BGH, Beschluss vom 22.03.2017 – XII ZB 56/16
Zur Verjährung des Regressanspruchs eines Scheinvaters.(Rn.11)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. Januar 2016 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Gründe
I.
1
Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner auf Erstattung von Unterhaltsaufwendungen für das Kind M. in Anspruch, welches im Oktober 1995 während der Ehe des Antragstellers mit der Kindesmutter geboren worden ist. Nachdem sich die Eheleute im Jahre 2008 getrennt hatten, wurde ihre Ehe durch Urteil vom 26. März 2010 – rechtskräftig seit diesem Tage – geschieden.
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Im Rahmen eines von dem Antragsteller im Februar 2009 eingeleiteten Vaterschaftsanfechtungsverfahrens gab die Kindesmutter gegenüber dem Jugendamt an, in der Empfängniszeit sowohl mit dem Antragsteller als auch mit mehreren anderen Männern Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, an deren Namen sie sich nicht mehr erinnern könne. Erstmals mit Schreiben vom 11. März 2009 forderte der Antragsteller den Antragsgegner, den er für den Erzeuger des Kindes hält, zur Erteilung von Auskünften über Einkommen und Vermögen sowie zur Zahlung von Kindesunterhalt auf. Durch Urteil vom 5. März 2010 – rechtskräftig seit dem 1. Mai 2010 – stellte das Amtsgericht fest, dass M. nicht das Kind des Antragstellers ist.
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Im vorliegenden Verfahren macht der Antragsteller gegen den Antragsgegner übergegangenen Kindesunterhalt für die Zeit vom Oktober 1995 bis November 2008 geltend. In der als „Stufenklage“ überschriebenen Antragsschrift seines Verfahrensbevollmächtigten vom 8. Juli 2011 hat der Antragsteller das Amtsgericht einleitend um Zustellung sowie um Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung gebeten und im Anschluss daran das Folgende ausgeführt:
„In diesem Termin werden wir beantragen:
1. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über seine Einkommens- und Vermögenssituation (…)
2. Nach Vorlage der Auskunft werden wir ggf. beantragen, den Beklagten zu verpflichten, die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Auskunft durch Eidesstattliche Versicherung glaubhaft zu machen.
Nach Vorlage der Auskunft behalten wir uns für den Kläger ausdrücklich vor, einen bezifferten Schadenersatzanspruch zu stellen.“
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Das Amtsgericht hat Zeugenbeweis erhoben; die Mitwirkung an einem vom Amtsgericht angeordneten Abstammungsgutachten hat der Antragsgegner verweigert. Nachdem der Antragsgegner durch Teilbeschluss des Amtsgerichts antragsgemäß zur Auskunftserteilung verpflichtet worden war, hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2014 einen Erstattungsanspruch in bezifferter Höhe von 17.739,54 € geltend gemacht und diesen Anspruch mit weiterem Schriftsatz vom 2. Februar 2015 auf 35.479,08 € erhöht.
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Das Amtsgericht hat den Antragsgegner zur Zahlung von 23.684,25 € nebst Zinsen verpflichtet und ihm eine Ratenzahlung in Höhe von monatlich 100,00 € nachgelassen. Gegen diese Entscheidung haben beide Beteiligte Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat es die angefochtene Entscheidung aufgehoben und den Antrag insgesamt zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, der eine Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung begehrt.
II.
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Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
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Es könne dahinstehen, ob ein Regressanspruch des Antragstellers dem Grunde nach bestehe. Jedenfalls sei der Antragsgegner aufgrund der von ihm erhobenen Verjährungseinrede zur Leistungsverweigerung berechtigt. Der Anspruch auf Scheinvaterregress nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB unterliege der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Der Anspruch des Antragstellers sei mit Rechtskraft des am 5. März 2010 im Vaterschaftsanfechtungsverfahren ergangenen Urteils entstanden. Spätestens im Jahre 2010 habe der Antragsteller auch die für eine hinreichend aussichtsreiche Klage genügende Kenntnis von der Person des Antragsgegners als Schuldner gehabt, was sich unter anderem daran zeige, dass er den Antragsgegner bereits im März 2009 zur Zahlung von Kindesunterhalt für M. aufgefordert habe. Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft des Antragsgegners gemäß § 1600 d Abs. 1 BGB sei keine weitere Voraussetzung für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 BGB. Diese Auffassung sei zwar zutreffend gewesen, solange nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft des Erzeugers Voraussetzung für die Geltendmachung von Scheinvaterregressansprüchen gewesen sei. Nach der Änderung dieser Rechtsprechung, wonach ausnahmsweise eine inzidente Vaterschaftsfeststellung im Regressverfahren zulässig sei, beginne die Verjährung des Anspruchs auf Scheinvaterregress bei – hier zu bejahender – Kenntnis von der Person des Erzeugers mit Schluss des Jahres, in dem die Vaterschaft durch den Scheinvater wirksam angefochten worden sei.
