Zum Umfang der ärztlichen Aufklärung bei einer Augenlaseroperation

LG Bochum, Urteil vom 24.07.2013 – 6 O 252/12

Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einer medizinisch nur relativ indizierten Laseroperation hohe Anforderungen an die Aufklärung zu stellen sind. Der Patient muss auf die Risiken deutlich und schonungslos hingewiesen werden. Je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten ist, umso ausführlicher und eindrücklicher muss der Patient, dem dieser Eingriff angeraten wird und den er selbst wünscht, über dessen Erfolgsaussichten und etwaige schädliche Folgen informiert werden. Insbesondere, wenn die Lasertherapie in die Nähe einer kosmetischen Operation rückt, ist eine intensive und schonungslose Aufklärung des Patienten zu fordern.

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.09.2012 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklage zum Ersatz der der Klägerin aus der ärztlichen Behandlung vom 03.07.2008 bis 11.06.2010 entstandenen oder noch entstehenden materiellen Schäden – soweit kein Anspruchsübergang auf Sozialversicherungsträger erfolgt oder erfolgt ist sowie aus der Folge dieser ärztlichen Behandlung noch entstehenden unvorhersehbaren immateriellen Schäden verpflichtet ist.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 3/5 und der Beklagte zu 2/5.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen einer vermeintlich fehlerhaft durchgeführten augenärztlichen Behandlung in der Zeit vom 03.07.2008 bis Juli 2010.

2
Die Klägerin stellte sich erstmals beim Beklagten am 03.07.2008 vor, um mit ihm die Frage der sogenannten refraktiven Chirurgie zu erörtern.

3
Die aktuelle Refraktion betrug bei ihr zu diesem Zeitpunkt rechts minus 6,0 SpH. minus 2,75 cyl./175 ° und links minus 7,75 SpH. minus 2,5 cyl./179 °. Mit diesen Brillenwerten erreichte sie rechts eine Sehschärfe von 0,9 und links eine solche von 1,0.

4
Bei der sich anschließenden Untersuchung wurde ein krankhafter Augenhintergrundsbefund am rechten Auge im Sinne einer äquatorialen Degeneration festgestellt. Laut Dokumentation des Beklagten erfolgte eine Aufklärung über die Monovisionssituation sowie über die refraktive Lasik Operation an beiden Augen. Bezüglich letzterer Behandlungsmaßnahme verwandte der Beklagte einen Pro Compliance Bogen, der auch von der Klägerin unterschrieben wurde. Im vorgedruckten Text dieses Bogens sind folgende Risiken unterstrichen:

5
bleibende Sehverschlechterung bis zum Verlust des Sehvermögens durch Infektion, Blutung, Gefäßverschlüsse, generelle Heilungsstörungen und Verzögerungen, infektiöse Hornhautentzündung oder Geschwürbildung.

6
Desweiteren unterzeichnete die Klägerin einen Aufkleber, der darauf hinweist, dass nach der Lasik-Operation nur so gut gesehen werden könne, wie vor der Operation mit Brille. Bei Patienten, die älter als 40 Jahre seien, könne anschließend eine Lesebrille erforderlich werden.

7
Am 14.08.2008 behandelte der Beklagte zunächst die degenerative Netzhautveränderung am rechten Auge mittels einer Laserkoagulation.

8
Am 27.08.2008 führte er sodann die laserchirurgische Operation an beiden Augen durch. Die postoperative Nachsorge bestand in der Verabreichung von schmerzstillenden Medikamenten sowie in der Anwendung von antibiotischen Augentropfen. Letztere wurden am 01.09.2008 auf kortisonhaltige Tropfen umgestellt.

9
Am 11.09.2008 zeigte ein Lokalbefund Epithelaufwerfungen am Schnittrand und ein freies Infiltrat im linken Auge bei 12 Uhr. Am 16. und 19.09.2008 nahm der Beklagte Abstriche von der Bindehaut und Hornhaut. Desweiteren erfolgte am linken Auge eine Vancomycinspülung. Es ist dann weiter dokumentiert, dass das Infiltrat am 22.09.2008 bei einer weiteren Untersuchung nicht mehr zu sehen war.

