OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Januar 2022 – 25 U 417/21
1. Wanderwege als beschränkt öffentliche Wege können nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 lit. b StrG BW zu den Gemeindestraßen gehören mit der Folge, dass der Gemeinde als Träger der Straßenbaulast nach § 44 StrG BW die Verkehrssicherungspflicht obliegt. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass eine Widmung für den öffentlichen Verkehr nach § 2 Abs. 1 StrG BW vorliegt.
2. Ist die Gemeinde nicht Eigentümerin des Grundstücks, auf dem sich der Wanderweg befindet, erfordert eine solche Widmung die Zustimmung des Grundstückseigentümers oder die Erlangung des Besitzes durch die Gemeinde nach einem der in § 5 Abs. 1 StrG BW geregelten Verfahren. Der Nachweis dieser Voraussetzungen obliegt dem Anspruchssteller.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg im Breisgau vom 06.07.2021, Az. 2 O 138/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 01.02.2022.
Gründe
I.
1
Die Klägerin nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung eines Schmerzensgeldes, Feststellung der Verpflichtung zur Erstattung zukünftiger materieller und immaterieller Schäden und Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
2
Die Klägerin befand sich am 27.04.2019 zusammen mit ihren Begleiterinnen … und … im …..auf dem dortigen Rundwanderweg. Alle drei beabsichtigten, nach der ….Hütte die dortige Holzbrücke über das ….. zu überqueren. Die Brücke bestand aus zwei über das Bachbett gelegten Holzstämmen, über die quer zu den Holzstämmen Bretter angebracht waren.
3
Zum Zeitpunkt des Unfalls waren diese Bretter zudem mit in Längsrichtung aufgebrachten Brettern verstärkt. An der aus der Laufrichtung der Klägerin gesehen rechten Seite der Brücke befand sich ein Geländer, wobei zum Unfallzeitpunkt ein Balken des Handlaufs des Geländers an dem aus Sicht der Klägerin gesehen anderen Ende der Brücke bereits herunterhing. Ferner neigte sich die gesamte Brücke in Laufrichtung der Klägerin gesehen nach rechts (vgl. Lichtbilder, AS 13 der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Freiburg, Az. …).
4
Die Klägerin stürzte beim Überqueren der Brücke ins Bachbett, wobei die Einzelheiten zum Unfallablauf zwischen den Parteien streitig sind. Die Klägerin erlitt infolge des Sturzes ausgedehnte Weichteilverletzungen im Gesicht, eine Nasenbeinfraktur und eine rechtsseitige distale Radiusfraktur (Anlage K 1).
5
Die Brücke befand sich zur Hälfte auf der Gemarkung der Gemeinde …, zur anderen Hälfte auf der Gemarkung der Beklagten Ziff. 2, wobei das Grundstück selbst im Eigentum des Landes Baden-Württemberg steht. Im Jahr 2004 wurde vom Staatlichen Forstamt … ein Rundwanderweg angelegt, welcher über die Brücke führt. Nachdem die Brücke infolge eines Hochwassers beschädigt worden war, erfolgte eine Neuerrichtung der Brücke im Jahr 2010. Die in Längsrichtung verlaufenden Bretter wurden im Zuge von Sanierungsarbeiten Ende 2018 aufgebracht. Die Brücke wurde nach dem Unfall abgerissen.
6
Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten Ziff. 2 mit Schreiben vom 12.07.2019 (Anlage K 3) Schmerzensgeldansprüche geltend. Mit Schreiben vom 11.12.2019 (Anlage K4) machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten Ziff. 1 Schmerzensgeldansprüche geltend. Der Badische Gemeinde-Versicherungs-Verband, die Haftpflichtversicherung der Beklagten Ziff. 2, wies mit Schreiben vom 05.09.2019 (Anlage K 5) die Ansprüche zurück.
7
Bei der Staatsanwaltschaft Freiburg, Az. …, wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil der Klägerin ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt geführt. Mit Verfügung vom 11.09.2019 wurde das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
8
Die Klägerin hat vorgetragen,
9
sie habe sich beim Überqueren der Brücke etwas unsicher gefühlt und an dem Handlauf festgehalten. Dieser sei sofort weggebrochen, wodurch sie in den Bach gestürzt sei. Anzeichen dafür, dass der Handlauf der Brücke so morsch sein könnte, dass er wegbrechen würde, seien nicht erkennbar gewesen. Die Brücke sei auch nicht gesperrt gewesen, weshalb sie nicht damit habe rechnen müssen, dass die Benutzung der Brücke gefährlich sei.