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Die bis zum 31. Dezember 2013 laufende Verjährungsfrist sei nicht rechtzeitig gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Erhebung der Klage auf Leistung gehemmt worden. Zwar hemme auch eine als Stufenklage erhobene Leistungsklage die Verjährung, selbst wenn zunächst nur der Auskunftsantrag gestellt werde. Der Antrag des Antragstellers vom 8. Juli 2011 habe aber unbeschadet seiner Bezeichnung als Stufenklage nicht zu einer Verjährungshemmung geführt, weil es sich tatsächlich nicht um eine Stufenklage gemäß § 254 ZPO gehandelt habe und durch die Zustellung dieser Antragsschrift nur der Auskunftsantrag, nicht aber auch der Leistungsantrag rechtshängig geworden sei. Der Antragsteller habe sich nach den eindeutigen Formulierungen in seiner Antragsschrift lediglich vorbehalten, nach Vorlage der Auskunft einen bezifferten Schadenersatzanspruch zu stellen. Auch das in der Antragsschrift enthaltene Vorbringen zum Verfahrenswert spreche für die Absicht, zunächst lediglich den Auskunftsanspruch geltend zu machen, weil angeregt worden sei, den Wert vorläufig auf 1.000 Euro festzusetzen. Im Zeitpunkt der erstmaligen Erhebung der Leistungsklage durch Schriftsatz vom 6. Oktober 2014 sei die Verjährungsfrist bereits abgelaufen gewesen.
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2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
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a) Rechtlicher Ausgangspunkt für den vom Antragsteller geltend gemachten Regressanspruch ist § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB, wonach der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil auf einen Dritten übergeht, der als Vater Unterhalt geleistet hat. Der nach dieser Vorschrift übergegangene Anspruch ist mit dem ursprünglichen Unterhaltsanspruch grundsätzlich identisch, so dass er – wie dieser selbst – nach § 195 BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegt (vgl. OLG Schleswig FamRZ 2007, 2102, 2103; Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 805; Schwonberg in Eschenbruch/Schürmann/Menne Der Unterhaltsprozess 6. Aufl. Kap. 2 Rn. 1618). Das Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3142), durch das mit Wirkung zum 1. Januar 2010 die bisherigen Sondervorschriften für die Verjährung familienrechtlicher Ansprüche (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 aF BGB) aufgehoben worden sind, hat an dieser Rechtslage nichts geändert.
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b) Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
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aa) Im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist ein Anspruch in dem Zeitpunkt „entstanden“, in dem der Berechtigte den Anspruch erstmals geltend machen und notfalls Klage erheben kann, um die Hemmung der Verjährung zu erreichen (vgl. BGH Urteile vom 16. September 2010 – IX ZR 121/09 – NZG 2010, 1436, 1439 und vom 17. Dezember 1999 – V ZR 448/98 – NJW-RR 2000, 647, 648 mwN).
