OLG Celle, Urteil vom 10.04.2018 – 14 U 147/17
Zur Abwägung von Tiergefahr und Betriebsgefahr eines LKW bei Begegnung von Reiter und Fahrzeug und beiderseitigem leichten Verschulden
1. Sowohl beim Passieren als auch beim Begegnen eines Reiters sollte ein Fahrzeug – abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls – einen Seitenabstand von wenigstens 1,50 m bis etwa 2,00 m einhalten.
2. Auch wenn das Bankett nicht zur Fahrbahn gehört, kann es die konkrete Verkehrslage als sachgerechte und vernünftige Maßnahme erscheinen lassen, das Bankett mitzubenutzen, um z. B. den gebotenen Seitenabstand zu einem Reiter einhalten zu können.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 7. September 2017 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Verden (5 O 282/14) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1
Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, bei dem das Pony der Klägerin verletzt und infolgedessen eingeschläfert wurde.
2
Am 20.04.2011 ritt die damals 13-jährige Tochter der Klägerin, die Zeugin T. M., zwischen 11:00 Uhr und 12:00 Uhr auf der 6-jährigen Ponystute „Sunny Surprise“ der Klägerin auf der rechten Fahrbahnseite der Verlängerung des S.weges in S., OT E. Bei der Verlängerung des S.weges handelt es sich um eine einspurige Fahrbahn mit Randstreifen auf beiden Seiten.
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Der Zeugin T. M. kam der Beklagte zu 1 mit einem Lkw (Sattelzugmaschine mit Auflieger) der Beklagten zu 2, der bei der Beklagten zu 3 haftpflichtversichert ist, entgegen. Die Zeugin M. parierte ihr Pferd zum Halten durch und stellte es auf dem aus ihrer Sicht rechten Seitenstreifen leicht schräg mit dem Kopf des Pferdes in Richtung Fahrbahn, als sich der Lkw näherte. Dabei blieb sie auf dem Pferd sitzen.
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Der Beklagte zu 1 verlangsamte seine Geschwindigkeit und passierte Pferd und Reiterin, wobei er den Lkw ganz nach rechts auf der asphaltierten Fahrbahn lenkte. Als der Lkw Pferd und Reiterin etwa zur Hälfte passiert hatte, scheute das Pferd. Ob es zu einer Berührung mit dem Lkw kam, steht im Streit. Jedenfalls verletzte sich das Pferd schwer, weshalb es in der Folge eingeschläfert wurde.
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Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin neben der Erstattung von Behandlungskosten insbesondere den Wert des Pferdes ersetzt.
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Erstinstanzlich hat sie die Ansicht vertreten, der Beklagte zu 1 hätte den Seitenstreifen, der auch befahrbar gewesen sei, nutzen müssen, um ein gefahrloses Passieren durch die Reiterin zu ermöglichen. Stattdessen sei er ohne den notwendigen Mindestabstand von 1,50 bis 2,00 Metern an der Reiterin vorbeigefahren. Außerdem hat die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 1 habe beim Vorbeifahren Gas gegeben, wodurch sich das Pferd erschreckt habe. Es sei sodann durch die Berührung mit dem Lkw schwer verletzt worden. Es habe keine Aussicht auf Heilung bestanden, weshalb es tierschutzgerecht zu euthanasieren gewesen sei. Das Pony habe einen Verkehrswert von 10.000 Euro gehabt.
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Die Beklagten sind ihrer Inanspruchnahme entgegengetreten. Der Beklagte zu 1 habe die gefahrene Geschwindigkeit auf Schrittgeschwindigkeit reduziert, ein „Gasgeben“ habe nicht stattgefunden. Die Nutzung des Seitenstreifens sei objektiv unmöglich gewesen aufgrund des Gewichts des Fahrzeugs. Eine Unterschreitung des Mindestabstandes sei nicht erfolgt. Das Pony habe auch nicht wegen eines Motorengeräuschs gescheut. Zu einer Berührung mit dem Lkw sei es nicht gekommen, das Pony habe sich wohl infolge des Steigens die Hufverletzung zugezogen. Es habe sich daher die typische Tiergefahr verwirklicht. Die Beklagten haben zudem die Ansicht vertreten, es sei ein Mitverschulden auf Seiten der Klägerin anzunehmen, weil sie ihrer erst 13-jährigen Tochter erlaubt habe, mit einem jungen Pferd am Straßenverkehr teilzunehmen. Die Zeugin M. hätte außerdem absteigen und das Tier an der Trense halten müssen. Schließlich haben die Beklagten Einwände zur Höhe erhoben.
