BGH zur persönlichen Haftung des Vorstand einer AG für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen

BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 – II ZR 402/02

Zur persönlichen Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nach§ 826 BGB für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen.

Tenor

I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 30. Zivilsenats – zugleich Familiensenat – des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 1. Oktober 2002
aufgehoben.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Augsburg – 3. Zivilkammer – wird zurückgewiesen.

III. Die erstinstanzlichen Kosten werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten werden dem Kläger zu 1/3 und den Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern zu 2/3 auferlegt. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. Die Beklagten zu 2 und 3 tragen gesamtschuldnerisch 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

IV. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens werden den Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern auferlegt. Der Streithelfer der Beklagten hat die Kosten der Nebenintervention zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, ein Rechtsanwalt, macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche
aus abgetretenem Recht mit der Begründung geltend, der
Zedent sei durch unzutreffende Angaben in einer Ad-hoc-Mitteilung der
I. AG (frühere Beklagte zu 1, im folgenden: I. AG) dazu veranlaßt worden,
– mittlerweile wertlos gewordene – Aktien dieser Gesellschaft zu erwerben. Der
Beklagte zu 2 war Vorstandsvorsitzender, der Beklagte zu 3 stellvertretender
Vorstandsvorsitzender der I. AG. Der Kläger hat die gegen die Gesellschaft gerichtete
Klage nach Erlaß des Landgerichtsurteils zurückgenommen, nachdem
am 1. Juli 2001 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet worden war.

Die Aktien der I. AG wurden im Juli 1998 zum geregelten Markt
mit Handel im Neuen Markt bei einem Emissionskurs von 27,10 € zugelassen
und erreichten nach starkem Kursanstieg bereits im Februar 1999 ihren
Höchststand von 318,00 €. Nach zwischenzeitlicher Halbierung dieses Wertes
und schwankendem Kurs erfolgte im August 1999 ein Aktiensplit im Verhältnis
1 : 5. Nach weiterhin uneinheitlichem Verlauf stieg der Kurs im Zusammenhang
mit der Cebit im Februar 2000 nochmals kurzfristig bis auf 51,00 € an, um dann
nach und nach wieder abzufallen; derzeit bewegt er sich bei wenigen Cent pro
Aktie.

Die I. AG veröffentlichte eine Vielzahl von Ad-hoc-Mitteilungen,
u.a. am 20. Mai und am 13. September 1999. Am 20. Mai 1999 gab sie bekannt,
der Mobilfunkanbieter M. habe bei ihr „per Rahmenabkommen
Surfstations und die zugehörigen JNT-Lizenzen geordert“; das Auftragsvolumen
betrage mindestens ca. 55 Mio. DM, wobei die Abwicklung in mehreren
Chargen erfolge. Diese Ad-hoc-Mitteilung, die vom Beklagten zu 3 veranlaßt
und vom Beklagten zu 2 gebilligt worden war, gab den mit der M. abgeschlossenen
Vertrag nicht richtig wieder: Tatsächlich enthielt er nur eine verbindliche
Bestellung über 14.000 Surfstationen mit einem Gesamtvolumen von
ca. 9,8 Mio. DM; ergänzend war von M. lediglich für den Fall einer
erfolgreichen Testphase die Erhöhung des Auftrags von 14.000 auf
100.000 Stationen in Aussicht gestellt worden. Erst mit dieser Folgebestellung
– die allerdings nicht erfolgte – wäre das in der Ad-hoc-Meldung vom 20. Mai
1999 mitgeteilte Auftragsvolumen von 55 Mio. DM erreicht worden. Auf der
Hauptversammlung der I. AG vom 24. Juni 1999 wurde der Inhalt der
Meldung – freilich ohne Kenntnis des Klägers – auf entsprechende Nachfrage
einer Aktionärin von den Beklagten zwar richtig gestellt, jedoch wurde die falsche
Mitteilung vom 20. Mai 1999 später in der Ad-hoc-Mitteilung vom
30. August 1999 wieder bestätigt. Erst durch Ad-hoc-Mitteilung vom 22. August
2000 wurde die ursprüngliche Meldung – zum Teil – widerrufen.

In einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung vom 13. September 1999 gab
die I. AG bekannt, daß die G. bei ihr per Rahmenabkommen
JNT-Lizenzen und Surfstationen im Wert von rund 55 Mio. DM geordert habe.
Auch diese Mitteilung war unzutreffend, da es sich insoweit nicht um einen
neuen Auftrag, sondern lediglich um eine gemeinsame Vertriebsvereinbarung
handelte. Dies wurde von der I. AG erst mit Ad-hoc-Mitteilung vom
29. August 2000 berichtigt.