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(1) Verfahrensgegenstand ist der – auf den Scheinvater übergegangene – gesetzliche Unterhaltsanspruch (§§ 1601 ff. BGB) des Kindes gegen seinen mutmaßlichen Erzeuger. Ein gesetzlicher Anspruch auf Kindesunterhalt gegen den Erzeuger kann aber unabhängig von der tatsächlichen Abstammung von vornherein nicht entstehen, wenn und solange ein anderer Mann auf Grund von § 1592 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB als Vater des Kindes und damit als Unterhaltspflichtiger anzusehen ist. Der Antragsteller war gemäß § 1592 Nr. 1 BGB Vater des Kindes M., welches während seiner Ehe mit der Kindesmutter geboren worden ist. Erst nach rechtskräftiger Anfechtung seiner Vaterschaft steht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit Wirkung für und gegen jeden (§ 184 Abs. 2 FamFG) fest, dass das Kind M. nicht von dem Antragsteller abstammt. Gleichzeitig steht damit – ebenfalls rückwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt – fest, dass der Antragsteller dem Kind gesetzlichen Kindesunterhalt nicht geschuldet und somit als „Dritter“ im Sinne von § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB geleistet hat (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 2012 – XII ZR 194/09 – FamRZ 2012, 437 Rn. 16 ff.). Die Verjährungsfrist für gesetzliche Unterhaltsansprüche gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes kann deshalb frühestens am Schluss des Jahres beginnen, in dem die Entscheidung über die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft rechtskräftig geworden ist (vgl. auch BGHZ 48, 361, 367 = FamRZ 1968, 76, 77 f. zu § 1593 aF BGB).
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(2) Zutreffend hat das Beschwerdegericht erkannt, dass die Rechtsausübungssperre nach § 1600 d Abs. 4 BGB im vorliegenden Fall nicht dazu führt, den Beginn der Verjährungsfrist in objektiver Hinsicht zeitlich weiter hinauszuschieben.
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(a) Allerdings kann der Erzeuger wegen § 1600 d Abs. 4 BGB grundsätzlich erst dann auf Unterhalt in Anspruch genommen werden, wenn er die Vaterschaft wirksam anerkannt hat oder seine Vaterschaft rechtskräftig festgestellt ist. Aus diesem Grunde entspricht es allgemeiner Ansicht, dass die Verjährungsfrist für den Unterhaltsanspruch des Kindes mit Blick auf die Rechtsausübungssperre vor der rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft grundsätzlich nicht in Lauf gesetzt werden kann, weil diesem Unterhaltsanspruch vor der Feststellung der Vaterschaft des Erzeugers jede Realisierungsmöglichkeit fehlt (vgl. Senatsurteil vom 20. Mai 1981 – IVb ZR 570/80 – FamRZ 1981, 763 f. zu § 1600 a Satz 2 aF BGB). Uneinigkeit besteht insoweit lediglich in der dogmatischen Herleitung dieses Ergebnisses: Während teilweise angenommen wird, dass die Verjährung wegen der Rechtsausübungssperre bis zur Feststellung der Vaterschaft entsprechend § 205 BGB gehemmt sei (vgl. Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1594 Rn. 16), geht eine andere Ansicht davon aus, dass der Unterhaltsanspruch bis zur rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft des Erzeugers noch nicht im Sinne von § 199 BGB Abs. 1 Nr. 1 BGB „entstanden“ sei, weil er nicht gerichtlich geltend gemacht werden könne (vgl. etwa MünchKomm/Wellenhofer BGB 7. Aufl. § 1600 d Rn. 100; Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2014] § 205 Rn. 23; Huber FamRZ 2004, 145, 148; ausdrücklich offen gelassen im Senatsurteil vom 20. Mai 1981 – IVb ZR 570/80 – FamRZ 1981, 763, 764 mwN zum damaligen Streitstand).
