BGH, Urteil vom 22.02.1991 – V ZR 308/89
1. Bildet sich durch die Errichtung einer Zwischendeponie für Erdaushub auf dem Nachbargrundstück (hier Weinberg) ein Kaltluftsee, durch den ein erheblicher Schaden (hier an Weinstöcken) entsteht, so hat der beeinträchtigte Eigentümer einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch gegen den Benutzer des Deponiegrundstücks, wenn es mit wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen möglich gewesen wäre, die Deponie so zu gestalten, daß ein Kaltluftsee vermieden wird, und der Eigentümer des Nachbargrundstücks beim Aufbau der Deponie die abzuwehrende Gefahr nicht rechtzeitig erkannt hat und auch nicht erkennen konnte.
(Leitsatz des Gerichts)
Tatbestand
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Die Beklagten zu 1 und die mitbeklagte Firma P. & Z. hatten sich zu der „Arbeitsgemeinschaft Tunnel E.“ zusammengeschlossen und im Auftrag der Beklagten zu 3 für die Bundesbahn-Neubaustrecke H.-W. einen Tunnel durch das R. gebaut. Das dabei angefallene Aushubmaterial wurde zunächst auf einer behördlich genehmigten Zwischendeponie gelagert, die von den Beklagten zu 1 auf Grundstücken (Flurstücke Nr. 3043-3045 der Gemarkung L.) errichtet worden war, die unter dem Weinberg des Klägers (Flurstücke Nr. 3026-3029 der Gemarkung L.) angrenzen. Die Ausmaße der Deponie sind zwischen den Parteien streitig.
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Nach Behauptung des Klägers hat die 4,5 m hohe, 25 m breite und 200 m lange Deponie den Kaltluftabfluß von seinem Weinberg verhindert. Dadurch habe sich im Januar/Februar 1985 im unteren Bereich des Weinberges ein Kaltluftsee gebildet, der erhebliche Frostschäden an 1.467 Rebstöcken verursacht habe.
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Der Kläger hat von den Beklagten und dem Haftpflichtversicherer der in der Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossenen Unternehmen als früheren Beklagten zu 2 Zahlung von 42.960,94 DM Schadensersatz (Aufwendungen für Instandsetzungsarbeiten, Material und Gutachterkosten sowie Entschädigung für Ertragsausfälle in den Jahren 1985 bis 1987) verlangt. Später hat er die Klage gegen die Beklagte zu 2 zurückgenommen. Das Verfahren gegen die Firma P. & Z. ist unterbrochen.
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Das Landgericht hat durch Teilurteil die Beklagten zu 1 und zu 3 verurteilt, an den Kläger gesamtschuldnerisch 19.966,47 DM nebst Zinsen zu zahlen, und im übrigen die Klage insoweit abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten zu 1 und 3 hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten zu 1 und zu 3 beantragen, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
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Entscheidungsgründe
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Die Revision hat Erfolg.
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1. a) Das Berufungsgericht verneint eine Haftung der Beklagten gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 907 BGB. Zwar handle es sich bei § 907 BGB um ein Schutzgesetz und die Zwischendeponie sei auch im Sinne dieser Vorschrift als Anlage anzusehen. Von ihr seien jedoch keine unzulässigen Einwirkungen auf den Weinberg des Klägers ausgegangen. Ob eine Einwirkung unzulässig sei, ergebe sich aus den §§ 903ff BGB. Die Anlage müsse demnach so beschaffen sein, daß sie unmittelbar und positiv durch Hinüberleiten ihrer Bestandteile, mechanischer Auswirkungen oder sinnlich wahrnehmbarer Stoffe über die Grenze wirke oder zu wirken drohe. Anlagen, die sich streng auf der Grundfläche des Grundstücks hielten, die aber in negativer Weise auf das Nachbargrundstück einwirkten, indem sie ihm Vorteile entzögen, die vor Errichtung der Anlage bestanden hätten, fielen nicht unter § 907 BGB. Selbst wenn durch die Zwischendeponie die auf physikalischen Gesetzen beruhenden Verhältnisse auf dem Grundstück des Klägers verändert worden sein sollten, handle es sich um eine naturgesetzliche Einflußnahme und nicht um die Zuführung von Stoffen durch eine Anlage.
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b) Die dagegen erhobenen Revisionsrügen sind unbegründet.