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Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen, der Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens sowie eines weiteren Gutachtens zum Verkehrswert des Pferdes die Beklagten auf Basis einer hälftigen Haftung zur Zahlung von insgesamt 4.185,64 € nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, der Beklagte zu 1 habe die ihm aufgrund §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 2 StVO obliegenden Pflichten nicht beachtet, weil er keinen ausreichenden Abstand zur Reiterin eingehalten habe, was ihm bei Nutzung des Seitenstreifens, der nach dem Ergebnis der Begutachtung befahrbar gewesen sei, objektiv möglich gewesen wäre; andernfalls hätte er anhalten und die Reiterin passieren lassen müssen. Demgegenüber sei der Klägerin kein über die allgemeine Tiergefahr hinausgehender Verursachungs- oder Verschuldensbeitrag anzulasten. Ihre Tochter habe sich vor dem Unfall korrekt verhalten, auch aus dem jungen Alter der Tochter ergebe sich hier kein Mitverschuldensbeitrag. Die vorzunehmende Abwägung führe im Hinblick auf die höher anzusetzende Tiergefahr zu einer gleichmäßigen Haftungsverteilung von 50 : 50. Nach dem weiteren Ergebnis der Beweisaufnahme sei schließlich ein Verkehrswert des Pferdes von 8.000 Euro anzunehmen.
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Gegen dieses Urteil, auf das im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen wird, wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren teilweise weiterverfolgt, soweit es die vom Landgericht erkannte Haftungsquote anbelangt. Sie ist der Ansicht, die Beklagten müssten vollständig haften, da, wie das Landgericht zu Recht angenommen habe, der Beklagte zu 1 den Unfall aufgrund des unzureichenden Seitenabstandes zu Pferd und Reiterin allein verschuldet habe, während ihre Tochter kein Mitverschulden treffe. Das Landgericht habe jedoch außer Acht gelassen, dass aus dem Rechtsgedanken des § 840 Abs. 3 BGB eine Anrechnung der mitwirkenden Tiergefahr unterbleibe, wenn beim Schädiger eine schuldhafte deliktische Handlung vorliegt. Dies sei hier der Fall, der Beklagte zu 1 hafte wegen Verstoßes gegen §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 2 StVO gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB, 1 Abs. 2, 2 Abs. 2 StVO sowie § 823 Abs. 1 BGB. Für die vom Landgericht vorgenommene Abwägung sei daher kein Raum.
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Ausgehend davon begehrt die Klägerin die Abänderung des landgerichtlichen Urteils. Dabei legt sie ihrem Berufungsbegehren die vom Landgericht angenommene Schadenshöhe zugrunde.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagten unter Abänderung des am 07.09.2017 verkündeten und am 18.09.2017 zugestellten Urteil des Landgerichts Verden, AZ 5 O 282/14 als Gesamtschuldner zur Zahlung weiterer 4.185,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.01.2015 zu verurteilen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigen das angefochtene Urteil. § 840 Abs. 3 BGB greife als Sondernorm zu Gunsten der Klägerin nicht ein, da § 17 StVG vorgehe und hier keine reine Deliktshaftung der Beklagten vorliege. Im Übrigen wiederholen die Beklagten ihr erstinstanzliches Vorbringen insofern, als sie der Ansicht sind, die Klägerin bzw. deren Tochter treffe ein eigenes Verschulden, während dem Beklagten zu 1 kein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO vorgeworfen werden könne.
II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
17
Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 17, 18 Abs. 1 StVG i. V. m. § 115 VVG unter Berücksichtigung eines Mithaftungsanteils von 50 Prozent bejaht.
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1. Vom Ansatz her zu Recht rügt die Klägerin allerdings, dass das Landgericht offenkundig die Vorschrift des § 840 Abs. 3 BGB nicht in die vorgenommene Bewertung des Sachverhalts eingestellt hat.
