BGH, Urteil vom 05.02.2013 – VI ZR 1/12 – Heißwasser-Untertischgerät
Heißwasser-Untertischgerät
Die berechtigte Sicherheitserwartung im Sinne des § 3 Abs. 1 ProdHaftG geht grundsätzlich nur dahin, dass von einem Produkt bei vorhersehbarer üblicher Verwendung unter Beachtung der Gebrauchs- bzw. Installationsanleitung keine erheblichen Gefahren für Leib und Leben der Nutzer oder unbeteiligter Dritter ausgehen. Von dem Hersteller kann dagegen nicht verlangt werden, für sämtliche Fälle eines unsorgfältigen Umgangs mit dem Produkt, zu dem auch die fachwidrige Installation gehören kann, Vorsorge zu treffen.(Rn.14)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Grundurteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 1. Dezember 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Der Kläger nimmt die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Produkthaftung auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch.
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Der Kläger kaufte am 27. Februar 2007 in einem Baumarkt in D. ein in der Volksrepublik China hergestelltes und von der Beklagten in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführtes Heißwasser-Untertischgerät. In der beigefügten Installations- und Gebrauchsanweisung wird darauf hingewiesen, dass die Installation von qualifiziertem Personal durchgeführt werden sollte und das Gerät für drucklose Installationssysteme gebaut sei, weshalb es an eine Niederdruckarmatur angeschlossen werden müsse. Vor dem Anschluss an das Stromversorgungsnetz sei das Gerät unbedingt mit Wasser zu füllen. Es dürfe erst eingeschaltet werden, wenn es vollständig mit Wasser gefüllt sei. Der Kläger installierte das Heißwassergerät. Am 1. März 2007 explodierte das Gerät, wodurch der Kläger verletzt wurde. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
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Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld aus § 1 ProdHaftG zu. Das vom Kläger erworbene Heißwassergerät habe einen Konstruktionsfehler im Sinne des § 3 ProdHaftG aufgewiesen. Die vom Landgericht hinzugezogenen Sachverständigen hätten keine abschließenden Feststellungen dazu treffen können, worauf die Explosion des Gerätes beruht habe. Nach ihren Angaben sei die wahrscheinlichste Ursache der Explosion, dass der Boiler nicht vollständig mit Wasser gefüllt gewesen sei. Dabei könne dahinstehen, ob der Boiler von Anfang an nicht mit Wasser gefüllt gewesen sei oder aber die Wasserfüllung später reduziert worden sei. So habe der Sachverständige W. ausgeführt, eine Wasserentnahme sei auch bei nicht vollständig gefülltem Boiler möglich. Allein hierdurch könne es dann aber zu einer Reduzierung des Füllstandes kommen. Sei der Zulauf unterbrochen, z.B. weil die Wasserversorgung schlechthin unterbrochen sei, und könne gleichwohl Wasser aus dem Boiler entnommen werden, müsse der Füllstand zwangsläufig sinken. Wenn es infolgedessen aber zu einer Explosion kommen könne, erfülle das Produkt bereits nach seiner Konzeption nicht den Sicherheitsstandard, der erwartet werden könne. Allein die theoretische Möglichkeit einer Explosion aufgrund zu geringen Füllstandes stelle sich als Fehler im Sinne des § 3 ProdHaftG dar. Dies gelte selbst dann, wenn ein Fehler beim Anschluss der Armatur vorgekommen sei. Die Explosionsgefahr habe mit für den Laien zwanglos vorstellbaren Maßnahmen vermieden werden können. So hätte ein Fühler eingebaut werden können, der den Füllstand des Wassers kontrolliere und das Gerät automatisch abschalte, wenn es nicht vollständig gefüllt sei. Eine andere Möglichkeit bestehe darin, ein Überdruckventil einzubauen.
II.
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Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
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1. Das Berufungsgericht hat allerdings kein unzulässiges Teilurteil nur über die Leistungsklage erlassen, sondern hat auch über den Feststellungsantrag entschieden. Sein Urteil ist dahingehend auszulegen, dass es sich um ein Grund- und Endurteil handelt, in dem der Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags vollumfänglich stattgegeben worden ist. Zwar hat das Berufungsgericht sein Urteil als “Grundurteil” bezeichnet und die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, was bei einer Feststellungsklage wesensgemäß nicht in Betracht kommt. Den Gründen der Entscheidung, die zur Auslegung des Entscheidungssatzes heranzuziehen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 29. September 2009 – VI ZR 149/08, VersR 2009, 1683 Rn. 8), ist aber zweifelsfrei zu entnehmen, dass das Berufungsgericht über sämtliche Klageanträge entscheiden wollte. Es hat sowohl den Leistungs- als auch den Feststellungsantrag ausdrücklich wiedergegeben und ausgeführt, dass das Rechtsmittel begründet sei und das Landgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen habe.