10
Eine Woche später am 29.09.2008 stellte sich die Klägerin erneut wegen Schmerzen am linken Auge vor, dokumentiert ist ein kratzendes Gefühl seit dem Vortage. Der Beklagte entdeckte ein erneutes Infiltrat im linken Auge, diesmal bei 02:00 Uhr. Es schlossen sich engmaschige Kontrolluntersuchungen an, antibiotische Tabletten und Augentropfen wurden verordnet.

11
Eine erste Visuskontrolle am 10.10.2008 ergab rechts eine Sehschärfe von 0,6 und links eine solche von 0,55.

12
Im weiteren Verlauf kam es dann nicht zu einer endgültigen Aufklärung der Hornhaut. Die nächste Visuskontrolle vom 20.11.2008 ergab jeweils rechts und links eine Sehschärfe von 0,8. Dokumentiert ist auch eine Wellenfrontanalyse der Hornhaut.

13
In der Folgezeit klagte die Klägerin weiter über Beschwerden am rechten Auge, links bestehe ein Druckgefühl, verbunden mit starken Kopfschmerzen. Eine erneute Wellenfrontanalyse ergab beim rechten Auge eine geringe Besserung bei enger Pupille, nicht aber bei weiter Pupille.

14
Aufgrund der dauerhaften Beschwerden insbesondere auf dem rechten Auge schlug dann der Beklagte am 25.05.2009 eine Wellenfront gesteuerte Korrekturlasik am rechten Auge vor. Der Eingriff wurde sodann am 03.06.2009 vorgenommen. Dokumentiert ist insoweit, dass die Hochnahme des Hornhautdeckels schwierig gewesen ist. Postoperativ sind Gewebeverdichtungen am rechten Auge beschrieben.

15
Da die Klägerin subjektiv keine Besserung verspürte, plante der Beklagte für den 30.06.2009 eine Flapanhebung und DRA. Wegen anhaltender Schmerzen wurde am 13.07.2009 die DRA wieder entfernt. Anschließend ließen Schmerzen und die entzündliche Reaktion nach.

16
Die Sehschärfe betrug bei einer letzten Kontrolle am 01.06.2010 rechts 0,7 und links 1,0.

17
Die Klägerin ist der Ansicht, wegen der zuvor durchgeführten Laserkoagulation der Netzhaut sei die Lasikoperation nicht indiziert gewesen. Nach der Lasikoperation habe sie ständig unter heftigsten Schmerzen gelitten. Die Hornhautinfiltrationen auf dem linken Auge seien Folge einer fehlerhaften Behandlung. Eine der Infiltration zugrunde liegende bakterielle Infektion müsse immer vermieden werden.

18
Im Übrigen sei die OP auch deshalb fehlerhaft gewesen, da auf dem rechten Auge eine Faltenbildung in der Peripherie des Flaps aufgetreten sei. Darüber hinaus sei es am rechten Auge zu intrastromalen Veränderungen gekommen. Auch dies sei Folge der fehlerhaften Behandlung. Schließlich sei auch die Operationsindikation zweifelhaft, da keine medizinische Notwendigkeit für den Eingriff vorgelegen habe.

19
Die Klägerin bemängelt darüber hinaus die nach ihrer Ansicht lückenhafte Dokumentation des Beklagten. So habe er die Operation an der Netzhaut nicht dokumentiert. Desweiteren lägen die Ergebnisse der Abstrichuntersuchungen nicht vor, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass die eingeleitete Antibiotikatherapie unzureichend gewesen sei. Im August 2009 habe der Beklagte darüber hinaus eine Vitamin-C-Therapie mit Macalut durchgeführt. Auch diese Therapie finde keine Erwähnung in den Behandlungsunterlagen.

20
Schließlich sei sie auch nur unzureichend über die hohen Risiken der Operation aufgeklärt worden, Alternativen seien überhaupt nicht besprochen worden.