Der Kurs der Aktie stieg unmittelbar nach der Ad-hoc-Mitteilung vom
20. Mai 1999 um ca. 20 % auf 40,80 €. Nachdem sich der Kurs – nach weiteren
uneinheitlichen Ausschlägen – wieder beruhigt hatte, erwarb der Zedent am
28. Juli 1999 – unter Inanspruchnahme von Kontokorrentkredit – 230 Stückaktien
der I. AG zum Kurs von 40,00 € (Gesamtaufwand incl. Nebenkosten:
90.945,70 DM).

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Teilurteil der Klage auf
Zahlung von 90.945,70 DM nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Abtretung von
1.150 Aktien der I. AG stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten
hat das Oberlandesgericht (ZIP 2002, 1889) nach erneuter Beweisaufnahme
die Klage abgewiesen. Mit der – vom Berufungsgericht zugelassenen – Revision
verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils
und Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung
(§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO n.F.).

Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht Schadensersatzansprüche des
Klägers sowohl aus (allgemeiner) Prospekthaftung (dazu unter I.) als auch aus
§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der Verletzung eines Schutzgesetzes (dazu unter II.)
verneint. Dennoch ist die Klage begründet, weil der Kläger – wie bereits das
Landgericht zutreffend erkannt hat – gegen die Beklagten einen Ersatzanspruch
aus § 826 BGB hat (dazu unter III.).

I. Schadensersatz aus Prospekthaftung

Das Berufungsgericht hat Prospekthaftungsansprüche mit der Begründung
verneint, die Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und vom
13. September 1999 seien nicht als „Prospekte“ i.S. der allgemeinen Prospekthaftung
anzusehen, weil sie keine vollständige Unternehmensdarstellung – wie
ein Emissions- oder sonstiger (Wertpapier-)Verkaufsprospekt – enthielten. Das
ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

1. Allerdings ist schon im Ansatz zweifelhaft, ob die von der Rechtsprechung
entwickelten Prospekthaftungsgrundsätze, die an ein typisiertes Vertrauen
des Anlegers auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Prospektverantwortlichen
gemachten Angaben anknüpfen (vgl. BGHZ 71, 284 u. st.Rspr.), hier überhaupt auf die Haftung der Beklagten für die von ihnen veranlaßten fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen (§ 15 WpHG a.F.) der I. AG – eines Unternehmens des Neuen Marktes, der ein Segment des geregelten Marktes ist (vgl. dazu Potthoff/Stuhlfauth, WM 1997, Sonderbeilage Nr. 3,
S. 6 ff.) – Anwendung finden könnten. Der Senat hat bislang – anders als die
Revision meint – lediglich entschieden (BGHZ 123, 106), daß die Prospekthaftungsgrundsätze auch für Prospekte gelten, mit denen für den Erwerb von
Aktien außerhalb der geregelten Aktienmärkte geworben wird (vgl. aber für den
Bereich der nicht zum Handel an einer inländischen Börse zugelassenen Wertpapiererstemissionen nunmehr die spezialgesetzliche Haftungsregelung nach
§ 13 VerkaufsprospektG (v. 13. Dezember 1990, BGBl. I, 2749) i.V.m. §§ 45 bis 48 BörsG).

2. Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil die Ad-hoc-Mitteilungen der
I. AG vom 20. Mai 1999 und vom 13. September 1999 jedenfalls nicht
die an einen „Prospekt“ im Sinne der Prospekthaftungsgrundsätze zu stellenden
Anforderungen erfüllen.

a) Ein Prospekt stellt in der Regel die für den Anlageinteressenten wichtigste
und häufigste Informationsquelle dar und bildet im allgemeinen die
Grundlage seiner Anlageentscheidung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofes
darf ein Anleger erwarten, daß er ein zutreffendes Bild über das
Beteiligungsobjekt erhält, d.h. daß der Prospekt ihn über alle Umstände, die für
seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich
richtig und vollständig unterrichtet (vgl. BGHZ 123, 106, 109 f.; Sen.Urt. v.
29. Mai 2000 – II ZR 280/98, NJW 2000, 3346 – jew. m.w.N.).

Diese Anforderungen kann eine Ad-hoc-Mitteilung i.S. des § 15 Abs. 1
WpHG a.F. in der Regel nicht erfüllen. Sie ist anlaßbezogen auf neue, bislang
nicht veröffentlichte gewichtige Einzeltatsachen, die lediglich die bereits bekannten
Informationen für den Sekundärmarkt ergänzen. Dabei erhebt die Bekanntgabe
einer solchen kapitalmarktbezogenen Einzelinformation – anders als
die den Primärmarkt betreffende Publizität eines (Emissions-)Prospekts – erkennbar
nicht den Anspruch, eine das Publikum des Sekundärmarktes umfassend
informierende Beschreibung zu sein.

b) So lag es jedenfalls hier bezüglich der beiden Ad-hoc-Mitteilungen der
I. AG vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999. Sie betrafen jeweils
einzelne Geschäftsabschlüsse, die ein vollständiges Bild über sämtliche für den
Aktienkauf wesentlichen Umstände der Gesellschaft und die etwa damit verbundenen Risiken ersichtlich nicht vermittelten; ebensowenig ließen die vermittelten
Einzeltatsachen verläßliche Rückschlüsse über die Entwicklung der Aktie
zu.

