OLG Frankfurt, Urteil vom 13.01.2014 – 1 U 76/13
1. Zum Beweis des ersten Anscheins bei Schäden durch Steine werfende Kinder.(Rn.3)
2. Auch auf eine Aufsichtspflichtverletzung im Rahmen des § 839 BGB findet die Beweislastregel des § 832 BGB Anwendung (Anschluss an BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012, III ZR 226/12, BGHZ 196, 35).(Rn.10)
3. Zu den Anforderungen an die Aufsicht im Außenbereich einer Kindertagesstätte.(Rn.14)
4. Einzelfall, in dem der Beweis geführt wurde, der Aufsichtspflicht genügt zu haben.(Rn.18)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 22.02.2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Gießen wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
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I. Von der Darstellung des Sach- und Streitstands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
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II. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Landgericht ist zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass dem Kläger der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch auf Ersatz von Schäden an seinen beiden Fahrzeugen aufgrund von Steinwürfen von Kindern aus der von der Beklagten betriebenen Kindertagesstätte „A“ nicht zusteht. Diese Entscheidung beruht weder auf einem Rechtsfehler, noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Die Zurückweisung der Berufung schließt die Abweisung der in der Berufungsinstanz erfolgten Klageerweiterung um eine weitere Schadensposition ein.
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A. Es braucht nicht abschließend entschieden zu werden, ob der Kläger einen ihm entstandenen Schaden überhaupt schlüssig dargelegt hat. Zwar hat der Kläger nach dem Beweis des ersten Anscheins bewiesen, dass die Kinder am … .06.2012 mit den von ihnen aus kurzer Entfernung auf die beiden Autos geworfenen Steinen von Kieselsteingröße diese auch getroffen haben. Dass diese Steinwürfe auch Schäden an den Autos des Klägers verursacht haben, könnte im Wege des Beweises des ersten Anscheins nur angenommen werden, wenn feststünde, welche Schäden an den Fahrzeugen des Klägers entstanden sind. Insoweit fehlt es an einem schlüssigen Sachvortrag des Klägers.
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Der Sachvortrag erster Instanz enthält hierzu überhaupt nichts. Aus der Beschreibung in den vom Kläger für die beiden Fahrzeuge vorgelegten Kostenvoranschlägen, welche Arbeiten auszuführen seien, lassen sich Art und Umfang der Beschädigung nicht entnehmen. Zwar hat der Kläger nunmehr in zweiter Instanz ein Schadensgutachten vorgelegt, in dem auch Lichtbilder über Schäden an den Fahrzeugen enthalten sind. Diese Lichtbilder sind aber erst bei der Besichtigung der Fahrzeuge durch den Privatgutachter am 26.11.2013 angefertigt worden, so dass sich die Frage stellt, inwieweit diese Bilder geeignet sind, einen Schaden, der bereits am … .06.2012 entstanden sein soll, schlüssig darzulegen.
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Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2014 weitere 40 Bilder, geklebt auf 8 DIN A 3-Bögen, hat vorlegen lassen, behauptet er, diese Bilder seien von seiner Ehefrau am 15.06.2012 mit dem Handy gefertigt worden. Die Qualität dieser Bilder ist überwiegend nicht so, dass sie aus sich selbst erklärend einen bestimmten Schaden erkennen lassen. Teilweise locker aufgeklebte gelbe Post-it-Marker erklären nur unzulänglich, was genau dort jeweils abgebildet werden soll. Soweit dem Sachvortrag des Klägers entnommen werden soll, dass diese Bilder die am … .06.2012 verursachten Schäden beschreiben sollen, stellt die Bezugnahme auf eine derartige, sich unstrukturiert darstellende Bildersammlung keinen schlüssigen Sachvortrag zu den vom Kläger geltend gemachten Schäden dar.
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Der Senat zögert, ob die Hinweispflichten nach § 139 ZPO so weit gehen, dass das Landgericht und nunmehr der Senat hier auf die fehlende Schlüssigkeit des Sachvortrags zum Schaden hätten hinweisen müssen, nachdem dieser Punkt geradezu offensichtlich war und überdies jedenfalls im Urteil erster Instanz angesprochen worden ist. Dies kann aber dahinstehen, da ein Anspruch des Klägers aus anderen Gründen nicht gegeben ist.
