Zur Aufhebung einer zunächst vom Gericht bewilligten Räumungsfrist wegen erneuter massiver Störung des Hausfriedens durch eine psychisch kranke Mieterin

LG Hamburg, Beschluss vom 04.10.2018 – 316 T 57/18

Zur Aufhebung einer zunächst vom Gericht bewilligten Räumungsfrist wegen erneuter massiver Störung des Hausfriedens durch eine psychisch kranke Mieterin

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 04.10.2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 17.09.2018 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht auf klägerischen Antrag hin gern. § 721 Abs. 3 ZPO die zum 31.10.2018 bewillligte Räumungsfrist aufgehoben.

Auch die Entscheidung nach § 721 Abs. 3 ZPO ist nach einer Interessenabwägung zu treffen, Dabei kann ein Fehlverhalten des Schuldners einer Räumungsfrist gem. § 721 ZPO entgegen stehen (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter ZPO § 721 Rn. 26-28, beck-online). Es ist zu fragen, ob das Verhalten des Räumungsschuldners entscheidend dagegen spricht, dem Gläubiger die durch die Gewährung der Räumungsfrist entstehenden Nachteile zuzumuten (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, a.a.O., Rn. 26-28, beck-online). Hat etwa der Vermieter wegen Störung des Hausfriedens (§ 569 Abs. 2 BGB) wirksam gekündigt, so steht fest, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, a.a.O., Rn. 26-28, beck-online). Zwar ist die Gewährung einer Räumungsfrist hier nicht ausgeschlossen. Jedoch kommt eine längere Räumungsfrist regelmäßig nur in Betracht, wenn der Mieter die Störungen eingestellt hat und weitere Störungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sind (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, a.a.O., Rn. 26-28, beck-online; LG Berlin Beschl. v. 20.7.2014, 18 T 91/14, BeckRS 2014,17634). Der Richter darf in die Abwägung nur solche Interessen einbeziehen, die von den Parteien vorgetragen und ggf. bewiesen wurden; hier gelten die allgemeinen zivilprozessualen Regeln (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, a.a.O., Rn. 16, beck-online).

Nach Maßgabe des Vorgenannten ist die amtsgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden. Klägerseits ist ein weiterer Vorfall einer Gewalttätigkeit vom 03.05.2018 hinreichend substantiiert dargetan. Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen ist nach § 138 Abs. 4 ZPO nicht hinreichend. Auch die Erkrankung der Beklagten führt insoweit zu keiner abweichenden Bewertung. Nach zivilprozessualen Regeln durfte das Amtsgericht daher vom klägerischen Vortrag ausgehen.

Soweit mit der Beschwerde auf die eingeschränkte oder gänzliche Schuldunfähigkeit verwiesen wird, so hat sich das Amtsgericht auch hiermit in seiner Interessenabwägung bereits auseinandergesetzt. Indes führt dieser Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach § 721 ZPO nicht dazu, dass den Schuldnerinteressen der Vorrang einzuräumen wäre.

Es wird verwiesen auf eine Entscheidung des LG Berlin (Beschl, v. 20.7.2014, 18 T 91/14, BeckRS 2014, 17634, beck-online) der sich die Kammer anschließt. Danach steht der Bewilligung einer Räumungsfrist gern. § 721 ZPO eine vom Räumungsschuldner für die Mitbewohner ausgehende Gefahr entgegen. Es sei für die Mitbewohner nicht zumutbar, mit einem solchen Räumungsschuldner weiter in einem Haus zusammen zu wohnen. Auf diese Interessen könne sich auch der Vermieter berufen, weil dieser gegenüber den anderen Mietern aus den jeweiligen Mietverträgen gemäß § 535 BGB verpflichtet ist, die jeweilige Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen (LG Berlin, Beschl. v. 20.7.2014, 18 T 91/14, BeckRS 2014,17634, beck-online). Dem schließt sich die Kammer vorliegend an, so dass die Interessenabwägung hier zu Lasten der Beklagten ausging.

II.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO.

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