II. Schadensersatz aus Verletzung von Schutzgesetzen

Zu Recht hat das Berufungsgericht Ansprüche des Klägers aus § 823
Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Verletzung etwaiger Schutzgesetze verneint.

1. Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 WpHG a.F. besteht
nicht.

§ 15 WpHG a.F. ist kein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Normzweck
des § 15 WpHG a.F. ist nach den Gesetzesmaterialien nicht der Schutz
der Individualinteressen der Anleger, sondern ausschließlich die im öffentlichen
Interesse liegende Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes (vgl.
insbesondere: BT-Drucks. 12/7918, S. 96, 102). Dementsprechend stellt § 15
Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. ausdrücklich klar, daß Verstöße gegen § 15 Abs. 1
bis 3 WpHG a.F. keine Schadensersatzpflicht des Emittenten auslösen. Das
schließt eine Schutzgesetzeigenschaft des § 15 WpHG a.F. aus (h.M., vgl.
BVerfG, Urt. v. 24. September 2002 – 2 BvR 742/02, ZIP 2002, 1986, 1988;
Kümpel in Assmann/Schneider, WpHG 2. Aufl. § 15 Rdn. 188; Rützel, AG 2003,
69, 72; Thümmel, BB 2001, 2331, 2332; Groß, WM 2002, 477, 482; Horn,
Festschrift Ulmer 2003, S. 817, 819; zur Gegenansicht: Möllers/Rotter, Ad-hoc-
Publizität 2003, § 16 Rdn. 55).

2. Auch § 88 BörsG a.F ist – entgegen der Ansicht der Revision – kein
Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB.

Der Senat hat bislang die Frage, ob § 88 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F.
Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB ist, offengelassen (vgl. Urt. v.
11. November 1985 – II ZR 109/84, NJW 1986, 837, 840). Er verneint sie nunmehr
in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
und der herrschenden Meinung (vgl. BVerfG ZIP 2002, 1986, 1988 mit
umfangreichen Nachw. z. Meinungsstand). Nach den Gesetzesmaterialien
(BT-Drucks. 10/318, S.44) ist über § 88 BörsG a.F. ein Schutz des einzelnen
Anlegers nicht gewollt.

Schutzgesetz ist eine Rechtsnorm nur dann, wenn sie – sei es auch
neben dem Schutz der Allgemeinheit – gerade dazu dienen soll, den einzelnen
oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu schützen.
Dabei kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des
Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlaß des Gesetzes gerade
einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen
wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen
gewollt oder zumindest mitgewollt hat (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991
II ZR 204/90, NJW 1992, 241, 242 m.w.N.). Der Tatbestand des § 88 BörsG
a.F. erfordert ein Handeln in der Absicht, auf den Börsen- oder Marktpreis von
Wertpapieren einzuwirken. Wie bereits in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck
kommt (BT-Drucks. 10/318, S. 45), steht bei § 88 BörsG a.F. allgemein
die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und Märkten mit
ihrer für das gesamte Wirtschaftsleben weitreichenden Bedeutung im Vordergrund.
§ 88 BörsG a.F. bezweckt deshalb nach dem Willen des Gesetzgebers
in erster Linie den Schutz der Allgemeinheit. Zwar wirkt sich der Schutz der Allgemeinheit
mittelbar auch zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers aus (vgl.
BT-Drucks. aaO S. 46). Damit erstrebt das Gesetz aber noch nicht einen besonderen Schadensersatzanspruch zum Schutze (auch) der Individualinteressen
des einzelnen (vgl. dazu: BGHZ 84, 312, 314; 125, 366, 374). Der dem einzelnen
zustatten kommende mittelbare Schutz ist vielmehr nur eine Reflexwirkung
des Gesetzes, die die zivilrechtliche Haftung nicht begründen kann (vgl.
BGHZ 89, 383, 401). Die Funktion, den Anleger vor Täuschungen und Vermögensverlusten zu schützen, wurde von § 264 a StGB übernommen; diese Norm
ist aufgrund ihres drittschützenden Charakters Schutzgesetz i.S. von § 823
Abs. 2 BGB (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 aaO; vgl. dazu noch unten unter 5.).

