Thüringer Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Dezember 2008 – 1 KO 750/07
1. Gegen einen unbestimmten verwaltungsgerichtlichen Prozessvergleich ist die Titelabwehrklage statthaft.(Rn.33)
2. Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Prozessvergleichs.(Rn.47)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die Berufung des Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Gera vom 06.12.2006 – 2 K 777/01 GE – die Vollstreckung aus dem vor dem Verwaltungsgericht Gera am 11.12.1997 – 2 K 1224/95 GE – abgeschlossenen, inhaltlich unbestimmten Vergleich für unzulässig erklärt wird.
Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin erneuerte im Sommer 1991 den Straßenbelag der K., die bis dahin nur als sandgeschlämmter Weg bestand. Dies führte zu einer Erhöhung der Straßenoberfläche. Dem Beklagten bzw. seiner Rechtsvorgängerin war es wegen des Höhenunterschieds nunmehr nicht mehr möglich, mit Kraftfahrzeugen über die östliche Toreinfahrt auf das in der K. mit einer denkmalgeschützten Gehöftanlage aus dem frühen 19. Jahrhundert bebaute Grundstück zu fahren. Er wandte sich deshalb nach gescheiterten Einigungsbemühungen am 10.01.1995 mit einer Klage auf Folgenbeseitigung an das Amtsgericht Altenburg, das den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Gera – 2 K 1224/95 GE – verwies. Ziel dieser Klage war die Anpassung der Höhe der öffentlichen Verkehrsfläche an die der vorhandenen Hoffläche im Torbereich. Der Beklagte befürchtete außerdem durch die Baumaßnahmen die Durchfeuchtung der Außenwände seiner Gebäude. Die Klägerin sollte deshalb an der betroffenen Gebäudefront eine vertikale Sperrschicht einbauen. Im Einfahrtsbereich sollte das Regenwasser gefangen und abgeleitet werden.
2
Im Rahmen dieses Verfahrens fand zunächst am 13.05.1997 ein Erörterungstermin statt, in dessen Verlauf die Beteiligten erklärten, dass sie die Beendigung des Rechtsstreits im Wege des Vergleichs beabsichtigten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift zu dem Erörterungstermin Bezug genommen.
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Die Klägerin ließ in der Folgezeit von einem Ingenieurbüro einen Vorschlag und eine gutachterliche Stellungnahme des Dipl.-Ing. K. zu technischen Lösungsvorschlägen erstellen. Dieser Sachverständige schlug unter dem 30.06.1997 zwei Varianten zur Behebung der bestehenden Probleme vor (I: „Minimal-Lösung“, II: „Gestalterische Lösung“). Auf die Stellungnahme wird insgesamt Bezug genommen. Die Klägerin wies bereits bei der Vorlage der Stellungnahme an das Gericht darauf hin, dass die Verwirklichung der Variante II aus Kostengründen nicht in Betracht komme.
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Die Beteiligten schlossen am 11.12.1997 einen gerichtlichen Vergleich, der u. a. folgende Regelungen enthält:
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„1. Die Beklagte verpflichtet sich gegenüber dem Kläger, spätestens bis zum Ablauf des 31. Oktober 1999 die Straße im Bereich der streitgegenständlichen Toreinfahrt der K. in N. entsprechend des Planungsentwurfs von Herrn Dipl.-Ing. K. vom 30.06.1997 (Planungsvariante 2) herzurichten: insbesondere ist die K. in Höhe der bisherigen Toreinfahrt um ca. 35 cm auf das ursprüngliche Geländeniveau vor 1991 abzusenken. Abweichend vom vorgenannten Planungsentwurf soll eine Regenrinne vor dem Tor installiert werden. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, Anpassungsarbeiten jenseits des öffentlichen Verkehrsraums auf dem Grundstück des Klägers vorzunehmen. (…)
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3. Der Kläger lässt sein gegen die Beklagte gerichtetes Klagebegehren auf Installation einer Entwässerungsrinne auf seinem Grundstück und auf Bau einer vertikalen Sperrschicht entlang der Gebäudefront seines Anwesens fallen.
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4. Der Kläger verpflichtet sich, keine Schadenersatzansprüche oder sonstige Ansprüche wegen des bisherigen Zustandes der Grundstückseinfahrt gegen die Beklagte geltend zu machen. Dazu zählen auch Ansprüche wegen etwaiger Feuchtigkeitsschäden.“
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Die Klägerin führte in der Folgezeit Arbeiten durch. Sie senkte die Straßenoberfläche im Bereich der Hofeinfahrt und installierte vor dem Tor eine Kastenrinne mit Ableitung in das öffentliche Abwassersystem. Anstelle der in der Planungsvariante II vorgesehenen Rabattenstreifen legte sie entlang der Gebäudewand eine Rinne an. Der Beklagte verlangte weitere Arbeiten der Klägerin links des Tores, insbesondere die großflächige Herstellung des ursprünglichen Höhenniveaus der Straße und eines Längsgefälles sowie eines Rabattenstreifens mit Bordstein.