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B. Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung der Beklagten zu. Denn die Beklagte hat bewiesen, dass im Schadenszeitpunkt die beiden anwesenden Erzieherinnen nicht schuldhaft gehandelt, sondern ihrer Aufsichtspflicht genügt haben.
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1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht zugrunde gelegt, dass die Erzieherinnen der in öffentlicher Trägerschaft stehenden Kindertagesstätte in Ausübung eines öffentlichen Amtes tätig waren und sich eine etwaige Haftung der beklagten Stadt nach Amtshaftungsgrundsätzen gemäß Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB richtet. Die dem Aufsichtspersonal obliegende Pflicht, die Kinder auf dem Außengelände der Kindertagesstätte zur Verhinderung von Schäden zu beaufsichtigen, und ebenso die Organisation dieser Maßnahme stellt eine Amtspflicht dar, die auch Dritten gegenüber besteht (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2012 – III ZR 226/12, BGHZ 196, 35 [juris Rn. 12]; OLG Koblenz, Urt. v. 21.06.2012 – 1 U 1086/11, DAR 2012, 704 [juris Rn. 13], Senat, Hinweisbeschl. v. 30.11.2009 – 1 U 307/08, amtl. Umdr. S. 1 f).
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2. Die Beklagte hat bewiesen, dass die beiden Erzieherinnen B und C bei der Aufsicht über die sich am … .06.2012 gegen 15.15 Uhr auf dem Freigelände der Kindertagesstätte „A“ die ihnen gegenüber dem Kläger obliegenden Amtspflichten nicht schuldhaft verletzt, sondern ihrer Aufsichtspflicht genügt haben.
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a) Der Senat folgt der neuesten, überzeugenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 13.12.2012, a.a.O., juris Rn. 23 ff), dass die Beweislastregel des § 832 BGB auch bei öffentlich-rechtlichen Aufsichtsverhältnissen Anwendung findet. Diese Vorschrift begründet unter der Voraussetzung, dass ein Aufsichtsbedürftiger, für den eine Aufsichtspflicht besteht, einem Dritten widerrechtlich Schaden zugefügt hat, die Vermutung, dass der Aufsichtspflichtige seine Aufsichtspflicht schuldhaft verletzt hat, indem er die im konkreten Fall erforderlichen Handlungen ganz oder teilweise unterlassen hat, und darüber hinaus, dass zwischen der Verletzung der Aufsichtspflicht und dem entstandenen Schaden ein ursächlicher Zusammenhang besteht (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 73. Aufl. 2014, § 832 Rn. 1). Diese Vermutung kann dadurch widerlegt werden, dass von dem Ersatzpflichtigen der Entlastungsbeweis dahin geführt wird, dass der Aufsichtspflichtige seiner Ersatzpflicht genügt hat.
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Ausschlaggebend für die Anwendung des § 832 BGB auch im Bereich der Amtshaftung nach § 839 BGB sind folgende Erwägungen:
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Die den Bediensteten einer Kindertagesstätte obliegende Aufsichtspflicht über die ihnen anvertrauten Kinder ist, soweit sie der Vermeidung von Schäden Dritter dient, eine besondere Ausprägung der Verkehrssicherungspflichten, wie sie allgemein von der Grundnorm des § 823 BGB erfasst werden. Für den Bereich der privatrechtlichen Haftung ist sie in § 832 BGB geregelt, einem im Rahmen der §§ 823 ff BGB eigenständigen Haftungstatbestand. Zwar stellt im Rahmen der deliktsrechtlichen Haftungstatbestände § 839 BGB einen Sondertatbestand dar. Dieser verdrängt aber nur die Haftungstatbestände der §§ 823 ff BGB als solche, nicht dagegen die dort enthaltenen besonderen Beweislastregeln (a.a.O., Rn. 24).
