat. Wenn die Amtsbeendigung als solche rechtsmissbräuchlich ist, kann es nicht auf die Art und Weise der Beendigung – Amtsniederlegung, Abberufung oder einvernehmliche Aufhebung des Organverhältnisses – ankommen. Andernfalls könnte der Alleingesellschafter-Geschäftsführer das Erfordernis eines wichtigen Grundes für die Amtsniederlegung durch die eigene Abberufung bzw. durch die Amtsbeendigung im Wege des In-Sich-Geschäfts unterlaufen (vgl. OLG Zweibrücken GmbHR 2006, 430).

3. Einen neuen Geschäftsführer hat der weitere Beteiligte nicht bestellt. Umstände, die der offenkundigen Rechtsmissbräuchlichkeit der Amtsbeendigung entgegenstehen könnten, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dem weiteren Beteiligten geht es offensichtlich darum, sich den mit der noch vorzunehmenden Liquidation der Gesellschaft verbundenen Pflichten zu entziehen. Die Tatsache, dass zwischenzeitlich erneut Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft gestellt wurde, ändert nichts an der Rechtsmissbräuchlichkeit des Abberufungsbeschlusses.

III.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

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