BGH zur Haftung eines von einer Fondsgesellschaft eingesetzten Mittelverwendungskontrolleurs

BGH, Urteil vom 19. November 2009 – III ZR 109/08

Zur Haftung des in einem Kapitalanlagemodell eingesetzten Mittelverwendungskontrolleurs, der es unterlässt, vor Aufnahme der Tätigkeit der Fondsgesellschaft sicherzustellen, dass die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Verwendungskontrolle vorliegen.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. April 2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Kläger machen gegen den beklagten Wirtschaftsprüfer Ersatzansprüche im Zusammenhang mit einer Beteiligung an der F. Z. GbR geltend, die sie am 16. Juni 2004 zeichneten.

Die Anlage wurde anhand eines von der Fondsgesellschaft herausgegebenen Emissionsprospekts vertrieben. Unter anderem nach Nummer 10 der darin enthaltenen Erläuterungen der rechtlichen Grundlagen des Fonds hatte zur Absicherung der Kapitalanleger ein Wirtschaftsprüfer die Kontrolle über die zweckgerechte Verwendung der Gesellschaftereinlage übernommen. Dem lag
ein im Prospekt abgedruckter Mittelverwendungskontrollvertrag zwischen der F. Z. GbR und dem Wirtschaftsprüfer zugrunde. Dieser Vertrag enthielt insbesondere folgende Regelungen:

㤠1 Sonderkonto

(1) Die Fonds-Gesellschaft richtet ein Sonderkonto bei einem Kreditinstitut ein, über das sie nur gemeinsam mit dem Beauftragten verfügen kann („Sonderkonto“). Auf das Sonderkonto sind die Gesellschaftereinlagen einzuzahlen und die von der Fonds-Gesellschaft ausgereichten Darlehen zu tilgen.

(3) Zahlungen aus dem Sonderkonto dürfen nur entweder zur Begleichung von Kosten der Fonds-Gesellschaft oder zur Ausreichung von Darlehen geleistet werden.

Zahlungen zur Ausreichung eines Darlehens dürfen nur geleistet werden, wenn

– die Ausreichung des Darlehens an Mutter-, Tochter- und/oder Schwesterunternehmen der Fonds-Gesellschaft i.S.v. § 1 Abs. 6 und 7 KWG erfolgt,
– ein schriftlicher Darlehensvertrag zwischen der Fonds-Gesellschaft und dem Darlehensnehmer abgeschlossen worden ist,
– der Darlehensvertrag vorsieht, dass die Tilgung des Darlehens durch Zahlung auf das Sonderkonto erfolgt,
– das Darlehen der kurz- oder mittelfristigen Finanzierung des unmittelbaren oder mittelbaren (d.h. im Wege des Erwerbs von – auch stillen – Beteiligungen an Gesellschaften, die Immobilien halten) Erwerbs von Immobilien im In- und/oder Ausland, einschließlich der Erwerbsnebenkosten sowie sämtlicher Aufwendungen im Zusammenhang mit der Auflegung von Mutter-, Tochter- und/oder Schwesterunternehmen der Fonds-Gesellschaft als geschlossene Immobilienfonds, oder der Umschuldung solcher Darlehen dient, und
– eine nach dem Erwerbskonzept des Darlehensnehmers einzudeckende langfristige Fremdfinanzierung ausgereicht oder zugesagt ist oder eine nach diesem Konzept zu übernehmende langfristige Fremdfinanzierung übernommen werden kann.
Zahlungen zur Begleichung von Kosten der Fonds-Gesellschaft dürfen nur gegen Vorlage entsprechender Rechnungen geleistet werden.

§ 4 Haftung

(1) Dieser Vertrag wird als Vertrag zu Gunsten Dritter, und zwar zu Gunsten aller Gesellschafter abgeschlossen. Die Gesellschafter können aus diesem Vertrag eigene Rechte herleiten.

(2) Schadensersatzansprüche gegen den Beauftragten können nur geltend gemacht werden, wenn die Fonds-Gesellschaft oder die Gesellschafter nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen.