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(b) Nach diesen Maßstäben beurteilt sich grundsätzlich auch die Verjährung des nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB auf den Scheinvater übergegangen Unterhaltsanspruchs (vgl. Senatsurteil vom 20. Mai 1981 – IVb ZR 570/80 – FamRZ 1981, 763, 764; Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1594 Rn. 16). Denn auch der Regressanspruch des Scheinvaters, der zuvor seine Vaterschaft erfolgreich angefochten hat, unterliegt regelmäßig der Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB. Der gerichtlichen Inanspruchnahme des Erzeugers im Wege des Scheinvaterregresses muss daher die wirksame Anerkennung oder die rechtskräftige Feststellung der Vaterschaft des Erzeugers vorausgehen; die Abstammungsfrage kann grundsätzlich nicht inzident im Regressverfahren als Vorfrage geklärt werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 121, 299, 301 ff. = FamRZ 1993, 696 f. zu § 1600 a Satz 2 aF BGB). Dabei hat die frühere Rechtsprechung des Senats auch die endgültige Nichtrealisierbarkeit der Regressforderung des Scheinvaters hingenommen, wenn es nicht zu einer Anerkennung der Vaterschaft oder zu einer gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung kommt (vgl. Senatsurteil BGHZ 121, 299, 303 = FamRZ 1993, 696, 697 zu § 1600 a Satz 2 aF BGB). Eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB im Regressverfahren konnte seinerzeit nur in ausgesprochenen Ausnahmefällen erwogen werden, so beispielsweise bei einem böswilligen, arglistigen oder deliktischen Verhalten (§§ 823, 826 BGB) des Erzeugers (vgl. MünchKomm/Wellenhofer BGB 7. Aufl. § 1600d Rn. 106; Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1600 d Rn. 95, jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung; vgl. auch BGH Urteil vom 21. Februar 1962 – IV ZR 204/61 – NJW 1962, 1057 f.).
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(c) An seiner früheren, restriktiven Rechtsprechung zur Sperrwirkung des § 1600 d Abs. 4 BGB hat der Senat in jüngerer Zeit mit Blick auf verschiedene Rechtsänderungen in dieser Form nicht mehr festgehalten. Zum einen hat es der Wegfall der Amtspflegschaft für nichtehelich geborene Kinder zum 1. Juli 1998 mit sich gebracht, dass die Vaterschaftsfeststellung bis zur Volljährigkeit des Kindes allein in das Belieben des mutmaßlichen Erzeugers und der allein sorgeberechtigten Mutter gestellt worden ist. Zum anderen hat das zum 1. April 2008 in das Gesetz eingefügte Abstammungsklärungsverfahren (§ 1598 a BGB) verdeutlicht, dass dem Gesetz eine statusunabhängige Vaterschaftsfeststellung nicht (mehr) völlig fremd ist. Vor diesem Hintergrund hat der Senat in besonders gelagerten Fällen eine großzügigere Handhabung der inzidenten Vaterschaftsfeststellung im Regressverfahren gebilligt. Eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre kommt danach insbesondere dann in Betracht, wenn davon auszugehen ist, dass eine Vaterschaftsfeststellung in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist und insbesondere schützenswerte Kindesinteressen der inzidenten Feststellung nicht entgegen stehen (vgl. Senatsurteile BGHZ 176, 327 = FamRZ 2008, 1424 Rn. 29, 35 f. und vom 22. Oktober 2008 – XII ZR 46/07 – FamRZ 2009, 32 Rn. 12). Darüber hinaus muss die Vaterschaft des Regressschuldners unstreitig sein, oder es müssen von dem Scheinvater zumindest die Voraussetzungen dargelegt werden, an die § 1600 d Abs. 2 BGB die Vermutung der Vaterschaft des mutmaßlichen Erzeugers knüpft (Senatsurteil BGHZ 176, 327 = FamRZ 2008, 1424 Rn. 30).
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(d) In diesen Fällen, in denen die Rechtsausübungssperre durch den Scheinvater im Regressverfahren durchbrochen werden kann, vermag § 1600 d Abs. 4 BGB indessen auch den Beginn der Verjährungsfrist in objektiver Hinsicht nicht zu beeinflussen. Denn soweit im Verhältnis zwischen dem Scheinvater und dem mutmaßlichen Erzeuger eine inzidente Feststellung der Vaterschaft als Klärung der Vorfrage der Unterhaltspflicht zulässig ist, was der Antragsteller auch im Rechtsbeschwerdeverfahren geltend macht, kann § 1600 d Abs. 4 BGB kein rechtliches Hindernis für die gerichtliche Durchsetzung des übergegangenen Unterhaltsanspruchs darstellen. Es bleibt in diesen Fällen deshalb dabei, dass für den Beginn der Verjährung in objektiver Hinsicht nur auf die Rechtskraft der Entscheidung im Vaterschaftsanfechtungsverfahren abzustellen ist. Gegen diese zutreffende Beurteilung des Beschwerdegerichts (ebenso im Ergebnis etwa LG Duisburg NJW-RR 1996, 1475, 1476) erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts.