3. Entgegen der Ansicht der Revision müssen weder § 15 WpHG a.F.
noch § 88 BörsG a.F. aufgrund europarechtlicher Vorgaben in berichtigender
Auslegung als Schutzgesetze ausgelegt werden. Der EG-Insider-Richtlinie
89/592/EWG vom 13. November 1989 (ABl Nr. L 334/30, Einleitung und Art. 13;
sowie die in Art. 7 in Bezug genommene Richtlinie 79/279/EWG) oder der EGTransparenz-Richtlinie 88/627/EWG vom 12. Dezember 1988 (ABl
Nr. L 348/62) läßt sich kein Gebot entnehmen, § 15 WpHG a.F. oder § 88
Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB auszugestalten
(BVerfG ZIP 2002, 1986, 1989).

4. Einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG
hat das Berufungsgericht zutreffend verneint, weil die unrichtigen Ad-hoc-
Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 nicht den Tatbestand
des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG erfüllen.

a) Zwar ist die Strafvorschrift des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG Schutzgesetz
i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (einhellige Meinung: vgl. z.B. BGHZ 149, 10, 20;
Otto in Großkomm./AktG, 4. Aufl. 1997, § 400 Rdn. 2 m.w.N.). § 400 Abs. 1
Nr. 1 AktG soll das Vertrauen potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre
der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über
die Geschäftsverhältnisse schützen.

b) Die Beklagten haben jedoch durch die beiden Ad-hoc-Mitteilungen
nicht die Verhältnisse der Gesellschaft „in Darstellungen oder Übersichten über
den Vermögensstand“ (§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) unrichtig wiedergegeben.

Unter „Übersichten über den Vermögensstand“ sind alle Zusammenstellungen
von Zahlenmaterialien, insbesondere alle Arten von Bilanzen zu verstehen,
die einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens
ermöglichen (vgl. Otto aaO § 400 Rdn. 33). Darunter fallen ersichtlich
nicht Ad-hoc-Mitteilungen, die – wie im vorliegenden Fall – nur jeweils einen einzelnen
Geschäftsabschluß bekanntgeben.

Als „Darstellungen über den Vermögensstand“ gelten nur solche Berichte,
die den Vermögensstand des Unternehmens so umfassend wiedergeben,
daß sie ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Aktiengesellschaft ermöglichen
und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken. Auch das ist bei den
Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 offensichtlich
nicht der Fall.

Soweit in der Literatur vereinzelt die Ansicht vertreten wird, daß sich die
„Darstellungen“ i.S. von § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG nicht auf den Vermögensstand
beziehen müßten (Baums, Bericht der Regierungskommission „Corporate
Governance“ vom 10. Juli 2001, BT-Drucks. 14/7515 Rdn. 184; Möllers,
Ad-hoc-Publizität 2003, § 12 Rdn. 85 ff.), kann dem nicht gefolgt werden. Bereits
aus dem eindeutigen, einer (derartigen) Auslegung nicht zugänglichen
Wortlaut der Vorschrift (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG; dazu: BVerfGE 47, 109,
120 f.,124; 64, 389, 393 f.) ergibt sich, daß Darstellungen – genau wie in § 264 a
StGB – auch den Vermögensstand betreffen müssen und nicht isoliert betrachtet
werden können.

5. Auch eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m.
§ 264 a StGB hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.

Zwar hat die Strafnorm drittschützenden Charakter (vgl. Sen.Urt. v.
21. Oktober 1991 – II ZR 204/90, NJW 1992, 241 f.) und ist damit Schutzgesetz
i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Um den Tatbestand des § 264 a StGB zu erfüllen,
muß u.a. die fehlerhafte Information „in Prospekten“ oder „in Darstellungen oder
Übersichten“ über den Vermögensstand erfolgen. Die Ad-hoc-Mitteilungen der
I. AG vom 20. Mai 1999 bzw. 13. September 1999 sind jedoch – wie
bereits an anderer Stelle ausgeführt – weder „Prospekte“ (siehe oben I. 2.) noch
„Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand“ (siehe oben II. 4.).
Unabhängig davon fehlte es hier an dem außerdem in § 264 a Abs. 1 StGB
vorausgesetzten Zusammenhang der Tathandlung mit dem „Vertrieb von Anteilen“
(Nr. 1) oder mit einem Erhöhungsangebot (Nr. 2) (vgl. dazu: Lackner, StGB
24. Aufl. § 264 a Rdn. 6).

6. Ein Anspruch des Klägers gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263
Abs. 1 StGB scheidet nach den zutreffenden Erwägungen des Berufungsgerichts
bereits deshalb aus, weil hier eine Absicht der Beklagten, sich oder einem
Dritten „stoffgleich“ zu Lasten des Vermögens des Zedenten einen Vermögensvorteil
zu verschaffen, nicht feststellbar ist. Gemäß § 263 StGB muß der Täter
einen Vermögensvorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten in
der Weise anstreben, daß dieser Vorteil „die Kehrseite des Schadens“ ist
(BGHSt 6,115,116; Tiedemann in Leipziger Komm., StGB 11. Aufl. 2000, § 263
Rdn. 256). Eine – lediglich mittelbare – Begünstigung der I. AG oder der
Beklagten selbst durch einen infolge der falschen Ad-hoc-Mitteilung steigenden
Aktienkurs reicht nicht aus (Möllers, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rdn. 104; Rützel,
AG 2003, 69, 73; Rodewald/Siems, BB 2001, 2437, 2440). Hinsichtlich der an
dem Aktienkauf des Zedenten beteiligten unbekannten Verkäufer liegt eine Bereicherungsabsicht
der Beklagten fern.

III. Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB

Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings einen Schadensersatzanspruch
des Klägers aus § 826 BGB verneint.

1. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stünden zwar die Unrichtigkeit
der Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999, die
Kenntnis der Beklagten hiervon und der Kausalzusammenhang zwischen der
unrichtigen Meldung vom 20. Mai 1999 und der Anlageentscheidung des
Zedenten P. fest. Auch wenn dieser bei wahrheitsgemäßer Information
die Aktien nicht gekauft hätte, könne er schon nicht im Wege des Schadensersatzes
„Rückgängigmachung“ des Erwerbs verlangen, weil er bewußt in ein
hochspekulatives Marktsegment investiert habe. Jedenfalls hätten die Beklagten
insoweit nicht vorsätzlich gehandelt, weil sie weder vorausgesehen noch
billigend in Kauf genommen hätten, daß Anleger in I.-Aktien wegen des
Vertrauens in die Richtigkeit der Darstellung der Ad-hoc-Mitteilungen einen
Schaden, insbesondere in Form der Beeinträchtigung ihres wirtschaftlichen
Selbstbestimmungsrechts, erleiden könnten. Selbst wenn die von P. erworbenen
Mitgliedschaftsrechte, was naheliege, wegen des fehlenden Auftrags
der M. AG einen geringeren Wert gehabt hätten, hätten die Beklagten
nicht vorwerfbar in Verfolgung eigensüchtiger Interessen und in dem Bewußtsein
einer möglichen Schädigung potentieller Anleger gehandelt. Denn sie hätten
sich aufgrund des – wenn auch in erheblich geringerem Umfang – erteilten
Auftrags der M. in euphorischer Stimmung bezüglich der weiteren
Unternehmensentwicklung befunden und seien überzeugt gewesen, die Zielvorstellungen
zu dem erwarteten umfangreichen Auftrag erfüllen zu können.

Diese Bewertung hält in wesentlichen Punkten revisionsrechtlicher
Nachprüfung nicht stand.

2. Die Beweiswürdigung ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters, an
dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 ZPO n.F. gebunden
ist. Revisionsrechtlich ist seine Würdigung jedoch darauf zu überprüfen, ob er
sich mit dem Prozeßstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei
auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich
möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr.,
vgl. z.B. BGH, Urt. v. 11. Februar 1987 – IV b ZR 23/86, BGHR ZPO § 286
Abs. 1 Revisionsrüge 1).

Danach liegt schon den – teilweise im Widerspruch zu den getroffenen
Feststellungen stehenden – Ausführungen des Berufungsgerichts zum Schaden
offenbar ein unzutreffendes Verständnis des Schadensbegriffs i.S. der §§ 826,
249 ff. BGB zugrunde; darüber hinaus beruht die Verneinung der subjektiven
Voraussetzungen des § 826 BGB auf einer zum Teil widersprüchlichen und unvollständigen
Bewertung der objektiven Tatumstände sowie auf einer Überspannung
der Anforderungen an den Vorsatz (§ 286 ZPO).

a) Auf der Grundlage der Feststellungen zur Kausalität zwischen der falschen
Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 und der Anlageentscheidung des
Zedenten P. kann der Kläger nach § 826 BGB – bei Vorliegen auch der
weiteren Voraussetzungen dieser Norm (vgl. dazu unten) – von den Beklagten
nicht etwa nur, wie das Berufungsgericht offenbar meint, den Differenzschaden
des Zedenten in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen
Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten
gebildet hätte, sondern grundsätzlich Naturalrestitution (§ 249 BGB) in
Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen
Aktien verlangen (vgl. zu dieser Unterscheidung im Rahmen von § 37 c
WpHG n.F.: Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 f.).

§ 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung
bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab: Schaden ist danach nicht nur
jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus
jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung
mit einer ungewollten Verpflichtung (vgl. Wagner in Münch.Komm.z.BGB
4. Aufl. § 826 Rdn. 6 m.w.N.). Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen
Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Danach ist im vorliegenden
Fall der in seinem Vertrauen in die Richtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung vom
20. Mai 1999 enttäuschte Anleger P. im Wege der Naturalrestitution so zu
stellen, wie er stehen würde, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen
ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen Mitteilung nachgekommen wären. Da er in
diesem Fall – wie festgestellt – die Aktien nicht erworben hätte, kann er nach
§ 249 Abs. 1 BGB Geldersatz in Höhe des für den Aktienerwerb aufgewendeten
Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Rechtspositionen auf die – an
dem Erwerbsgeschäft nicht beteiligten – Schädiger verlangen.