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2. Zu Recht hat das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht, die auch unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, VersR 2012, 994 Rn. 12 mwN). Sie ergibt sich aus Art. 24 Satz 1 EuGVVO. Die in den Niederlanden ansässige Beklagte hat sich rügelos auf das Verfahren eingelassen.
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3. Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nach deutschem Recht zu beurteilen sind. Dieses Ergebnis folgt aus Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB. Die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO) ist nicht anwendbar, da das schadensursächliche Produkt vor dem 11. Januar 2009 in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. Art. 31, 32 Rom II-VO sowie MünchKommBGB/Junker, 5. Aufl., VO (EG) 864/2007 Art. 32 Rn. 6; Huber/Illmer, Rome II Regulation, Art. 31, 32 Rn. 15, jeweils mwN). Der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB maßgebliche Erfolgsort liegt in Deutschland. Hier ist der Kläger nach seiner Behauptung durch das angeblich fehlerhafte Heißwassergerät verletzt worden. Sein Bestimmungsrecht zugunsten deutschen Rechts gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB hat der Kläger in der Klageschrift ausgeübt.
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4. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen aber nicht die Annahme, die Beklagte sei dem Kläger gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG zum Schadensersatz verpflichtet.
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a) Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Ersatzpflicht der Beklagten allerdings nicht gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG ausgeschlossen, weil der Beklagten für das Heißwassergerät als Serienprodukt das Zeichen “GS=geprüfte Sicherheit” zuerkannt und das konkrete Gerät im August 2008 im Rahmen einer Stichprobe durch die KEMA Quality B.V. kontrolliert und für mangelfrei befunden worden ist. § 1 Abs. 2 Nr. 5 ProdHaftG stellt den Hersteller nur dann von der Haftung frei, wenn der den Schaden verursachende Fehler des Produkts im Zeitpunkt seiner Inverkehrgabe nach dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik nicht erkennbar war (sogenannter Entwicklungsfehler). Dies ist nur dann anzunehmen, wenn die potenzielle Gefährlichkeit des Produkts im Zeitpunkt seiner Inverkehrgabe nach dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik nicht erkannt werden konnte, weil die Erkenntnismöglichkeiten (noch) nicht weit genug fortgeschritten waren. Dabei ist unter potenzieller Gefährlichkeit des Produkts nicht der konkrete Fehler des schadensstiftenden Produkts, sondern das zugrunde liegende allgemeine, mit der gewählten Konzeption verbundene Fehlerrisiko zu verstehen. Für die Erkennbarkeit maßgeblich ist das objektiv zugängliche Gefahrenwissen; auf die subjektiven Erkenntnismöglichkeiten des einzelnen Herstellers oder des von ihm mit der Untersuchung des Produkts Beauftragten kommt es nicht an (vgl. Senatsurteile vom 9. Mai 1995 – VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353, 359 – Mineralwasserflasche II; vom 16. Juni 2009 – VI ZR 107/08, BGHZ 181, 253 Rn. 27 f. – Airbag, jeweils mwN).
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Allein der Umstand, dass der vom Berufungsgericht angenommene Produktfehler – die Möglichkeit einer Explosion des Geräts aufgrund zu geringen Füllstands – weder anlässlich der Sicherheitsüberprüfung zwecks Zuerkennung des GS-Zeichens noch bei der stichprobenartigen Qualitätskontrolle entdeckt wurde, besagt nicht, dass die potenzielle Gefährlichkeit des Produkts unter Zugrundelegung des im Zeitpunkt seiner Inverkehrgabe objektiv zugänglichen Gefahrenwissens nicht hätte erkannt werden können (vgl. Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl., § 1 Rn. 65).
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b) Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das von der Beklagten in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführte Heißwassergerät sei fehlerhaft im Sinne des § 3 Abs. 1 ProdHaftG.
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aa) Das Berufungsgericht hat allerdings im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass ein Produkt gemäß § 3 Abs. 1 ProdHaftG einen Fehler hat, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise erwartet werden kann. Abzustellen ist dabei nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, die die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 2009 – VI ZR 107/08, aaO Rn. 12 – Airbag mwN). Ist das Produkt für unterschiedliche Benutzergruppen bestimmt – wird es beispielsweise wie im Streitfall in Baumärkten und damit nicht nur an Fachleute, sondern auch an Heimwerker vertrieben -, muss es erhöhten Sicherheitsanforderungen genügen, die auf das Wissen und Gefahrsteuerungspotential der am wenigsten informierten und zur Gefahrsteuerung kompetenten Gruppe Rücksicht nehmen (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2009 – VI ZR 176/08, VersR 2009, 649, Rn. 7 – Kirschtaler; Katzenmeier in Dauner-Lieb/Langen, BGB, 2. Aufl., § 3 ProdHaftG Rn. 2; MünchKomm-BGB/Wagner, 5. Aufl., § 3 ProdHaftG, Rn. 8; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 6; Graf von Westphalen in Foerste/Graf von Westphalen, Produkthaftungshandbuch, 3. Aufl., § 48 Rn. 16, jeweils mwN).