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Nachdem die Klägerin weitere Nachbesserungen abgelehnt hatte, beantragte der Beklagte am 31.01.2000 beim Verwaltungsgericht Gera, die Vollstreckung aus dem Vergleich vom 11.12.1997, zu dem ihm das Verwaltungsgericht im August 2000 eine vollstreckbare Ausfertigung erteilte, zu verfügen. Dem entsprach das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27.03.2001 – 2 V 90/00 GE – und setzte der Klägerin unter Androhung der Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,00 DM zur Erfüllung ihrer Verpflichtung aus Nr. 1 des Vergleichs eine Frist von 3 Monaten. Zur Begründung führte es aus, dass die Klägerin die aus dem Vergleich resultierende Verpflichtung nicht vollständig erfüllt habe. Der von ihr geltend gemachte Erfüllungseinwand müsse im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden. Auf den weiteren Antrag des Beklagten hin, das angedrohte Zwangsgeld festzusetzen, setzte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 06.07.2004 das Verfahren im Hinblick auf das Verfahren 2 K 771/01 GE aus.
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Am 02.07.2001 hat die Klägerin Vollstreckungsgegenklage – 2 K 777/01 GE – beim Verwaltungsgericht Gera erhoben und die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich beantragt – 2 E 778/01 GE -. Mit Beschluss vom 28.03.2002 entsprach das Verwaltungsgericht diesem Antrag der Klägerin. Es führte im Wesentlichen aus, sie habe ihren Erfüllungseinwand glaubhaft gemacht. Die dagegen erhobene Beschwerde des Beklagten wies der 2. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 04.05.2004 – 2 VO 322/02 – zurück.
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Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Vollstreckungsgegenklage vor dem Verwaltungsgericht vorgebracht, eine Vollstreckung aus dem Vergleich vom 11.12.1997 sei unzulässig, weil sie die im Vergleich übernommenen Verpflichtungen vollständig erfüllt habe. Danach sei sie lediglich verpflichtet gewesen, die K. im Bereich der streitgegenständlichen Toreinfahrt um ca. 35 cm auf das Niveau von 1991 abzusenken und vor dem Tor eine Regenrinne zu installieren, nicht aber die Straße über den Kreuzungsbereich hinaus neu herzurichten. Zwar umfasse die Planungsvariante II des Entwurfs des Dipl.-Ing. K. einen Bereich zwischen 150 qm und 200 qm. Sie habe jedoch bereits vor dem Vergleichsabschluss erklärt, dass eine Umsetzung dieser Planungsvariante wegen der hohen Kosten nicht in Betracht komme. Daher sei im Vergleich die Umsetzung der Planungsvariante II bewusst auf den Bereich vor der Toreinfahrt begrenzt worden. Im Übrigen sei die Planungsvariante II in einigen Punkten unbestimmt gewesen. Dort befinde sich nicht die in den Vergleich aufgenommene Festlegung, das Geländeniveau um ca. 35 cm abzusenken. Der Planungsentwurf spreche lediglich von einer Wiederherstellung der Straßenfläche auf ursprüngliches Geländeniveau, wobei zur Gewährleistung eines Oberflächenlängsgefälles die Anpassung bis ca. 5 m in Richtung K. notwendig würde. Diesen Anforderungen sei sie gerecht geworden. Die Planungsvariante II habe außerdem verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung eröffnet. So werde für die Ausführung der Anpassungsfläche in der Art einer Empfehlung alternativ eine bituminöse Decke oder Natursteinpflaster bzw. Großpflastersteine oder eine Mischung beider Ausführungsvarianten vorgeschlagen. Wegen der Unbestimmtheit des Vergleichs bestünden erhebliche Bedenken an seiner Vollstreckungsfähigkeit. Vollstreckbarer Inhalt sei allein die Verpflichtung der Klägerin, die K. in Höhe der bisherigen Toreinfahrt abzusenken. Inhalt des Vergleichs sei dagegen nicht die Anlegung eines Rabattenstreifens. Denn der Rabattenstreifen sei aus gestalterischen Gründen nur im Zusammenhang mit der Verwendung von Großpflastersteinen vorgeschlagen worden. Bei der alternativ vorgeschlagenen Befestigung durch eine bituminöse Decke wäre dieser Rabattenstreifen ohnehin entfallen. Auf Anraten der mit der Durchführung der Bauarbeiten beauftragten Firma sei ferner zur Gewährleistung des Feuchtigkeitsschutzes unmittelbar am Haus des Beklagten eine voll abgedichtete Rinne errichtet worden. Sie sei insoweit über die Verpflichtungen des Vergleichs hinausgegangen. Die derzeitige Straßengestaltung entspreche dem Stand der Technik. Eine Durchfeuchtung des Gebäudes des Beklagten sei daher ausgeschlossen. Durch den vom Beklagten geforderten Rabattenstreifen könne hingegen jederzeit Sickerwasser in die Gemäuer