Eine Einschränkung der Schadensersatzpflicht, wie sie das Oberlandesgericht
wegen der Investition des Zedenten in ein Papier des „hochspekulativen“
Neuen Marktes annimmt, ist nicht berechtigt; sie steht im Widerspruch zu
der festgestellten Überzeugung des Gerichts, daß P. ohne die fehlerhaften
Mitteilungen die Aktien der I. AG nicht erworben hätte.

Selbst unter dem Blickwinkel des Rechtswidrigkeitszusammenhangs/
Schutzzwecks der Haftungsnorm ist für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen, die
auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen
Schädigung i.S. des § 826 BGB erfüllen, eine Beschränkung der Rechtsfolgen
zugunsten des Schädigers nicht veranlaßt. Zwar hat der Gesetzgeber in
§ 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. – wie bereits ausgeführt – eine besondere Schadensersatzhaftung für die Verletzung der Ad-hoc-Publizität i.S. von § 15 Abs. 1
bis 3 WpHG a.F. ausdrücklich ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt,
daß jene Norm kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB sein soll. Gemäß
§ 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG a.F. bleiben jedoch ausdrücklich – schon bezogen auf
den Emittenten – Schadensersatzansprüche, die auf anderen Rechtsgrundlagen
beruhen, unberührt. Unter derartige allgemeine zivilrechtliche Haftungstatbestände
fällt insbesondere die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nach § 826
BGB. Ein Haftungsausschluß in Fällen betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung
Dritter wäre – wie im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich klargestellt
wurde (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages,
BT-Drucks. 12/7918, S. 102) – mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht
vereinbar. Für die – ohnehin nicht ausgeschlossene – Haftung der die falschen
Ad-hoc-Mitteilungen veranlassenden Vorstände als gesetzliche Vertreter des
Emittenten gelten daher im Bereich des § 826 BGB ebenfalls keine generellen
Beschränkungen hinsichtlich Art und Umfang des Schadensersatzes.

b) Ausgehend hiervon und auf der Grundlage der den Beklagten bekannten
objektiven Unrichtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 ist die Verneinung
der (weiteren) subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB durch das
Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerhaft.

Die Veröffentlichung der Mitteilung vom 20. Mai 1999 als Ad-hoc-
Mitteilung setzte bereits nach dem Gesetz (§ 15 Abs. 1 WpHG a.F.) voraus,
daß die mitgeteilte neue Tatsache „geeignet ist, den Börsenpreis der zugelassenen
Wertpapiere erheblich zu beeinflussen“. Da dies ohne Kauf- und Verkaufsentscheidungen
von individuellen Marktteilnehmern als zu erwartender Reaktion auf die Mitteilung der meldepflichtigen Tatsache nicht möglich ist, wissen die verantwortlichen Vorstände, daß es infolge der fehlerhaften Ad-hoc-Information zu entsprechenden Anlageentscheidungen kommen wird (so zutreffend Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1067). Kennen sie die Unrichtigkeit der Adhoc- Mitteilung, so wissen sie auch, daß deshalb Wertpapierkäufe auf fehlerhafter Tatsachengrundlage getätigt werden. Da beide Beklagten die Bedeutung der
konkreten Ad-hoc-Mitteilung und deren Unrichtigkeit kannten, ist – wie die Revision
zutreffend geltend macht – schon nach der Lebenserfahrung davon auszugehen,
daß die unrichtige Meldung keinen anderen Zweck hatte, als dem Börsenpublikum
einen gestiegenen Unternehmenswert vorzuspiegeln und den Börsenpreis
positiv zu beeinflussen. Von einer bloßen Leichtfertigkeit – wie das
Oberlandesgericht meint – kann ersichtlich keine Rede sein. Dagegen sprechen
weitere erhebliche Umstände, die das Berufungsgericht übersehen hat. Unstreitig
mußte der Beklagte zu 2 in Anwesenheit des Beklagten zu 3 in der Hauptversammlung
der I. AG vom 24. Juni 1999 auf entsprechende Frage einer Aktionärin klarstellen, daß die M. AG am 19. Mai 1999 lediglich 14.000 JNT-Surfstationen bestellt hatte; gleichwohl bestätigten die Beklagten – anstelle einer gebotenen sofortigen Richtigstellung durch Ad-hoc-Meldung – bereits in der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. August 1999 wieder die falsche
Ursprungsmeldung vom 20. Mai 1999. Schließlich hat das Berufungsgericht
auch die bedeutsame Indiztatsache außer Betracht gelassen, daß die Beklagten
in der Ad-hoc-Mitteilung vom 13. September 1999 sogar einen in vollem
Umfang frei erfundenen „erneuten Mega-Deal“ in Gestalt der angeblichen Order
eines P.er Unternehmens über 55 Mio. DM veröffentlichten. Auch diese
erneute Falschmeldung diente ersichtlich keinem anderen Zweck als der positiven
Beeinflussung des Börsenkurses und der Irreführung des Börsenpublikums
über den wirklichen Wert des Unternehmens.

