Zur Haftung bei grob fahrlässiger Herbeiführung eines Arbeitsunfalls

BGH, Urteil vom 18. Oktober 1988 – VI ZR 15/88

1. Der Verstoß gegen eine Unfallverhütungsvorschrift, die mit eindeutigen Sicherungsanweisungen vor tödlichen Gefahren schützen soll, stellt regelmäßig eine objektiv schwere Pflichtwidrigkeit dar.

2. Ein besonders gewichtiger objektiver Pflichtenverstoß kann den Schluß auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden nahe legen (Ergänzung und Abgrenzung zu BGH, 1988-01-12, VI ZR 158/87, VersR 1988, 474).

(Leitsatz des Gerichts)

Tatbestand
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Die klagende Berufsgenossenschaft verlangt vom Beklagten nach § 640 RVO Ersatz der Aufwendungen, die sie aus Anlaß des tödlichen Arbeitsunfalls ihres Versicherten Alois F. erbracht hat und weiterhin erbringt.

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Alois F. war am 29. Februar 1984 als Arbeiter eines im Glasdachbau tätigen Unternehmens zusammen mit einem Arbeitskollegen damit beschäftigt, auf dem Dach einer im Bau befindlichen Sporthalle Löcher in eine Stahlzarge zu bohren. Er sollte, nachdem sein Kollege die Löcher vorgebohrt hatte, diese auf die endgültige Lochgröße aufbohren, wie sie für die Montage von Winkelblechen benötigt wurde. Die 27 cm hohe und 16 cm breite Stahlzarge grenzte eine 4,30 m breite, mit Trapezblechen und darauf ausgelegten Filzmatten abgedeckte Flachdachzone gegenüber der noch unverkleideten Stahlkonstruktion eines sogenannten Shedlichtes ab, innerhalb dessen sich in einem Abstand von 20 cm von der Zarge 24 cm tiefer ein weiterer, 16 cm breiter Stahlträger befand. Die offene und nicht abgesicherte Basis des 4 m breiten und 2 m hohen Shedlichtes lag ca. 8,50 m über dem betonierten Boden der Sporthalle. Kurz nach 10 Uhr stürzte Alois F. auf ungeklärte Weise durch die Shedlichtöffnung auf den Hallenboden ab, wobei er sich tödliche Verletzungen zuzog.

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Die Klägerin hat aus Anlaß des Unfalls an Behandlungskosten, Sterbegeld, Überbrückungshilfe und Witwenrente bis zum 30. September 1986 insgesamt 54.920,52 DM aufgewendet; sie zahlt die Rente fortlaufend weiter. Mit der zunächst auch gegen den Abteilungsleiter des Glasdachbauunternehmens erhobenen, nach dessen Tod aber insoweit zurückgenommenen Klage nimmt die Klägerin den Montagemeister dieses Unternehmens auf Erstattung des bezifferten Betrages sowie auf Feststellung seiner Ersatzpflicht für alle ihr weiter entstandenen und noch entstehenden Aufwendungen in Anspruch. Sie wirft dem Beklagten vor, seine Pflichten als Leiter der Montagearbeiten verletzt und den Unfall des Alois F. grob fahrlässig herbeigeführt zu haben.

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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe
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I. Das Berufungsgericht bewertet das Verhalten des nach den §§ 636 Abs. 1, 637 Abs. 1 RVO von einer Haftung gegenüber den Hinterbliebenen des Alois F. freigestellten Beklagten nicht als grob fahrlässig i.S. von § 640 Abs. 1 RVO. Zwar habe der Beklagte als Aufsichtsperson gegen die einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften verstoßen, da er weder für einen Seitenschutz zur Absturzsicherung, noch für Montagegerüste unter den Shedlichtern, noch für Auffangnetze gesorgt habe und der Verunglückte auch nicht angeseilt gewesen sei. Der Verstoß des Beklagten wiege aber objektiv nicht schwer, weil nicht „jedermann Einleuchtendes“ unbeachtet geblieben sei. Da die Bohrarbeiten entweder am Flachdachrand knieend, auf dem Dach in gebückter Haltung stehend oder mit der zu bearbeitenden Zarge zwischen den Füßen und einem Fuß auf der tieferliegenden Zarge hätten durchgeführt werden können, habe der Beklagte nicht davon ausgehen müssen, daß der Verunglückte gerade die letztere, besonders absturzgefährliche Stellung wählen würde. Vielmehr habe er sich unbeschadet der Frage, welche Stellung für Bohrqualität und Bequemlichkeit optimal gewesen sei, darauf verlassen können, daß Alois F. als erfahrener Monteur mit seinem Körper im Bereich des Flachdaches und seiner Umrandung verbleiben werde. Zwar werde sich einem Beobachter auch bei solcher Arbeitsstellung der Eindruck aufdrängen, daß Vorsicht vor einem Absturz durch Fehltritt oder Übergewicht geboten sei; er werde sich aber nicht ohne weiteres sagen müssen, daß die Bohrarbeiten augenfällig leichtsinnig seien. Wenn keine qualifizierenden Gefahrenmomente wie Dachschräge, Brüchigkeit der Dachdeckung bzw. des Randes usw. bestünden, dränge sich die akute Gefahr eines Absturzes nicht ohne weiteres auf. Der Beklagte habe auch nicht deshalb grob fahrlässig gehandelt, weil er sich offenbar nicht von der Arbeitsweise der Monteure überzeugt habe; denn es sei offen, ob diese tatsächlich mit einem Fuß auf dem tieferliegenden Träger gestanden hätten. Da es schon an einem objektiv schweren Sorgfaltsverstoß des Beklagten fehle, könnten Fragen nach der subjektiven Entschuldbarkeit und nach der Kausalität der Pflichtverletzung für den Absturz dahinstehen.