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Die Geltung der Beweislastregel des § 832 BGB im Bereich der Amtshaftung ist sachlich gerechtfertigt. Es entspricht dem Wesen der Aufsichtspflicht als einer gesetzlichen Pflicht gegenüber dem Geschädigten, dass der Pflichtige Rechenschaft darüber ablegt, was er zur Erfüllung seiner Pflicht getan hat. Dagegen ist dem Geschädigten der Nachweis der Aufsichtspflichtverletzung häufig nicht möglich, da er regelmäßig nicht weiß, welche konkreten Maßnahmen zur Erfüllung der Aufsichtspflicht im Einzelfall ergriffen bzw. unterlassen wurden. Damit sprechen im Bereich der Amtshaftung dieselben Gründe für eine vermutete Aufsichtspflichtverletzung wie im Bereich der privatrechtlichen Haftung (a.a.O., Rn. 26). Ein überzeugender Grund für eine unterschiedliche Ausgestaltung der Beweislast danach, ob die – im Übrigen inhaltsgleiche – Aufsichtspflicht dem Betreffenden als Amtspflicht oder als privatrechtliche Pflicht obliegt, ist nicht ersichtlich (a.a.O., Rn. 28).
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b) Umfang und Inhalt der Aufsichtspflicht richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Frage, was an Aufsichtsmaßnahmen konkret geboten war, ist reine Rechtsfrage (Staudinger-Belling, BGB, 2012, § 832 Rn. 68) Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimmt sich nach Alter, Eigenart und Charakter der Aufsichtsbedürftigen und den Besonderheiten des örtlichen Umfeldes, dem Ausmaß der drohenden Gefahren, der Voraussehbarkeit des schädigenden Verhaltens sowie der Zumutbarkeit für den Aufsichtspflichtigen (BGH, a.a.O., Rn. 13; Staudinger-Belling, a.a.O., Rn. 73). Der konkrete Aufsichtsanlass bestimmt sich demnach nach zwei Faktoren, nämlich den individuellen Eigenschaften des Aufsichtsbedürftigen und der Schadensgeneigtheit des Umfeldes bzw. der Situation (OLG Stuttgart, Urt. v. 12.03.2008 – 4 U 58/07, NZV 2009, 191 [juris Rn. 49]; Staudinger-Belling, a.a.O., Rn. 69). Abzustellen ist darauf, was ein verständiger Aufsichtspflichtiger nach vernünftigen Anforderungen im konkreten Fall unternehmen muss, um Schädigungen Dritter zu verhindern (OLG Koblenz, a.a.O., juris Rn. 15; vgl. BGH, Urt. v. 07.07.1987 – VI ZR 176/86, NJW-RR 1987, 1430 [juris Rn. 12]).
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c) Bei altersgerecht entwickelten Kindern im Noch-Kindergartenalter von fünf bis sechs Jahren wird – in der Erwartung des hier bereits beginnenden Einsatzes einer gewissen rationalen Verhaltenssteuerung und unter Berücksichtigung eines verantwortbaren pädagogischen Ermessensspielraums – eine permanente Überwachung grundsätzlich nicht mehr geboten sein. Jedoch müssen stets die kindlichen Eigenheiten und die örtlichen Gegebenheiten (Stadt; Land; Wohnung; Freigelände) in den abwägenden Blick genommen werden (OLG Koblenz, a.a.O., Rn. 16). Besondere Umsicht im Sinne einer gesteigerten Aufsichtspflicht wird etwa bei bekannt gewordenen Verhaltensauffälligkeiten der Minderjährigen und bei sonst gefahrsteigernden Umständen zu fordern sein (OLG Koblenz, a.a.O.; Staudinger-Belling, a.a.O., Rn. 74, 94).