21
Als Folge der fehlerhaften Operationen könne sie trotz Verwendung einer Brille auf dem rechten Auge nicht mehr scharf sehen. Es sei, als wenn ein Film auf dem Auge läge. Das rechte Auge müsse beim Lesen verschlossen sein. Die Kontrastempfindlichkeit sei reduziert, sie leide an einer erhöhten Lichtempfindlichkeit, desweiteren bestehe ein chronisches Ziehen und zeitweilige Schmerzen im linken Auge.

22
Zudem bestehe jetzt eine Narbenbildung in der Hornhaut des rechten Auges. Daraus folge eine erhebliche Blendungsempfindlichkeit, eine Reduktion der Sehschärfe und eine erhebliche Benetzungsstörung. Die Schäden an der Hornhaut führten zu großen Schwankungen der Refraktion, Kontaktlinsen könne sie wegen der Benetzungsstörung nur 4 Stunden am Tage tragen. Insofern liege auch ein Dauerschaden vor. Selbst mit Brille habe sie auf dem rechten Auge keine voll Sehkraft mehr.

23
Die Klägerin beantragt,

24
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Festsetzung und Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

25
2. festzustellen, dass der Beklagte zum Ersatz der der Klägerin aus der erfolgten fehlerhaften ärztlichen Behandlung entstandenen und noch entstehenden materiellen Schäden – soweit kein Anspruchsübergang auf Sozialversicherungsträger erfolgt oder erfolgt ist – sowie wie aus den Folgen dieser ärztlichen Behandlung noch entstehenden immateriellen Schäden verpflichtet ist.

26
Der Beklagte beantragt,

27
die Klage abzuweisen.

28
Er behauptet, die gesamte Behandlung der Klägerin lege artis vorgenommen zu haben. Auf die aufgetretenen Komplikationen habe er stets angemessen und adäquat reagiert.

29
Darüber hinaus sei die Klägerin auch umfassend über die Risiken der Operation aufgeklärt worden. Bereits bei der Erstvorstellung am 03.07.2008 sei die Klägerin sowohl von dem Beklagten, als auch von seinen Mitarbeiterinnen umfassend über die Art und Weise des Eingriffes und die dem Eingriff innewohnenden Risiken unterrichtet worden. Neben den allgemeinen Eingriffsrisiken sei sie auch über die Trübung der Sicht, die Blendempfindlichkeit, die Sehkraftverschlechterung und Narbenbildungen im Auge sowie über Entzündungen aufgeklärt worden. Abschließend habe sie auch den Aufklärungsbogen unterzeichnet.

30
Im Übrigen sei auch von einer hypothetischen Aufklärung auszugehen, da sie sich am 03.06.2009 noch mal einem Lasikeingriff am rechten Auge unterzogen habe.

31
Letztlich sei auch das von der Klägerin begehrte Schmerzensgeld in Höhe von 50.000,00 Euro bei Weitem übersetzt.

32
Die Klägerin hat zunächst gegen den Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt. In dem Verfahren 6 OH 1/11 LG Bochum, hat die Sachverständige Dr. H am 02.12.2011 ein schriftliches Gutachten sowie die am 31.05.2012 ein schriftliches Ergänzungsgutachten erstellt.

33
In der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2013 hat die Sachverständige ihre Gutachten erläutert und zu den Einwendungen der Parteien Stellung genommen. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2013 (Bl. 142 ff. der Akten) verwiesen.

34
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
35
Die zulässige Klage ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

36
Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten einen Schmerzensgeldanspruch wegen Schlechterfüllung des Behandlungsvertrages gemäß den §§ 280, 253, 823 BGB, weil insbesondere die Operation vom 27.08.2008 als rechtswidrige Körperverletzung zu bewerten ist, da sie vorab nicht ordnungsgemäß über den medizinischen Eingriff aufgeklärt worden ist und somit ihre Einwilligung in die Behandlung unwirksam war.