10
Die Weichteilverletzungen im Gesicht würden ihr bis heute trotz umfangreicher Therapiemaßnahmen Probleme bereiten, sie leide unter Missempfindungen perioral und im Unterkieferbereich als Folge der erlittenen Nervenläsionen. Hinzu komme eine Schmerzüberempfindlichkeit in diesem Bereich.
11
Der Beklagte Ziff. 1 hafte, weil dieser die Holzbrücke im Jahr 2010 errichtet habe. Es sei hierbei unerheblich, ob diese Errichtung in Absprache mit dem Staatlichen Forstamt erfolgt sei oder nicht. Denn die Brücke sei für jedermann zugänglich und als Überquerungsmöglichkeit für Wanderer geschaffen worden. Sie stelle mithin eine von dem Beklagten Ziff. 1 geschaffene Gefahrenquelle dar, die so gewartet werden müsse, dass Verletzungen von Nutzern der Brücke ausgeschlossen seien. Zwar hätten Mitglieder des Beklagten Ziff. 1 im Oktober 2018 die Brücke gewartet, jedoch keine Veranlassung zur Sperrung der Brücke gesehen, sondern nur Bretter aufgenagelt und dabei den Holzhandlauf nicht hinreichend kontrolliert. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass der Holzhandlauf im Oktober 2018 in Ordnung gewesen und dann innerhalb von sechs Monaten morsch geworden sei.
12
Die Beklagte Ziff. 2 hafte, da es sich um einen Wanderweg handele, und nicht um einen reinen Waldweg, der dem Straßengesetz für Baden-Württemberg (StrG BW) und nicht dem Waldgesetz für Baden-Württemberg (LWaldG) unterliege. Die Beklagte Ziff. 2 sei Trägerin der Straßenbaulast, weil sich die Brücke auf der Gemarkung der Beklagten Ziff. 2 befinde. Sie sei daher auch für Wanderwege nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 d StrG BW verkehrssicherungspflichtig, wobei sich diese Pflicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 a StrG BW auch auf Brücken erstrecke. Diese Verkehrssicherungspflicht bestehe unabhängig davon, ob die Beklagte Ziff. 2 Grundstückseigentümerin sei oder nicht. Die Beklagte Ziff. 2 habe jedoch weder selbst die Brücke überprüft, noch die Wartungsarbeiten des Beklagten Ziff. 1 überwacht. Für eine Verkehrssicherungspflicht der Beklagten Ziff. 2 spreche auch, dass sie nach dem Unfall eine Vollsperrung der Brücke durch ihren Bauhof veranlasst habe.
13
Die Klägerin hat beantragt:
14
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld im Ermessen des Gerichts, jedoch nicht unter 15.000,00 €, nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
15
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus dem Vorfall vom 27.04.2019 in …., resultieren, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
16
3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 524,67 € nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit durch Zahlung an die Anwaltskanzlei …. freizustellen.
17
Die Beklagten haben beantragt:
18
Die Klage wird abgewiesen.
19
Der Beklagte Ziff. 1 hat vorgetragen,
20
er habe lediglich die Kennzeichnung der Wege im Auftrag des Staatlichen Forstamtes durchgeführt. Hierdurch übernehme er aber keine Verkehrssicherungspflicht, diese verbleibe vielmehr beim Grundstückseigentümer.
21
Die Klägerin habe zudem um die Instabilität der Brücke gewusst, weshalb diese sich selbst bei Annahme der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht ein erhebliches Eigenverschulden anrechnen lassen müsse.
22
Die Beklagte Ziff. 2 hat vorgetragen,
23
die Brücke sei ursprünglich in den neunziger Jahren errichtet und von dem Beklagten Ziff. 1 mit einer gelben Raute beschildert worden. Die Beklagte Ziff. 2 sei an der Errichtung nicht beteiligt gewesen. Der Rundwanderweg sei durch das Land Baden-Württemberg errichtet worden, weshalb eine Verkehrssicherungspflicht der Beklagten Ziff. 2 durch Eröffnung des Verkehrs nicht bestehe. Aus dem Straßengesetz für Baden-Württemberg folge keine Verkehrssicherungspflicht der Beklagten Ziff. 2, da dieses Gesetz für Waldwege nicht anwendbar sei. Das Waldgesetz für Baden-Württemberg verpflichte den Eigentümer des Waldes, nicht aber die Beklagte Ziff. 2. Verkehrssicherungspflichtig sei hier deshalb das Land Baden-Württemberg.