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Halten sich Kinder im Außengelände eines Kindergartens (Kindertagesstätte) auf, wird regelmäßig zwar keine vollends dichte Aufsicht in der Weise erforderlich sein, dass die Aufsichtskräfte jedes Kind ununterbrochen, also „auf Schritt und Tritt“ im Auge haben. Im Hinblick auf ein Verhalten der Kinder, das sich aus einem Gruppenverhalten ergeben kann (Staudinger-Belling, a.a.O., Rn. 97), wird aber doch eine recht engmaschige Aufsicht (Kontrolle) vonnöten sein (OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Köln, Urt. v. 20.05.1999 – 7 U 5/99, MDR 1999, 997 [juris Rn. 4]). Dies gilt umso mehr, wenn dort besondere Gefahrmomente für die Kinder oder Dritte bestehen oder sich entwickeln können, wie etwa bei der nach aller Erfahrung nicht seltenen Zweckentfremdung von Spielgeräten oder sonstigen Materialien (OLG Koblenz, a.a.O.). Liegen auf dem Außengelände von Kindertagesstätten größere Kieselsteine – etwa in der Drainage der Gebäude -, und ist der Zaun zum Nachbargelände – einer Kindestagesstätte angemessen – nicht allzu hoch und durchlässig gestaltet, mag dies ein konkretes Gefahrenpotential für fremde Sachgüter greifbar werden lassen (OLG Koblenz, a.a.O., Rn. 17). Von Bedeutung für eine sich hieraus ergebende Ausgestaltung der Aufsichtspflicht ist aber auch, ob es in der Vergangenheit schon ähnliche Vorfälle von Steinwürfen gegeben hat, also mit einem Nachahmereffekt zu rechnen ist (vgl. Senat, Hinweisbeschl. v. 30.11.2009 – 1 U 307/08, amtl. Umdr. S. 2).
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d) Der Senat hat die beiden Erzieherinnen B und C nochmals umfassend als Zeuginnen vernommen und sich dabei ein eigenständiges Bild von der Persönlichkeit der beiden Zeuginnen als Erzieherinnen, von der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben und ihrer Glaubwürdigkeit gemacht.
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e) Aufgrund dieser Aussagen steht zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) fest, dass sich im Zeitpunkt des Vorfalls zwischen 15 und 20 Kinder auf dem Außengelände der Kindertagesstätte befunden haben, davon zwei bis drei Kleinkinder ab 1 ½ Jahren. Die Kinder waren aus den unterschiedlichen Vormittagsgruppen zusammengefasst, bis sie am Nachmittag abgeholt wurden. Die Kinder durften sich im Außengelände frei bewegen und nach ihrem Belieben etwa im Sandkasten spielen oder die Klettergeräte benutzen. Es bestand auch Gelegenheit, an den Bänken, auf denen die Erzieherinnen saßen, an der Teepause teilzunehmen, etwas zu essen oder zu trinken. Beide Erzieherinnen saßen mit Blickrichtung auf den Zaun auf den Bänken und hatten jeweils ein Kleinkind auf dem Schoß, dem sie beim Essen behilflich waren. Sie hatten, wie sie anhand von bei der Akte befindlichen Lichtbildern demonstrierten, freien Blick auf den ganz überwiegenden Teil des Freigeländes, wenn auch nicht in jeden Winkel. Zwar waren diese Bänke ein ganzes Stück vom Zaun entfernt, der Blick zum Zaun hin war aber völlig frei mit Ausnahme einer aus mehreren dünnen Stämmen bestehenden kleineren Baumgruppe unmittelbar vor dem Zaun. Den Bereich um das Gebäude der Kindertagesstätte, in dem – nach den bei der Akte befindlichen Lichtbildern offenbar als Drainage – eine Art Kieselsteine liegen, konnten sie nicht einsehen.
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Beide Erzieherinnen sind durch das Geräusch, welches Steine machen, wenn sie auf den Erdboden fallen oder aufeinander treffen, darauf aufmerksam geworden, dass vier Kinder am Zaun standen und offenbar Steine werfen. Das waren die Kinder D, E, F und G. Die Zeugin C hat angegeben, sie habe auch bei einem Kind eine Armbewegung in der Gestalt einer Wurfbewegung gesehen; sie wisse nicht genau, welches Kind dies genau war, es sei jedenfalls nicht G gewesen. Wer von den Kindern im Einzelnen Steinchen geworfen hat, war nicht festzustellen. Drei der Kinder standen neben der Baumgruppe, eines dahinter.
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Eines der Kinder – D – war bereits sechs Jahre alt und wurde im selben Jahr eingeschult, die anderen drei waren fünf bis sechs Jahre alt. Von den Kindern kannte die Zeugin B drei besonders gut, da sie in ihrer Vormittagsgruppe waren. Sie hat diese Kinder im Einzelnen charakterlich beschrieben, nämlich dass bei allen bereits eine gewisse Selbständigkeit vorhanden war, und insbesondere hervorgehoben, dass D verantwortungsbewusst war und sie aufgrund ihrer Erfahrung mit diesem Kind gewusst habe, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauche, wenn D dabei war. Beide Zeuginnen haben die drei Kinder insgesamt als lebhaft, aber als „ganz normale Kinder“ beschrieben.