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II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.

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1. Das Berufungsgericht hat sich seine Überzeugung, es fehle schon objektiv an einem schweren Pflichtenverstoß des Beklagten, nicht rechtsfehlerfrei gebildet. Zwar ist die tatrichterliche Entscheidung, ob einem Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen sei, mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung unterliegt aber jedenfalls, ob der Richter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (Senatsurteile vom 8. Mai 1984 – VI ZR 296/82VersR 1984, 775, 776 und vom 12. Januar 1988 – VI ZR 158/87VersR 1988, 474 m.w.N.). In dieser Hinsicht weist das angefochtene Urteil rechtliche Mängel auf.

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a) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht allerdings den Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht verkannt. Es hat diesen Begriff in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 1988 = aaO m.w.N.) zutreffend umschrieben und deshalb mit Recht geprüft, ob sich die im Streitfall verwirklichte Gefahr dem Beklagten geradezu habe aufdrängen müssen (Senatsurteil vom 21. Oktober 1980 – VI ZR 265/79VersR 1981, 75).

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b) Bei seiner Entscheidung, der Beklagte habe nicht in schwerwiegender Weise gegen die Anforderungen an die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verstoßen, hat das Berufungsgericht jedoch, wie die Revision zu Recht mit der Verfahrensrüge nach § 286 Abs. 1 ZPO beanstandet, mehrere von den Parteien vorgetragene Umstände unberücksichtigt gelassen und deshalb nicht die vom Gesetz vorgeschriebene Gesamtwürdigung vorgenommen (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. Mai 1984 = aaO).

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Die Einbeziehung auch dieser Umstände in die Bewertung führt nach der Auffassung des erkennenden Senats zu dem Ergebnis, daß die Pflichtwidrigkeit des Beklagten als objektiv schwer zu beurteilen ist.

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aa) Wie das Berufungsgericht ausführt und zwischen den Parteien auch nicht im Streit ist, hat der Beklagte gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 der Unfallverhütungsvorschrift (UVV) „Bauarbeiten“ (VBG 37) der Württembergischen Bau-Berufsgenossenschaft in der Fassung vom 1. April 1983 verstoßen, nach der an Arbeitsplätzen auf Dächern bei mehr als 5 m Absturzhöhe Einrichtungen vorhanden sein müssen, die ein Abstürzen verhindern. Der Beklagte hat auch nicht, wie es § 12 Abs. 2 der UVV unter bestimmten Voraussetzungen für ausreichend hält, anstelle solcher Einrichtungen Vorkehrungen zum Auffangen abstürzender Personen getroffen oder die Beschäftigten anseilen lassen. Nun ist zwar, wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, nicht jeder Verstoß gegen eine UVV schon für sich als schwere Verletzung der Sorgfaltspflicht anzusehen (Senatsurteile vom 8. Mai 1984 und 12. Januar 1988 = aaO m.w.N.). Im Streitfall fällt bei der Bewertung des objektiven Schweregrades der Pflichtwidrigkeit jedoch erheblich ins Gewicht, daß der Beklagte, was jedenfalls in den niedergelegten Entscheidungsgründen des Berufungsurteils keinen hinreichenden Niederschlag gefunden hat, gegen eine UVV verstoßen hat, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befaßt und somit elementare Sicherungspflichten zum Inhalt hat. Der Verstoß des Beklagten gegen diese UVV ist zudem auch deshalb besonders gravierend, weil der Beklagte nicht etwa nur unzureichende Sicherungsmaßnahmen getroffen, sondern von den vorgeschriebenen Schutzvorkehrungen völlig abgesehen hat, obwohl die Sicherungsanweisungen eindeutig waren.