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bb) Weiterhin setzt der Beginn der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB als subjektives Element die erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners voraus. Diese Kenntnis hat der Gläubiger nicht erst dann, wenn der Anspruch bewiesen ist oder der Gläubiger selbst keinerlei Zweifel mehr hat. Es reicht vielmehr aus, dass dem Gläubiger aufgrund der ihm bekannten Tatsachen eine gerichtliche Geltendmachung seines Anspruchs bei verständiger Würdigung der Erfolgsaussichten zuzumuten ist, was andererseits nicht bedeutet, dass die Rechtsverfolgung für den Gläubiger risikolos erscheinen muss (vgl. BGHZ 169, 308 = NZI 2007, 740 Rn. 15 und BGH Urteil vom 3. Juni 2008 – XI ZR 319/06 – NJW 2008, 2576 Rn. 27).
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Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Antragsteller spätestens im Jahr 2010 Kenntnis von der Person des Antragsgegners als dem möglichen Erzeuger besaß. Im vorliegenden Fall könnte in subjektiver Hinsicht allenfalls zweifelhaft sein, ob es dem Antragsteller mit Blick auf die Erfolgsaussichten seiner Rechtsverfolgung zuzumuten war, unmittelbar nach rechtskräftiger Vaterschaftsanfechtung seine Regressansprüche gegen den Antragsgegner unter Durchbrechung der Sperrwirkung des § 1600 d Abs. 4 BGB zu verfolgen, ohne eine gewisse Zeit darauf hinzuwarten, ob die Vaterschaft für das Kind durch den Antragsgegner anerkannt oder ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren betrieben wird. Dies ist im Ergebnis zu verneinen.
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(1) Zwar hat der Senat die Durchbrechung der Rechtsausübungssperre von der Erwartung abhängig gemacht, dass auf absehbare Zeit keine Vaterschaftsfeststellung erfolgt, und diese Erwartung insbesondere dann als gerechtfertigt angesehen, wenn die Antragsbefugten von der Möglichkeit eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens „längere Zeit“ keinen Gebrauch gemacht haben. Wie der Senat später ausgeführt hat, ist unter „längerer Zeit“ jedenfalls ein solcher Zeitraum zu verstehen, der deutlich über die Zeitspanne hinausgeht, innerhalb derer ein Scheinvater nach dem bis zum 30. Juni 1998 geltenden Recht damit hätte rechnen können, dass das Jugendamt als Pfleger gem. §§ 1706, 1709 aF BGB namens des Kindes ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren eingeleitet hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2008 – XII ZR 46/07 – FamRZ 2009, 32 Rn. 14). Hieraus wurde im Schrifttum gefolgert, dass sich die Rechtspraxis auf eine „Wartezeit“ von etwa achtzehn Monaten einstellen könne (vgl. Wellenhofer FamRZ 2009, 34).
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(2) Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass ein mit der Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB verbundener Unterhaltsregress in jedem denkbaren Fall erst nach Ablauf einer gewissen „Wartezeit“ ab rechtskräftiger Vaterschaftsanfechtung mit einiger Aussicht auf Erfolg gerichtlich geltend gemacht werden könnte. Der Umstand, dass die Antragsbefugten von den Möglichkeiten eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens längere Zeit keinen Gebrauch gemacht haben, stützt zwar die erforderliche Prognose, dass dies auch künftig in absehbarer Zeit nicht geschehen wird. Es ist aber keineswegs ausgeschlossen, dass diese Prognose auch aufgrund anderer Tatsachen gerechtfertigt erscheint, so insbesondere dann, wenn der mutmaßliche Erzeuger und die Kindesmutter als gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Kindes die Einleitung eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens schon ausdrücklich abgelehnt haben (Senatsurteil BGHZ 176, 327 = FamRZ 2008, 1424 Rn. 29) oder – wie auch im vorliegenden Fall – ihr sonstiges Verhalten schon im Zeitpunkt der rechtskräftigen Vaterschaftsanfechtung nahelegt, dass sie auf absehbare Zeit kein Interesse an einer Vaterschaftsfeststellung haben. Wird im Übrigen ein gerichtliches Vaterschaftsfeststellungsverfahren während der Rechtshängigkeit des Scheinvaterregresses eingeleitet, wird dies grundsätzlich nicht zu einer Abweisung des Regressanspruchs, sondern zu einer Aussetzung des Regressverfahrens führen (Senatsurteil BGHZ 176, 327 = FamRZ 2008, 1424 Rn. 29).