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G gehörte in die Gruppe der Zeugin C. Er war ein ADHS-Kind und ein sog. Integrationskind, d.h. er hatte vormittags Einzelbetreuung durch eine besondere Kraft.
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Der Senat folgt der überzeugenden Beschreibung des Kindes dahin, dass es nicht so gewesen sei, dass er nicht zu bändigen gewesen wäre.
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Es kam nach den Angaben der Zeugin auf die Tagesform des Kindes an, ob er drei bis vier Tage hintereinander ein ganz normaler Junge war und dann – wenn er einen schlechten Tag mit seiner Mutter hatte – zwei bis drei Tage aufgedreht war. Die Zeugin hat ebenso eindrucksvoll wie nachvollziehbar beschrieben, dass sie insbesondere an solchen Tagen im Außenbereich ein besonderes Auge auf den Jungen hatte und der Junge auf sie hörte. Es war nach Angaben der Zeugin B an diesem Nachmittag das einzige Integrativkind in der Außengruppe. Auch einem Integrativkind wird – so die Zeugin B – die Möglichkeit eingeräumt, sich auf dem Außengelände zu bewegen.
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Nachdem die beiden Zeuginnen das Geräusch gehört hatten, welches sie auf Steinewerfen schließen ließ, riefen sie den Kindern zu, sie sollten das sofort sein lassen. Sie setzten beide das jeweilige Kind auf ihrem Schoß ab und rannten an die Zaun. Die Zeugin B hat ebenso eindrucksvoll wie für den Senat nachvollziehbar beschrieben, dass sie die Kinder nachdrücklich angesprochen hat. Die Kinder haben dann nicht mehr mit Steinen geworfen. Sie hat ihnen untersagt, sich am Zaun aufzuhalten, und sie aufgefordert, sich eine andere Beschäftigung in einem anderen Teil der Freifläche zu suchen, was sie auch getan haben.
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Der Senat ist auch davon überzeugt, dass es vorher – in einem nennenswerten Zeitraum – noch keinen Vorfall mit dem Werfen von Steinchen in der Kindertagesstätte gegeben hat. Die Zeugin B, welche seit 11 Jahren dort arbeitet, konnte einen solchen Vorfall nicht berichten; auch bei dem regelmäßigen Austausch untereinander über Vorfälle mit den Kindern sei ihr hierüber nichts zu Ohren gekommen. Zwar hat demgegenüber die Zeugin C berichtet, sie wisse aus Erzählungen aus der Zeit, als sie noch nicht im Kindergarten war, dass damals einmal Steinchen geworfen wurden, aber danach sei nichts mehr passiert; wann der genannte Vorfall gewesen sei, konnte die Zeugin nicht angeben. Dass – wie der Kläger geltend macht – im März 2013 erneut Steine aus der Kindertagesstätte auf das benachbarte Grundstück mit den Parkplätzen geworfen worden seien, lässt nicht den hinreichend sicheren Schluss zu, dass es schon früher zu solchen Vorfällen gekommen ist.
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Wo die Steinchen herkamen, ließ sich nicht mit Sicherheit feststellen, wenn nach deren Aussehen auch Vieles dafür sprechen mag, dass sie aus der Drainage rund um das Gebäude stammten. Zur Herkunft der Steinchen konnte die Zeugin B keine Angaben machen. Die Zeugin C vermutete lediglich, dass sie dorther stammten, ohne nähere Angaben machen zu können.
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f) Der Senat erachtet die Aussagen der beiden Zeuginnen als glaubhaft. Sie stimmen im Kerngeschehen überein. Insbesondere haben die beiden Zeuginnen übereinstimmend angegeben, dass die drei Kinder nicht allesamt hinter der kleinen Baumgruppe standen, sondern nur ein Kind. Demgegenüber misst der Senat der Abweichung, ob die Kinder rechts oder links von der Baumgruppe standen, keine für die Beweiswürdigung erhebliche Bedeutung bei.
