LAG Düsseldorf – 8 Sa 87/18
Eigenmächtige Inanspruchnahme von Urlaub rechtfertigt fristlose Kündigung
Das LArbG Düsseldorf hat darauf hingewiesen, dass die eigenmächtige Inanspruchnahme von Urlaub ein Kündigungsgrund ist, der an sich sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigt.
Die Klägerin war seit dem 01.08.2014 als Junior Business Excellence Manager mit Controlling-Tätigkeiten bei der Beklagten beschäftigt und in der Abteilung „Online Per-formance Management“ eingesetzt. Berufsbegleitend absolvierte sie ein Masterstudium „BWL Management“, das sie am 21.06.2017 erfolgreich abschloss. Im Hinblick auf die Prüfung hatte die Klägerin für den Donnerstag und Freitag, den 22. und 23.06.2017 genehmigten Urlaub. Am Montag, den 26.06.2017 erschien die Klägerin nicht im Betrieb. Der späteste Dienstbeginn im Rahmen der Gleitzeit war 10.00 Uhr. Um 12.04 Uhr schickte sie eine E-Mail mit dem Betreff „Spontan-Urlaub“ an ihren Vorgesetzten. Sie teilte mit, dass sie wegen ihrer bestandenen Prüfung von ihrem Vater mit einem Aufenthalt auf Mallorca überrascht worden sei und in der Euphorie und Eile keine Möglichkeit gehabt hätte, ihre Abwesenheit an ihrem Rechner zu vermerken. Sie werde in der Zeit vom 26.06.2017 bis zum 30.06.2017 abwesend sein und bat um eine kurze Rückmeldung. Zugleich entschuldigte sie sich für die „Überrumpelung“. Um 17:02 Uhr antwortete der Vorgesetzte per E-Mail, dass die Anwesenheit der Klägerin aus dringenden betrieblichen Gründen erforderlich sei. Er bot ihr an, Freitag sowie Montag und Dienstag der nächsten Woche frei zu nehmen. Am Dienstag, den 27.06.2017 um 09:26 Uhr antwortete die Klägerin per E-Mail, dass sie sich bereits seit dem Wochenende auf Mallorca befinde und keine Möglichkeit bestünde, ins Büro zu kommen, was sie auch nicht tat. Am Montag, den 03.07.2017 erschien die Klägerin nicht. Die Beklagte kündigte ihr nach Anhörung des Betriebsrats mit Schreiben vom 11.07.2017 fristgerecht zum 31.08.2017.
Mit ihrer Klage wehrte die Klägerin sich gegen diese Kündigung. Sie habe im Vorfeld mit ihrem Vorgesetzten abgeklärt, dass eine Verlängerung des Urlaubs kurzfristig möglich sei. Der Urlaub habe auch im Interesse der Beklagten gelegen und zumindest arbeitstechnisch kein Problem dargestellt. Beiden Einwänden hat die Beklagte widersprochen. Das Arbeitsgericht hatte die Klage nach Vernehmung des Vorgesetzten als Zeugen abgewiesen. Die im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes erklärte Kündigung sei sozial gerechtfertigt, weil die Klägerin eigenmächtig nicht genehmigten Urlaub angetreten und so bewusst ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt habe. Nach der Beweisaufnahme war das Arbeitsgericht der Überzeugung, dass eine kurzfristige Verlängerung mit dem Vorgesetzten nicht abgesprochen gewesen sei. Es war ebenso der Überzeugung, dass die Klägerin in der Woche an dem Arbeitsplatz gebraucht wurde und der Arbeitgeber deshalb berechtigt war, den Urlaub zu verweigern. Bis zum Donnerstag, den 29.06.2017 sei ein Bericht gegenüber der Finanzabteilung zu erstellen gewesen. Die Kollegin der Klägerin war in der Zeit vom 26.06.2017 bis zum 28.06.2017 auf einer Fortbildung.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts und begehrt die Feststellung, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst habe.
In der mündlichen Verhandlung hat das LArbG Düsseldorf darauf hingewiesen, dass die eigenmächtige Inanspruchnahme von Urlaub ein Kündigungsgrund ist, der an sich sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigt.
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist auch hier ein Kündigungsgrund gegeben. Spätestens ab dem Dienstag habe die Klägerin ernsthaft zu erkennen gegeben, dass sie an dem eigenmächtig genommenen Urlaub festhalte und nicht zur Arbeit kommen werde. Damit habe sie die falschen Prioritäten gesetzt und ihre vertragliche Pflicht zur Arbeit beharrlich verletzt. Dem Sachvortrag der Klägerin lasse sich nicht hinreichend konkret entnehmen, dass der Vorgesetzte der kurzfristigen Verlängerung des Urlaubs vorher zugestimmt habe. Im Übrigen seien gegen die Feststellung des Arbeitsgerichts, dass es diese Vorabstimmung nicht gegeben habe, von der Klägerin keine durchgreifenden Rügen erhoben worden. Einer Abmahnung habe es wohl nicht bedurft und die Interessenabwägung falle in Anbetracht der kurzen Beschäftigungsdauer zu Lasten der Klägerin aus. Lediglich in formeller Hinsicht sei zu fragen, ob die Betriebsratsanhörung ordnungsgemäß erfolgt sei, weil die Arbeitgeberin diesem u.a. mitgeteilt hatte, dass die in der Woche anstehenden Arbeiten nicht erledigt worden seien. Der Vorgesetzte hatte die Arbeiten zumindest teilweise selbst erledigt. Andererseits war der Betriebsratsvorsitzende in die Gespräche mit der Klägerin eingebunden.
Auf der Basis dieser rechtlichen Hinweise haben die Parteien sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Kündigungsdatum, d.h. dem 31.08.2017, verständigt. Die Beklagte erteilt der Klägerin ein Zeugnis und zahlt eine Abfindung von 4.000 Euro, was einem knappen Monatsgehalt der Klägerin entspricht.
Quelle: Pressemitteilungen des LArbG Düsseldorf v. 04.07. und 10.07.2018