gelangen. Außerdem habe die Klägerin sich bei der Ausführung der geschuldeten Maßnahmen von Erwägungen der Verkehrssicherheit leiten lassen. Ein Rabattenstreifen hätte eine Kante von ca. 12 cm über der Straßenoberfläche gefordert. Damit hätte die Gefahr bestanden, dass bei Ausweichmanövern am Bordstein nicht unerhebliche Schäden an Fahrzeugen auftreten könnten. Die Vollstreckung des Beklagten sei zudem rechtsmissbräuchlich. Der Vergleich sei im Lichte des Rechtsschutzbegehrens des Beklagten auszulegen. Dieses sei ursprünglich auf einen Feuchtigkeitsschutz seines Gebäudes gerichtet gewesen. Der Beklagte habe im Vorfeld des Vergleichsabschlusses aber erklärt, er werde auf den Feuchtigkeitsschutz verzichten, wenn die Zufahrt wieder hergestellt werde. Das Beharren auf dem Buchstaben des Vergleichs bringe dem Beklagten im Hinblick auf den Feuchtigkeitsschutz keinerlei Vorteile.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Vollstreckung aus dem vor dem Verwaltungsgericht Gera am 11. Dezember 1997 zum Aktenzeichen 2 K 1224/95 GE abgeschlossenen Vergleich für unzulässig zu erklären.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist dem Erfüllungseinwand entgegengetreten. Die Klägerin habe sich in dem Vergleich dazu verpflichtet, die Planungsvariante II des Dipl.-Ing. K. in vollem Umfang umzusetzen. Der Inhalt dieser Planungsvariante ergebe sich neben dem Textteil auch aus der zeichnerischen Darstellung. Der protokollierende Richter habe die Formulierung des Vergleichs offenbar nur gewählt, um eine ausreichende Lokalisierung mit Blick auf die mehreren Zweige der K. sowie die insgesamt drei Toreinfahrten zum Grundstück K. zu erreichen. Die uneingeschränkte Vereinbarung dieser Variante schlage sich auch im Wortlaut des Vergleichs nieder. So finde sich die Formulierung „abweichend vom vorgenannten Planungsentwurf“ erst in dem Abschnitt, der sich mit der Regenrinne befasse, nicht aber in dem Abschnitt, die die räumliche Ausdehnung der durchzuführenden Arbeiten beschreibe. Die Variante II sehe demnach eine großflächige Absenkung der K. vor. Dabei solle bereits 5 m rechts vor der Toreinfahrt des Grundstücks der Straßenkörper abgesenkt werden, so dass im Bereich der eigentlichen Einfahrt die Straße dasselbe Niveau habe, wie der Weg durch die Toreinfahrt. Ferner sei eine großflächige Absenkung im Bereich der linken Toreinfahrt auf das Niveau von 1991 vorgesehen, was eine Höhenanpassung auch noch in der K. um das Seitengebäude herum erfordere. Die geschuldete großflächige Absenkung des Straßenkörpers habe die Klägerin aber nicht vorgenommen. Die von der Klägerin ausgeführten Arbeiten entsprächen vielmehr der Planungsvariante I. Diese Variante sei aber gerade nicht vereinbart worden. Mit der Formulierung im Vergleich „… K. im Bereich der strittigen Toreinfahrt …“ könne nicht lediglich die Straße zwischen linkem und rechtem Torpfeiler gemeint gewesen sein, denn eine derartige Absenkung der Straße hätte die Straße unbenutzbar gemacht. Außerdem habe die Klägerin keinen 0,75 bis 1 m breiten Rabattenstreifen mit Wasserkante bzw. Bordstein angelegt, sondern eine Ablaufrinne unmittelbar entlang der Gebäude. Der Bordstein diene gerade dazu, das Oberflächenwasser der Verkehrsfläche, insbesondere durch das Quergefälle, von den Gebäudewänden abzuhalten und mit seiner optischen Abgrenzung zur Verkehrsfläche einen wirksamen Anfahrschutz der Gebäudewand herzustellen. Bei der von der Klägerin nicht fachgerecht ausgeführten Maßnahme werde durch die Neigung des Straßenkörpers das Oberflächenwasser nicht von den Gebäudewänden ferngehalten, sondern gerade dort hin geführt. Die in Planungsvariante II vorgeschlagene Oberflächengestaltung habe schließlich nicht nur ästhetische Bedeutung. Durch die vorgeschlagene Ausführung der Oberfläche werde nämlich erreicht, dass ein geringerer Wassereintrag in den Untergrund und damit in das Mauerwerk zu erwarten sei. Er selbst habe auf keinen zusätzlichen Feuchtigkeitsschutz bestanden, weil die Absenkung der gesamten Straße Inhalt des Vergleichs geworden sei und es deshalb zusätzlichen Feuchtigkeitsschutzes nicht mehr bedurft hätte. Es sei lebensfremd anzunehmen, er habe die weitere Zerstörung seines denkmalgeschützten Gebäudes hingenommen, um im Vergleichswege lediglich die Absenkung der Straße vor der Toreinfahrt zu erreichen. Auch im Bereich der östlichen Einfahrt zum Grundstück sei die Klägerin ihrer Verpflichtung aus dem Vergleich nicht vollständig nachgekommen, weil sie auch dort keine ausreichende Absenkung des Straßenniveaus vorgenommen habe.