24
Im Übrigen sei die Brücke so auffällig unsicher gewesen, dass ein besonnener Verkehrsteilnehmer diese nicht betreten hätte. Das daraus abzuleitende Mitverschulden schließe so eine etwaige Haftung wegen einer vermeintlichen Verkehrssicherungspflichtverletzung vollständig aus.
25
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
26
Das Landgericht hat hierbei ausdrücklich offengelassen, ob die beiden Beklagten im konkreten Fall überhaupt zur Sicherung des Verkehrs verpflichtet gewesen seien. Denn die Beklagten hätten jedenfalls keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Dritte seien im Rahmen einer Verkehrssicherungspflicht nur vor den Gefahren zu schützen, die diese selbst bei Anwendung der situationsgemäß zu erwartenden Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden können. Vor offenkundigen Gefahrenstellen, die gleichsam vor sich selbst warnen, müsse der Benutzer eines Weges nicht gesondert gewarnt werden. Auch aus § 9 Abs. 2 HS. 2 StrG BW folge, dass der Straßenbaulastträger nicht gesondert vor den Gefahren warnen müsse, die für Benutzer des Weges bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt erkennbar seien.
27
Im konkreten Fall sei die Gefahr, die sich verwirklicht habe, für die Klägerin derart offenkundig gewesen, dass die Klägerin sich den Wegverhältnissen und der gegebenen Gefahrensituation hätte anpassen müssen. Nach den eigenen Angaben der Klägerin sei die Lauffläche der Brücke leicht schräg gestanden, ferner habe auf der gegenüberliegenden Seite der Handlauf nach unten gehangen. Bei dieser Sachlage hätte die Klägerin entweder auf eine Benutzung der Brücke verzichten müssen oder die Brücke nur mit besonderer Vorsicht begehen dürfen. Denn angesichts der Tatsache, dass die Lauffläche der Brücke leicht schräg gestanden sei und an der gegenüberliegenden Seite der Brücke der Handlauf bereits nach unten gehangen habe, hätte die Klägerin nicht erwarten dürfen, dass das zur Wegsicherung angebrachte Geländer noch intakt gewesen sei. Ausgehend vom Erwartungshorizont eines Durchschnittswanderers sei vielmehr zu erwarten gewesen, dass die Brücke und das zur Wegsicherung angebrachte Geländer nicht mehr standsicher gewesen seien. Jedenfalls hätte die Standfestigkeit des Geländers, etwa durch ein vor der Begehung erfolgendes Rütteln am Geländer überprüft werden müssen. Dass ein Durchschnittswanderer aufgrund des konkreten Zustands der Brücke damit hätte rechnen müssen, dass auf das Geländer kein Verlass mehr sei, folge auch aus den in der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Freiburg, Az. …, enthaltenen Lichtbildern. Diese würden zwar lediglich den Zustand der Brücke nach dem Sturz der Klägerin dokumentieren. Sie ließen jedoch auch einen Rückschluss auf den offenkundig schlechten Erhaltungszustand vor dem Sturz zu.
28
Gegen dieses der Klägerin am 12.07.2021 zugestellte Urteil richtet sich die am 06.08.2021 eingelegte und in der Folge begründete Berufung.
29
Die Klägerin macht – unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens – geltend, dass der schlechte Erhaltungszustand der Brücke – entgegen der Annahme des Landgerichts – für sie nicht derart offenkundig gewesen sei, dass sie auf eine Nutzung der Brücke ganz hätte verzichten müssen oder diese nur mit besonderer Vorsicht hätte begehen dürfen. Bei dem Geländer habe nur das letzte Brett auf der gegenüberliegenden Seite heruntergehangen, der vordere Teil des Geländers sei jedoch noch intakt gewesen. Dieser Umstand spreche gegen eine offenkundige Erkennbarkeit des schlechten Erhaltungszustands des Geländers. Es sei auch verfehlt, dass das Landgericht aus den Lichtbildern in der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Freiburg, Az. …, welche erst nach dem Unfall angefertigt worden seien, Rückschlüsse auf die Offenkundigkeit des Erhaltungszustands vor dem Unfall gezogen habe. Das Landgericht habe bei der Bewertung der Offenkundigkeit auch nicht berücksichtigt, dass der Wegewart des Beklagten Ziff. 1, Herr …, in dem Ermittlungsverfahren angegeben habe, dass im Oktober 2018 ein schlechter Zustand des Geländers für ihn augenscheinlich nicht erkennbar gewesen sei.