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Nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur ergibt sich der Begriff der „unzulässigen Einwirkung“ im Sinne von § 907 BGB aus den allgemeinen Vorschriften über Eigentum und Nachbarrecht, insbesondere den §§ 903, 905, 906 BGB. Ein Grundstückseigentümer kann also nur die Beseitigung solcher Anlagen verlangen, die in sinnlich wahrnehmbarer Weise über die Grundstücksgrenze auf das Nachbargrundstück unmittelbar positiv einwirken können. Dagegen müssen Anlagen, die sich auf der Grundfläche des Grundstücks, auf dem sie errichtet wurden, halten und nicht unmittelbar und positiv in das Gebiet des Nachbargrundstücks hinübergreifen, sondern dieses nur negativ beeinträchtigen, geduldet werden. Dem hat sich der Senat in Kenntnis einer im Schrifttum vereinzelt vertretenen gegenteiligen Ansicht angeschlossen (BGHZ 88, 344, 345 m.w.N. = JZ 1984, 848ff m.Anm. Mühl). Es geht um die Auslegung älterer Gesetzesbestimmungen, die im Laufe der Zeit durch eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung ausgeformt worden sind. Deutlich überwiegende oder schlechthin zwingende Gründe für eine Abkehr von dieser Rechtsprechung sind nicht gegeben (BGHZ 85, 64, 66). Der Senat hält deshalb auch im vorliegenden Fall an den oben wiedergegebenen Grundsätzen fest.
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Durch die Zwischendeponie wurde nach Behauptung des Klägers der natürliche Kaltluftabfluß von seinem Grundstück auf die tiefergelegenen Nachbargrundstücke verhindert. Das entspricht den Feststellungen des in erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachtens, nach dem Kaltluft wegen ihres niedrigeren spezifischen Gewichts in abfallendem Gelände der Schwerkraft folgend nach unten abfließt. Dieser Vorgang kann durch Hindernisse verlangsamt oder ganz unterbunden werden. Als Folge davon staut sich die kalte Luft vor dem Hindernis; es bildet sich ein sogenannter Kaltluftsee. Darin liegt keine positive Einwirkung auf das Grundstück des Klägers, weil kein Hinüberleiten sinnlich wahrnehmbarer Stoffe von der Zwischendeponie über die Grundstücksgrenze auf das Grundstück des Klägers erfolgte. Ob in strengem Sinn von einer nur negativen Einwirkung wie bei der Entziehung von Licht, Luft, Wasser oder der Abschattung von Funk- oder Fernsehwellen gesprochen werden könnte, mag dahinstehen. Die Verhinderung des natürlichen Kaltluftabflusses kann hier jedenfalls nicht anders behandelt werden. Es geht nur um einen physikalischen Vorgang, der nicht von der Deponie ausgeht, sondern auf naturgesetzlicher Wirkung beruht, ohne daß der Abraumberg anders als nur abwehrend wirkt und ohne daß er selbst aktiv grenzüberschreitend auf die Grundstücke des Klägers einwirkt. Dieser Sachverhalt ist mit den Fällen vergleichbar, in denen ein Gebäude die Bewegung des Windes zum Nachteil des Nachbargrundstücks beeinflußt, weil ein Windstau entsteht (vgl. RG, WarnR 1914 Nr. 57 = JW 1914, 196; Gruchot 65 Nr. 76; OLG München, DW 1957, 68), oder in denen durch bloße Anschüttungen ein Steigen des Grundwasserspiegels auf dem Nachbargrundstück bewirkt wird (RGZ 155, 154, 157ff) oder durch ein Hochhaus Funk- oder Fernsehwellen abgeschattet oder reflektiert werden (BGHZ 88, 344ff). Auch Säcker (MünchKomm 2. Aufl., § 907 Rdn. 7-9) vertritt entgegen der Ansicht der Revision keine andere Meinung. Wenn dort (Rdn. 8) davon die Rede ist, daß die Einwirkungen „auf natürlichen Vorgängen beruhen“ könnten, steht das nicht im Gegensatz zu der vorherigen Feststellung (Rdn. 7), daß unter § 907 BGB nur positive, grenzüberschreitende Einwirkungen fallen. Der Hinweis auf „natürliche Vorgänge“ ist ersichtlich nur als Abgrenzung zu solchen – positiven, grenzüberschreitenden – Einwirkungen gemeint, die durch menschliches Verhalten verursacht werden.