Zudem hat das Berufungsgericht die Anforderungen an den Vorsatz
überspannt.

Für den Vorsatz im Rahmen des § 826 BGB genügt ein „Eventualdolus“.
Dabei braucht der Täter nicht im einzelnen zu wissen, welche oder wieviele
Personen durch sein Verhalten geschädigt werden; vielmehr reicht aus, daß er
die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden irgendwelcher anderer
auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen
und mindestens billigend in Kauf genommen hat (st.Rspr., so schon RGZ 55, 60; BGH, Urt. v. 20. November 1990 – VI ZR 6/90, BGHR BGB § 826 Schädigungsvorsatz 2). Angesichts der Gesamtumstände besteht hier an einer vorsätzlichen Handlungsweise der Beklagten in bezug auf die Mitteilung vom 20. Mai 1999 kein Zweifel. Den Beklagten war bei einer Parallelwertung in der (juristischen) Laiensphäre positiv bewußt, daß durch die Falschmeldung u.a. die Erwerber von I.-Aktien ihre Kaufentscheidungen auf fehlerhafter
Tatsachengrundlage trafen, die sie bei der gebotenen richtigen Information
entweder überhaupt nicht oder aber nur zu anderen Konditionen getroffen
hätten. Derartige Schäden als Folgen ihrer – direkt vorsätzlichen – Handlungsweise nahmen sie zumindest billigend in Kauf. Ein solcher Eventualvorsatz der
Beklagten hinsichtlich der als Folge ihres Tuns erwarteten, mindestens aber für
möglich gehaltenen Schäden bei den Investoren läßt sich – entgegen der Ansicht
des Berufungsgerichts – nicht aufgrund einer lediglich euphorischen Stimmung
der Beklagten in bloße Fahrlässigkeit „umqualifizieren“. Nach der
Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß den Beklagten als u.a. für die zentrale
Aufgabe der Publizität verantwortlichen Organen des Unternehmens, die
über die Auswirkungen ihrer unrichtigen Ad-hoc-Information auf den Aktienmarkt
Bescheid wußten, nicht durch eine (momentane) Euphorie über vermeintliche
Chancen und Zukunftsperspektiven der I. AG der Verstand „vernebelt“
wurde. Mit Recht rügt die Revision insoweit, daß nicht einmal nachvollziehbar
dargelegt ist, worauf bezüglich des Geschäfts mit M. über die
insoweit nicht ausreichende bloße Hoffnung hinaus bereits eine gesicherte Erwartung
hinsichtlich der Zielvorstellung weiterer Aufträge hätte gestützt werden
können; denn ersichtlich war weder die hierfür erforderliche Software bis zur
Serienreife gediehen noch die Lauffähigkeit der Hardware gesichert. Abgesehen
davon beträfe die etwaige Hoffnung oder Erwartung der Beklagten, den
falsch gemeldeten „Mega-Deal“ zu einem späteren Zeitpunkt noch zustande
bringen zu können, nur die Möglichkeit einer künftigen Minderung oder wirtschaftlichen
Beseitigung eines beim Anleger mit dem Aktienkauf bereits eingetretenen
Vermögensschadens; das gilt insbesondere für den – wie hier – bereits
dadurch entstandenen Schaden, daß der Anleger infolge der Irreführung Aktien
erworben hat, die er ohne die Falschmeldung nicht erworben hätte. Eine etwaige
spätere Schadenskompensation ließe aber die schon eingetretene Vollendung
der vorsätzlichen Schädigung unberührt.

c) Die vorsätzliche Veröffentlichung der bewußt unwahren Ad-hoc-
Mitteilung ist schließlich auch – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts –
als sittenwidrig i.S. des § 826 BGB, d.h. als „gegen das Anstandsgefühl aller
billig und gerecht Denkenden“ verstoßend (st.Rspr. seit RGZ 48, 114, 124), anzusehen.

