Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 07.03.2014 – 9 U 210/13
Grundstücksausfahrt mit anschließendem Linksabbiegen kann ein besonders gefährliches Fahrmanöver sein
Wer trotz eines herannahenden Fahrzeugs mit seinem Fahrzeug aus einer
Grundstücksausfahrt auf die Fahrbahn einbiegt, um unmittelbar danach links
abzubiegen, vollzieht ein besonders gefährliches Fahrmanöver. Auch nach
Beendigung der Grundstücksauffahrt kann er für einen Zusammenstoß mit
dem herannahenden und zum Überholen ansetzenden Fahrzeug allein verantwortlich
sein. Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am
07.03.2014 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts
Arnsberg teilweise abgeändert.
Ende März 2012 bog die Beklagte aus Arnsberg mit ihrem Pkw Renault aus
einer Grundstücksausfahrt nach links (stadteinwärts) auf die Rönkhauser
Straße in Arnsberg ab, um nach etwa 14m erneut nach links in die Straße
“Am Wehr” abzubiegen. Zu diesem Zeitpunkt näherte sich, ebenfalls stadteinwärts
fahrend, der Pkw BMW des Klägers aus Lüdenscheid auf der bevorrechtigten
Rönkhauser Straße. Beide Fahrzeuge kollidierten im Einmündungsbereich
der Straße “Am Wehr”, nachdem das klägerische Fahrzeug
zum Überholen des Fahrzeugs der Beklagten angesetzt hatte. Unter Hinweis
auf den aus seiner Sicht allein von der Beklagten verursachten Unfall hat der
Kläger seinen Gesamtschaden von ca. 6.500 Euro ersetzt verlangt.
Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat eine alleinige Haftung
der Beklagten für den Verkehrsunfall bejaht. Ein Verschulden des Fahrers
des klägerischen Fahrzeugs an dem Zusammenstoß sei nicht festzustellen.
Demgegenüber liege ein schwerwiegendes Verschulden der Beklagten vor,
das ihre alleinige Haftung für den Verkehrsunfall begründe.
Die Beklagte habe die beim Einfahren aus einer Grundstücksausfahrt auf die
Fahrbahn gem. § 10 Straßenverkehrsordnung (StVO) geltenden erhöhten
Sorgfaltsanforderungen verletzt. Diese wirkten bei dem von ihr vollzogenen
Fahrmanöver über den eigentlichen Vorgang des Einbiegens auf die Fahrbahn
hinaus fort. Ihr Fahrmanöver sei anhaltend gefährlich gewesen, weil die
Beklagte – obwohl sie den herannahenden Pkw des Klägers bemerkt habe –
mit geringer Geschwindigkeit in die Fahrbahn eingebogen sei, um unmittelbar
danach nach links abzubiegen. Dabei sei ihre Abbiegeabsicht für den nachfolgenden
Verkehr nicht ohne weiteres zu erkennen gewesen. Ihre verlangsamte
Fahrweise habe auch auf eine gemächliche Einordnung in den fließenden
Verkehr hinweisen können, das für den nachfolgenden Verkehr
rechtzeitig erkennbare Setzen des linken Fahrtrichtungsanzeigers habe sie
nicht dargetan. Deswegen habe sie ihre Einfahrt auf die Fahrbahn bis zum
Passieren des klägerischen Fahrzeugs zurückstellen oder sich besonders
darüber vergewissern müssen, dass ihre Absicht links abzubiegen erkannt
werde. Das habe sie versäumt und es zudem unterlassen, durch die zweite
Rückschau unmittelbar vor Beginn des Abbiegevorganges noch einmal auf
den rückwärtigen Verkehr zu achten. Ihr erhebliches Verschulden begründe
die alleinige Verantwortlichkeit für den Unfall.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 05.05.2014