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cc) Mithin ist das Beschwerdegericht zutreffend und letztlich von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet davon ausgegangen, dass die dreijährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB mit Ablauf des 31. Dezember 2010 begann und – vorbehaltlich einer Hemmung – am 31. Dezember 2013 endete.
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c) Das Beschwerdegericht hat schließlich ebenfalls zu Recht erkannt, dass die am 12. Juli 2011 bei Gericht eingegangene Antragsschrift des Antragstellers vom 8. Juli 2011 nicht zu einer Hemmung der Verjährung nach § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 204 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geführt hat. Die diesbezüglichen Erwägungen des Beschwerdegerichts halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
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aa) Wird ein Stufenantrag (§ 254 ZPO) gestellt, bei welchem sich der Gläubiger die Angabe der Leistungen, die er beansprucht, vorbehält, erfasst die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB allerdings den geltend gemachten unbezifferten Anspruch auf Leistung in jeder Höhe (BGH Urteil vom 24. Mai 2012 – IX ZR 168/11 – FamRZ 2012, 1296 Rn. 11; vgl. auch Senatsurteil vom 8. Februar 1995 – XII ZR 24/94 – FamRZ 1995, 797, 798 zur Unterbrechung der Verjährung nach früherem Recht). Der Stufenantrag stellt eine besondere Form der objektiven Antragshäufung dar, bei welcher der Gläubiger vorläufig seiner verfahrensrechtlichen Pflicht zur Bezifferung seines Leistungsantrages enthoben ist, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben wurde. Durch die Zustellung des (dreistufigen) Stufenantrags wird sofort der in der dritten Stufe erhobene, noch nicht bezifferte Zahlungsanspruch rechtshängig (Senatsurteil vom 8. Februar 1995 – XII ZR 24/94 – FamRZ 1995, 797; vgl. auch Senatsbeschluss vom 13. April 1988 – IVb ARZ 13/88 – juris Rn. 2).
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bb) Ob der Antragsteller bereits einen unbezifferten Leistungsantrag in der dritten Stufe eines Stufenantrags rechtshängig machen wollte, ist im Wege der Auslegung der Antragsschrift und der sonst vorliegenden Unterlagen zu entscheiden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Rechtsbeschwerdegericht die Würdigung verfahrensrechtlicher Erklärungen eines Beteiligten durch den Tatrichter uneingeschränkt nachprüfen und Erklärungen selbst auslegen. Dabei ist nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern der wirkliche Wille der Beteiligten zu berücksichtigen. Bei der Auslegung von Verfahrenserklärungen ist zudem der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH Beschlüsse vom 14. November 2013 – IX ZR 215/12 – NJW-RR 2014, 1020 Rn. 6 und vom 29. März 2011 – VIII ZB 25/10 – NJW 2011, 1455 Rn. 9). Auch nach diesen Maßstäben ist dem Beschwerdegericht indessen in seiner Beurteilung beizutreten, dass die Antragsschrift vom 8. Juli 2011 keinen Stufenantrag enthält, der bereits einen unbezifferten Leistungsantrag umfasst.
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(1) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht schon ohne weiteres aus dem Umstand, dass die Antragsschrift mit „Stufenklage“ überschrieben ist.