37
Fehler in der Behandlung liegen nicht vor. Die Laserkoagulation vom 14.08.2008 war eine adäquate Behandlungsmethode zur Sanierung der äquatorialen Netzhautdegeneration. Diese Behandlung stand der Lasikoperation nicht entgegen. Es war zu erwarten, dass die Netzhaut nach 14 Tagen vernarbt und fest gewesen ist. Die Sachverständige hat keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Netzhaut zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Eingriffs nicht ausreichend vernarbt war. Die Behandlungsunterlagen dokumentieren darüber hinaus ein sorgfältiges Vorgehen vor während und nach der Lasikoperation. Die Operationsprotokolle sind insoweit vollständig.

38
Hornhautinfiltrationen sind typische Operationskomplikationen, die der Beklagte adäquat mit einer lokalen und systemischen Antibiotikatherapie behandelt hat. Zu kritisieren ist einzig und allein, dass die Ergebnisse der Abstrichnahme nicht vorliegen.

39
Desweiteren haben sich bei der Klägerin operationstypische Risiken verwirklicht, aufgrund derer es teilweise zu einem Dauerschaden gekommen ist. Insbesondere sind hier zu nennen die sogenannten trockenen Augen, Epitheleinsprossungen am Flaprand, eine Nebelbildung in der oberflächlichen Schicht der Hornhaut und eine Sehschärfenreduzierung auf dem rechten Auge um eine Stufe. Bei der Sehschärfenreduzierung, der dezenten Nebelbildung und bei den trockenen Augen handelt es sich um einen Dauerschaden, da 5 Jahre nach der Ausgangsoperation mit einem Rückgang dieser Beschwerden nicht mehr zu rechnen ist.

40
Die Lasikoperation vom 27.08.2008 war dagegen mangels wirksamer Einwilligung der Klägerin in diese Operation rechtswidrig.

41
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einer medizinisch nur relativ indizierten Laseroperation hohe Anforderungen an die Aufklärung zu stellen sind. Der Patient muss auf die Risiken deutlich und schonungslos hingewiesen werden. Je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten ist, umso ausführlicher und eindrücklicher muss der Patient, dem dieser Eingriff angeraten wird und den er selbst wünscht, über dessen Erfolgsaussichten und etwaige schädliche Folgen informiert werden. Insbesondere, wenn die Lasertherapie in die Nähe einer kosmetischen Operation rückt, ist eine intensive und schonungslose Aufklärung des Patienten zu fordern.

42
Diesen Anforderungen ist der Beklagte im Aufklärungsgespräch nicht gerecht geworden. Insoweit hat die Sachverständige ausgeführt, dass die Operation wegen der erheblichen Kurzsichtigkeit der Klägerin ein erhöhtes Risiko beinhaltet habe. Dies gelte deshalb, weil der Beklagte im Grenzbereich der Refraktion operiert habe. Dieser beginne bei minus 8 Dioptrien. Die Hinweispflicht auf das erhöhte Operationsrisiko ergebe sich auch aus den Empfehlungen der Kommission für refraktive Chirurgie.

43
Da der Beklagte über dieses erhöhte Risiko die Klägerin unstreitig nicht unterrichtet hat, bedurfte es auch insoweit nicht der Vernehmung der an Gerichtsstelle anwesenden Zeuginnen G und S.

44
Darüber hinaus hätte konkret angesprochen werden müssen, dass selbst dann, wenn nach aktuellem Befund keine besonderen Anhaltspunkte für eine besondere Gefährdung vorlägen, immer Komplikationen auftreten könnten, die dann zum endgültigen oder weitgehenden Verlust des Augenlichtes führen könnten (vgl. Beschluss des OLG Köln vom 12.08.2009, 5 U 47/09). Zwar ist dieses Risiko im vorgedruckten Text des Aufklärungsbogens erwähnt, der Beklagte hat aber in der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2013 explizit ausgeführt, dass er über das Risiko einer vollständigen Erblindung heute nicht mehr aufkläre. Insoweit ist er auch bezüglich dieses Punktes seiner mündlichen Aufklärungspflicht nicht nachgekommen. Soweit er weiter ausführt, dass seine Angestellten im Vorfeld der Untersuchung auf eine mögliche Erblindung hingewiesen hätten, bedurfte es auch insoweit nicht der Vernehmung der Zeuginnen, da es nicht zulässig ist, die Risikoaufklärung auf nichtärztliches Personal zu übertragen.

