Assekuradeur kann Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht des Versicherungsnehmers geltend machen, ohne hierfür einer Erlaubnis nach dem RDG zu bedürfen

OLG Stuttgart, Urteil vom 28.06.2017 – 3 U 6/17

1. Der Assekuradeur kann Schadensersatzansprüche des Transportversicherers aus übergegangenem Recht des Versicherungsnehmers geltend machen, ohne hierfür einer Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz zu bedürfen.(Rn.24)

2. Der Luftfrachtspediteur, der in seinem Lager Packstücke für unterschiedliche Empfänger zusammenführt und mit Luftfrachtaufklebern versieht, hat durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass sich die Lagermitarbeiter bei der Etikettierung mit jedem Packstück einzeln befassen müssen.(Rn.38)

(Leitsatz des Gerichts)

1. Die Berufung gegen das Urteil der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 30.11.2016 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil sowie das vorstehend bezeichnete Urteil des Landgerichts Stuttgart sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert: 30.208 €

Gründe
A.

1
Die K. M. und A. GmbH (B. S.) verkaufte vier Oszillatoren zum Gesamtpreis von 28.320 € an die T. A.S. (B./A.) und beauftragte die Luftfrachtspediteurin I. A. L. GmbH (nachfolgend: Versicherungsnehmerin), die Sendung von B. S. zum Flughafen S. zu verbringen und von dort nach A. fliegen zu lassen. Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte mit dem Vorlauftransport von B. S. zum Flughafen S.. Die Beklagte holte die Sendung in B. S. ab und verbrachte diese zunächst zu ihrem Lager. Entsprechend einer zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten ständig praktizierten Übung, erhielt die Beklagte von der Versicherungsnehmerin die Luftfrachtdokumente sowie Luftfrachtaufkleber. Vereinbarungsgemäß sollte die Beklagte die Sendung sodann in ihrem Lager mit dem Luftfrachtaufkleber versehen und am Flughafen S. dem Luftfrachtführer aushändigen. Aufgrund eines Versehens der Mitarbeiter der Beklagten wurde die streitgegenständliche Sendung mit einem Luftfrachtaufkleber versehen, welcher eine Sendung nach AY. betraf, während umgekehrt die für AY. bestimmte Sendung den Luftfrachtaufkleber erhielt, welcher an der streitgegenständlichen Sendung hätte angebracht werden sollen. Die Beklagte lieferte die Sendungen entsprechend der Luftfrachtaufkleber an die Luftfrachtführer aus, welche diese entgegennahmen und die Lufttransporte ausführten. Daher wurde die streitgegenständliche Sendung mit B. A. nach AY. transportiert, während die für AY. vorgesehene Sendung durch T. A. nach A. geflogen wurde. Die streitgegenständliche Sendung wurde in AY. wegen des Verdachts des Schmuggels vom Zoll beschlagnahmt und schließlich vernichtet.

2
Da im Verhältnis zwischen der K. M.- und A. GmbH und der Käuferin T. A.S. die Käuferin die Transportgefahr trug, bezahlte diese den Kaufpreis für die streitgegenständliche Sendung in Höhe von 28.320 €, worauf die Käuferin eine Steuer in Höhe von 1.888 € für den Kapitaltransfer ins Ausland entrichten musste. In Höhe ihres Gesamtaufwands von 30.208 € verlangte die T. A.S. hierfür von der Versicherungsnehmerin Ersatz (Anlage K 5). Die Klägerin regulierte für den Haftungsversicherer den Schaden gegenüber der Versicherungsnehmerin, welche ihrerseits die Forderung der T. A.S. ausglich. Nach dem in erster Instanz unbestrittenen Vorbringen der Klägerin wurde sie dabei als Assekuradeurin des Haftungsversicherers tätig. Die Versicherungsnehmerin trat alle ihr aus dem Schadensfall gegen Dritte zustehenden Ansprüche an die Klägerin ab (Anlage K 1).

3
Die Klägerin hat die Beklagte aus abgetretenem Recht der Versicherungsnehmerin – hilfsweise in gesetzlicher Prozessstandschaft der beteiligten Versicherer – in Regress genommen. Das Landgericht hat der auf Zahlung von 30.208 € nebst Zinsen sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands in erster Instanz sowie der Entscheidung des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

4
Die Beklagte bringt im Berufungsverfahren im Wesentlichen vor,

5
der Klägerin ermangele bereits die Aktivlegitimation. Die Abtretungserklärung (Anlage K 1) bezeichne die abgetretenen Forderungen schon nicht hinlänglich bestimmt. Jedenfalls sei die Abtretung nach § 134 BGB unwirksam, weil die Tätigkeit der Klägerin eine unerlaubte Rechtsdienstleistung darstelle. Dass die Klägerin Assekuradeurin sei, werde bestritten.

6
Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch bestehe auch in der Sache nicht. Es liege der typische Fall eines Augenblicksversagens der Mitarbeiter der Beklagten vor, weshalb ein der Höhe nach unbegrenzter Schadensersatzanspruch nicht in Betracht komme. Die allenfalls in Frage kommende Grundhaftung sei bereits reguliert. Überdies habe die Versicherungsnehmerin ihrerseits gegenüber der Empfängerin T. A.S. gar nicht auf Schadensersatz gehaftet, weshalb die Versicherungsnehmerin auch keinen Haftungsschaden erlitten habe.

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Die Beklagte beantragt,

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das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

9
Die Klägerin beantragt,

10
die Berufung zurückzuweisen.

11
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil.

12
Das Landgericht habe die Aktivlegitimation der Klägerin mit Recht bejaht. Dass die Klägerin Assekuradeurin der Haftungsversicherer sei, könne die Beklagte im Berufungsverfahren nicht mehr in zulässiger Weise bestreiten. Überdies sei die in erster Instanz unstreitige Behauptung der Klägerin, wonach sie Assekuradeurin sei, auch in der Sache zutreffend.

13
Das Landgericht habe auch mit Recht angenommen, dass die Beklagte wegen qualifizierten Verschuldens unbeschränkt hafte. Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren ergänzend zur Organisation ihres Lagers vorgetragen habe, werde dieser neue Vortrag als verspätet zurückgewiesen und bestritten. Auf die Frage, ob die Versicherungsnehmerin gegenüber der T. A.S. auf Schadensersatz gehaftet habe, komme es nicht an, weil – sofern eine solche Haftung nicht bestanden haben sollte – die Versicherungsnehmerin den Schaden der T. A.S. im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen könne. Die Versicherungsnehmerin habe aber gegenüber der T. A.S. auch tatsächlich gehaftet, weil die Versicherungsnehmerin den Vorlauftransport von B. S. zum Flughafen S. zu fixen Kosten angeboten und daher wie eine Frachtführerin gehaftet habe.

14
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 26.04.2017 verwiesen.

B.

15
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

16
I. Die Klägerin ist aufgrund der Abtretung der Schadensersatzansprüche durch die Versicherungsnehmerin aktivlegitimiert.

17
1. Die Abtretung von Schadensersatzansprüchen der Versicherungsnehmerin ist entgegen der Auffassung der Berufung nicht wegen fehlender Bestimmtheit unwirksam.

18
Eine Abtretung ist nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist (BGH, Urteil vom 07.06.2011 – VI ZR 260/10, NJW 2011, 2713 Rn. 6). Da die Bestimmbarkeit der Forderung genügt, muss die Person des Schuldners in der Abtretungsvereinbarung aber nicht genannt werden oder – im Falle der Vorausabtretung künftiger Forderungen – auch nur feststehen. So können künftige Lohnforderungen abgetreten werden, auch wenn noch offen ist, wer künftig Arbeitgeber sein wird (BGH, Urteil vom 20.09.2012 – IX ZR 208/11, WM 2012, 2292 Rn. 8). Schadensersatzansprüche können auch bei Unkenntnis des Schädigers abgetreten werden (Staudinger/Busche, BGB, 2012, § 398 Rn. 55), etwa als Ansprüche gegen die am Bau oder am Transport Beteiligten (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 398 Rn. 14). Die Erklärung der Versicherungsnehmerin, wonach sie alle ihr aus dem näher bezeichneten und damit identifizierbaren Schadensfall zustehenden Ansprüche an die Klägerin abtrete (Anlage K 1), ist damit hinreichend bestimmt.

19
2. Die Abtretung von Schadensersatzansprüchen geht auch nicht deshalb ins Leere, weil die Versicherungsnehmerin zum Zeitpunkt der Abtretung schon nicht mehr Forderungsinhaberin gewesen wäre.

20
Die Klägerin hat im Auftrag des Versicherers den Haftungsschaden der Versicherungsnehmerin reguliert, indem dieser die von der T. A.S. geforderte Summe zur Verfügung gestellt worden ist. Mit der Regulierung gingen etwaige Schadensersatzansprüche der Versicherungsnehmerin gemäß § 86 Abs. 1 VVG kraft Gesetzes auf den Versicherer über und konnten folglich von der Versicherungsnehmerin nicht mehr an die Klägerin abgetreten werden. Die Klägerin kann ihre Aktivlegitimation daher nur dann aus der Abtretung durch die Versicherungsnehmerin herleiten, wenn der Schaden zum Zeitpunkt der Abtretung noch nicht reguliert war. Dies ist aufgrund des – nach Hinweis des Senats – im Berufungsverfahren ergänzend gehaltenen Sachvortrags der Klägerin sowie der vorgelegten Urkunden zur Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) der Fall.

21
Ausweislich des vorgelegten E-Mail-Verkehrs, dessen Authentizität von der Beklagten nicht bestritten worden ist, übermittelte die Versicherungsnehmerin die auf den 28.10.2015 datierte Abtretungserklärung zunächst an die Versicherungsmaklerin B. B. Assekuranzmakler GmbH, welche durch ihre Mitarbeiterin Frau P. per E-Mail vom 03.11.2015 den Erhalt des Originals der Abtretungserklärung bestätigte (Anlage K 11 = GA II 124). Die B. B. Assekuranzmakler GmbH übersandte ihrerseits die von der Versicherungsnehmerin unterzeichnete Abtretungserklärung am 03.11.2015 vorab per E-Mail an die Mitarbeiterin der Klägerin Frau L. und kündigte an, das Original per Post nachzureichen (Anlage K 12 = GA II 125). Nachdem die Übermittlung per E-Mail für den Zugang der Abtretungserklärung ausreicht und die Annahme der Abtretung durch die Klägerin nach § 151 BGB keines Zugangs bedurfte (vgl. BGH, Urteil vom 22.07.2010 – I ZR 104/08, VersR 2011, 690 Rn. 23), war die Abtretung am 03.11.2015 vollzogen.

22
Am 03.11.2015 war die Versicherungsnehmerin noch Inhaberin etwaiger Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte. Denn erst am 06.11.2015 erklärte die Klägerin gegenüber der Maklerin B. B., den Schadensbetrag in Höhe von 30.208 € zur Auszahlung freizugeben (Anlage K 10 = GA II 121), wobei die Maklerin am 09.11.2015 gegenüber der Versicherungsnehmerin ankündigte, diesen Betrag auszuzahlen (Anlage K 13 = GA II 127). Hieraus ergibt sich, dass am 03.11.2015 noch keine Zahlung an die Versicherungsnehmerin erfolgt war. Soweit die Beklagte aus dem Vorhandensein einer Schadensnummer auf der Abtretungserklärung (Anlage K 1) schließt, der Versicherer habe bereits zum Zeitpunkt der Abtretungserklärung die Regulierung freigegeben, ist das unerheblich, weil der Anspruchsübergang nach § 86 VVG erst eintritt, wenn der Versicherer den Schaden tatsächlich ersetzt, während die bloße Zusage einer Versicherungsleistung nicht genügt.

23
Der Klage steht auch nicht entgegen, dass der abgetretene Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte zum Zeitpunkt der Abtretung möglicherweise nur auf Freistellung und nicht auf Zahlung gerichtet gewesen sein mag. Denn reguliert ein Assekuradeur im Auftrag des Transportversicherers den Schaden, so tritt er an die Stelle des Versicherers. Der an den Assekuradeur abgetretene Befreiungsanspruch wandelt sich mit der Schadensregulierung in einen Zahlungsanspruch um (BGH, Urteil vom 14.03.1985 – I ZR 168/82, juris Rn. 19).

24
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Abtretung auch nicht nach § 134 BGB iVm § 2 RDG nichtig.

25
a) Allerdings bedeutet die Tätigkeit der Klägerin schon deshalb eine im Grundsatz erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung, weil die Forderungseinziehung eine rechtliche Prüfung im Einzelfall erfordert (§ 2 Abs. 1 RDG). Ob überdies die Voraussetzungen einer Inkassodienstleistung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG vorliegen, kann daher dahinstehen. Gemäß § 5 Abs. 1 RDG sind aber Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Dies ist bei der Schadensregulierung durch Assekuradeure der Fall.

26
Wie die Beklagte mit Recht vorbringt, gehört zwar bei Versicherungsmaklern die Schadensregulierung – jedenfalls bei der Textilhaftpflichtversicherung – nicht als Nebenleistung zum Berufsbild (BGH, Urteil vom 14.01.2016 – I ZR 107/14, ZIP 2016, 2169 Rn. 16 ff.). Bei einem Agenten, welcher vom Versicherer umfassend zu Abschluss, Bearbeitung, Regulierung und Zahlung ermächtigt ist, ist hingegen eine nach Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG erlaubnisfreie Tätigkeit angenommen worden, wenn der Agent vom (Transport-)Versicherer zur aktiven und passiven Prozessführung ermächtigt ist (BGH, Urteil vom 08.06.1979 – I ZR 136/77, juris Rn. 13 ff.; OLG Hamburg, Urteil vom 30.11.1995 – 6 U 104/95, juris Rn. 13). Hieran hat sich durch das Rechtsdienstleistungsgesetz nichts geändert. Zwar fehlt es an einer erlaubnisfreien Nebenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 RDG, wenn hierfür vertiefte Rechtskenntnisse erforderlich sind, die nicht über die Haupttätigkeit vermittelt werden (BGH, Urteil vom 30.10.2012 – XI ZR 324/11, ZIP 2012, 2445 Rn. 30 f.). Zum Berufsbild des Assekuradeurs gehört aber nicht lediglich das Transportversicherungsrecht, sondern auch das Transporthaftungsrecht. Die Geltendmachung von Ansprüchen durch Assekuradeure aus abgetretenem Recht ist in Transportrechtsfällen daher in ständiger Rechtsprechung anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 22.07.2010 – I ZR 194/08, juris Rn. 1; vom 20.09.2012 – I ZR 75/11, juris Rn. 1; vom 13.12.2012 – I ZR 236/11, juris Rn. 1; Demuth in Thume, CMR, 3. Aufl., Art. 32 Rn. 68 mwN).

27
b) Die Beklagte kann nicht damit gehört werden, dass sie die Eigenschaft der Klägerin als Assekuradeurin bestreitet.

28
Die Klägerin hat bereits in der Klageschrift vorgetragen, Assekuradeurin der beteiligten Transportversicherer zu sein. Diesen Vortrag hat die Beklagte in erster Instanz schriftsätzlich nicht bestritten. Dass diese Eigenschaft der Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung in erster Instanz unstreitig gewesen ist, ergibt sich aus dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (§ 314 Satz 1 ZPO). Indem die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 24.04.2017 die Eigenschaft der Klägerin als Assekuradeurin bestreitet, bringt sie folglich ein neues Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren vor.

29
Ein Sachgrund, dieses neue Vorbringen zuzulassen (§ 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO), besteht nicht. Namentlich konnte die Beklagte die Eigenschaft der Klägerin als Assekuradeurin in erster Instanz nicht deshalb dahingestellt sein lassen, weil es sich hierbei um eine Rechtsfrage handelte. Denn die Bezeichnung als Assekuradeur umschreibt einen in der Versicherungsbranche klar definierten Sachverhalt (vgl. Heiss/Trümper in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 3. Aufl., § 38 Rn. 114). Überdies unterliegen auch juristisch eingekleidete Tatsachen den zivilprozessualen Regeln über Sachvortrag (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.2015 – IX ZR 1/13, WM 2015, 1246 Rn. 15).

30
Überdies hätte selbst ein Zulassungsgrund nach § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Beklagte nicht davon entbunden, ihr Bestreiten nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO jedenfalls in der Berufungsbegründung vorzubringen, was nicht erfolgt ist. Das Bestreiten im Schriftsatz vom 24.04.2017 – zwei Tage vor der Berufungsverhandlung – ist damit auch nach § 530 iVm § 296 Abs. 1 ZPO unbeachtlich, weil die Entscheidung bei Zulässigkeit des Bestreitens einen neuen Termin mit Beweisaufnahme erfordern und damit den Rechtsstreit verzögern würde (vgl. Beweisantritt der Klägerin im Schriftsatz vom 17.05.2017 S. 3 = GA II 153).

31
II. Die Klägerin kann aus abgetretenem Recht der Versicherungsnehmerin gemäß § 435 HGB, §§ 249 ff. BGB Ersatz des vollen Schadens verlangen, welcher der Versicherungsnehmerin wegen der Verwechslung der Packstücke erwachsen ist.

32
1. Nachdem die Beklagte lediglich mit dem Transport von B. S. zum Flughafen S. beauftragt war, liegt im Verhältnis der Versicherungsnehmerin zur Beklagten ein bloßer Landfrachtvertrag vor, weshalb es auf die Erwägungen des Landgerichts zum Multimodaltransport in diesem Zusammenhang nicht ankommt. Dem Frachtrecht unterliegt auch derjenige Schaden, welcher durch die fehlerhafte Kennzeichnung der Packstücke entstanden ist. Zwar obliegt die Kennzeichnung des Transportguts nach der gesetzlichen Regelung des § 411 Satz 3 HGB dem Absender. Vereinbaren die Parteien aber, dass die Kennzeichnung durch den Frachtführer vorgenommen wird, liegt hierin wegen der untergeordneten Bedeutung kein selbständiger Werkvertrag, sondern eine untergeordnete Nebenleistung, für welche der Frachtführer nach Maßgabe der frachtrechtlichen Haftungsbestimmungen verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 04.02.2016 – I ZR 216/14, WM 2017, 634 Rn. 42 f.).

33
2. Das Landgericht hat mit Recht ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten angenommen, weil diese ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt hat.

34
a) Eine sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners ist gegeben, wenn der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich Anhaltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. Der Frachtführer hat in diesem Fall substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret angewendet hat. Kommt er dem nicht nach, kann nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (BGH, Urteil vom 04.02.2016 – I ZR 216/14, WM 2017, 634 Rn. 26).

35
Die Beklagte trifft demnach eine sekundäre Darlegungslast. Es ist unstreitig, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Labels der beiden Pakete vertauscht haben. Nachdem das Labeln der richtigen Packstücke zu den Aufgaben der Beklagten gehörte, liegt die Schadensursache in ihrem Verantwortungsbereich. Zur Frage, wie die Beklagte ihre Abläufe organisiert hat, um Fehler dieser Art zu vermeiden, kann die Klägerin nichts vortragen, weil insoweit nur die Beklagte selbst über Informationen verfügt. Das Vertauschen zweier Packstücke begründet auch eine hinlängliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Lagerorganisation nicht genügt hat, um solche Fehler zu unterbinden, weshalb die Beklagte im Rahmen einer sekundären Darlegungslast zur Organisation ihres Lagers vorzutragen hat.

36
b) Ihrer sekundären Darlegungslast hat die Beklagte nicht genügt, weshalb auf ihr qualifiziertes Verschulden zu schließen ist.

37
Die Aufgabe der Beklagten zeichnete sich dadurch aus, dass sie das Frachtstück einerseits und die Frachtpapiere sowie Etiketten andererseits von zwei unterschiedlichen Stellen erhielt und beides zusammenzuführen hatte. Sie hatte das Frachtstück bei der Absenderin in B. S. abzuholen, während sie die Luftfrachtpapiere und Label von der Versicherungsnehmerin als Luftfrachtspediteurin erhielt. Dass die Beklagte hier nicht nur in einem Einzelfall so verfahren ist, ergibt sich bereits aus dem unbestrittenen Vorbringen der Klägerin, wonach im Hinblick auf dieses Vorgehen eine ständige Übung zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten bestanden hat. Überdies ist die Beklagte auch im Hinblick auf die für AY. bestimmte Sendung so verfahren, wobei sie den Auftrag insofern nicht von der Versicherungsnehmerin, sondern einer anderen Luftfrachtspediteurin – der J. L. GmbH – erhalten hatte. Auch der Geschäftsführer der Beklagten hat in seiner Parteianhörung vor dem Senat geschildert, dass die Beklagte laufend Frachtstücke einerseits und Luftfrachtaufkleber andererseits in ihrem Lager zusammenführt.

38
Wenn die Beklagte planmäßig Frachtstücke mit Labeln versieht, welche sie von anderer Seite als die Frachtstücke selbst bekommen hat, so muss sie organisatorisch durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die Frachtstücke mit dem für sie vorgesehenen Label versehen werden. Wie der Geschäftsführer der Beklagten in seiner Parteianhörung in erster Instanz ausgeführt hat – und im Nachgang von der Klägerin im Hinblick auf die streitgegenständliche Sendung auch ausdrücklich bestätigt worden ist (Schriftsatz vom 08.11.2016 S. 3 = GA I 40) -, nehmen die Lagermitarbeiter der Beklagten die Zuordnung von Label und Packstück nach den Angaben vor, welche vom Absender auf dem Packstück angebracht worden sind. Dies hat der Geschäftsführer der Beklagten auch vor dem Senat nochmals ausgeführt. Zu organisatorischen Maßnahmen, um Verwechselungen bei der Etikettierung entgegenzuwirken, hat die Beklagte in erster Instanz aber nichts Substanzielles vorgetragen. Sie hat in der – überdies um mehr als einen Monat nach Ablauf der hierfür gesetzten Frist eingereichten – Klageerwiderung im Wesentlichen nur vorgebracht, Lager und speditionelle Tätigkeit der Beklagten seien „gut organisiert“ (GA I 21) und es werde „darauf geachtet, wo und wie die Etiketten angebracht werden“ (GA I 26). Damit hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Steht die Organisation eines Lagers in Frage, so sind die konkret eingerichteten Kontrollen so detailliert darzulegen, dass für den Anspruchsteller und das Gericht erkennbar wird, wie die einzelnen Maßnahmen in der Praxis geordnet, überschaubar und zuverlässig ineinandergreifen und welche Maßnahmen getroffen worden sind, um sicherzustellen, dass die theoretisch vorgesehenen Organisationsmaßnahmen auch praktisch durchgeführt werden (BGH, Urteil vom 25.09.1997 – I ZR 156/95, NJW-RR 1998, 886, 887). An solchem Vorbringen fehlt es. Das unter Beweis gestellte Vorbringen der Beklagten, wonach sich eine solche Verwechslung in der Vergangenheit noch nie ereignet habe, die im Lager eingesetzten Mitarbeiter besonders zuverlässig und die Abläufe ISO-zertifiziert seien, ist unzulänglich. Dabei mag das Vorbringen der Beklagten zutreffen, dass sich die Verwechslung aufgrund eines Augenblicksversagens des Lagermitarbeiters ereignete, dies schließt aber ein qualifiziertes Verschulden nicht aus. Vielmehr kann sich ein qualifiziertes Verschulden gerade daraus ergeben, dass keine ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen getroffen werden, um einem Augenblicksversagen von Mitarbeitern entgegenzuwirken (vgl. BGH, Urteil vom 01.12.2016 – I ZR 128/15, juris Rn. 70).

39
Das Landgericht hat aus dem fehlenden Vorbringen der Beklagten zu organisatorischen Vorkehrungen mit Recht den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gezogen. Dabei hat das Landgericht mit Recht berücksichtigt, dass hier ein Doppelfehler unterlaufen ist. Denn es wurde nicht lediglich das für A. bestimmte Packstück für einen Flug nach AY. ausgezeichnet, sondern auch umgekehrt. Wenn die Beklagte in ihrer Berufung meint, das Anbringen des ersten falschen Aufklebers habe „zu einer folgerichtigen Falschbelabelung des 2. Pakets“ führe (BB 3), so ist dies nur dann zutreffend, wenn keine geeigneten organisatorischen Vorkehrungen gegen fehlerhafte Etikettierung getroffen wurden. Denn richtigerweise müsste bei jedem Packstück gesondert die Beschriftung des Kartons mit dem Etikett abgeglichen werden. Der Lagermitarbeiter durfte also nicht einfach das zuletzt verbliebene Paket mit dem übrig gebliebenen Etikett bekleben. Gerade das eigene Vorbringen der Beklagten, wonach die erfolgte Verwechslung der Luftfrachtaufkleber einen einheitlichen Vorgang darstelle, spricht eher für als gegen ein (qualifiziertes) Organisationsverschulden. Denn wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, müsste durch geeignete Anweisungen sichergestellt sein, dass sich die Mitarbeiter der Beklagten mit jedem Packstück gesondert befassen müssen. Die versehentlich falsche Etikettierung eines Packstücks hätte dann auffallen müssen, weil sich hätte herausstellen müssen, dass für ein Packstück kein passender Luftfrachtaufkleber vorhanden war und umgekehrt ein Luftfrachtaufkleber ohne korrespondierendes Packstück vorlag. Zu einer solchen Anweisung hat die Beklagte auch in ihrem – ohnehin nach § 531 Abs. 2 ZPO präkludierten – Vorbringen im Schriftsatz vom 12.05.2017 (GA II 142 ff.) nichts vorgetragen.

40
Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Falschetikettierung auch den Fluggesellschaften B. A. und T. A. nicht aufgefallen ist, vermag dies die Beklagte nicht zu entlasten. Aus dem Umstand, dass die Luftfahrtgesellschaften keinen Abgleich der Angaben im Luftfrachtbrief zu Abmessungen und Gewicht mit den Paketen vorgenommen haben, folgt schon deshalb nicht, dass bei der Beklagten nur ein Augenblicksversagen vorliegen könnte, weil die Fluglinien für die Etikettierung gar nicht verantwortlich waren.

41
III. Der Versicherungsnehmerin ist ein Haftungsschaden in Höhe der Klageforderung erwachsen, weil sie verpflichtet war, der Empfängerin T. A.S. den dieser entstandenen Schaden in Höhe von 30.208 € zu ersetzen. Ob die Versicherungsnehmerin berechtigt wäre, den Schaden der T. A.S. im Wege der Drittschadensliquidation geltend zu machen, wenn keine Haftung der Versicherungsnehmerin gegenüber der T. A.S. bestanden hätte, kann daher ebenso dahinstehen wie die Frage, ob es sich eine solche Drittschadensliquidation – welche erstmals im Berufungsverfahren vorgebracht worden ist – vom Streitgegenstand umfasst würde.

42
1. Entgegen der erstinstanzlich vertretenen Rechtsauffassung der Beklagten bestimmt sich die Haftung der Versicherungsnehmerin gegenüber der Empfängerin T. A.S. nicht nach dem Montrealer Übereinkommen (MÜ). Dabei kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die streitgegenständliche Tätigkeit der Versicherungsnehmerin überhaupt dem Anwendungsbereich des Montrealer Übereinkommens unterfällt oder allein speditionsrechtlich einzustufen ist. Auch wenn das Montrealer Übereinkommen angewandt wird, so wird jedenfalls der streitgegenständliche Schadensfall nicht vom Luftfrachtrecht erfasst, weil er sich bei einem Zubringerdienst ereignet hat.

43
Luftbeförderung im Sinne des Montrealer Übereinkommens ist der Zeitraum, in welchem sich die Güter in der Obhut des Luftfrachtführers befinden (Art. 18 Abs. 3 MÜ). Ausgenommen ist aber die Beförderung zu Land außerhalb eines Flughafens (Art. 18 Abs. 4 Satz 1 MÜ). Erfolgt ein Landtransport bei Ausführung des Luftbeförderungsvertrags zum Zweck der Verladung oder Umladung, so wird zwar vermutet, dass der Schaden während der Luftbeförderung eingetreten sei (Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ). Ist diese Vermutung jedoch widerlegt, so kommt Landfrachtrecht zur Anwendung (BGH, Urteil vom 10.05.2012 – I ZR 109/11, NJW 2013, 778 Rn. 31).

44
Im Streitfall ist Landfrachtrecht anzuwenden, weil feststeht, dass der Verlust auf dem Landweg außerhalb eines Flughafens eingetreten ist. Die Beklagte hat hiergegen in ihrem nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz vorgebrachten Schriftsatz vom 20.10.2016 eingewandt, es unterliege hier auch der Transport zum Flughafen („Vorholung“) dem Montrealer Übereinkommen, weil ein Luftfrachtbrief (Air Waybill) für die gesamte Strecke ausgestellt worden sei. Das ist nicht zutreffend.

45
Der vorgelegte Luftfrachtbrief (Anlage B 3) umfasst den Landtransport entgegen der Behauptung der Beklagten nicht. Der Luftfrachtbrief ist von der Luftfahrtgesellschaft T. A. ausgestellt, welche mit der Vorholung in B. S. nichts zu tun hat. Die Versicherungsnehmerin war mit der Vorholung vielmehr von der Absenderin beauftragt worden und nicht von T. A..

46
Überdies führte auch eine einheitliche vertragliche Verpflichtung des Luftfrachtführers, neben dem Lufttransport auch die Vorholung durchzuführen, nicht zur Anwendung des Montrealer Übereinkommens im Hinblick auf die Vorholung. Denn auch wenn ein einheitlicher Frachtvertrag mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln (Fahrzeug und Flugzeug) vorliegt, ist die Landbeförderung gemäß Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ vom Montrealer Abkommen ausgenommen, sofern es sich um einen Zubringerdienst handelt. Anders verhält es sich nur dann, wenn auf der Teilstrecke auch eine Luftbeförderung möglich wäre, so dass die Oberflächenbeförderung keine Hilfsfunktion mehr hat (BGH, Urteil vom 10.12.2015 – I ZR 87/14, WM 2016, 1884 Rn. 10, 15 ff.). Nachdem eine Luftbeförderung von B. S. nach S. nicht in Frage kommt, läge hier also selbst bei einer Beförderung im Auftrag von T. A. ein Zubringerdienst vor.

47
2. Die Haftung der Versicherungsnehmerin gegenüber der Empfängerin T. A.S. bestimmt sich gemäß Art. 5 Abs. 1 Rom-I-VO nach deutschem Recht. Hiernach haftet die Versicherungsnehmerin gemäß § 421 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 HGB auf Schadensersatz, wenn sie im Hinblick auf den streitgegenständlichen Zubringerdienst einer Frachtführerin gleichsteht. Dies ist der Fall.

48
Die Tätigkeit der Versicherungsnehmerin als Luftfrachtspediteurin unterliegt allerdings nicht allein deshalb Frachtrecht, weil die Versicherungsnehmerin mit einem Multimodaltransport beauftragt war. Die Geschäftsbesorgungsspedition unterliegt weder der Regelung des § 452 HGB über den Multimodaltransport (Koller, Transportrecht, 9. Aufl., § 452 HGB Rn. 3) noch dem Montrealer Übereinkommen (MünchKomm-HGB/Ruhwedel, 3. Aufl., Art. 1 MÜ Rn. 21; Koller, aaO Art. 1 MÜ Rn. 5; Giemulla in Giemulla/Schmid, MÜ, Stand Oktober 2006, Art. 1 Rn. 40). Unterliegt das Vertragsverhältnis deutschem Recht, finden die Bestimmungen über die Frachtführerhaftung des Spediteurs nach §§ 458 ff. HGB aber auch auf transportrechtliche Abkommen Anwendung. So haftet der Fixkostenspediteur nach Maßgabe des Montrealer Übereinkommens (BGH, Urteil vom 22.07.2010 – I ZR 194/08, VersR 2011, 690 Rn. 26, 31) wie auch dem Warschauer Abkommen (BGH, Urteil vom 10.10.1985 – I ZR 124/83, BGHZ 96, 136) und der CMR (BGH, Urteil vom 14.02.2008 – I ZR 183/05, TranspR 2008, 323 Rn. 24). Dasselbe gilt für den Spediteur, welcher eine Sammelladung durchführt (BGH, Urteil vom 10.02.1982 – I ZR 80/80, NJW 1982, 1946 [zur CMR]; MünchKomm-HGB/Ruhwedel, aaO Art. MÜ Rn. 22; Giemulla, aaO Art. 1 Rn. 40; Koller, aaO Art. 1 MÜ Rn. 5).

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Die Versicherungsnehmerin haftete demnach im Hinblick auf den Vorlauftransport wie eine Frachtführerin, weil sie diesen zu fixen Kosten durchgeführt hat (§ 459 Satz 1 HGB). Wie die Klägerin im Berufungsverfahren ergänzend vorgetragen hat und von der Beklagten als solches nicht bestritten worden ist, ergibt sich die vereinbarte Vergütung der Versicherungsnehmerin aus ihrem E-Mail-Angebot vom 20.08.2015 (Anlage K 15 = GA II 157). Demnach wurde für den Vorlauftransport ein Festpreis von 37 € vereinbart. Soweit die Beklagte meint, dass die Versicherungsnehmerin nicht als Fixkostenspediteurin tätig geworden sei, weil sie ausweislich der Anlage K 15 lediglich einen speditionellen Aufschlag berechnet habe, trifft dies nur im Hinblick auf den Lufttransport zu, nicht aber im Hinblick auf den Vorlauftransport. Auf den Lufttransport kommt es hier aber nicht an.

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3. Der von der Klägerin geltend gemachte Haftungsschaden ist in voller Höhe ersatzfähig. Das Vorbringen der Berufung, das Landgericht habe der Klägerin in fehlerhafter Weise einen Anspruch auf entgangenen Gewinn zugebilligt, nachdem die Rechtsvorgängerin der Klägerin durch die Ersatzlieferung an die T. A.S. einen Gewinn gemacht habe, trifft nicht zu.

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Bei dem Verlust vertretbarer Sachen ist Schadensersatz in Höhe des Geldbetrags zu leisten, welchen der Geschädigte für die Beschaffung aufwenden muss. Handelt es sich beim Geschädigten um einen Händler, so kann er nur den Einkaufspreis verlangen, den er für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache zahlen muss. Darüber hinaus kann er nach § 252 BGB Ersatz entgangenen Gewinns verlangen, wenn ihm durch das schädigende Ereignis die Möglichkeit eines Verkaufsgeschäfts entgangen ist (BGH, Urteil vom 03.07.2008 – I ZR 218/05, NJW-RR 2009, 103 Rn 16).

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Das Vorbringen der Beklagten wäre hiernach dann richtig, wenn Geschädigte die Absenderin K. M.- und A. GmbH wäre. Denn der Verkaufspreis der verkauften Oszillatoren wird regelmäßig einen Gewinnaufschlag beinhalten und daher über den eigenen Gestehungskosten liegen. Den Gewinn aus dem Geschäft mit der T. A.S. konnte die Absenderin aber schon dadurch realisieren, dass die Empfängerin nach dem Verlust der Sendung eine Ersatzlieferung bestellte. Die Absenderin könnte daher im Wege des Schadensersatzes nur ihre eigenen Gestehungskosten liquidieren. Darum geht es hier aber nicht, weil die Empfängerin und nicht die Absenderin die Transportgefahr trug, so dass die Absenderin gar keinen Schaden hat. Die Empfängerin T. A.S. konnte sich mit den Oszillatoren hingegen nur zu den Bedingungen des Erstgeschäfts eindecken. Für sie beinhaltet der Deckungskauf keinen Gewinn, sondern ihr Schaden bemisst sich nach ihren Einkaufskosten bei der Absenderin.

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IV. Die Klageforderung ist nicht teilweise durch Erfüllung erloschen (§ 362 BGB).

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Das Vorbringen der Berufung, wonach die Grundhaftung unstreitig bezahlt sei, trifft nicht zu. Die Klägerin hat stets bestritten, dass eine Zahlung geleistet worden sei. Die Beklagte, welche für den Erfüllungseinwand darlegungs- und beweisbelastet ist, hat zur behaupteten Zahlung auch weder substantiiert vorgetragen (Zahlungsbetrag und Zahlungszeitpunkt) noch Beweis angetreten.

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V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die maßgeblichen Rechtsfragen geklärt sind und lediglich die Rechtsanwendung im Einzelfall in Frage steht (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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