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Mit Beschluss vom 14.06.2005 hat die Kammer Beweis über die Behauptung der Klägerin erhoben, sie habe im Bereich der streitgegenständlichen Toreinfahrt des Beklagten die Straße auf das im Vergleich vom 11.12.1997 vereinbarte Niveau abgesenkt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Auf das unter dem 19.01.2006 und 25.04.2006 erstattete Gutachten wird ebenso Bezug genommen wie auf die Stellungnahmen des Dipl.-Ing. B. vom 17.02.2006 und 14.05.2006.
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Mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.12.2006 hat das Verwaltungsgerichts Gera – 2 K 777/01 GE – der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei als Vollstreckungsgegenklage zulässig und statthaft, weil die Klägerin die materiell-rechtliche Erfüllung des gerichtlichen Vergleichs geltend mache. Die Klage sei begründet, weil der Vergleich vom 11.12.1997 unwirksam sei. Er leide an einem verstecken Dissens. Zwar deckten sich die Erklärungen äußerlich. Die abgegebenen Willenserklärungen der Beteiligten hätten nach objektiver Auslegung unter Berücksichtigung des jeweiligen Erklärungswillens und der Erklärungsumstände aber nur scheinbar zu einer Einigung geführt. Hinsichtlich der Willenserklärung des Beklagten sei festzustellen, dass er von Anfang an mit seiner Klage im Verfahren 2 K 1224/05 GE nicht nur das Ziel verfolgt habe, eine Absenkung der Straße, sondern auch einen Feuchtigkeitsschutz für sein Gebäude zu erreichen. Auf dieses Ziel hätte er bei der wortlautgetreuen Auslegung des Vergleichs vollständig verzichtet. Denn aus den Darlegungen des Gutachters folge, dass die im Prozessvergleich erwähnte Oberflächengestaltung nicht nur „gestalterische Elemente“ enthalte, sondern funktional zu verstehen sei. Sie ziele darauf ab, einen Feuchtigkeitsschutz für die Gebäude des Beklagten sicherzustellen. So führe eine in Bitumen ausgeführte Straßendecke ohne zusätzliche bauliche Maßnahmen im Untergrund dazu, dass der Oberflächenwassereintrag in den Straßengrund vermindert würde, mit der Folge, dass auch weniger Wasser das Gebäude des Klägers erreichen würde. Demgegenüber sollte sich der Prozessvergleich nach dem Willen der Klägerin auf den Bereich der Toreinfahrt beschränken, denn sie habe bereits im Vorfeld klargestellt, dass für sie eine Absenkung der gesamten Straße aus Kostengründen nicht in Betracht komme. Allerdings sei auch die Klägerin der Auffassung, dass durch den Vergleich der Feuchtigkeitsschutz für die Baulichkeiten erreicht werden solle. Da sich der Dissens auf Hauptpunkte des Vertrages beziehe, komme die gesetzlich vorgesehene Aufrechterhaltung des Vertrages nicht in Betracht. Der Feuchtigkeitsschutz sei für den Beklagten wesentlich gewesen. Er habe nachvollziehbar dargelegt, dass er auf den zusätzlichen Feuchtigkeitsschutz (Vertikalsperre) nur deshalb verzichtet habe, weil er wegen der vermeintlichen Einigung davon ausgegangen sei, dass die K. großflächig abgesenkt werde, so dass es eines solchen zusätzlichen Feuchtigkeitsschutzes nicht bedurft hätte. Aber auch die Klägerin wollte mit dem Vergleich einen Feuchtigkeitsschutz für die Gebäude des Beklagten erreichen, weil sie stets betont habe, dass der Feuchtigkeitsschutz für die Gebäude des Klägers durch ihre Maßnahmen gesichert sei.
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Gegen das am 27.12.2006 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Gera beantragte der Beklagte am Montag den 29.01.2007 die Zulassung der Berufung. Der damals zuständige 2. Senat hat mit Beschluss vom 02.10.2007 – 2 ZKO 94/07 -, dem Beklagten am 22.10.2007 zugestellt, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.