45
Schließlich findet sich auch in der Aufklärung kein Hinweis auf die Komplikation des sogenannten tränenden Auges. Die Verwirklichung dieses Risikos zieht nach den Ausführungen der Sachverständigen nach sich, dass die Klägerin trotz der Operation heute mehrere Brillen tragen muss, wobei einschränkend zu sagen ist, dass dies daneben auch ihrem Alter geschuldet ist.

46
Die unzureichende Grundaufklärung hat zur Folge, dass die Klägerin in Unkenntnis aller Umstände dem streitgegenständlichen Eingriff zugestimmt hat. Bei Kenntnis aller Risiken, insbesondere der erhöhten Risiken aufgrund ihrer starken Kurzsichtigkeit hätte sie sich wahrscheinlich gegen den Eingriff entschieden, zumindest hätte sie sich noch einmal Bedenkzeit erbeten.

47
Soweit der Beklagte behauptet, ein Entscheidungskonflikt sei nicht plausibel, da die Klägerin schließlich auch der Revisionsoperation im Juni 2009 zugestimmt hätte vermag diese Argumentation nicht zu überzeugen.

48
Letzterer Einwand greift schon deshalb nicht, weil der Klägerin auch zum Zeitpunkt der Revisionsoperation die erhöhten Risiken dieser Operation nicht bekannt waren. Im Übrigen hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2013 nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass es ihr in erster Linie nicht darum gegangen sei, in Zukunft ohne Brille auskommen zu können. Insoweit sei sie seit dem 6. Lebensjahr an das Tragen einer Brille gewohnt gewesen. Ihr Augenarzt habe ihr die Operation nur deshalb angeraten, um die Nasenhöcker wegen der Schwere der Brille zu entlasten. Die Problematik der Beeinträchtigung der Nase wiegt aber nicht so schwer, dass man davon ausgehen muss, dass die Klägerin sich in Kenntnis aller Risiken auf jeden Fall für diese Operation entschieden hätte.

49
Bei ordnungsgemäßer Aufklärung wären der Klägerin also zumindest zwei Operationen erspart geblieben. Zudem hätten sich die Dauerschäden der Sehschärfenreduzierung, der dezenten Nebelbildung und der trockenen Augen nicht verwirklicht. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin dann auch weiterhin mit einer schwereren Brille aufgrund der erheblichen Kurzsichtigkeit hätte leben müssen.

50
Aufgrund der unzureichenden Aufklärung der Klägerin mit den dargestellten Folgen erachtet die Kammer ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 Euro für angemessen, aber auch ausreichend.

51
Der Feststellungsantrag ist nur in dem ausgeurteilten Umfang gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig und begründet. Es besteht die konkrete Möglichkeit zukünftiger Schäden, bedingt durch die Operation vom 27.08.2008. Hinsichtlich der immateriellen Zukunftsschäden war der Antrag auf nichtvorhersehbare Schäden zu beschränken, weil die bereits jetzt vorhersehbaren immateriellen Schäden mit dem Schmerzensgeldbetrag abgegolten sind.

52
Soweit der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung eine Schriftsatzfrist zum Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Begründung beantragt hat, dass sich neue medizinische Aspekte ergeben hätten, musste diesem Antrag nicht stattgegeben werden.

53
Zum Einen hat der Beklagtenvertreter nicht näher dargelegt, welche neuen Aspekte dies sein sollten. Zum Anderen können diese Aspekte im Ergebnis keine Rolle spielen, da eine Haftung des Beklagten auf jeden Fall aufgrund der unzureichenden Aufklärung gegeben ist. Behandlungsfehler liegen dagegen, wie bereits ausgeführt, nicht vor.

54
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 ZPO.

Dieser Beitrag wurde unter Arztrecht abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.