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Nach der zwar kritisierten (vgl. Vieweg in Staudinger, BGB (2015), § 840 Rn. 82 ff.), aber wohl ständigen Rechtsprechung der Obergerichte (vgl. BGH, Urteil v. 25. Oktober 1994 – VI ZR 107/94; OLG Schleswig, Urteil v. 29. Juni 1989 – 16 U 201/88 – jeweils in juris; OLG Hamm, Urteil v. 8. Februar 1990, 6 U 143/89, in NJW-RR 1990, 794) ist eine Mithaftung des Tierhalters aus § 833 S. 1 BGB in der Regel ausgeschlossen, wenn den Mitverursacher des Schadens nicht nur eine Gefährdungshaftung – hier gemäß § 7 Abs. 1 StVG -, sondern auch eine Verschuldenshaftung aus § 823 Abs. 1 BGB trifft. Auf letztere findet der in § 840 Abs. 3 BGB enthaltene Rechtsgedanke entsprechende Anwendung. Dieser geht dahin, dass dann, wenn auf Seiten des einen Schädigers nur ein Fall der Gefährdungshaftung, auf Seiten des Mitschädigers jedoch eine Haftung aus Verschulden vorliegt, im Verhältnis der beiden letzterer allein für den Schaden aufzukommen hat (RGZ 71, 7; Palandt, BGB, 77. Auflage, § 840 Rn. 12).
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Die Entscheidung des OLG Hamm (Urteil v. 25. Februar 2002 – 6 U 139/01 -, juris) steht dem nicht entgegen, da es dort um den Schadensersatzanspruch eines Kfz-Halters, der den Unfall schuldhaft mitverursacht hat, gegen einen Tierhalter ging. Dann soll § 840 Abs. 3 BGB nicht anwendbar sein. Vorliegend geht es jedoch um den Anspruch des Tierhalters gegen den Kraftfahrzeughalter.
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2. Die Beklagten haften vorliegend für den Unfall nicht nur aus der Betriebsgefahr des Lkw, sondern auch aus dem schuldhaften Verstoß des Beklagten zu 1 gegen das Seitenabstandsgebot gemäß § 1 Abs. 2 StVO.
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Das Landgericht ist von einem Mitverursachungsbeitrag des Beklagten zu 1 ausgegangen, weil dieser die ihm obliegenden Pflichten nach §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 2 StVO nicht beachtet und bei dem Vorbeifahren an der Reiterin nicht den ausreichenden und auch möglichen Seitenabstand eingehalten habe (LGU Seite 7). Dabei geht das Landgericht vom Ansatz her zutreffend davon aus, dass grundsätzlich ein Seitenabstand beim Passieren eines anderen Verkehrsteilnehmers von einem Meter ausreicht, dies aber zu wenig ist, wenn z. B. ein Radfahrer oder ein Reiter passiert werden muss, weil im ersteren Fall mit Schlenkern und beim Reiter oder auch anderen Tieren mit einer plötzlichen Reaktion des Tieres gerechnet werden muss (Senat, Urteil vom 19. Dezember 2002 – 14 U 94/02), so dass – abhängig von den konkreten Umständen – ein Seitenabstand von wenigsten 1,5 bis etwa 2 Meter einzuhalten ist (Brandenburgisches OLG, Urteil v. 7. April 2011 – 12 U 6/11 -; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 5 StVO Rn. 54, 55 – jeweils für einen „Überholer“). Mit dem Landgericht ist anzunehmen, dass diese Vorgabe nicht nur beim Überholen, sondern auch für ein Vorbeifahren im Begegnungsverkehr gilt, da die Gefahrenlage vergleichbar ist.
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Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme – die mit der Berufung auch nicht angegriffen wird – hat der Beklagte zu 1 den erforderlichen Seitenabstand von 1,5 bis 2 Metern zu Pferd und Reiterin mit dem Lkw nicht eingehalten, als er diese passiert hat, sondern lediglich einen Abstand von ca. einem Meter.
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Das Einhalten eines Seitenabstands von 1,5 bis 2 Metern war dem Beklagten zu 1 indes auch möglich. Denn er hätte mit seinem Lkw auf den – aus seiner Sicht – rechts neben der Fahrbahn befindlichen, hoch verdichteten und etwa 2,9 Meter breiten Randstreifen ausweichen können und müssen, um den Seitenabstand zu Pferd und Reiterin einzuhalten.