…“

Die Mittelverwendungskontrolle sollte nach dem Prospekt von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer durchgeführt werden, der „aus standesrechtlichen Gründen“ nicht genannt wurde. Als Herausgeber des Prospekts war die F. F. M. GmbH bezeichnet, deren Geschäftsführer teilweise zugleich Vorstände der F. C. AG und daneben geschäftsführende Gesellschafter der F. Z. GbR waren.

Der Beklagte wurde Mitte März 2003 als Mittelverwendungskontrolleur gewonnen. Er erstellte im April 2003 zudem ein Prospektprüfungsgutachten. Für das Sonderkonto, auf das die Anleger ihre Gesellschaftereinlagen einzahlten, war er gesamtvertretungsberechtigt. Drei der geschäftsführenden Gesellschafter waren demgegenüber einzeln zeichnungsbefugt. Erst nach dem 1. Dezember 2004 wurden deren Zeichnungsrechte dahingehend geändert, dass sie nur gemeinsam mit dem Beklagten über das Konto verfügen konnten.

Nachdem Mitte Dezember 2004 wirtschaftliche Schwierigkeiten der Fondsgesellschaft offen gelegt wurden, befindet sich diese seit Ende des Jahres 2005 in Liquidation. Die Kläger begehren von dem Beklagten im Wege des Schadensersatzes unter anderem die Rückzahlung der von ihnen geleisteten Einlagen abzüglich der aus der Liquidation erhaltenen Beträge Zug um Zug gegen Abtretung des weiteren Liquidationserlöses sowie die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, sie von Ansprüchen aus der Beteiligung freizustellen.

Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheiden Ansprüche aus Prospekthaftung aus. Der Beklagte sei nicht prospektverantwortlich gewesen und habe auch kein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Eine Haftung für die mögliche Fehlerhaftigkeit des von ihm erstellten Prospektprüfungsberichts komme nicht in Betracht, da dieser den Anlegern nicht vor der Anlageentscheidung zur Kenntnis gelangt sei.

Der Beklagte hafte auch nicht wegen einer Verletzung des Vertrags über die Mittelverwendungskontrolle. Eine Haftung für vorvertragliche Pflichtverletzungen komme schon mangels eines vor Vertragschluss bestehenden Vertrauensverhältnisses nicht in Betracht. Zudem habe sich der Beklagte weder im Rahmen der eigentlichen Prospektprüfung noch später Gewissheit darüber verschaffen müssen, dass die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto wie im Prospekt angegeben geregelt gewesen seien. Positive Kenntnis des Beklagten von einer vertragswidrigen Gestaltung der Zeichnungsberechtigungen sei nicht festzustellen. Ansprüche aufgrund einer positiven Forderungsverletzung des Vertrages über die Mittelverwendungskontrolle schieden schon deshalb aus, weil diese jedenfalls die von den Klägern begehrte Form des Schadensersatzes, die Rückgängigmachung des Vertrags, nicht rechtfertigten.

Schließlich scheiterten deliktische Ansprüche am fehlenden Vorsatz des Beklagten.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, dass nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand Prospekthaftungsansprüche unabhängig vom Vorliegen eines Prospektfehlers gegenüber dem Beklagten nicht bestehen.

Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinne richten sich gegen Personen, die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind. Dazu zählen die Initiatoren, Gründer und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen (z.B.: Senatsurteil vom 1. Dezember 1994 – III ZR 93/93NJW 1995, 1025; BGHZ 145, 187, 196; jew. m.w.N). Darüber hinaus haften auch Personen, die hinter der Gesellschaft stehen und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss bei der Initiierung des Prospekts ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen, ohne dass es darauf ankommt, dass sie in dieser Einflussnahme nach außen in Erscheinung getreten sind. Diese Verantwortlichkeit gründet sich allgemein auf das Vertrauen, das diesem Personenkreis von Anlegern typischerweise entgegengebracht wird (Senat aaO; BGHZ aaO; jew. m.w.N.). Voraussetzung dafür ist, dass ihnen als „Hintermännern“ faktisch eine Schlüsselfunktion zukommt, die mit derjenigen der Geschäftsleitung vergleichbar ist (Senatsurteil vom 14. Juni 2007 – III ZR 125/06ZIP 2007, 1993, 1995). Nach diesen Grundsätzen haftet der Beklagte nicht. Dem von der Revision in Bezug genommenen Vortrag der Kläger zufolge hatte er zwar als (künftiger) Mittelverwendungskontrolleur den Entwurf des Prospekts und insbesondere des Mittelverwendungskontrollvertrags zur Durchsicht und mit der Rückfrage erhalten, ob er dazu Anmerkungen habe. All dies belegt jedoch keineswegs, dass er maßgebliche Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung des Prospekts hatte, an die typischerweise Vertrauen der Anleger geknüpft gewesen wäre. Ihm kam vielmehr keine weitergehende Funktion als die eines berufsmäßigen Sachkenners zu, der lediglich als so genannter Garant der Prospekthaftung unterliegt.
Als Inhaber einer solchen Garantenstellung haften Personen mit Rücksicht auf eine allgemein anerkannte und hervorgehobene berufliche und wirtschaftliche Stellung allerdings nur, sofern sie gerade durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken an dem Emissionsprospekt einen besonderen – zusätzlichen – Vertrauenstatbestand schaffen (z.B.: Senatsurteil vom 14. Juni 2007 aaO S. 1996; BGHZ 77, 172, 176 f; BGH, Urteil vom 31. März 1992 – XI ZR 70/91ZIP 1992, 912, 917 f). In dem Emissionsprospekt war jedoch eine auf dessen Gestaltung bezogene Mitwirkung oder Kontrolle durch den Beklagten nicht offen gelegt.

Zutreffend – und von der Revision unbeanstandet – hat das Berufungsgericht auch Prospekthaftungsansprüche im weiteren Sinne wegen eines möglicherweise fehlerhaften Prospektprüfungsberichtes abgelehnt. Ein derartiger aus der Verletzung eines Vertrages mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter folgender Anspruch setzt voraus, dass Anleger das Gutachten zur Kenntnis nehmen und zur Grundlage ihrer Anlageentscheidung machen (Senatsurteil vom 14. Juni 2007 aaO S. 1997 m.w.N.). Dies war bei den Klägern nicht der Fall.

2. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist jedoch ein Anspruch der Kläger gegen den Beklagten nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Pflichten, die aufgrund des zugunsten der Anleger (§ 328 BGB) geschlossenen Vertrags über die Mittelverwendungskontrolle (im Folgenden: MVKV) bestanden, nicht auszuschließen.

a) Den Beklagten traf nach dem Vertrag über die Mittelverwendungskontrolle gegenüber den Anlegern unter anderem die Verpflichtung zu überprüfen, ob die Konditionen des Sonderkontos mit den in § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV genannten Kriterien übereinstimmten. Er hatte sich deshalb insbesondere zu vergewissern, dass sämtliche Verfügungsberechtigten nur gemeinsam mit ihm zeichnungsbefugt waren.

aa) Entgegen der Auffassung des Beklagten war das Sonderkonto so zu führen, dass nicht ohne seine Mitwirkung verfügt werden konnte. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV. Danach war das Sonderkonto ein solches, über das die Fondsgesellschaft „nur gemeinsam mit dem Beauftragten verfügen kann“. Hiernach sollte bereits die formale Verfügungsbefugnis gegenüber der kontoführenden Bank eingeschränkt sein. Schon mit dem Wortlaut der Regelung ist die Auslegung des Vertrages, nach der eine Bindung der Fondsgesellschaft lediglich im Innenverhältnis zu dem Mittelverwendungskontrolleur bestanden hätte, nicht zu vereinbaren. Auch der Schutzzweck des Vertrages gegenüber den einzelnen Anlegern spricht für eine solche Einschränkung der Verfügungsbefugnis im Außenverhältnis, da auf diese Weise die Ausführung von Zahlungen, denen der Mittelverwendungskontrolleur nach dem Vertrag nicht zustimmen durfte, am wirksamsten verhindert werden konnte. Dem widerspricht nicht, dass die geschäftsführenden Gesellschafter nach Seite 11 des Prospektes grundsätzlich einzelvertretungsberechtigt sein sollten.