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bb) Rechtlichen Bedenken begegnet ferner die in die Bewertung des Pflichtenverstoßes eingeflossene Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte habe nicht damit rechnen müssen, daß Alois F. bei seiner Arbeit gerade die besonders absturzgefährdete Stellung mit einem Bein auf der tieferliegenden Zarge wählen würde. Da diese Körperhaltung eine der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in Betracht kommenden drei Arbeitsstellungen war, mußte sie der Beklagte, wie die Revision mit Recht geltend macht, bei der Prüfung der Notwendigkeit von Sicherungsmaßnahmen mit in Betracht ziehen. Dies gilt, ohne daß die Beurteilung des Pflichtenverstoßes des Beklagten als schwer entscheidend davon abhinge, erst recht, wenn gerade diese Stellung, was das Berufungsgericht offen läßt, für die Bohrqualität und die Bequemlichkeit optimal war.

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Nicht ausreichend berücksichtigt wird vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auch der Vortrag der Klägerin, bei einer Ausführung der Arbeiten in den beiden anderen Körperstellungen (knieend oder gebückt stehend) habe ebenfalls jederzeit die Gefahr eines Absturzes bestanden. Zwar will das Berufungsgericht eine solche Gefahr nicht völlig verneinen, wie sich daraus ergibt, daß es die Stellung mit einem Bein auf der unteren Zarge als „besonders“ absturzgefährdet bezeichnet, auch bei den anderen Körperhaltungen Vorsicht vor einem Absturz u.a. durch Übergewicht für geboten hält und die Arbeiter in diesen Stellungen lediglich für nicht „akut“ absturzgefährdet hält. Das Berufungsgericht hätte aber auch bei den beiden anderen Körperhaltungen bedenken müssen, daß sie eine Ausführung der Bohrarbeiten mit Blick in Längsrichtung des Daches auf das offene Shedlicht hin mit dadurch gesteigerter Absturzgefahr mindestens in gleicher Weise nahelegten wie ein Bohren des auf dem Flachdach mit Blickrichtung zur Breitseite knieenden oder gebückt stehenden Alois F. seitlich neben sich. Daß die Dachfläche mit Filzmatten abgedeckt und deshalb nicht glatt war, ist für einen Absturz durch Verlust des Gleichgewichts ohne wesentliche Bedeutung; dies wird auch vom Berufungsgericht nicht anders gesehen.

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cc) Rechtlich nicht einwandfrei ist weiter die vom Berufungsgericht mehrfach zum Ausdruck gebrachte Ansicht, der Beklagte habe insbesondere deshalb nicht mit der Gefahr eines Absturzes rechnen müssen, weil es sich bei Alois F. um einen durchaus erfahrenen Monteur gehandelt habe. Zum einen steht nicht fest und ist auch nicht mehr aufzuklären, ob der Verunglückte die vom Berufungsgericht als besonders gefährlich bezeichnete Arbeitsstellung gewählt hat, etwa gerade weil sie für Bohrqualität und Bequemlichkeit optimal war, was dann aber wieder vom Beklagten als naheliegend hätte bedacht werden müssen. Zum anderen vermag auch eine große Erfahrung einen Monteur nicht sicher davor zu bewahren, bei Bohrarbeiten am ungesicherten Rande eines hohen Flachdaches das Übergewicht zu bekommen oder aus anderen Gründen abzustürzen. Nicht zuletzt deshalb gelten Unfallverhütungsvorschriften für alle Beschäftigten ohne Rücksicht auf ihre mehr oder weniger große Berufserfahrung; sie sollen vor typischen Gefährdungen eines Gewerbes schützen und nicht Erfahrungsdefizite ausgleichen.