30
Die Klägerin beantragt:
31
1. Die Beklagten werden unter Abänderung des am 06.07.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Freiburg, Az.: 2 O 138/20, als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld im Ermessen des Gerichts, jedoch nicht unter 15.000,00 €, nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
32
2. Es wird unter Abänderung des am 06.07.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Freiburg, Az.: 2 O 138/20, festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus dem Vorfall vom 27.04.2019 in ….. resultieren, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
33
3. Die Beklagten werden unter Abänderung des am 06.07.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Freiburg, Az.: 2 O 138/20, als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 524,67 € nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit durch Zahlung an die Anwaltskanzlei … freizustellen.
34
Die Beklagten beantragen:
35
Die Berufung wird zurückgewiesen.
36
Der Beklagte Ziff. 1 trägt – unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens – vor, die Bretter in Längsrichtung seien im Oktober 2018 von Waldarbeitern angebracht worden, worüber der Wegewart des Beklagten Ziff. 1, Herr …, informiert worden sei. Dieser habe aber keine Notwendigkeit gesehen, die Arbeiten der Waldarbeiter zu kontrollieren oder abzunehmen. Ein schlechter Zustand des Geländers sei für ihn nicht erkennbar gewesen. Soweit die Wege durch den Beklagten Ziff. 1 gekennzeichnet und überprüft würden, geschehe dies im Auftrag des Staatlichen Forstamts.
37
Im Übrigen habe die Klägerin, welche den Weg und die Brücke im Frühjahr 2019 schon mehrmals genutzt habe, die Instabilität der Brücke gekannt.
38
Die Beklagte Ziff. 2 trägt – unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens – vor, dass auf der Grundlage der eigenen Angaben der Klägerin das Landgericht zu Recht zu dem Schluss gelangt sei, die Brücke habe aufgrund ihres Zustands vor sich selbst gewarnt. Weitere Erkenntnismöglichkeiten hätten dem Landgericht nicht zur Verfügung gestanden, insbesondere seien keine Beweismittel von Klägerseite angeboten worden. Der Wegewart des Beklagten Ziff. 1, Herr …, habe die Brücke im Oktober 2018 gesehen, die Brücke sei jedoch den Winter über den Naturgewalten ausgesetzt gewesen, weshalb seine Angaben keinen Rückschluss auf die Offenkundigkeit der Baufälligkeit im April 2019 zuließen.
39
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
40
Die zulässige Berufung ist offensichtlich unbegründet.
41
Der Klägerin steht gegen beide Beklagten kein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 840 BGB zu. Darüber hinaus steht der Klägerin auch aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG kein Anspruch gegen die Beklagte Ziff. 2 zu.
1.
42
Die Klägerin trägt die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche Umstände, aus denen sich eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1985 – III ZR 206/83 -, juris Rn. 19; BGH, Beschluss vom 26. Februar 2009 – III ZR 225/08 -, juris Rn. 5). Dies betrifft auch die Frage der Passivlegitimation der Beklagten. Es ist deshalb Sache der Klägerin, darzulegen und zu beweisen, dass die Beklagten die materiell-rechtlichen Verpflichteten und damit die richtigen Anspruchsgegner sind.
2.
43
Ausgehend hiervon lässt sich bezüglich der Beklagten Ziff. 2 eine Verkehrssicherungs- oder Amtspflichtverletzung nicht feststellen.
a)
44
Eine Verkehrssicherungspflicht der Beklagten Ziff. 2 folgt nicht aus § 44 StrG BW.
aa)
45
Grundsätzlich sind für Gemeindestraßen nach § 44 StrG BW die Gemeinden die Träger der Straßenbaulast, welche nach § 9 Abs. 1 StrG BW die Pflicht mit umfasst, die Gemeindestraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu unterhalten.
46
Wanderwege als beschränkt öffentliche Wege können nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 b StrG BW zu den Gemeindestraßen gehören, wobei Brücken nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 a StrG BW grundsätzlich Teil der Straße sind.