Freilich genügt dafür im allgemeinen die bloße Tatsache, daß der Täter
gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen hat, ebensowenig wie der Umstand,
daß sein Handeln bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft.
Vielmehr muß sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem
verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder
den eingetretenen Folgen ergeben. Hier wird die Verwerflichkeit allerdings bereits
durch das Verhalten der Beklagten indiziert: die direkt vorsätzliche unlautere
Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch eine grob unrichtige Adhoc-
Mitteilung. Ein solches Handeln verstößt derart gegen die Mindestanforderungen
im Rechtsverkehr auf dem Kapitalmarkt, daß ein Ausgleich der durch
sie bei den einzelnen Marktteilnehmern verursachten Vermögensschäden geboten
erscheint. Eine derartige Verhaltensweise ist nicht etwa deshalb in einem
milderen Licht zu sehen, weil Ad-hoc-Mitteilungen wie die vorliegende gerade in
der fraglichen „euphorischen Phase“ des Neuen Marktes vielfach zu Werbezwecken
veröffentlicht worden sind; denn darin lag – auch im vorliegenden Fall –
selbst ein Mißbrauch des Rechtsinstituts der Ad-hoc-Publizität. Zudem setzten
sich die Beklagten – was das Oberlandesgericht außer Betracht läßt – bedenkenlos
über die Hinweise von Mitarbeitern hinsichtlich der Unrichtigkeit der Meldung
ebenso hinweg wie später über den Umstand, daß sogar in der Bereichsöffentlichkeit
der Hauptversammlung der Schwindel entdeckt worden war. Mit
der Veröffentlichung der Mitteilung über einen angeblichen Großauftrag – wie
auch durch die weitere Falschmeldung im September 1999 – haben die Beklagten
gezeigt, daß ihnen offensichtlich jedes Mittel recht war, um in den potentiellen
Anlegern des Marktes positive Vorstellungen über den Wert des Unternehmens hervorzurufen und über die einsetzende Nachfrage den Kurs der
I.-Aktie „zu pushen“.

Die Beklagten verfolgten mit den falschen Ad-hoc-Mitteilungen auch in
jedenfalls objektiv unlauterer Weise „eigene Zwecke“. Sie waren nämlich – was
das Oberlandesgericht übersehen hat – nicht etwa unbeteiligte „Nur-Vorstände“,
sondern besaßen als Gründungsgesellschafter Aktien der I. AG im
Millionenumfang, so daß sie von dem mit den unrichtigen Meldungen bezweckten
„Pushen“ der Kurse zumindest mittelbar selbst profitierten. In diesem Zusammenhang
weist die Revision zutreffend darauf hin, daß die Beklagten aus – wenn auch nicht mit den hier inkriminierten Meldungen unmittelbar zusammenhängenden
– unstreitigen Verkäufen eigener Aktienpakete Anfang des Jahres
1999 jeweils knapp 29 Mio. DM und im Juli 2000 jeweils ca. 500.000,00 €
erlösten. Bereits daraus läßt sich entnehmen, daß ihnen auch bewußt war, daß
eine durch die unrichtigen Ad-hoc-Mitteilungen bewirkte Kurssteigerung zu
einer Wertsteigerung der eigenen Beteiligung an der I. AG führen würde.
Vorrangiges Ziel oder gar Endziel ihrer ungesetzlichen Handlungsweise
mußten solche „eigenen Zwecke“ im Rahmen des § 826 BGB nicht sein.

IV. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das angefochtene
Urteil der Aufhebung. Da eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich
und insbesondere weitergehender entscheidungsrelevanter Vortrag zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB nicht zu erwarten ist, hat der Senat
in der Sache selbst zu entscheiden.

1. Nach den vorstehenden Ausführungen haften die Beklagten dem Kläger
– ohne daß dies noch weiterer Ausführungen bedürfte – für den dem Zedenten
P. durch die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung entstandenen
Schaden gemäß § 826 BGB auf Schadensersatz in Höhe des geltend gemachten
Bruttoaufwands von 90.945,70 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung
von 1.150 Stückaktien der I. AG, wie bereits das Landgericht
zutreffend entschieden hatte.

2. Eine Kürzung des Ersatzanspruchs des Zedenten des Klägers gemäß
§ 254 BGB findet nicht statt. Es kann dahinstehen, ob gegenüber einer sittenwidrigen
vorsätzlichen Schädigung der vorliegenden Art überhaupt unter dem
Blickwinkel des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB dem geschädigten Anleger eine Kursbeobachtungs-
und Verkaufspflicht bei sinkenden Kursen aufzuerlegen wäre
(vgl. zur Mitverschuldensfrage im Rahmen von § 37 b, c WpHG n.F.: Fleischer/
Kalls, AG 2002, 329, 334 f.). Denn jedenfalls hätte der Anleger P.
– unabhängig davon, wann er von den erst Ende August 2000 erfolgten Korrekturmeldungen der I. AG Kenntnis erlangte – einer wie auch immer gearteten
Schadensminderungspflicht schon durch die rechtzeitige „Anmeldung“
seines Ersatzanspruchs bei den Beklagten mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 7. November 2000 genügt.

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