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Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass ein Stufenantrag nach einer weit verbreiteten Meinung in Rechtsprechung und Literatur auch in einer auf die vorbereitenden Ansprüche verkürzten Form gestellt werden kann (vgl. etwa KG FamRZ 1997, 503; OLG Zweibrücken OLGR 2005, 132; MünchKommZPO/Becker-Eberhardt 5. Aufl. § 254 Rn. 10; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 254 Rn. 2; BeckOK ZPO/Bacher [Stand: 1. Dezember 2016] § 254 Rn. 11; BeckOK BGB/Mayer [Stand: 1. August 2015] § 1379 Rn. 25; Wendl/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 10 Rn. 358; Göppinger/Wax/van Els Unterhaltsrecht 9. Aufl. Rn. 2524; vgl. auch LAG Niedersachsen Urteil vom 1. April 2008 – 1 Sa 1023/07 – juris Rn. 58). Vor diesem Hintergrund lassen sowohl der Wortlaut als auch die Gestaltung des Antragsschriftsatzes im vorliegenden Fall nur die Auslegung zu, dass ein solcherart verkürzter Stufenantrag rechtshängig gemacht werden sollte. Denn lediglich die Anträge zu den Ansprüchen auf Auskunftserteilung und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sind durch ihre Nummerierung und ihre drucktechnische Gestaltung (Absatz und Fettdruck) in besonderer Weise als bestimmte Anträge hervorgehoben.
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(2) Dafür, dass der Streitgegenstand auf die ersten beiden, den Leistungsantrag lediglich vorbereitenden Stufen beschränkt sein sollte, sprechen auch die nachgestellten Ausführungen zu einem künftigen Leistungsbegehren. Soweit der Antragsteller darauf hinweist, er behalte sich ausdrücklich vor, nach Vorlage der Auskunft „einen bezifferten Schadenersatzanspruch zu stellen“, liegt darin nach dem Wortsinn gerade noch nicht die Stellung eines unbezifferten Antrages in der Leistungsstufe. Mit Recht weist die Rechtsbeschwerdeerwiderung darauf hin, dass der Leistungsantrag in der letzten Stufe in einer – mit Ausnahme der Bezifferung – den Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügenden Form uneingeschränkt gestellt sein muss und nicht nur angekündigt werden darf (vgl. OLG Celle NJW-RR 1995, 1411; OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 488; Musielak/Foerste ZPO 13. Aufl. § 254 ZPO Rn. 3). Daher konnte sich der Antragsteller zwar die Bezifferung, nicht aber – wie geschehen – schon die Stellung des Leistungsantrags vorbehalten, wenn sein Stufenantrag durch Zustellung der Antragsschrift in allen drei Stufen rechtshängig werden sollte.
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(3) Diese am eindeutigen Wortlaut orientierte Auslegung widerspricht auch nicht den wohlverstandenen Interessen des Antragstellers im Zeitpunkt der Antragstellung.
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Denn angesichts eines bestehenden Verfahrensrisikos kann die Stellung eines auf die vorbereitenden Stufen beschränkten Stufenantrags sogar empfehlenswert sein, wenn keine Notwendigkeit zur sofortigen Verjährungshemmung besteht und die Stellung des unbezifferten Leistungsantrags in der letzten Stufe den Gebührenstreitwert beträchtlich erhöhen würde (so ausdrücklich MünchKomm/Becker-Eberhardt ZPO 5. Aufl. § 254 Rn. 10). Davon kann auch unter den hier obwaltenden Umständen ausgegangen werden. Eine unmittelbar bevorstehende Verjährung der von dem Antragsteller verfolgten Regressansprüche drohte bei Einleitung des Verfahrens im Jahre 2011 noch nicht. Nach der Sachlage bei Verfahrenseinleitung bestand für den Antragsteller ein nicht zu vernachlässigendes Verfahrensrisiko, weil der Erfolg seiner Rechtsverfolgung (möglicherweise) vom nicht sicher vorhersehbaren Ergebnis eines gerichtlichen Abstammungsgutachtens abhängen würde. Im Übrigen hat – worauf schon das Beschwerdegericht zutreffend hingewiesen hat – der Antragsteller in der Antragsschrift selbst angeregt, den Verfahrenswert vorläufig auf (lediglich) 1.000 € festzusetzen, obwohl er in seinen außergerichtlichen Aufforderungsschreiben durchaus konkrete Vorstellungen zur Höhe des gesamten Regressanspruchs entwickelt hatte, die der Bewertung eines unbezifferten Leistungsantrags hätten zugrunde gelegt werden können.
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d) Das Beschwerdegericht hat somit zu Recht entschieden, dass der Regressanspruch des Antragstellers bei erstmaliger Stellung eines Leistungsantrags am 6. Oktober 2014 bereits verjährt war.