47
Voraussetzung hierfür ist aber, dass es sich um eine öffentliche Straße handelt, mithin um eine Straße, die gemäß § 2 Abs. 1 StrG BW dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist. Zuständig für die Widmung ist bei Gemeindestraßen nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 StrG BW die Straßenbaubehörde, hier nach § 50 Abs. 3 Nr. 3 StrG BW die Beklagte Ziff. 2. Ist – wie hier – der potentielle Träger der Straßenbaulast nicht Eigentümer des Grundstücks, setzt eine Widmung nach § 5 Abs. 1 StrG BW voraus, dass der Eigentümer zustimmt oder der Besitz durch Vertrag, durch Einweisung nach § 37 Abs. 1 LEntG BW (Landesenteignungsgesetz) oder in einem sonstigen gesetzlich geregelten Verfahren erlangt wurde. An den Nachweis der Zustimmung sind dabei strenge Anforderungen zu stellen; der Umstand, dass ein Eigentümer die Nutzung geduldet hat, genügt nicht (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 21. November 2019 – 5 S 1052/18 -, juris Rn. 21).
bb)
48
Die Klägerin hat vorliegend schon nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen einer solchen Widmung des Wanderwegs als öffentliche Straße durch die Beklagte Ziff. 2 mit Zustimmung des Landes Baden-Württemberg als Eigentümerin des streitigen Grundstücks vorliegen.
49
Ferner ergeben sich aus dem Vortrag der Klägerin auch keine Hinweise für eine Widmung nach § 5 Abs. 6 S. 1 StrG BW oder § 5 Abs. 7 StrG BW als gesetzlich geregelten Fällen der konkludenten Widmung (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 21. November 2019 – 5 S 1052/18 -, juris Rn. 22). Im Übrigen bedürfte es auch hier einer Zustimmung des Landes Baden-Württemberg als Eigentümerin.
50
Zudem wäre bei § 5 Abs. 6 StrG BW weitere Voraussetzung, dass der Rundwanderweg im Rahmen eines förmlichen Verfahrens nach anderen gesetzlichen Vorschriften angelegt worden ist. Dass dies hier erfolgt ist, hat die Klägerin ebenfalls nicht vorgetragen.
b)
51
Es besteht auch keine aus dem Waldgesetz für Baden-Württemberg ableitbare Verkehrssicherungspflicht der Beklagten Ziff. 2.
aa)
52
Nach § 37 Abs. 1 S. 2 LWaldG erfolgt das Betreten des Waldes auf eigene Gefahr. Für waldtypische Gefahren einschließlich solcher, die durch eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Waldes entstehen oder erhöht werden, haftet der Waldbesitzer nicht (vgl. BGH, Urteil vom 01. Oktober 2012 – VI ZR 311/11, juris Rn. 12 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 01. August 2012 – 7 U 106/11 -, juris Rn. 9). Eine Verkehrssicherungspflicht des Waldbesitzers besteht jedoch für atypische, also nicht durch die Natur oder eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung begründete, sondern vom Waldbesitzer selbst geschaffene Gefahren, mit denen auch ein vorsichtiger und aufmerksamer Waldbesucher nicht rechnen muss (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 08. Dezember 2010 – 7 U 13/10 -, juris Rn. 6; OLG Karlsruhe, Urteil vom 01. August 2012 – 7 U 106/11 -, juris Rn. 9 m.w.N.).
53
Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Haftung der Beklagten Ziff. 2 aus.
54
Zwar dürfte es sich bei dem Abbrechen des Geländers um eine atypische Gefahr handeln. Denn es handelt sich um keine auf die Natur oder die Art ihrer Bewirtschaftung mehr oder minder zwangsläufig zurückzuführende Gefahr, sondern um eine vom Waldbesitzer geschaffene Gefahrenquelle.
55
Die Verkehrssicherungspflicht obliegt nach dem oben Gesagten jedoch dem Waldbesitzer. Nach § 4 Nr. 1 LWaldG sind Waldbesitzer die Waldeigentümer sowie Nutzungsberechtigte, die unmittelbare Besitzer des Waldes sind. Waldeigentümer ist vorliegend das Land Baden-Württemberg und nicht die Beklagte Ziff. 2. Auch dass die Beklagte Ziff. 2 Nutzungsberechtigte des Waldes ist, lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen.
bb)
56
Auch aus § 71 LWaldG lässt sich keine Verkehrssicherungspflicht der Beklagten Ziff. 2 ableiten.