Dieser Auslegung steht, anders als der Beklagte meint, auch die vereinbarte Höhe seiner Vergütung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MVKV nicht entgegen. Hätte die Mitzeichnung jeder Verfügung über das Sonderkonto tatsächlich einen erheblichen zeitlichen Mehraufwand bedingt, wäre die Vergütung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 MVKV anzupassen gewesen.

bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag unter Berücksichtigung seines Zwecks die weitere Verpflichtung des Beklagten, die Einhaltung dieser vertraglich vorausgesetzten Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto nachzuprüfen.

(1) Der Wortlaut des Vertrages enthält eine solche Kontrollpflicht zwar nicht. Die Einrichtung des Sonderkontos oblag nach § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV der Fondsgesellschaft. Den Mittelverwendungskontrolleur treffende Pflichten bestanden nach dem Text des § 1 Abs. 2 bis 4 MVKV nur in Bezug auf Zahlungen von dem Sonderkonto.

(2) Der Zweck des MVKV gebot jedoch, dass der Beklagte als Mittelverwendungskontrolleur, bevor das Anlagemodell „einsatzbereit“ war, zu kontrollieren hatte, ob die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto ordnungsgemäß eingerichtet waren.

Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 24. Juli 2003 (III ZR 390/02NJW-RR 2003, 1342, 1343) einen Mittelverwendungskontrolleur gegenüber den künftigen Anlegern schon vor Abschluss des Vertrages und ohne konkreten Anlass für verpflichtet gehalten, sicherzustellen, dass sämtliche Anlagegelder von Anfang an in seine (Mit-)Verfügungsgewalt gelangten, da er ansonsten nicht in der Lage war, deren Verwendung zu den vertraglich vorgesehenen Zwecken auftragsgerecht zu gewährleisten. Hierzu gehörte es, das Anlagemodell darauf zu untersuchen, ob ihm Anlagegelder vorenthalten und damit seiner Mittelverwendungskontrolle entzogen werden könnten. Diese Entscheidung bezieht sich zwar auf einen Mittelverwendungskontrolleur, der zugleich Treuhandkommanditist war. Einen solchen treffen gegenüber dem bloßen Mittelverwendungskontrolleur weitergehende Prüfungs-, Kontroll- und Hinweispflichten in Bezug auf alle wesentlichen Umstände, die für die zu übernehmende Beteiligung von Bedeutung sind (z.B.: BGHZ 84, 141, 144 f; Senatsurteile vom 12. Februar 2009 – III ZR 90/08NJW-RR 2009, 613, 614 Rn. 8 und 29. Mai 2008 – III ZR 59/07NJW-RR 2008, 1129, 1130 Rn. 8, jeweils m.w.N.). Hinsichtlich der Pflichten, die aus der Übernahme der Mittelverwendungskontrolle folgen, kann für den Beklagten nach dem Zweck des Mittelverwendungskontrollvertrags jedoch nichts anderes gelten.