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Der Senat erachtet die beiden Zeuginnen auch als glaubwürdig. Er gründet dies auf seinen persönlichen Eindruck von den beiden. Einerseits haben sie den Eindruck engagierter, erfahrener Erzieherinnen vermittelt. Andererseits war angesichts der komplexen, die näheren Umstände der Gegebenheiten der Aufsichtsführung im Einzelnen abfragenden Zeugeneinvernahme ein Rechtfertigungsdruck, der Aufsichtspflicht genügt zu haben, nicht zu erkennen. Beide haben etwa freimütig eingeräumt, dass die Aufsicht auch in der Weise hätte erfolgen können, dass sie nicht nebeneinander auf der Bank gesessen, sondern sich an unterschiedlichen Orten im Freigelände aufgehalten hätten. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin B zu ihren Angaben, dass sie von früheren Vorfällen mit Steine werfenden Kindern nichts wisse, wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie auf Nachfrage der Bevollmächtigten des Klägers angegeben hat, es sei bisher nicht passiert, dass Kinder über den Zaun geklettert sind. Sie hat auf die von der Klägervertreterin vorgelegten beiden Fotos, auf denen Kinder am Zaun klettern – aufgenommen im August 2013 -, sichtlich überrascht darauf reagiert, dass so etwas vorgekommen sein konnte.
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g) Der Senat ist davon überzeugt, dass die beiden Erzieherinnen nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls ihrer Aufsichtspflicht genügt haben.
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g.1.) Beide Erzieherinnen hatten gleichermaßen die Aufsicht über die ganze Gruppe, eine Aufteilung der Aufsicht nur für bestimmte Kinder bestand nicht. Es standen also zwei Aufsichtspersonen zur Beaufsichtigung der Gruppe zur Verfügung.
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Dies erachtet der Senat jedenfalls bei den hier in Rede stehenden örtlichen Gegebenheiten und der Größe und der Zusammensetzung der Gruppe als zu deren Beaufsichtigung für ausreichend.
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Die beiden Erzieherinnen konnten von ihrem Sitzplatz aus die Aufsicht über die Kinder in einer ihrer Aufsichtspflicht genügenden Weise wahrnehmen. Das Gelände, welches die beiden Erzieherinnen überblicken konnten, ist gut einsichtig bis zum Zaun. Der Senat ist davon überzeugt, dass beide Zeuginnen diese Aufgabe auch tatsächlich wahrgenommen haben. Insbesondere ist er nach seinem persönlichen Eindruck von der Zeugin B davon überzeugt, dass ihre Angabe, sie nehme für sich in Anspruch, immer gewusst zu haben, wo sich die Kinder befanden, auch wenn sie nicht jeden Winkel des Freigeländes habe einsehen können, zutreffend ist. Sie hat den Eindruck einer erfahrenen, resoluten Erzieherin gemacht, die mit den Verhaltensweisen der Kinder umzugehen und sich auf diese Verhaltensweisen einzustellen weiß. Eine Beaufsichtigung dahin, dass die beiden Zeuginnen die vier Kinder ohne jede zeitliche Unterbrechung hätten sehen müssen, hält der Senat angesichts des Alters der Kinder für überzogen und unangemessen. Das hat nach den von den Zeugin geschilderten Umständen auch für den Jungen G zu gelten, der nachmittags bei aller besonderen Beobachtung durch die Zeugin C Gelegenheit haben durfte und sollte, sich ohne Beschränkung auf dem Außengelände zu bewegen, um sich in den Alltag eines Kindes mit „normalem“ Bewegungsdrang einzuleben. Angesichts dieser Einschätzungen bestand keine hinreichende Veranlassung dafür, die Beaufsichtigung von zwei unterschiedlichen Positionen aus wahrzunehmen, zumal die Zeugin B einen sachlichen Grund dafür genannt hatte, dass beide Erzieherinnen an derselben Stelle auf den Bänken saßen. Denn diese Stelle stellte sich als eine Art zentraler Anlaufpunkt für die Kinder dar, wo sie essen und trinken konnten und die beiden Kleinkinder zusammen essen sollten.
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Eine solche Aufteilung war auch nicht geboten, um sicher zu sein, dass die Kinder keine Steinchen aus der Drainage aufhoben über den nicht sehr hohen Zaun warfen. Zum einen war einem solchen theoretisch bestehenden Gefährdungspotential dadurch Rechnung getragen, dass die beiden Erzieherinnen von ihrem Sitzplatz aus jedenfalls den Zaun im Blick hatten.