57
Nach dieser Regelung obliegen die mit der Durchführung der Aufgaben nach dem Waldgesetz für Baden-Württemberg zusammenhängenden Pflichten den Organen und Bediensteten der damit befassten Forstbehörden und Körperschaften. Zu diesen Aufgaben gehört auch die Verkehrssicherungspflicht (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 06. Mai 1981 – 13 U 102/80 -, juris).
58
Die Beklagte Ziff. 2 ist indes kein Organ einer Forstbehörde nach § 62 LWaldG. Selbst wenn, wäre zudem nicht die Beklagte Ziff. 2, sondern die Körperschaft, für welche die dienstlichen Obliegenheiten nach dem Waldgesetz für Baden-Württemberg wahrgenommen werden, passivlegitimiert (vgl. Sprau in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 839 BGB Rn. 25).
c)
59
Die Klägerin hat auch keine sonstigen Umstände vorgetragen, aus denen sich eine Verkehrssicherungspflicht der Beklagten Ziff. 2 ableiten ließe.
aa)
60
Die Beklagte Ziff. 2 ist nicht Eigentümerin des Grundstücks, auf dem die Brücke errichtet wurde. Sie hat auch nicht tatsächlich den öffentlichen Verkehr eröffnet. Die ursprüngliche Anlegung des Rundwanderwegs und der Bau der Brücke erfolgten durch das Staatliche Forstamt als untere Forstbehörde des Landes Baden-Württemberg und nicht durch die Beklagte Ziff. 2.
bb)
61
Eine Verkehrssicherungspflicht der Beklagte Ziff. 2 folgt auch nicht aus einer vertraglicher Übertragung derselben.
62
Die Delegation von Verkehrssicherungspflichten setzt eine klare und eindeutige Absprache zwischen Übertragendem und Übernehmer voraus, die eine Ausschaltung von Gefahren zuverlässig sicherstellt (vgl. BGH, Urteil vom 06. Juni 1996 – VI ZR 75/95 -, juris Rn. 13; BGH, Urteil vom 23. April 2020 – III ZR 251/17 -, juris Rn. 28). Aus der Absprache muss sich ergeben, dass der Übernehmende die den Übertragenden treffenden Verkehrssicherungspflichten in vollem Umfang übernimmt (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 07. Dezember 2020 – 9 U 34/19 -, juris Rn. 35). Nur wenn eine solche klare und eindeutige Absprache vorliegt, wird der Übernehmende seinerseits deliktisch verantwortlich (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2008 – VI ZR 126/07 -, juris Rn. 9).
63
Eine solche Absprache unter Beteiligung der Beklagten Ziff. 2 hat die Klägerin vorliegend schon gar nicht vorgetragen.
cc)
64
Dem Vortrag der Klägerin lässt sich auch nicht entnehmen, dass die Beklagte Ziff. 2 durch tatsächliches Verhalten die Obhut über die Brücke übernommen hat, etwa durch die Übernahme der Instandhaltungsarbeiten. Sowohl der Neuaufbau der Brücke im Jahr 2010 als auch die Arbeiten im Jahr 2018 erfolgten nicht durch oder im Auftrag der Beklagten Ziff. 2. Aus dem Umstand, dass nach dem Vorfall der Bauhof der Beklagten Ziff. 2 die Brücke sperrte, kann nicht der Rückschluss gezogen werden, die Beklagte Ziff. 2 habe vor dem Vorfall Verkehrssicherungspflichten bezüglich der Brücke übernommen.
3.
65
Auch bezüglich des Beklagten Ziff. 1 lässt sich keine Verkehrssicherungspflichtverletzung feststellen.
a)
66
Der Beklagte Ziff. 1 ist nicht aufgrund Schaffung einer Gefahrenquelle oder tatsächlicher Übernahme der Obhut zur Sicherung des Verkehrs verpflichtet.
aa)
67
Der Beklagte Ziff. 1 war nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien an der ursprünglichen Errichtung der Brücke bei Anlegung des Rundwanderwegs nicht beteiligt, so dass hieraus keine Verkehrssicherungspflichten des Beklagten Ziff. 1 abgeleitet werden können.