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Im Berufungsverfahren trägt der Beklagte vor, der Vergleich sei wirksam und die Vollstreckung daraus zulässig. Die Umstände, die zum Abschluss des Vergleichs geführt hätten, legten eine Einigung nahe. Die Klägerin habe sich nämlich der Variante II nicht vollständig verweigert, sondern nur nicht „Punkt für Punkt“ umsetzen wollen. Bei den Vergleichsverhandlungen habe sie den Widerstand gegen diese Variante aufgegeben und – wie der Wortlaut zeige – ihre vollständige Umsetzung vereinbart. Dies ergebe auch ein Vergleich mit der Variante I und dem Verhalten der Klägerin bei den Arbeiten 1999. Eine bloße Absenkung im unmittelbaren Bereich der Toreinfahrt wäre auch unsinnig und rechtswidrig gewesen. Sie hätte auch keinen Feuchtigkeitsschutz erbracht, was neben der Herstellung der Befahrbarkeit der Toreinfahrt Sinn und Zweck des Vergleichs gewesen sei. Auch die großzügige Umsetzungsfrist, die mit weiteren Anschlussarbeiten begründet worden sei, spreche für die vollständige Vereinbarung der Variante II. Schließlich habe das Verwaltungsgericht im Verfahren 2 K 1224/95 GE auch die vollen Kosten bei der Umsetzung dieser Variante als Streitwert festgesetzt. Die Vorstellung der Klägerin, mit dem nach ihrer Ansicht vereinbarten Inhalt des Vergleichs sei ein Feuchtigkeitsschutz gewährleistet, sei nicht nachvollziehbar und widerlegt. Dies ergebe sich bereits aus dem bestehenden Gefälle der Straße von Nord nach Süd. Ihre Auffassung werde auch durch die dienstliche Erklärung des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht S. im Wesentlichen bestätigt, wenn es auch nicht – wie dort angedeutet – beabsichtigt gewesen sei, der Klägerin die Bestimmung des Bereichs zu überlassen, in welchem Bereich die Variante II umgesetzt werde.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 06.12.2006 – 2 K 777/01 GE – abzuändern und die Klage in ihrer erweiterten Fassung insgesamt abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 06.12.2006 – 2 K 777/01 GE – abzuändern und die Vollstreckung aus dem vor dem Verwaltungsgericht Gera am 11.12.1997 – 2 K 1224/95 GE – abgeschlossenen, inhaltlich unbestimmten Vergleich für unzulässig zu erklären,
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hilfsweise,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Klägerin verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und bekräftigt ihre früher vorgetragene Auffassung.
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Auf die dienstliche Erklärung des Vorsitzenden Richters am Verwaltungsgericht S. vom 18.12.2007 wird ebenso Bezug genommen wie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 17.12.2008.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (3 Bände), die vorliegende Bilddokumentation des Beklagten sowie die beigezogenen Verfahrensakten der bei dem Verwaltungsgericht Gera anhängig gewesenen Verfahren 2 K 1224/95 GE (2 Bände), 2 V 90/00 GE (ein Band Gerichtsakten und ein Ordner Verwaltungsvorgänge) und 2 E 778/01 GE (2 Bände einschließlich der Vorgänge zum Beschwerdeverfahren 2 VO 322/02) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung waren.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
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Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Klage der Klägerin im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Klage ist im Hauptantrag zulässig und begründet.
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1. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren ihre ursprünglich allein gemäß § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 767 ZPO erhobene Vollstreckungsabwehrklage in der Hauptsache um eine Titelabwehrklage entsprechend § 767 ZPO erweitert, um die Vollstreckung wegen der Unbestimmtheit des Prozessvergleichs und der daraus folgenden fehlenden Vollstreckungsfähigkeit für unzulässig erklären zu lassen. Sowohl die Titelabwehrklage als auch die Antragsänderung im Berufungsverfahren sind zulässig:
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a) Die Titelabwehrklage wegen der Unbestimmtheit des Prozessvergleichs ist gemäß § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 767 ZPO in entsprechender Anwendung statthaft.
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In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar geklärt, dass dann wenn ein nach Form und Inhalt zur Zwangsvollstreckung geeigneter und mit der Vollstreckungsklausel versehener Titel vorliegt, eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO unabhängig davon zulässig ist, ob er aus materiell-rechtlichen Gründen unwirksam ist. Die Unwirksamkeit des Titels, insbesondere wegen seiner Unbestimmtheit, wird in einer auf Einwendungen gegen den titulierten Anspruch gestützten Vollstreckungsgegenklage grundsätzlich nicht geprüft (BGH, Urteil vom 14.05.1992 – VII ZR 204/90 – BGHZ 118, 229 ff.).
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Das Ziel der Vollstreckungsabwehrklage ist nämlich nur, nachträglichen Veränderungen Rechnung zu tragen, die die Vollstreckbarkeit des Titels betreffen. Von daher kommt es maßgeblich darauf an, ob mit dieser Klage Umstände geltend gemacht werden, die den durch den Titel festgestellten sachlich-rechtlichen Anspruch als solchen erfassen. Eine Einwendung im Sinne des § 767 ZPO lässt sich demnach nur auf Gründe stützen, die geeignet sind, den rechtskräftig zuerkannten Anspruch nachträglich zu vernichten oder in seiner Durchsetzbarkeit zu hemmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.09.2002 – 4 C 10/01 – zitiert nach juris; BGH, Urteile vom 06.03.1987 – V ZR 19/86 – BGHZ 100, 211 und vom 14.05.1992, a. a. O.). Hierzu zählen nach allgemeiner Auffassung insbesondere der nach Erlass des Vollstreckungstitels die Sach- und Rechtslage ändernde Erfüllungseinwand gegen den titulierten Anspruch (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 25.08.2000 – 1 O 2424/00 – zitiert nach juris m. w. N.), aber auch der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung, wie etwa ein rechtsmissbräuchliches Erfüllungsverlangen (vgl. BGH, Urteil vom 10.05.1976 – III ZR 120/74 – Rpfleger 1976, 354).