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Das Berufungsgericht ist auch mit Recht davon ausgegangen, dass ein Konstruktionsfehler dann gegeben ist, wenn das Produkt schon seiner Konzeption nach unter dem gebotenen Sicherheitsstandard bleibt, d.h. bereits im Rahmen seiner Entwicklung die Sicherheitsvorkehrungen unterblieben sind, die zur Vermeidung einer Gefahr objektiv erforderlich und nach objektiven Maßstäben zumutbar sind. Erforderlich sind dabei die Maßnahmen, die nach dem im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts vorhandenen neuesten Stand der Wissenschaft und Technik konstruktiv möglich sind und als geeignet und genügend erscheinen, um Schäden zu verhindern. Maßgeblich für die Zumutbarkeit ist insbesondere die Größe der vom Produkt ausgehenden Gefahr. Je größer die Gefahren sind, desto höher sind die Anforderungen, die in dieser Hinsicht gestellt werden müssen. Bei erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen sind dem Hersteller deshalb weitergehende Maßnahmen zumutbar als in Fällen, in denen nur Eigentums- oder Besitzstörungen oder aber nur kleinere körperliche Beeinträchtigungen zu befürchten sind (vgl. Senatsurteile vom 17. März 2009 – VI ZR 176/08, VersR 2009, 649, Rn. 8 – Kirschtaler und vom 16. Juni 2009 – VI ZR 107/08, BGHZ 181, 253 Rn. 18 – Airbag, jeweils mwN).
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bb) Soweit das Berufungsgericht dagegen ausgeführt hat, ein fehlerfreies Produkt müsse so beschaffen sein, dass es die körperliche Unversehrtheit des Benutzers oder eines Dritten nicht verletze, was auch dann gelte, wenn das Produkt fehlerhaft angeschlossen worden sei, kann dem nicht beigetreten werden. Die berechtigte Sicherheitserwartung geht grundsätzlich nur dahin, dass von einem Produkt bei vorhersehbarer üblicher Verwendung unter Beachtung der Gebrauchs- bzw. Installationsanleitung keine erheblichen Gefahren für Leib und Leben der Nutzer oder unbeteiligter Dritter ausgehen, das Produkt also so konzipiert ist, dass es unter Beachtung der Installations- und Gebrauchsanleitung bei bestimmungsgemäßem Gebrauch oder vorhersehbarem Fehlgebrauch gefahrlos benutzt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 7. Juni 1988 – VI ZR 91/87, BGHZ 104, 323, 328 f. – Limonadenflasche; vom 9. Mai 1995 – VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353, 358 – Mineralwasserflasche II; vom 17. März 2009 – VI ZR 176/08, VersR 2009, 649, Rn. 11 – Kirschtaler; BT-Drucks. 11/2247 S. 18; Katzenmeier in Dauner-Lieb/Langen, aaO Rn. 2 f.; 10; Kullmann, ProdHaftG, 6. Aufl., § 3 Rn. 14; Müller, VersR 2004, 1073, 1075; Graf von Westphalen in Foerste/Graf von Westphalen, aaO Rn. 26). Von dem Hersteller kann dagegen nicht verlangt werden, für sämtliche Fälle eines unsorgfältigen Umgangs mit dem Produkt, zu dem auch die fachwidrige Installation gehören kann, Vorsorge zu treffen (vgl. Senatsurteil vom 7. Juni 1988 – VI ZR 91/87, BGHZ 104, 323, 328 – Limonadenflasche).
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Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts vermag auch “allein die theoretische Möglichkeit”, dass durch das Produkt Rechtsgüter anderer verletzt werden, einen Fehler im Sinne des § 3 ProdHaftG nicht zu begründen. Die berechtigte Sicherheitserwartung geht nicht dahin, dass jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet wird. Es kann nicht von jedem Produkt in jeder Situation absolute Sicherheit verlangt werden (vgl. Senatsurteile vom 15. April 1975 – VI ZR 19/74, VersR 1975, 812; vom 17. Oktober 1989 – VI ZR 258/88, VersR 1989, 1307 – Pferdebox; vom 17. März 2009 – VI ZR 176/08, VersR 2009, 649, Rn. 11 f. – Kirschtaler; Kullmann, aaO, § 3 Rn. 40, 49; Taschner/Frietsch, Produkthaftungsgesetz und EG-Produkthaftungsrichtlinie, 2. Aufl., § 3 ProdHaftG Rn. 9, 13; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 3 ProdHaftG Rn. 3).
