Amtsgericht München, Urteil vom 19.4.11 – 224 C 33358/10
Kunst ist Geschmacksache…
Grundsätzlich muss jemand, der einen Künstler mit der Herstellung eines Kunstwerks beauftragt, sich vorher mit dessen künstlerischen Eigenarten und Auffassungen vertraut machen. Die Gestaltungsfreiheit eines Künstlers kann vertraglich eingeschränkt werden. Ist dies aber nicht geschehen, trägt der Auftraggeber das Risiko, ein Werk abnehmen zu müssen, das ihm nicht gefällt.
Eine Münchnerin, die ihr Treppenhaus verschönern wollte, bestellte über eine Kunstberaterin eine Installation eines Künstlers. Diese bestand aus einem Hinterglasbild in Form eines bemalten Aufsatzes für das Treppenhausinnenfenster und einem Parallelogramm an der Wand, auf der das durch das Glasfenster eindringende Licht auftraf.
Dabei sollte sich das Werk laut Auftrag an den Gemälden im Katalog des Künstlers orientieren. Es sollte aber keine Kopie dieser Gemälde darstellen, sondern als eigenständiges Werk entstehen. Die Kosten für die Installation betrugen 4500 Euro.
Nach einer Besprechung vor Ort mit dem Künstler wurde das Kunstwerk im Juli 2010 eingebaut. Die Kundin bezahlte zunächst 2250 Euro, monierte aber dann, dass sich bei ihr der erhoffte „Wow-Effekt“ nicht eingestellt habe. Die restlichen 2250 Euro überwies sie nicht, sondern wollte ihre schon bezahlten 2250 Euro zurück. Es sei ihr darauf angekommen, eine Art Sonnenuntergangsstimmung zu erzeugen. Dies sei nicht erreicht worden.
Die Kunstberaterin wies dies zurück und verlangte ihr Geld. Schließlich entspräche das Bild den Vorgaben.
Sie erhob Klage vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin gab ihr Recht:
Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages sei die Herstellung einer Kunstinstallation gewesen. Diese Installation sei ordnungsgemäß erstellt worden. Grundsätzlich müsse jemand, der einen Künstler beauftrage, sich vorher mit dessen künstlerischen Eigenarten und Auffassungen vertraut machen. Der Künstler schaffe das Werk in eigener Verantwortung und in künstlerischer Freiheit. Solange der vereinbarte Zweck und die tragende Idee vorhanden seien, sei das Werk vertragsgemäß. Der Besteller trage das Risiko, ein Werk abnehmen zu müssen, das ihm nicht gefalle. Dies sei Ausfluss der Gestaltungsfreiheit des Künstlers.
Zwar könne grundsätzlich diese Gestaltungsfreiheit eingeschränkt und eine Verpflichtung vereinbart werden, ein Werk nach einem bestimmten Entwurf und bestimmten Vorgaben zu erstellen.
Eine solche Abrede sei hier aber nicht erfolgt. Der Vertrag lege eindeutig fest, dass sich das Gemälde zwar an den anderen im Katalog orientiere, aber keine Kopie, sondern ein eigenständiges Werk sei. Dass hinterher eine andere Vereinbarung getroffen wurde, habe die Beklagte nicht beweisen können.
Sie schulde daher die Zahlung der Restsumme und bekomme ihre gezahlten 2250 Euro nicht zurück.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Pressemitteilung 17/12 des AG MÜnchen vom 10. April 2012