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Die von der Klägerin (auch) geltend gemachte Unbestimmtheit des Prozessvergleichs ist dagegen eine besondere Form seiner ursprünglichen Unwirksamkeit. Sie betrifft zugleich seine Vollstreckungsfähigkeit. Diese Fragen werden im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage grundsätzlich nicht geprüft (vgl. auch BGH, Urteil vom 07.12.2005 – XII ZR 94/03 – BGHZ 165, 223; Urteil vom 05.12.2003 – V ZR 341/02 – NJW-RR 2004, 1135).
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Allerdings ist der Kläger in diesen Fällen nicht ungeschützt. Denn er kann neben einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO, mit der er Einwendungen gegen den titulierten materiell-rechtlichen Anspruch erhoben hat, zusätzlich die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels wegen seiner Unbestimmtheit geltend machen. Dies geschieht im Wege einer prozessualen Gestaltungsklage, der sog. Titelabwehrklage, analog § 767 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.1993 – IX ZR 244/92 – BGHZ 124, 164, 170 f.), die mit der Klage aus § 767 ZPO verbunden werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 14.05.1992, a. a. O., 236, und vom 18.11.2003 – XI ZR 332/02 – WM 2004, 27, 29 m. w. N.; vgl. demgegenüber die Besonderheiten bei behauptetem Dissens eines Prozessvergleichs: BGH, Urteile vom 29.07.1999 – III ZR 272/98 – NJW 1999, 2903, vom 16.12.1970 – VIII ZR 85/69 -, NJW 1971, 467, und vom 05.07.1967 – VIII ZR 66/65 -, NJW 1967, 981; Hüßtege in Thomas/Putzo, Komm. zur ZPO, 28. Aufl. § 794 Rdnr. 36 m. w. N.). Es gibt keine Gründe, dieser Rechtsprechung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht zu folgen. Demnach ist der Einwand der Unbestimmtheit des Prozessvergleichs auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Wege der Titelabwehrklage geltend zu machen.
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b) Die Erweiterung der Klage im Berufungsverfahren um eine Titelabwehrklage war zulässig.
39
Mit ihrer Klage hatte die Klägerin erstinstanzlich ursprünglich zwar die Unbestimmtheit des Vergleichs und die mangelnde Vollstreckungsfähigkeit angesprochen, aber keinen entsprechenden Antrag gestellt. Dies geschah erst nach Hinweisen des Senats in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren.
40
Soweit darin eine Klageerweiterung liegt, ist diese zulässigerweise auch in der Berufungsinstanz möglich (vgl. Kopp/Schenke: Komm. zur VwGO, 15. Aufl. Vorb. zu § 124 Rdnr. 57 m. w. N.) und im Sinne des § 91 VwGO sachdienlich. Denn von der Sachdienlichkeit einer Klageänderung ist regelmäßig dann auszugehen, wenn sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (BVerwG, Urteil vom 18.08.2005 – 4 C 13/04 – BVerwGE 124, 132, 136). Gleiches gilt, wenn der Streitstoff zwar neu ist, das Ergebnis der bisherigen Prozessführung jedoch auch nach Klageänderung verwertet werden kann (so: BVerwG, Beschluss vom 21.10.1983 – 1 B 116/83 – DVBl. 1984, 93, 94). Beides ist hier der Fall.
41
c) Der Titelabwehrklage stehen auch sonst keine Einwände hinsichtlich der Zulässigkeit entgegen.
42
Der streitgegenständliche gerichtliche Vergleich ist ein Vollstreckungstitel gemäß § 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO, gegen den gemäß § 167 Abs. 1 VwGO, § 795 ZPO i. V. m. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in entsprechender Anwendung die Titelgegenklage zulässig ist.
43
Dass dem Vollstreckungsgläubiger bereits eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs erteilt wurde (§ 171 VwGO; §§ 795, 724, 725 ZPO) und dass die nach § 750 ZPO erforderliche Zustellung des Vergleichs von Amts wegen durchgeführt ist, ist keine Zulässigkeitsvoraussetzung (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo, Komm. zur ZPO, 28. Aufl. § 767 Rdnr. 14 m. w. N.), aber hier gleichwohl geschehen. Es reicht, wenn der Vollstreckungsgläubiger – wie hier – zur Vollstreckung ansetzt.
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2. Die Titelabwehrklage ist auch begründet.
45
Der streitgegenständliche Prozessvergleich ist unbestimmt und kann daher nicht als vollstreckungsfähig angesehen werden.