Die vom Beklagten übernommene Funktion bestand darin, die Anleger davor zu schützen, dass die geschäftsführenden Gesellschafter Zahlungen von dem Sonderkonto vornehmen, ohne dass die in § 1 Abs. 3 MVKV genannten Voraussetzungen vorliegen. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, musste er sicherstellen, dass er die ihm obliegende Kontrolle über den Mittelabfluss auch tatsächlich ausüben konnte. Da ein Konto, über das nur unter Mitwirkung des Beklagten verfügt werden konnte, eine zentrale Bedingung des MVKV darstellte und Voraussetzung für die effektive Verwirklichung seines Schutzzwecks war, durfte er nicht ohne eigene Vergewisserung darauf vertrauen, dass die für das Sonderkonto bestehenden Zeichnungsbefugnisse den Anforderungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV entsprachen. Dabei konnte er, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, schon nicht ausschließen, insoweit von den Geschäftsführern der Fondsgesellschaft mit einer „dreisten Lüge bedient“ zu werden. Jedenfalls aber musste der Beklagte gewärtigen, dass es bei der Einrichtung des Sonderkontos infolge von Unachtsamkeiten oder Irrtümern auf Seiten der Bank oder der Fondsgesellschaft zu Fehlern bei der Einräumung der Zeichnungsrechte kommen konnte.
Hiernach oblag dem Beklagten die Überprüfung, ob die geschäftsführenden Gesellschafter nur mit ihm gemeinschaftlich für das Sonderkonto zeichnungsberechtigt waren.

Diese Prüfungspflicht bestand zu dem Zeitpunkt, ab dem die Anlage „einsatzbereit“ war. Die Mittelverwendungskontrolle musste naturgemäß sichergestellt sein, bevor die Anleger Beteiligungen zeichneten und Zahlungen auf ihre Einlagen leisteten (Senatsurteil 24. Juli 2003 – III ZR 390/02NJW-RR 2003, 1342, 1343). Bereits hieraus folgt, dass den Beklagten – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – vorvertragliche Pflichten gegenüber den (künftigen) Anlegern trafen. Überdies ist zu berücksichtigen, dass der Mittelverwendungskontrollvertrag, wie der Beklagte wusste, im Emissionsprospekt als ein die Sicherheit und Seriosität der Anlage suggerierendes, werbewirksames Merkmal des Fonds hervorgehoben wurde. Dementsprechend vertrauten nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise die potentiellen Anleger, die sich für den Zinsfonds interessierten, darauf, dass der Beklagte die Mittelverwendungskontrolle gemäß den Vertragsbedingungen ins Werk gesetzt hatte, § 311 Abs. 2 BGB (vgl. auch BGHZ 145, 187, 197).

b) Seine Verpflichtung zur Kontrolle der Zeichnungsbefugnisse verletzte der Beklagte nach der im Revisionsverfahren mangels entgegen stehender Feststellungen zugrunde zu legenden Darstellung der Kläger. Da die ihm vorgelegte Liste der Bankvollmachten Angaben zu den übrigen Zeichnungsberechtigungen nicht enthielt, hätte er sich durch Nachfrage bei der kontoführenden Bank Gewissheit darüber verschaffen müssen, dass die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto den Anforderungen des MVKV entsprachen.

In diesem Fall hätte sich ergeben, dass drei der geschäftsführenden Gesellschafter einzelzeichnungsbefugt waren, es mithin entgegen § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV nicht gewährleistet war, dass die Fondsgesellschaft nur gemeinsam mit dem Beklagten über das Konto verfügen konnte. Dem Beklagten hätte sich dann aufdrängen müssen, dass die Mittelverwendungskontrolle wirkungslos werden konnte, da es den einzelverfügungsbefugten Geschäftsführern faktisch überlassen blieb, ob und an welchen Auszahlungen sie den Beklagten beteiligten. War hiernach die vertragsgemäße Verwendung der Anlegergelder nicht wie im Mittelverwendungskontrollvertrag gesichert, durfte der Beklagte nicht untätig bleiben. Er hätte von der Fondsgesellschaft verlangen müssen, dass die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto vor der Einzahlung von Anlegergeldern entsprechend den Anforderungen des Mittelverwendungskontrollvertrags so eingerichtet werden, dass Auszahlungen nur gemeinsam mit ihm möglich waren (vgl. Senatsurteil vom 24. Juli 2003 aaO).

