Weitere Nachteile für den Schuldner bei Beantragung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens
Das Video können Sie hier auf Youtube anschauen.
In Ergänzung zu dem Video vom 16.09.2022 erläutert dieses Video weitere Nachteile, die dem Schuldner bei Beantragung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens entstehen und zeigt Alternativen auf.
Videotranskript:
Hallo, mein Name ist Fredi Skwar, ich bin Rechtsanwalt in Hamburg.
In meinem Video vom 16.09.2022 hatte ich darauf hingewiesen, dass bei der Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens die privaten Daten des Schuldners oder der Schuldnerin für jeden einsehbar ohne Angabe von Gründen im Internet veröffentlicht werden, und ich hatte auf die Risiken hingewiesen, die für die Angehörigen und insbesondere für seine Familie und seine Kinder durch diesen Umstand entstehen können durch Mißbrauch der veröffentlichten Daten durch unbefugte Personen.
In diesem Video weise ich auf weitere vermeidbare Nachteile für den Schuldner hin, die ihm durch die Beantragung der Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens entstehen und zeige Alternativen hierzu auf.
Über welche weiteren Nachteile muss sich der Schuldner also im klaren sein, wenn er ein Verbraucherinsolvenzverfahren beantragt?
Nachteil Nr. 1:
Um seine Schulden loszuwerden und sich von ihnen befreien zu lassen, nimmt der Schuldner erstmal weitere Schulden in Höhe von mehreren tausend Euro auf.
Bei diesen Schulden handelt es sich um die Kosten des Insolvenzgerichts und des Treuhänders in Höhe von insgesamt ca. 2.000 EUR bis 3.000 EUR, die vom Schuldner zu tragen sind.
Es ist zwar richtig, dass diese Kosten auf Antrag gestundet werden. Es ist aber eben nur eine Stundung, kein Erlass dieser Kosten.
Damit kommen wir gleich zum Nachteil Nr. 2, der mit der Beantragung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens für den Schuldner verbunden ist.
So mancher Schuldner hofft, durch die Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens zukünftig von unangenehmer Post von Gläubigern, von Gerichtsvollziehern oder von Behörden verschont zu bleiben.
Klar ist, wenn er die Stundung der Verfahrenskosten für das Insolvenzverfahren beantragt hat, wird die Justizkasse nach Abschluss des Verfahrens in jährlichen Abständen bei ihm nachfragen, ob er nunmehr die Verfahrenskosten zu tragen in der Lage ist.
Der Schuldner sollte ohnehin darauf vorbereitet sein, auch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung trotzdem noch Post von Altgläubigern zu erhalten. Das kann einfach daran liegen, dass diese Gläubiger nicht an dem Insolvenzverfahren teilgenommen haben oder, dass die Durchführung des Insolvenzverfahrens in deren Unterlagen nicht vermerkt ist, sie mithin schlichtweg nicht wissen, dass ihre Forderung bei dem Schuldner aufgrund der erteilten Restschuldbefreiung nicht mehr durchsetzbar ist.
Post von Altgläubigern kann also trotz eines durchgeführten Restschuldbefreiungsverfahrens immer noch wieder eintrudeln.
Nächster Nachteil: Bevor der Schuldner den Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens stellen kann, muss er den Nachweis führen, dass er mit all seinen Gläubigern ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren versucht hat. Hierzu kann er zu einer Schuldenberatungsstelle gehen. Das ist kostenlos, aber hoffnungslos überlaufen. Bis er dort einen Termin bekommt, vergehen wahrscheinlich mehrere Monate. Oder er geht zu einem Steuerberater, Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer. Dort bekommt er recht zügig einen Termin. Aber die lassen sich ihre Tätigkeit sehr gut bezahlen, denn diese Tätigkeit ist auch recht umfangreich.
Wesentliche Tätigkeit im Schuldenbereinigungsversuch ist die Erfassung aller Verbindlichkeiten, die der Schuldner zu dem Zeitpunkt hat. Es wird also ein Kassensturz gemacht. Zu diesem Zweck muss der Schuldner alle Unterlagen, die er hat, an die Schuldenberatungsstelle oder den Rechtsanwalt oder Steuerberater übergeben, damit diese in einer Excel-Tabelle oder ähnlichem die einzelnen Forderung addieren und daraus dann eine Gesamtsumme bilden können.