46
Dies folgt zum einen daraus, dass sich der Vollstreckungsinhalt nicht allein aus dem Prozessvergleich, sondern nur unter Berücksichtigung des Gutachtens ergibt (a)). Zum anderen ist der Prozessvergleich – selbst wenn man die Bezugnahme auf das Gutachten zuließe – auch sonst inhaltlich unbestimmt (b)).
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a) Bei der Prüfung der Bestimmtheit eines Vollstreckungstitels ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
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Ein Titel ist nur dann bestimmt genug und zur Zwangsvollstreckung geeignet, wenn er den Anspruch des Gläubigers ausweist und Art, Inhalt und Umfang der Leistungspflicht bezeichnet. Das Vollstreckungsorgan muss durch ihn in die Lage versetzt werden, grundsätzlich allein mit dem Titel ohne Verwertung der Gerichtsakten oder anderer Urkunden, die nicht Bestandteil des Titels sind, die Vollstreckung durchzuführen.
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Das Erfordernis der Bestimmtheit des Titels soll umfassend der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen bzw. bei Prozessvergleichen der Regelungswirkung dienen. Dazu muss bei einem Urteil nicht nur sichergestellt werden, dass der Urteilsausspruch bei Erlass des Urteils inhaltlich bestimmt ist. Es muss auch gewährleistet sein, dass der Urteilsinhalt äußerlich in einer Art und Weise festgelegt wird, dass er auch danach bestimmbar bleibt, da andernfalls nach Rechtskraft der Entscheidung und insbesondere bei der Zwangsvollstreckung Unsicherheiten entstehen können. Aus diesem Grund muss der Urteilsausspruch in aller Regel aus sich heraus oder gegebenenfalls im Zusammenhang mit seiner Begründung bestimmbar sein, was zur Folge hat, dass der Urteilsinhalt grundsätzlich in einer einheitlichen Urkunde festzulegen ist (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.1999 – I ZR 117/97 – BGHZ 142, 388). Diese Erwägungen gelten auch für den Prozessvergleich. Weiter muss bei der – hier streitigen – Verpflichtung zu vertretbaren Handlungen die Handlung bzw. der zu erzielende Handlungserfolg im Titel hinreichend bestimmt sein (vgl. Gruber in Münchner Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. § 887 Rdnr. 23 m. w. N.). Schließlich muss die zur Erfüllung geeignete Handlung hinreichend konkretisiert und für die Durchführenden klar erkennbar sein.
50
Lässt der Wortlaut des Titels Deutungen offen, ist notfalls der Inhalt des Titels durch Auslegung festzustellen. Dabei muss der Titel jedoch aus sich heraus für eine Auslegung genügend bestimmt sein oder jedenfalls sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegen. Es genügt nicht, wenn auf Urkunden Bezug genommen wird, die nicht Bestandteil des Titels sind, oder wenn sonst die Leistung nur aus dem Inhalt anderer Schriftstücke ermittelt werden kann (BGH, Urteil vom 06.11.1985 – IVb ZR 73/84 – FamRZ 1986, 45, 46 m. w. N.). Umstände die außerhalb des Titels liegen, dürfen für die Auslegung nicht verwertet werden. Durch die Auslegung nicht behebbare Unklarheiten können nicht im Wege einer Beweisaufnahme geklärt werden, insbesondere über die Aufklärung, wie der Titel zustande gekommen ist (vgl. Krüger in Münchner Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. Vorb. zu § 704 Rdnr. 8 m. w. N.; Münzberg in Stein/Jonas: Kommentar zur ZPO, § 704 Rdnr. 26, 31).
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Das Verbot der Bezugnahme auf Urkunden gilt zwar nicht ausnahmslos. In besonders gelagerten Fällen können bei der Bemessung der Anforderungen, die zur Sicherung der Bestimmtheit des Titels aufzustellen sind, die Erfordernisse der Gewährung eines wirksamen Rechtsschutzes oder der Vermeidung eines unangemessenen Aufwands mit abzuwägen sein (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.1999, a. a. O., 392). Der Bundesgerichtshof begrenzt diese Fälle jedoch strikt (z. B. bei Unterlassungsgeboten, die sich auf Kino- und Filme oder Software beziehen).
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Auch bei einem gerichtlichen Vergleich muss die Verpflichtung des Schuldners inhaltlich allein aus dem protokollierten Vergleichstext festzustellen sein. Ist die zu vollstreckende Handlung nur unter Beiziehung eines in den Gerichtsakten befindlichen Gutachtens zu ermitteln, so ist der Titel zu unbestimmt und keine geeignete Vollstreckungsgrundlage. Das gilt selbst dann, wenn die Zwangsvollstreckung auf Vornahme einer Handlung gerichtet, der Akteninhalt den Parteien und dem Vollstreckungsgericht bekannt ist und der Vergleich auf das Gutachten Bezug nimmt (OLG Hamm, Beschluss vom 30.08.1973 – 14 W 66/73 – NJW 1974, 652; vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.07.1998 – 13 W 34/98 – NJW-RR 1999, 791; ebenso Stöber in Zöller: Komm. zur ZPO, § 704 Rdnr. 2).