c) Den Klägern gegenüber beschränkten sich indessen die Pflichten des Beklagten nicht auf die bloße Überprüfung, ob die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto den Anforderungen des Mittelverwendungskontrollvertrags entsprachen, und darauf, der Fondsgesellschaft gegenüber auf die Beseitigung der Mängel hinzuwirken. Zum Zeitpunkt des Fondsbeitritts der Kläger im Juni 2004 war die Gesellschaft bereits geraume Zeit tätig, ohne dass der Beklagte seinen Verpflichtungen nachgekommen war. Er konnte deshalb nicht ausschließen, dass es bereits vor dem Beitritt der Kläger § 1 Abs. 3 MVKV widersprechende Auszahlungen von dem Sonderkonto gegeben hatte, durch die das Gesellschaftsvermögen – auch zum Nachteil der künftig beitretenden Gesellschafter – fortwirkend vermindert worden war. In dieser Situation hätte der Beklagte seinen vorvertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Beitrittsinteressenten nicht allein dadurch genügt, für eine ordnungsgemäße Mittelverwendungskontrolle in der Zukunft Sorge zu tragen. Da eine zweckwidrige Minderung des Gesellschaftsvermögens bereits eingetreten sein konnte, hätte er nach Aufnahme der Tätigkeit des Fonds vielmehr unverzüglich zusätzlich darauf hinweisen müssen, dass die im Prospekt werbend herausgestellte Mittelverwendungskontrolle bislang nicht stattgefunden hatte. Er hätte deshalb auf eine Änderung des Prospekts drängen müssen und Anleger, die vor einer derartigen Prospektänderung ihr Interesse an einer Beteiligung bekundeten, in geeigneter anderer Weise unterrichten müssen (vgl. Senatsurteil vom 24. Juli 2003 aaO).
Der Senat verkennt nicht, dass es für den Beklagten – anders als in den Fällen, in denen der Treuhandkommanditist zum Mittelverwendungskontrolleur bestimmt ist und daher zwangsläufig in unmittelbaren Kontakt zu den beitrittswilligen Anlegern tritt -, durchaus mit Mühen verbunden gewesen wäre, die Anlageinteressenten rechtzeitig vor Tätigung der Anlage zu informieren. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist jedoch davon auszugehen, dass dem Beklagten zumutbare und hinreichend erfolgversprechende Mittel zur Verfügung standen. So hätte er insbesondere den Vertrieb und notfalls die Fachpresse über die unterbliebene Mittelverwendungskontrolle informieren können. Es wird Sache des Beklagten sein, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, dass ihm die Erfüllung dieser Informationspflichten nicht möglich war.

d) Gründe dafür, dass der Beklagte seine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB), sind nicht ersichtlich. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, ob er positive Kenntnis von der nicht ordnungemäßen Einrichtung des Sonderkontos hatte. Der Schuldner haftet auch für Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB).

e) Aufgrund der – nach dem klägerseitigen Vortrag – vom Beklagten zu vertretenden Verletzung seiner vorvertraglichen Pflichten muss er die Kläger im Wege des Schadensersatzes so stellen, als hätte er die gebotene Unterrichtung vorgenommen (§ 249 Abs. 1 BGB).

aa) Die Einhaltung seiner Pflichten hätte nach dem mangels entgegen stehender Feststellungen für die Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Vortrag der Kläger – für dessen Richtigkeit eine tatsächliche Vermutung streitet (vgl. z.B.: Senatsurteile vom 23. Juli 2009 – III ZR 306/07BeckRS 2009, 22376 Rn. 17 und vom 9. Februar 2006 – III ZR 20/05NJW-RR 2006, 685, 688 Rn. 23 f) – dazu geführt, dass sie die Beteiligung an dem Zinsfonds nicht eingegangen wären. Dies hat nach der Differenzhypothese zur Folge, dass ihnen ein Schaden nicht nur in Form der durch die unterbliebene Mittelverwendungskontrolle verursachten Beeinträchtigungen des Gesellschaftsvermögens entstanden ist. Vielmehr besteht der Schaden in der Zeichnung der Beteiligung selbst, so dass die Kläger – ihrem Klagebegehren entsprechend – von dem Beklagten verlangen können, so gestellt zu werden, als ob sie der Fondsgesellschaft nicht beigetreten wären. Grundsätzlich haftet derjenige, der für ein schädigendes Ereignis verantwortlich ist, dem Geschädigten für alle dadurch ausgelösten Schadensfolgen.