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2. Auch ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB besteht nicht. § 1004 BGB kommt nur dann zur Anwendung, wenn das Eigentum durch von außen kommende aktive Einflüsse beeinträchtigt wird (BGH, Urt. v. 13. März 1980, III ZR 156/78, VersR 1980, 650, 651). Deshalb können negative Einwirkungen nicht nach § 1004 BGB abgewehrt werden (BGB-RGRK/Pikart 12. Aufl. § 1004 Rdn. 23; Erman/Hefermehl, BGB 8. Aufl., § 1004 Rdn. 12; MünchKomm/Medicus aaO § 1004 Rdn. 28/29; Palandt/Bassenge, BGB 50. Aufl. § 903 Rdn. 7/8/9; Soergel/Mühl, BGB 12. Aufl. § 1004 Rdn. 36; Staudinger/Gursky, BGB 12. Aufl. § 1004 Rdn. 46/47 m.w.N.; Hagen, WM 1984, 677; a.A. Baur, BB 1963, 483, 487; Tiedemann, MDR 1978, 272, 274). Auch unter dem Gesichtspunkt einer „Beeinträchtigung“ läßt sich der Fall nämlich nicht anders beurteilen als unter dem Begriff der „Einwirkung“ im Sinne von § 907 BGB (vgl. BGHZ 88, 344, 346, 348).
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3. Das Berufungsgericht sieht zwar im Ansatz die Möglichkeit eines Anspruchs nach § 242 BGB, „der im Einzelfall bei unerträglichen Ergebnissen Abhilfe bringen“ könne, verneint aber die Anwendung dieser Vorschrift, weil es dem Kläger möglich gewesen sei, im Genehmigungsverfahren auf seine Bedenken aufmerksam zu machen. Wenn sie ihm damals noch nicht bewußt gewesen seien, so könne gleichwohl nicht über § 242 BGB ein nach Gesetz und herrschender Auslegung des § 907 BGB klares Ergebnis umgestoßen werden.
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Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Mit Recht rügt die Revision schon in verfahrensrechtlicher Hinsicht, daß das Berufungsgericht keinerlei Feststellungen dazu trifft, ob und wie der Kläger am Genehmigungsverfahren überhaupt beteiligt war. Die bei den Akten befindlichen Bescheide zugunsten der Arbeitsgemeinschaft „Tunnel E.“ vom 20. Dezember 1983 und vom 29. April 1986 ergeben hierzu nichts. Im übrigen beschränken sich die genannten Bescheide auf die Regelung des öffentlich-rechtlichen Verhältnisses zwischen den Antragstellern und dem Landratsamt, das der Arbeitsgemeinschaft in Vollzug der Naturschutzgesetze unter anderem die Erlaubnis erteilt hat, auf den genannten Grundstücken im Landschaftsschutzgebiet ausnahmsweise „Aufschüttungen bzw. Erdablagerungen“ vorzunehmen. Auch wenn die Behörde bei Abwägung der Interessen unter Umständen die privaten Rechte Dritter zu berücksichtigen hat, werden diese aber durch die Genehmigungsbescheide nicht beschränkt (vgl. auch Senatsurt. v. 27. Mai 1959, V ZR 78/58, NJW 1959, 2013; Erman/Hagen, BGB 8. Aufl. § 906 Rdn. 44 m.w.N.).