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Zum anderen bestand keine besondere Veranlassung, mit einer solchen Möglichkeit zu rechnen, nachdem solche Vorkommnisse aus der Vergangenheit nicht konkretisierbar bekannt waren.
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g.2.) Die beiden Erzieherinnen standen auch im Zeitpunkt des Vorfalls zur Beaufsichtigung der Gruppe zur Verfügung, waren also nicht etwa (anders als in dem vom OLG Koblenz, a.a.O.) dadurch von einer umfassenden Aufsicht dadurch abgelenkt, dass sie zusammen mit bestimmten Kindern konkrete Tätigkeiten wie etwa gemeinsame Gartenarbeiten durchführten. Insbesondere hat der Senat den sicheren Eindruck gewonnen, dass die beiden Zeuginnen nicht dadurch von einer Wahrnehmung der Aufsichtspflicht abgelenkt waren, dass sie jeweils ein Kleinkind auf dem Schoß hatten, um es beim Essen zu unterstützen. Beide haben resolut und nachdrücklich bestätigt, dass es ihnen als erfahrenen Erzieherinnen möglich war, dennoch die übrigen Kinder im Auge zu behalten. Der Senat folgt ihnen nach seinem persönlichen Eindruck in der Angabe, dass – so wörtlich die Zeugin B – „das geht“, zumal das „Füttern“ darin bestand, dass das Kind bequem auf dem Schoß der Erzieherin saß und den Keks oder das Brot, was es gegessen hat, selbst in der Hand gehalten hat.
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g.3.) Eine unzulängliche Wahrnehmung der Aufsichtspflicht lässt sich hier auch nicht daraus herleiten, dass die Erzieherinnen nur verzögert reagiert hätten. Feststellungen dahingehend, dass die Kinder bereits länger zuvor Steine auf die Autos geworfen haben, ohne dass dies von den Erzieherinnen bemerkt worden wäre, konnte der Senat nicht treffen. Denn es steht aufgrund der Feststellungen des Landgerichts, an welche der Senat gemäß § 529 ZPO gebunden ist, nicht fest, welche Anzahl von Steinchen von den Kindern auf die Autos geworfen wurden. Das Steinewerfen haben die Erzieherinnen auch selbst bemerkt und sind nicht etwa erst von dritter Seite aufmerksam gemacht worden (so aber im Falle des OLG Koblenz, a.a.O., Rn. 18).
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g.4.) Eine ungenügende Erfüllung der Aufsichtspflicht ist auch nicht allein daraus herzuleiten, dass die Kinder Gelegenheit hatten, Steinchen auf die Autos des Klägers zu werfen und damit möglicherweise einen Schaden an den Autos des Klägers verursacht haben. Denn auch bei einer – wie hier – Erfüllung der Aufsichtspflicht lässt es sich nicht gänzlich ausschließen, dass es im Rahmen des dem Aufsichtsbedürftigen einzuräumenden mehr oder minder geringen Freiraums zu einem Schaden kommt. Der Aufsichtspflichtige hat seine Pflicht erfüllt, wenn er – wie hier – für die konkret gebotenen Aufsichtsmaßnahmen Sorge getragen hat. Im Übrigen ist die Erfüllungswirkung, welche die Aufsichtshaftung ausschließt, nicht davon abhängig, dass der Schaden tatsächlich vermieden worden ist; § 832 impliziert kein Einstehenmüssen für den Erfolg der gebotenen Aufsichtsmaßnahmen (Staudinger-Belling, a.a.O., Rn. 170).
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C. Die Zurückweisung der Berufung umfasst auch die Abweisung der in der Berufungsinstanz erfolgten, gemäß §§ 525, 264 Nr. 2 ZPO zulässigen Klageerweiterung um eine weitere Schadensposition in Höhe von 571,20 €.
39
D. Steht damit dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu, kann er auch nicht die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erstattet verlangen.
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III. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sein Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des erstinstanzlichen und des Berufungsurteils beruhen auf §§ 708 Nr. 10 Satz 2 und Satz 1, 713 ZPO, wobei das angefochtene Urteil nunmehr für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung zu erklären war.
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IV. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).