bb) Der etwaige Ersatzanspruch der Kläger ist auch nicht unter Schutzzweckgesichtspunkten auf den Schaden begrenzt, der bei ordnungsgemäßer Ausübung der Mittelverwendungskontrolle durch den Beklagten vermieden worden wäre, so dass nur Ausgleich für Verfügungen von dem Sonderkonto verlangt werden könnte, denen der Beklagte die Zustimmung hätte verweigern müssen. Zwar ist sowohl für das Delikts- als auch für das Vertragsrecht und für den Bereich vorvertraglicher Schuldverhältnisse anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht mit begrenztem Schutzzweck nur zum Ersatz der Schäden verpflichtet, deren Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern sollte (z.B.: BGHZ 146, 235, 239 f; 116, 209, 212 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschränkt sich die Pflicht desjenigen, der, ohne Partner des Anlagegeschäfts zu sein, einem Anlageinteressenten Beratung oder Aufklärung nur hinsichtlich eines bestimmten Einzelaspekts schuldet, darauf, Schäden zu verhindern, die in diesem Punkt eintreten können. Dass ein Anleger bei fehlerfreier Beratung das Geschäft nicht abgeschlossen hätte, kann es deshalb allgemein nicht rechtfertigen, dem nur begrenzt Beratungs- oder Aufklärungspflichtigen den gesamten mit dem fehlgeschlagenen Vorhaben verbundenen Schaden aufzuerlegen. (z.B.: BGHZ 146 aaO; 116, 209, 213; BGH, Urteile vom 13. Februar 2003 – IX ZR 62/02ZIP 2003, 806 f; vom 9. Juni 1998 – XI ZR 220/07ZIP 1998, 1306, 1308 und vom 20. November 1997 – IX ZR 286/96NJW 1998, 982, 983; Lange in: Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 108 f; Palandt/Heinrichs, 68. Aufl., Vorbem. vor § 249 Rn. 63).

Die vom Beklagten übernommene Mittelverwendungskontrolle und die daraus abzuleitenden Prüfungs- und Unterrichtungspflichten beschränkten sich aber nicht auf einen Einzelaspekt der Anlage. Vielmehr hatte der Beklagte jedwede Verfügung von dem Sonderkonto auf die Vereinbarkeit mit den in § 1 Abs. 3 MVKV bestimmten Voraussetzungen zu prüfen. Die darin bestimmten
Kriterien für die Ausreichung von Darlehen betreffen die Kernbedingungen für die Sicherheit und den Erfolg der Anlage. Dem Beklagten kam damit eine zentrale und umfassende, für den Gesamterfolg wesentliche Rolle in dem Investitionskonzept zu, die eine Beschränkung seiner Haftung unter den dargestellten Schutzzweckgesichtspunkten ausschließt. Der Senat hat bereits durch Urteil vom 1. Dezember 1994 (III ZR 93/93NJW 1995, 1025, 1026) erkannt, dass geschädigte Anleger von einem als Treuhänder bezeichneten Rechtsanwalt, der den Prospektangaben zufolge (nur) die Verfügungen über das Anlegerkonto zu überwachen hatte, im Wege des Schadensersatzes „Rückgängigmachung der Beteiligung“ verlangen können, wenn dieser es schuldhaft unterlassen hatte, die Anleger vor Vertragsschluss mit dem kapitalsuchenden Unternehmen wegen Unzulänglichkeiten im Geschäftsbetrieb dieses Unternehmens zu warnen. Die Funktion des Beklagten innerhalb des Anlagemodells ist mit der eines solchen Treuhänders vergleichbar.

f) Schließlich scheitert eine Haftung des Beklagten nicht an der Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 MVKV. Diese Regelung ist wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB unwirksam. Zur Begründung nimmt der Senat auf das am selben Tag ergangene Urteil in der Parallelsache III ZR 108/08 Bezug.

III.

Da noch ergänzende Feststellungen erforderlich sind, ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO).

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