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Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf die Ziffer 1 des Vergleichs ist festzustellen, dass die konkreten Handlungspflichten der Klägerin sich aus dem Vergleich nicht ergeben. Denn dort heißt es insoweit:
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„Die Beklagte verpflichtet sich gegenüber dem Kläger, spätestens bis zum Ablauf des 31. Oktober 1999 die Straße im Bereich der streitgegenständlichen Toreinfahrt der K. in N. entsprechend des Planungsentwurfs von Herrn Dipl.-Ing. K. vom 30.06.1997 (Planungsvariante 2) herzurichten: insbesondere ist die K. in Höhe der bisherigen Toreinfahrt um ca. 35 cm auf das ursprüngliche Geländeniveau vor 1991 abzusenken. Abweichend vom vorgenannten Planungsentwurf soll eine Regenrinne vor dem Tor installiert werden.“
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Die konkreten Handlungen, wie die Straße „herzurichten“ ist, ergeben sich demnach nur durch Bezugnahme auf die im Gutachten enthaltene „Planungsvariante 2“. Der Vergleich ist also, will man Art, Inhalt und Umfang der Leistungspflicht feststellen, auslegungsbedürftig. Die erforderliche Auslegung zur Konkretisierung der Handlungspflichten durch eine Heranziehung des nur bei den Akten befindlichen Gutachtens, das nicht körperlicher Bestandteil der Niederschrift wurde, scheidet, wie oben dargestellt, jedoch aus, weshalb der Prozessvergleich bereits aus diesem Grund zu unbestimmt ist.
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Es bestanden auch keine unüberwindbaren praktischen Schwierigkeiten, um das Gutachten zum Bestandteil des Titels zu machen bzw. die geforderte Handlung oder den Handlungserfolg im Vergleich näher zu umschreiben. Deshalb kann vom Verbot der Bezugnahme auf Urkunden zur Auslegung des Prozessvergleichs nicht abgesehen werden.
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b) Die Handlungspflichten lassen sich aber auch nicht zusammen mit dem Gutachten feststellen.
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Soweit die genannte Ziffer des Vergleichs nämlich Angaben zum räumlichen Umfang der Herstellungspflicht der Klägerin macht, spricht er vom „Bereich der streitgegenständlichen Toreinfahrt“. Dieser Bereich ist aber bereits unkonkret. Soweit der Beklagte einwendet, diese Festlegung diene nur dazu, klarzustellen, dass nur diese und nicht auch andere (vorhandene) Toreinfahrten gemeint seien, ist zu beachten, dass der zweite Satz nochmals von einer Absenkung „in Höhe der bisherigen Toreinfahrt“ spricht. Damit wird dieser Einwand hinfällig, der räumlich betroffene Bereich aber nicht konkreter.
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Nimmt man die Planungsvariante II hinzu, werden die Art und der Umfang der Leistungspflicht ebenfalls nicht konkreter. Nähme man nur die in der Karte dargestellte Variante II in den Blick, wäre zwar der geforderte Inhalt und Umfang der Leistung noch hinreichend klar. Auf die Karte zu dieser Variante allein bezieht sich der Vergleich aber nicht, sondern auch auf die textliche Beschreibung dieser Variante unter Nr. 5.2.. Diese enthält aber eine Reihe weiterer Ausführungsvarianten und -alternativen, die der Sachverständige empfiehlt. Damit bleibt letztlich unklar, was von der Klägerin zu leisten ist.
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Selbst wenn man – in Anlehnung an die Auffassung des Beklagten – annehmen wollte, damit werde – was rechtlich der Vollstreckbarkeit nicht entgegenstünde – nur die Herbeiführung eines bestimmten Handlungserfolgs (Absenkung und Feuchtigkeitsschutz) bestimmt und der Klägerin näher bezeichnete Erfüllungsvarianten eröffnet, um einen feststehenden Handlungserfolg zu erzielen, bliebe aber die Unbestimmtheit, die sich aus der räumlich klaren Abgrenzung der Karte auf der einen und den davon abweichenden räumlichen Festlegungen im Vergleich auf der anderen Seite ergibt.
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Der Vergleich ist deshalb insgesamt derart unbestimmt, dass er nicht vollstreckungsfähig ist.
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Wegen des Erfolgs der Klägerin mit ihrem Hauptantrag, bedarf es keiner Prüfung mehr der nur noch hilfsweise gestellten Vollstreckungsabwehrklage unter dem Aspekt des Dissenses bzw. der Erfüllung, insbesondere nicht der Fragen, ob der erst im Berufungsverfahren ausdrücklich geltend gemachte Dissens wegen des § 767 Abs. 3 ZPO überhaupt Prüfungsgegenstand sein kann und ob die Frage des Dissenses im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage oder im ursprünglichen Verfahren – hier durch Fortsetzung des Verfahrens 2 K 1224/95 GE – zu klären ist.
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO in entsprechender Anwendung.
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Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen, liegen nicht vor (§ 132 VwGO).
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Beschluss
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Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 2 i. V. m. §§ 47 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG).
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Hinweis:
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).