Nun mag so mancher Schuldner sagen „Und für diese einfache Tätigkeit – Addition von Zahlen – warte ich monatelang auf einen Termin oder bezahle viel, viel Geld für einen Rechtsanwalt? Das hätte ich doch auch selber machen können! Das ist ohne Zweifel richtig, und das dann ist der nächste Nachteil: Dass der Schuldner viel Geld oder Zeit für etwas aufwendet, was er – mit ein wenig Unterstützung vielleicht – selbst hinbekommen hätte.
Noch ein Nachteil: Mit der Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist der Insolvenzschuldner in seiner wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt. Er legt sich gewissermaßen selbst finanzielle Handschellen an. Der Kauf eines Fahrzeuges, das vielleicht benötigt wird, um zur Arbeit zu kommen oder ähnlich große Anschaffungen können dazu führen, dass ihm später die Restschuldbefreiung verweigert wird.
Dem Gefühl, nun keine Schulden mehr zu haben, stehen also eine Vielzahl von Nachteilen gegenüber: Veröffentlichung der privaten Daten mit dem Hinweis Privatinsolvenz im Internet, Aufnahme weiterer Schulden in Höhe von mehreren tausend Euro, Einschränkung der finanziellen Entscheidungsfreiheit für mehrere Jahre. Und natürlich auch ein Eintrag bei der Schufa, der auch erst nach vielen Jahren wieder getilgt werden kann.
Was ist nun die Alternative zu einem Verbraucherinsolvenzverfahren?
Halten Sie sich vor Augen: Es gibt keine gesetzliche Pflicht für einen Verbraucher, bei Überschuldung ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchführen zu müssen. Gibt es nicht.
Denken Sie daran, es ist Ihnen nicht auf die Stirn gestempelt, dass Sie Schulden haben. Wahrscheinlich begegnen Sie täglich ganz vielen Menschen, die überschuldet sind und sehen es ihnen überhaupt nicht an.
Das wichtigste für einen Schuldner in der Schuldenkrise ist: Kontrolle haben oder Kontrolle wiedererlangen. Dazu wird das Schuldenbereinigungsverfahren durchgeführt. Wie ich vorhin sagte, es wird ein Kassensturz gemacht. Wenn Sie in finanziellen Schwierigkeiten sind, ist nichts so wichtig, wie alle Post zu öffnen, zu lesen, abzuheften und so die Übersicht zu behalten.
Wenn es Ihnen selbst zu schwer fällt, die finanzielle Übersicht zurückzuerlangen, können Sie dafür einen Steuerberater oder Rechtsanwalt beauftragen. Um die Kontrolle zurückzuerlangen, braucht es aber nicht zwingend der Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens. Die außergerichtliche Schuldenbereinigung können Sie auch ohne ein solches Verfahren durchführen. Und wenn Sie einen Kassensturz dann durchgeführt haben, stellen Sie vielleicht fest: So groß sind die Schulden eigentlich gar nicht. Hätte ich das gewusst, dann hätte ich schon mit einer Ratenzahlung oder ähnlichem begonnen.
In der Panik oder in der Angst wachsen die Schulden ja ins Unermessliche, und wenn man dann die nackten Zahlen sieht, stellt sich das unter Umständen alles gar nicht so schlimm da.
Und noch einmal zum Abschluss: Niemandem ist auf die Stirn gestempelt, dass er überschuldet ist. Schulden zu haben, ist keine Schande. Niemand ist gesetzlich verpflichtet, ein Verbraucherinsolvenzverfahren zu beantragen. Und auch nicht vergessen: Die Würde des Menschen ist unantastbar – das gilt auch für Schuldner.
Das soll’s jetzt aber heute von mir gewesen sein. Wenn Ihnen das Video gefallen hat, würde ich mich über ein Like freuen.
Sollten Sie weitere Fragen zu dem Thema haben, schicken Sie mir gerne eine E-Mail unter ra@ra-skwar.de oder buchen Sie einen kostenlosen 15-minütigen Erstberatungstermin unter www.rabüro.de.
Bis zum nächsten Video.