68
Es kann aber auch nicht festgestellt werden, dass aus der Neuerrichtung der Brücke im Jahr 2010 Verkehrssicherungspflichten des Beklagten Ziff. 1 resultieren. Der Beklagte Ziff. 1 hat hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2021 vorgetragen, dass diese Errichtung im Jahr 2010 im Auftrag des Staatlichen Forstamtes erfolgt sei. Zwar hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2021 diesen Vortrag bestritten. Mit diesem Bestreiten genügt die Klägerin jedoch nicht der sie treffenden Darlegungs- und Beweislast. Es obliegt ihr, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Beklagte Ziff. 1 in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage geschaffen und dass er die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit der Gefahrsteuerung gehabt hat (vgl. Förster in: Hau/Poseck, Beck`scher Onlinekommentar BGB, § 823 BGB Rn. 303; Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 823 BGB Rn. 518).
69
Ein solcher konkreter Vortrag durch die Klägerin ist nicht erfolgt. Der pauschale Verweis auf den Inhalt der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Freiburg, Az. …, ersetzt diesen Vortrag nicht. Denn die Beiziehung der Akte hat nicht zur Folge, dass ohne weiteres der gesamte Akteninhalt zum Gegenstand des Parteivorbringens wird und das Gericht verpflichtet wäre, die Akten darauf hin zu überprüfen, ob sie Tatsachen enthalten, die einer Partei günstig sind (vgl. BGH, Urteil vom 04. April 2014 – V ZR 110/13 -, juris Rn. 15). Die Klägerin muss vielmehr deutlich machen, auf welche Teile der Beiakte sie sich zur Stützung des von ihr vorgetragenen Sachverhalts beruft (vgl. BGH, Urteil vom 09. Juni 1994 – IX ZR 125/93 -, juris Rn. 21).
70
Dies ist vorliegend nicht erfolgt. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, aus welchen Teilen der Ermittlungsakte abzuleiten sein soll, dass der Beklagte Ziff. 1 bei der Errichtung im Jahr 2010 die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit der Gefahrsteuerung hatte.
71
Unabhängig davon ergibt sich aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Freiburg, Az… – selbst wenn der pauschale Verweis auf deren Inhalt berücksichtigungsfähig sein sollte – lediglich, dass der Beklagte Ziff. 1 an der von der Forstbehörde des Landes Baden-Württemberg durchgeführten Errichtung mit beteiligt gewesen ist. Nach den Angaben des Forstinspektors … sind im Zuge der Errichtung die Holzstämme von Forstbediensteten befestigt worden, die Beplankung sei sodann von Mitgliedern des Beklagten Ziff. 1 aufgebracht worden (AS 45 der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Freiburg, 320 UJs 4164/19). Da die Anbringung der Holzbalken Voraussetzung ist für das Aufbringen der Beplankung, konnte der Auftraggeber – hier die Forstbehörde des Lands Baden-Württemberg – die Erbringung der Tätigkeit des Beklagten Ziff. 1 nach Zeit und Umfang bestimmen. Der Beklagte Ziff. 1 leistete daher seine Tätigkeit in organisatorisch abhängiger Stellung und ist deshalb als Verrichtungsgehilfe einzustufen (vgl. BGH, Urteil vom 06. November 2012, – VI ZR 174/11-, juris Rn. 15). Als solchem fehlt ihm aber die Selbständigkeit zu eigenverantwortlichen Entscheidungen hinsichtlich der im Einzelfall notwendigen Gefahrsteuerung (vgl. Förster in: Hau/Poseck, Beck`scher Onlinekommentar BGB, § 823 BGB Rn. 364 m.w.N.).
bb)
72
Die Klägerin hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass der Beklagte Ziff. 1 bezogen auf die Brücke tatsächlich Instandhaltungsaufgaben übernommen hätte und hierdurch faktisch verkehrssicherungspflichtig geworden wäre.
73
Die Klägerin hat zwar behauptet, Mitglieder des Beklagten Ziff. 1 hätten die Brücke im Jahr 2018 instandgesetzt, indem diese Bretter aufgenagelt hätten. Demgegenüber hat der Beklagte Ziff. 1 vorgetragen, er habe nur die Kennzeichnung der Wanderwege übernommen.
74
Soweit die Klägerin auf den Inhalt der Vernehmung des Wegewarts des Beklagten Ziff. 1, Herrn … in der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Freiburg, Az. … verweist, ergeben sich aus dieser keine Anhaltspunkte für eine Instandsetzung der Brücke im Jahr 2018 durch den Beklagten Ziff. 1. Den dort protokollierten Angaben lässt sich vielmehr entnehmen, dass die Längsbalken von Forstmitarbeitern – und nicht von Mitgliedern des Beklagten Ziff. 1 – aufgebracht worden sein sollen.