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2. Dem Beklagten, der als verantwortlicher Leiter der Montagearbeiten die einschlägigen UVV kennen mußte, ist nach dem feststehenden Sachverhalt auch subjektiv ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigerter Schuldvorwurf zu machen. Sein objektiver Pflichtenverstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 5 der UVV „Bauarbeiten“ hat schon aus den dargelegten Gründen ein derart großes Gewicht, daß er bereits deshalb den Schluß auf ein auch subjektiv beträchtliches Verschulden des Beklagten nahelegt (vgl. dazu Senatsurteil vom 12. Januar 1988 = aaO). Es kommt erschwerend hinzu, daß der Beklagte, wie er im Strafverfahren selbst vorgebracht hat, vor Beginn der Montagearbeiten mit seinen Vorgesetzten ausdrücklich über das Anbringen von Abfangnetzen gesprochen hat, solche Netze dann aber nicht hat installieren lassen, weil keine vorrätig waren; sie sind erst nach dem tödlichen Arbeitsunfall vom Beklagten angefordert und angebracht worden. Insbesondere dieses Verhalten des Beklagten steht der vom Berufungsgericht angesprochenen Möglichkeit entgegen, daß er sich in einem verständlichen Irrtum über seine Pflicht zur Absturzsicherung befunden haben könnte. Schließlich hat der Beklagte, was sein Verschulden weiter erhöht, nach der von ihm im Berufungsrechtszug in Bezug genommenen Aussage des bauleitenden Architekten T. im Ermittlungsverfahren die Montagearbeiten eigenmächtig schon vor dem von T. geplanten Einführungsgespräch beginnen lassen.

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Bei der Gesamtbewertung aller vorgenannten Umstände ist dem Beklagten auch subjektiv eine gesteigerte Schuld vorzuwerfen, die sich nach den Gegebenheiten des Streitfalles auch auf die Folgen eines tödlichen Absturzes erstreckt.

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3. Der Haftung des Beklagten nach § 640 RVO steht schließlich auch nicht, wie die Revisionserwiderung meint, der Zweck eines solchen Regresses entgegen. Richtig ist zwar, daß die Unternehmer und die in demselben Betrieb tätigen Betriebsangehörigen (§§ 636 Abs. 1, 637 Abs. 1 RVO) wegen der an die Berufsgenossenschaft gezahlten Beiträge grundsätzlich von einer Verantwortung freigestellt sein sollen; sie sollen nur dann im Wege des Rückgriffs in Anspruch genommen werden können, wenn es auch bei voller Berücksichtigung dieses Zweckes angesichts ihres für den Arbeitsunfall ursächlichen Verhaltens nicht mehr gerechtfertigt erscheint, die Folgen des Unfalls auf die in der Berufsgenossenschaft zusammengeschlossene Unternehmerschaft abzuwälzen (Senatsurteil vom 12. Januar 1988 = aaO). Die dafür erforderliche, besonders krasse und auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung (vgl. Senat aaO) liegt aber, wie ausgeführt, im Streitfall auf seiten des Beklagten vor. Zudem darf bei den Normzweckerwägungen zu § 640 RVO nicht unberücksichtigt bleiben, daß, wie der erkennende Senat ebenfalls bereits ausgesprochen hat, für diesen Regreß nicht der das Schadensersatzrecht beherrschende Ausgleichsgedanke im Vordergrund steht, sondern dem Sozialversicherungsträger Ersatz seiner Aufwendungen im wesentlichen aus präventiven, erzieherischen Gründen gewährt werden soll (Senatsurteil vom 20. November 1979 – VI ZR 238/78VersR 1980, 164, 165). Gerade diese Gründe gebieten es aber, bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art an das Tatbestandsmerkmal der für einen Rückgriff erforderlichen groben Fahrlässigkeit keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen, um nicht auf solche Weise durch Freistellen von Sanktionen einem „Schlendrian“ bei der Einhaltung elementarer Sicherungspflichten auf Baustellen Vorschub zu leisten.

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III. Das Berufungsurteil ist deshalb gemäß § 564 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da der Rechtsstreit aufgrund des feststehenden Sachverhalts zur Endentscheidung reif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

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a) Für die vom Berufungsgericht offen gelassene Kausalität des pflichtwidrigen Verhaltens des Beklagten für den Absturz des Alois F. spricht, wie schon das Landgericht ausgeführt hat, jedenfalls der Beweis des ersten Anscheins (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 1984 = aaO). Zudem hat der Beklagte das Vorbringen der Klägerin zur Ursächlichkeit auch nicht bestritten.

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b) Auf ein etwaiges Mitverschulden des Alois F. an dem Unfall kommt es aus Rechtsgründen nicht an. Denn die Klägerin nimmt den Beklagten nicht aus abgeleitetem Recht des Verunglückten in Anspruch; sie macht einen originären eigenen Anspruch aus § 640 RVO geltend.

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c) Die Höhe der von der Klägerin bis zum 30. September 1986 aufgewendeten Kosten ist zwischen den Parteien nicht umstritten.

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