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cc) Das Berufungsgericht hat es darüber hinaus versäumt, tragfähige Feststellungen zu dem im Streitfall gebotenen Sicherheitsstandard, d.h. zu der Frage zu treffen, welche Sicherheitsvorkehrungen objektiv erforderlich waren, um Schäden zu verhindern. Hierbei handelt es sich um eine Fachfrage, deren Beantwortung eine entsprechende Sachkunde voraussetzt. Die Sachverständigen sind mit dieser Frage nicht befasst worden. Sie wurden lediglich zum Vorliegen eines Fabrikationsfehlers und zur Schadensursache, nicht hingegen dazu befragt, welche Anforderungen in konstruktiver Hinsicht an ein Heißwassergerät der vorliegenden Art zu stellen sind.
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Die in diesem Zusammenhang getroffene Feststellung des Berufungsgerichts, eine Explosion aufgrund zu geringen Füllstandes könne mit “für den Laien zwanglos vorstellbaren” Möglichkeiten, nämlich durch den Einbau eines Wasserfühlers oder Überdruckventils, auf einfachste Weise vermieden werden, entbehrt – wie die Revision mit Recht geltend macht – einer tragfähigen Grundlage. Das Berufungsgericht hat insoweit in unzulässiger Weise eine Sachkunde in Anspruch genommen, die es nicht ausgewiesen hat und für die es keine Anhaltspunkte gibt.
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dd) Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass durch eine Wasserentnahme im Rahmen des normalen Betriebs der Füllstand des Heißwassergeräts sinken und die Gefahr einer Explosion des Geräts entstehen könne, sobald der Wasserzulauf – beispiels-weise durch eine Unterbrechung der Wasserzufuhr – unterbrochen sei. Auch für diese Feststellung fehlt eine tragfähige Grundlage. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht in unzulässiger Weise eine Sachkunde in Anspruch genommen hat, die es nicht ausgewiesen hat und für die es keine Anhaltspunkte gibt. Der Sachverständige hatte lediglich angegeben, die Explosion könne entweder durch einen fehlerhaften Anschluss des Geräts oder durch eine unzureichende Befüllung mit Wasser verursacht worden sein. Werde das Gerät – entgegen den Hinweisen in der Gebrauchsanleitung – in Betrieb genommen, bevor es vollständig mit Wasser gefüllt sei, könne es zur schlagartigen Dampfbildung und sogar zur Explosion des Kunststoffbehälters kommen. Es könne auch sein, dass bei vorheriger Wasserentnahme aus dem Boiler dieser danach nicht ganz voll gewesen sei, zum Beispiel durch eine Undichtigkeit. Man könne auch Wasser aus dem Boiler lassen, wenn dieser nur teilweise gefüllt sei. Der Sachverständige hatte dagegen nicht angegeben, dass Wasser auch dann entnommen werden könne, wenn der Wasserzulauf unterbrochen sei. Auch die Parteien waren – worauf die Revision zu Recht hinweist – in den Tatsacheninstanzen übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Entnahme warmen Wassers bei einem drucklosen System wie im Streitfall den Zufluss von Kaltwasser voraussetze.
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c) Darüber hinaus fehlt es an den erforderlichen Feststellungen zur Kausalität des Produktfehlers für den eingetretenen Schaden. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG setzt die Haftung des Herstellers für ein fehlerhaftes Produkt voraus, dass “durch” den Fehler eines Produkts ein Personen- oder Sachschaden entsteht. Erforderlich ist damit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Fehler und der eingetretenen Rechtsgutsverletzung (vgl. Senatsurteil vom 9. Mai 1995 – VI ZR 158/94, BGHZ 129, 353, 364 – Mineralwasserflasche II; Katzenmeier in Dauner-Lieb/Langen, aaO, § 1 ProdHaftG Rn. 15; Kullmann, aaO, § 1 Rn. 18; Graf von Westphalen in Foerste/Graf von Westphalen, aaO, § 45 Rn. 30). Für diesen Zusammenhang trägt der Geschädigte die Beweislast (§ 1 Abs. 4 ProdHaftG). Das Berufungsgericht sieht einen Fehler des Heißwassergeräts in der theoretischen Möglichkeit einer Explosion aufgrund zu geringen Wasserfüllstandes. Es hat aber nicht festgestellt, dass das Gerät auch aus diesem Grund – und nicht etwa aufgrund fehlerhaften Anschlusses – explodiert ist. Vielmehr hat es ausgeführt, dass beide Sachverständige keine abschließenden Feststellungen zur Explosionsursache hätten treffen können, und seiner Entscheidung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die vom Landgericht getroffenen Feststellungen zugrunde gelegt. Danach konnte die Ursache der Explosion aber nicht geklärt werden.
III.
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Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Bei der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren in den Rechtsmittelschriften vorgebrachten Gesichtspunkten auseinanderzusetzen.