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Grundsätzlich gehört das Bankett zwar nicht zur Fahrbahn, vgl. § 2 Abs. 1 S. 2 StVO. Dieses darf von einem Kraftfahrzeug nur bei entsprechender Erlaubnis, z. B. aufgrund eines Verkehrszeichen, befahren werden. Dass hier eine entsprechende Erlaubnis vorlag, ist nicht vorgetragen. Allerdings ist das Befahren des Banketts gestattet, wenn es die Verkehrslage als sachgerechte und vernünftige Maßnahme erscheinen lässt (Heß in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl., § 2 StVO Rn. 23). Auch musste der Beklagte zu 1 möglichst weit rechts fahren (§ 2 Abs. 1 S. 1 StVO) und entgegenkommendem Verkehr ausweichen (§ 1 Abs. 2 StVO). An Engstellen muss dann aber neben der Reduzierung der Geschwindigkeit entweder auch der Randstreifen mitgenutzt werden (so auch Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss v. 14. Oktober 1980 – 1 Ob OWi 351/80 -, juris) oder gegebenenfalls angehalten und eine Verständigung darüber herbeigeführt werden, wie man sich im Begegnungsverkehr passieren will.
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Soweit die Beklagten meinen, dass ein Befahren des Seitenstreifens mit dem Lkw wegen der Gefahr des Umkippens nicht möglich gewesen sei, steht dem das Ergebnis der Beweisaufnahme entgegen. Der Sachverständige Dipl.-Ing. O. hat insoweit im Rahmen der mündlichen Erörterung seines Gutachtens ausgeführt, dass ein Befahren des Seitenstreifens mit dem Lkw jedenfalls bei der hier angenommenen geringen Geschwindigkeit gefahrlos möglich gewesen wäre.
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Im Übrigen hätte der Beklagte zu 1 ansonsten seinen Lkw anhalten müssen, um sich mit der Zeugin M. über das Passieren zu verständigen, was er nicht getan hat. Die Möglichkeit hätte ohne Weiteres bestanden, da die Reiterin für den Beklagten zu 1 schon von Weitem erkennbar war, wie sich den Fotoaufnahmen von der Unfallstelle zweifelsfrei entnehmen lässt.
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Die Beklagten können schließlich auch nicht damit gehört werden, dass in dem Parieren des Pferdes zum Anhalten durch die Zeugin M. eine konkludente Aufforderung bzw. ein Einverständnis zum Passieren des Pferdes mit dem Lkw gelegen habe. Mag dieses Verständnis auch gelten, wenn der erforderliche Seitenabstand zu Pferd und Reiterin eingehalten wird; dies war hier aber mangels Ausweichens des Lkw auf den Seitenstreifen nicht der Fall.
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3. Die Anwendung des § 840 Abs. 3 BGB scheidet vorliegend allerdings aus, weil der Zeugin M. entgegen der Ansicht des Landgerichts ein Verschulden anzulasten ist. Die Klägerin haftet daher für die Unfallfolgen nicht lediglich aus § 833 S. 1 BGB mit, sondern auch aus §§ 823 Abs. 1, 254 BGB bzw. § 17 StVG.
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a) Ohne Erfolg wenden die Beklagten allerdings ein, dass die Klägerin sich bereits deswegen ein Mitverschulden anrechnen lassen müsse, weil sie ihre damals erst 13 Jahre alte Tochter allein mit dem Pferd im Straßenverkehr hat reiten lassen. Insoweit fehlt es schon an einer hinreichenden Darlegung der Kausalität, sich also das Alter der Reiterin auf das Geschehen kausal ausgewirkt hat.
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b) Der Zeugin M. ist allerdings vorzuwerfen, dass sie sich in der fraglichen Situation nicht so verhalten hat, wie es die erforderliche Sorgfalt gebot. Ihr ist der Vorwurf eines – leicht – fahrlässigen Handelns zu machen.
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Denn allein das Parieren des Pferdes bis zum Anhalten und Schrägstellen zur Fahrbahnmitte hin genügte vorliegend nicht. Mag dies auch grundsätzlich eine adäquate Handlungsweise im Falle von Gegenverkehr darstellen, so war dies hier nicht ausreichend. Der Zeugin kam nicht lediglich ein Pkw entgegen, sondern eine Sattelzugmaschine mit Auflieger, der zudem silberglänzend war. Dies konnte sie auch unschwer bereits von Weitem erkennen. Hinzu kommt die geringe Breite der Straße „S.weg“. Zu bedenken ist auch, dass es sich bei Pferden um Fluchttiere handelt. Ein Reiter muss in Rechnung stellen, dass ein Pferd sowohl durch das Geräusch und insbesondere auch durch die pure Anwesenheit eines großen, sehr dicht passierenden Lkw irritiert wird, unruhig wird und schließlich scheut und dabei verunfallt, insbesondere auch dann, wenn das Pferd in Richtung des Lkw gestellt wird und damit bei einer fluchtartigen Reaktion gerade in Richtung des Lkw rennt. Hinzu kommt, dass es sich bei einem Pferd um ein dem Menschen in Bezug auf Gewicht und Körperkraft erheblich überlegenes Lebewesen handelt, das für den Fall, dass es „durchgeht“, nicht zu kontrollieren ist. Angesichts dieser Umstände war vorhersehbar, dass die Begegnungssituation potentiell gefährlich sein wird, selbst wenn das streitgegenständliche Pferd an den Straßenverkehr grundsätzlich gewöhnt gewesen war. Der Zeugin M. standen auch verschiedene Handlungsalternativen zur Verfügung, um die Situation zu entschärfen oder zumindest die Gefahr zu reduzieren: sie hätte insbesondere rechtzeitig vom Pferd absitzen und es am kurzen Zügel führen können (so auch in einem ähnlichen Fall: OLG Düsseldorf, Urteil v. 22. Juni 1976 – 4 U 292/75 -, Rn. 35 bei juris), sie hätte ein Stück zurückreiten können, um die Begegnung mit dem Lkw an einer breiteren Stelle zu ermöglichen, sie hätte gegebenenfalls auch eine Verständigung mit dem Beklagten zu 1 herbeiführen können.