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Zwar ergeben sich die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn in erster Linie aus den Bestimmungen des Nachbarrechts und haben dort eine ins Einzelne gehende Sonderregelung erfahren. In der Regel begründet deshalb der Gedanke von Treu und Glauben keine selbständigen Ansprüche, sondern wirkt sich hauptsächlich als bloße Schranke der Rechtsausübung aus (vgl. BGHZ 88, 344, 351 m.w.N.). Aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis entspringt jedoch nach Treu und Glauben die Pflicht zu gesteigerter gegenseitiger Rücksichtnahme, die in Ausnahmefällen dazu führen kann, daß die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig wird (vgl. Senatsurteile v. 15. Juni 1951, V ZR 55/50, LM BGB § 903 Nr. 1; v. 10. April 1953, V ZR 115/51, LM BGB § 903 Nr. 2; BGHZ 28, 110, 114ff). So kann es auch im vorliegenden Fall liegen. Der Kläger wurde nach seiner Behauptung durch die Auswirkungen der Zwischendeponie schwer getroffen. Mit einer solchen Deponie war im Landschaftsschutzgebiet normalerweise nicht zu rechnen, sie war nur über eine Ausnahmegenehmigung (Folgemaßnahme auf der Grundlage einer Planfeststellung der Bundesbahn) zu erreichen. Wäre es mit wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen (vgl. den insoweit verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken des § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB) möglich gewesen, die Zwischendeponie schon bei ihrer Anlage technisch (z.B. durch Schaffung von Zwischenräumen oder Einbau von Rohren) so zu gestalten, daß sich kein Kaltluftsee bilden konnte, durch den der Kläger schließlich unzumutbaren Schaden erlitt, so hätte er diese Rücksichtnahme nach § 242 BGB auch verlangen können (vgl. das Senatsurt. v. 10. April 1953 aaO), zumal es hier nicht um eine auf Dauer angelegte Anlage auf den benachbarten Grundstücken ging, die Zwischendeponie vielmehr später ohnehin wieder beseitigt werden mußte. In dieser Richtung hat das Berufungsgericht bislang den Fall nicht geprüft. Auf der Grundlage eines solchen eingeschränkten Unterlassungsanspruchs können sich für den Kläger nach Eintritt des Schadens auch Zahlungsansprüche auf folgender Grundlage ergeben:
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a) Der Kläger wurde in seinem Eigentum an den Rebstöcken verletzt und hat dadurch Schaden erlitten (§ 823 Abs. 1 BGB). Die Eigentumsverletzung wäre auch rechtswidrig, wenn sich auf der Grundlage der obigen Ausführungen ein eingeschränkter Unterlassungsanspruch des Klägers im nachhinein feststellen ließe. Zwar grenzen bei Einwirkungen, die von einem Grundstück auf ein Nachbargrundstück ausgehen, die nachbarrechtlichen Sondervorschriften den rechtmäßigen von dem rechtswidrigen Gebrauch des Grundstücks ab und bestimmen daher notwendigerweise gleichzeitig den Anwendungsbereich des § 823 Abs. 1 BGB (BGHZ 90, 255, 258; 44, 130, 134; BGH, Urt. v. 21. Februar 1980, III ZR 185/78, NJW 1980, 2580; BGB-RGRK/Steffen 12. Aufl. § 823 Rdn. 17). Dies kann aber nur insoweit gelten, als der Nachbar keinen Abwehranspruch hat. Folgt ein solcher Anspruch aber unter den obengenannten Voraussetzungen aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis, so kommt grundsätzlich auch ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB in Betracht. Zum Verschulden der Beklagten zu 1 (Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft und Erbauer der Deponie) hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – bislang keine Feststellungen getroffen. Rechtsfehlerfrei verneint es nur eine Verschuldenshaftung der Beklagten zu 3 nach § 831 BGB. Es stellt fest, daß die am Tunnelbau beteiligten Firmen nicht Verrichtungsgehilfen der Bundesbahn seien, weil sie hinsichtlich der übertragenen Arbeiten weisungsunabhängig waren (BU 13). Gegen diese Feststellung erhebt die Revision keine durchgreifende Rüge.
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b) Gleichwohl ist der Rechtsstreit bislang auch nicht in Richtung gegen die Beklagte zu 3 entscheidungsreif. Der Kläger kann gegen sie – ebenso wie auch gegen die Beklagten zu 1, wenn sich deren Verschulden nicht feststellen läßt – einen verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch haben.
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Der Senat geht – wie offenbar auch das Berufungsgericht – davon aus, daß der, gegenüber einem Schadensersatzanspruch auch prozessual unterschiedliche, Ausgleichsanspruch (vgl. Senatsurt. v. 20. April 1990, V ZR 282/88, NJW 1990, 1910, 1912) vom Kläger jedenfalls hilfsweise geltend gemacht worden ist.
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Hätte der Kläger verlangen können, die Deponie zur Schonung seines Eigentums so zu errichten, daß sich kein Kaltluftsee bilden konnte, so stünde ihm nach Eintritt des Schadens in Fortführung der bisherigen Senatsrechtsprechung unmittelbar aus § 242 BGB ein Anspruch auf angemessenen Ausgleich zu. Insoweit handelt es sich allerdings nicht um die bisher vom Senat entwickelte rechtsanaloge Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB; denn diese beschränkte sich grundsätzlich auf Beeinträchtigungen, die der betroffene Grundstückseigentümer durch eine an sich im System des Nachbarrechts abwehrfähige Einwirkung erleidet (vgl. auch die Zusammenstellung im Senatsurt. v. 20. April 1990, V ZR 282/88, NJW 1990, 1910, 1911). Es kann jedoch keinen Unterschied machen, ob ein Grundstückseigentümer einer im Ansatz nachbarrechtlich unzulässigen Einwirkung ausgesetzt ist oder ob er ausnahmsweise aus dem Gedanken des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses (§ 242 BGB) eine bestimmte Rücksichtnahme auf sein Eigentum verlangen kann. Auch im letzteren Fall ist er, wie in den Fällen unmittelbarer oder rechtsanaloger Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, dann schutzbedürftig, wenn er aus besonderen Gründen gehindert ist, seinen Anspruch auf eingeschränkte Unterlassung eines bestimmten Vorhabens rechtzeitig geltend zu machen, und dadurch infolge negativer Einwirkungen Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen. In diesem Sinne hat der Bundesgerichtshof auch bisher schon ausnahmsweise einen Ausgleichsanspruch in Fällen gewährt, in denen ein Abwehranspruch nach §§ 1004, 906 BGB von vornherein nicht in Betracht kam (Behinderung oder Unterbrechung des „Kontakts nach außen“; BGHZ 62, 361, 366; 70, 212, 220ff). Dabei mag offenbleiben, ob nicht auch in diesen Fällen der Anspruch präziser mit einem unmittelbaren Durchgriff auf das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis zu begründen gewesen wäre. In Voraussetzung und Rechtsfolgen bedeutet dies – auch für den vorliegenden Fall – keinen Unterschied; die gesetzliche Regelung in § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB geht auf die Rechtsprechung zum nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis zurück (Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 3. WP, Stenogr. Berichte, S. 4855).
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Ob der Kläger einem sogenannten faktischen Duldungszwang unterlag, weil er beim Aufbau der Deponie die abzuwehrende Gefahr nicht rechtzeitig erkannt hat und auch nicht erkennen konnte, hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht geprüft. Es wird dies nachholen müssen, falls es einen eingeschränkten Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 242 BGB bejaht.
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Auch hinsichtlich der Passivlegitimation für den Ausgleichsanspruch fehlen bislang Feststellungen des Berufungsgerichts. Wer Eigentümer der Deponiegrundstücke war, ist nicht festgestellt. Der aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis abgeleitete Ausgleichsanspruch richtet sich, wie auch im Falle der rechtsanalogen Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, nicht notwendigerweise (nur) gegen den Eigentümer des Nachbargrundstücks, sondern gegen dessen „Benutzer“, d.h. denjenigen, der die Nutzungsart des beeinträchtigenden Grundstücks bestimmt (vgl. BGHZ 72, 289, 297; BGB-RGRK/Augustin 12. Aufl. § 906 Rdn. 76; Erman/Hagen, BGB 8. Aufl. § 906 Rdn. 25; MünchKomm/Säcker, BGB 2. Aufl. § 906 Rdn. 117; Palandt/Bassenge, BGB 50. Aufl. § 906 Rdn. 33; Soergel/Baur, BGB 12. Aufl. § 906 Rdn. 100; Staudinger/Roth, BGB 12. Aufl. § 906 Rdn. 231). Das können auch die Beklagten zu 1 als beauftragte Unternehmer gewesen sein, soweit die Bestimmung des Standorts, der Aufbau der Anlage und ihre Handhabung völlig ihrer Verantwortung überlassen blieb und sie allein das Kostenrisiko für die von ihnen eingegangenen Verpflichtungen und das Wagnis hinsichtlich einer Schädigung oder Beeinträchtigung Dritter bei den Bauarbeiten trugen (vgl. Senatsurt. v. 5. Juli 1968, V ZR 224/64, LM BGB § 906 Nr. 29). In diese Richtung weisen auch die behördlichen Genehmigungsbescheide, die an die Arbeitsgemeinschaft „Tunnel E.“ gerichtet sind. Andererseits läßt sich nach den bisher vorhandenen Feststellungen auch eine Passivlegitimation der Beklagten zu 3 nicht mit Sicherheit ausschließen. Die Tatsache, daß diese lediglich „Begünstigte“ der Bauarbeiten war, bedeutet für sich allein allerdings nicht, daß sie Schuldnerin des Ausgleichsanspruchs ist (Senatsurt. aaO).
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Da somit weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich sind, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.