75
Unabhängig davon wäre das Vorbringen der Klägerin aber auch inhaltlich nicht geeignet, eine Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht durch den Beklagten Ziff. 1 zu belegen. Denn der Übergang der Verkehrssicherungspflicht setzt voraus, dass die Gefahrenquelle in den Verantwortungsbereich des Beklagten Ziff. 1 gelangt oder sich die Möglichkeit der Gefahrbeherrschung auf diesen verlagert (vgl. BGH, Urteil vom 01. Oktober 2013 – VI ZR 369/12 -, juris Rn. 16). Daran fehlt es, wenn der Beklagte Ziff. 1 etwaige Überwachungs- und Instandsetzungsarbeiten in organisatorisch abhängiger Stellung ausführt, da er dann den Gefahrenbereich nicht beherrscht (vgl. oben unter lit. a) aa). Die bloße Ausübung von Wartungsarbeiten begründet daher noch keine Verkehrssicherungspflicht. Hierfür wäre Voraussetzung, dass der Beklagte Ziff. 1 auch eigenverantwortliche Entscheidungen hinsichtlich der im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen treffen kann. Dass dies hier der Fall war, hat die Klägerin schon nicht vorgetragen.
76
Auch aus dem Protokoll der Vorstandssitzung des Beklagten Ziff. 1 vom 29.06.2017 (AS 33 der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Freiburg, …), auf das sich die Klägerin in diesem Zusammenhang bezieht, lässt sich nicht ableiten, dass der Beklagte Ziff. 1 eigenverantwortlich Instandhaltungsaufgaben übernommen hat. Dem Protokoll lässt sich nur entnehmen, dass der Forstinspektor … Holz für die Reparatur der Brücke zur Verfügung stellen soll. Der Umstand, dass der Beklagte Ziff. 1 möglicherweise angedacht hatte, die Reparatur selbst vorzunehmen, begründet keine Verkehrssicherungspflicht.
cc)
77
Aus dem Vortrag der Klägerin ergeben sich ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte Ziff. 1 tatsächlich Überwachungsaufgaben übernommen hätte.
78
Insbesondere lässt sich dies nicht aus dem Inhalt der polizeilichen Vernehmung des Wegewarts des Beklagten Ziff. 1, Herrn …, in der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Freiburg, Az. …, auf welche die Klägerin konkret Bezug nimmt, entnehmen. Ausweislich der Vernehmung hat Herr … im Gegenteil angegeben, dass er die Stabilität des Geländers nie geprüft habe.
b)
79
Schließlich kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte Ziff. 1 aufgrund einer vertraglichen Übertragung der Verkehrssicherungspflichten mit der Instandhaltung oder der Überwachung der Brücke betraut war.
80
Eine solche, den unter Ziff. 2 c) bb) dargelegten Anforderungen genügende Absprache, welche nach dem oben Gesagten aufgrund § 71 LWaldG unter Einbeziehung der Organe der Forstbehörde des Landes Baden-Württemberg hätte erfolgen müssen, hat die Klägerin schon nicht vorgetragen.
4.
81
Offenbleiben kann, ob die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen. Da der hintere Handlauf des Geländers bereits herunterhing, konnte ein aufmerksamer Nutzer der Brücke jedenfalls nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der vordere Teil des Handlaufs noch intakt und zur Absicherung geeignet war. Ob angesichts dessen – wie das Landgericht meint – schon eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zu verneinen ist, oder ob dies lediglich ein Mitverschulden im Sinne von § 254 BGB begründet, bedarf hier aufgrund der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten keiner Entscheidung.
III.
82
Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass bei einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss mit vier Gerichtsgebühren die gleichen Kosten entstehen wie bei einem Urteil mit Begründung (§ 3 Abs. 2 GKG, KV Nr. 1220). Wird jedoch die Berufung zurückgenommen, bevor ein Beschluss gem. § 522 ZPO ergeht, ermäßigen sich die Kosten für die Berufungsinstanz auf zwei Gerichtsgebühren (§ 3 Abs. 2 GKG KV Nr. 1222).
83
Im Falle einer Rücknahme der Berufung ist beabsichtigt, den Gegenstandswert für das Berufungsverfahren auf 16.000,00 € festzusetzen.