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Stattdessen blieb die Zeugin M. auf dem Pferd sitzen und parierte das Pferd lediglich bis zum Anhalten. Das Hinwenden des Pferdes mit dessen Kopf schräg zur Fahrbahn führte zudem dazu, dass sich der Abstand des Pferdes zum vorbeifahrenden Lkw noch weiter verringerte. Unstreitig ist der Unfall darauf zurückzuführen, dass das Pferd vor dem passierenden Beklagten-Lkw gescheut hat, wobei den konkreten Auslöser selbst die Zeugin M. im Rahmen ihrer Vernehmung vor dem Landgericht (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. Juli 2015, dort S. 4 f.) nicht zu nennen vermochte.
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c) Die Ausführungen im Schriftsatz der Klägervertreterin vom 28. März 2018 rechtfertigen keine andere Bewertung und gebieten im Übrigen auch keine Wiedereröffnung der ordnungsgemäß geschlossenen Verhandlung. Denn bei der Frage, ob sich die Zeugin M. im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen richtig verhalten hat oder ihr ein Vorwurf – leichter – Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 2 BGB) zu machen ist, handelt es sich letztlich um eine Rechtfrage. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens kam nicht in Betracht, zumal ein Sachverständiger ohne Kenntnis und mangels Untersuchungsmöglichkeit des verunfallten Pferdes ohnehin nicht feststellen könnte, welches Verhalten des Tieres je nach Handeln der Zeugin M. möglich war.
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Im Hinblick auf das weitere Vorbringen in dem genannten Schriftsatz weist der Senat schließlich ausdrücklich darauf hin, dass er seine Bewertung nicht maßgeblich auf eine besondere Sachkunde zweier seiner Mitglieder stützt. Vielmehr liegen die Umstände, die die Vorhersehbarkeit des Geschehensablaufs begründen, und die Handlungsmöglichkeiten der Zeugin M., mit denen der Unfall hätte vermieden werden können, für jedermann auf der Hand.
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4. Da nach alledem auf Seiten der Klägerin neben der Tiergefahr auch ein Verschulden zu berücksichtigen ist, liegt kein Anwendungsfall von § 840 Abs. 3 BGB vor.
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Dementsprechend sind die Verursachungsbeiträge der Unfallbeteiligten abzuwägen, § 17 Abs. 1, 4 StVG. Danach erscheint dem Senat die vom Landgericht angenommene Haftungsquote angemessen. Auf Seiten der Klägerin ist die Tiergefahr zu berücksichtigen, die üblicherweise deutlich schwerer wiegt, als die eines Kraftfahrzeugs, da von Tieren für den Straßenverkehr deutlich höhere Gefahren ausgehen (Senat, Urteil v. 19. Dezember 2002 – 14 U 94/02 -; Brandenburgisches OLG, Urteil v. 7. April 2011 – 12 U 6/11 – jeweils bei juris). Die Betriebsgefahr des Lkw wiegt demgegenüber wiederum höher als die eines Pkw. Hinzu kommt, dass sowohl die Tiergefahr als auch die Betriebsgefahr durch das Verschulden beider Unfallbeteiligten jeweils erhöht wurde. Nach alledem wird die Klägerin durch die vom Landgericht gefundene Haftungsquote von 50 zu 50 jedenfalls nicht beschwert.
III.
38
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
39
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO.