LG Hamburg, Urteil vom 24.03.2017 – 324 O 148/16
Betreiber einer Suchmaschine haftet auf Unterlassung bei verzögerter Prüfung einer fremden falschen Tatsachenbehauptung
Tenor
I. Die einstweilige Verfügung vom 01.04.2016 wird bestätigt.
II. Die Antragsgegnerin hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
1
Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin in Anspruch, die Verbreitung einer auf einer Internetplattform von einem Dritten abgegebenen Bewertung zu unterlassen.
2
Die Antragstellerin ist eine auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei mit mehreren Standorten in Deutschland, auch in Hamburg.
3
Die Antragsgegnerin betreibt im Internet das soziale Netzwerk G.+ und den Geolokalisationsdienst G. Maps. Im Rahmen dieser Dienste veröffentlichte sie unter der URL … eine Bewertung (Anlage ASt 1), die ein Nutzer mit dem Profilnamen „Herbert T“ über die Antragstellerin verfasst hatte. Für den Inhalt der Bewertung wird auf Anlage ASt 1 Bezug genommen.
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Am 15.02.2016 erhielt der Managing Partner der Antragstellerin, M. R., von der streitgegenständlichen Bewertung Kenntnis. Noch am selben Tag faxte die Antragstellerin an G. Hamburg ein Schreiben, in dem die Empfängerin zur Entfernung des streitgegenständlichen Eintrags sowie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung aufgefordert wurde (Anlage ASt 3, zweiter Teil).
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Am 18.02.2016 forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin über das bereitgestellte Online-Formular zur Entfernung des streitgegenständlichen Erfahrungsberichts und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf (Anlage ASt 6). Daraufhin sandte die Antragsgegnerin am gleichen Tag eine E-Mail an die Antragstellerin, in der sie den Eingang der Anfrage bestätigte und darauf hinwies, dass sie die Anfrage wegen zahlreicher, täglich eingehender Beanstandungen bisher nicht bearbeiten konnte, sich aber schnellstmöglich um das Anliegen kümmern werde (Anlage AG 3).
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Am 24.02.2016 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin per E-Mail mit, dass sie die Beanstandung durch die Antragstellerin an den Verfasser der Bewertung weiterleiten werde, wenn die Antragstellerin nicht innerhalb von sieben Kalendertagen widerspreche (Anlage ASt 6).
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Am 01.03.2016 forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin erneut und unter letztmaliger Fristsetzung bis zum 07.03.2016 zur Löschung der Bewertung auf (Anlage ASt 6).
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Am 08.03.2016 um 16.38 Uhr leitete die Antragsgegnerin die Beschwerde der Antragstellerin per E-Mail an den Verfasser der Bewertung weiter mit Frist zur Stellungnahme binnen sieben Kalendertagen, anderenfalls werde der Erfahrungsbericht entfernt (Anlage AG 5). Um 16.39 Uhr informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin per E-Mail über die Weiterleitung (Anlage AG 5). Noch am selben Tag stellte die Antragstellerin per Fax, eingegangen um 20.49 Uhr, beim Landgericht Hamburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin.
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Am 18.03.2016 setzte die Antragsgegnerin die Antragstellerin per E-Mail davon in Kenntnis, dass der Nutzer den beanstandeten Erfahrungsbericht offenbar selbst gelöscht habe (Anlage AG 6).
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Mit Beschluss vom 01.04.2016 erließ die Kammer die streitgegenständliche einstweilige Verfügung. Dagegen legte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 11.08.2016 Widerspruch ein.
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Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, sie sei den vom BGH entwickelten Prüfungspflichten für Betreiber einer Bewertungsplattform nachgekommen. Nach Eingang der Beschwerde der Antragstellerin habe sie diese geprüft und sich veranlasst gesehen, das sogenannte Stellungnahmeverfahren durchzuführen. Dieses sehe vor, dass sie dem Beschwerdeführer nach Eingang einer Beanstandung mitteile, dass seine Beschwerde an den Verfasser des Erfahrungsberichts zur Stellungnahme weitergeleitet werde. Dem Beschwerdeführer werde Gelegenheit gegeben, dieser Weiterleitung innerhalb von sieben Tagen zu widersprechen. Grund für diese Frist sei, dass es häufig vorkomme, dass derjenige, der eine Entfernung von Erfahrungsberichten verlange, eine Weiterleitung seiner Beschwerde an den einstellenden Nutzer verweigere. Erfolge kein Widerspruch, leite die Antragsgegnerin dem Verfasser der Bewertung die Beschwerde weiter und fordere ihn auf, innerhalb von sieben Tagen zu dieser Beschwerde Stellung zu nehmen. Nehme der Verfasser innerhalb dieser Frist keine Stellung, werde der entsprechende Beitrag entfernt; nehme er hingegen Stellung, so werde diese Stellungnahme wiederum dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt („Ping-Pong-Verfahren“).
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Das Stellungnahmeverfahren habe die Antragsgegnerin auch ordnungsgemäß und ohne zeitliche Verzögerung durchgeführt. Es sei am 08.03.2016, als letztmalig die Abrufbarkeit der streitgegenständlichen Bewertung glaubhaft gemacht worden sei, noch nicht abgeschlossen gewesen, sodass die streitgegenständliche Bewertung zu diesem Zeitpunkt nicht hätte entfernt sein müssen. Die Beanstandung habe die Antragsgegnerin erstmalig unstreitig am 18.02.2016 erreicht; der Adressat des Faxes vom 15.02.2016, die G. Germany GmbH, sei nicht befugt, an die Antragsgegnerin adressierten Schriftverkehr entgegenzunehmen. Nach Eingang der Beschwerde habe die Antragsgegnerin diese innerhalb von vier Werktagen geprüft und daraufhin das Stellungnahmeverfahren eingeleitet. Selbst wenn die Antragsgegnerin die E-Mail der Antragstellerin vom 01.03.2016 so hätte verstehen müssen, dass eine sofortige Weiterleitung erwünscht sei, wäre dem Bewertenden Zeit zur Prüfung und Gegenäußerung einzuräumen. Die dem Bewertenden eingeräumte siebentägige Frist zur Stellungnahme sei angemessen. Der Gesetzgeber habe in § 274 Abs. 3 ZPO sogar eine Einlassungsfrist von mindestens 14 Tagen für erforderlich erachtet, gleiches gelte nach der Rechtsprechung für die Abgabefrist einer Abschlusserklärung. Keinesfalls hätte die Bewertung daher am 08.03.2016 bereits entfernt sein müssen, zumal auch die Antragsgegnerin Zeit benötigt hätte, eine eingehende Antwort des Bewertenden zu prüfen.
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Bis zu welchem Datum die Bewertung abrufbar gewesen sei, sei nicht bekannt. Der Bewertende hätte die Bewertung sogar noch am 08.03.2016 entfernen können, nachdem die Antragsgegnerin ihm an diesem Tag die E-Mail mit der Aufforderung zur Stellungnahme habe zukommen lassen. Insofern sei die anwaltliche Versicherung der Antragstellerin zur Abrufbarkeit der Bewertung am 08.03.2016 (Schriftsatz der Antragstellerin vom 30.3.2016) nicht ausreichend, da unklar sei, auf welche Uhrzeit am 08.03.2016 sie sich beziehe.
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Darüber hinaus habe die Antragstellerin auch eine Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts nicht dargelegt, da die Bewertung zulässige Meinungsäußerungen und Tatsachenfeststellungen enthalte, deren Wahrheitsgehalt nicht infrage gestellt worden sei. Der Erfahrungsbericht sei nach dem Gesamtkontext der Äußerung insgesamt als Meinungsäußerung zu bewerten, da er durch die Empfindungen des Nutzers über die Leistung der Antragstellerin geprägt sei. Eine solche kritische Meinungsäußerung sei zulässig, es handele sich wegen des klaren Sachbezugs auch nicht um Schmähkritik. Sofern bei einem Leser des Erfahrungsberichts eine Vorstellung von konkreten Tatsachenvorgängen hervorgerufen werde, seien diese auch nicht unwahr. Aus der Gesamtschau der Ausführung der Antragstellerin ergebe sich nicht, dass die Antragstellerin infrage stelle, dass der Bewertende mit ihrer rechtsanwaltlichen Beratung in Berührung gekommen sei; sie behaupte lediglich, keinen Mandanten namens „Herbert T“ gehabt zu haben. Die eidesstattlichen Versicherung (Anlage ASt 2) sei lückenhaft und beziehe sich mit Ausnahme der letzten Ziffer ausschließlich auf einen Mandanten namens „Herbert T“, was aber offensichtlich kein vollständiger Klarname sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragstellerin der hinter dem Nutzernamen „Herbert T“ stehende Mandant tatsächlich bekannt sei. Auch könne es sich bei dem betreffenden Mandanten um eine juristische Person handeln, deren Mitarbeiter der Verfasser der Bewertung sei.
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Zudem sei eine Haftung der Antragsgegnerin ohnehin im Sinne des § 10 TMG ausgeschlossen, da dessen Tatbestandsvoraussetzungen vorlägen und die Norm die Haftung im Rahmen von Unterlassungsansprüchen einschließe.
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Schließlich habe die Antragstellerin auch einen Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht, da mit der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Managing Partners vom 14.03.2016 (Anlage ASt 5) der relevante Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Bewertung nicht glaubhaft gemacht worden sei. Für die Eilbedürftigkeit komme es nicht auf die Kenntnis des Managing Partners an, da dieser kaum die Erfahrungsberichte über die Antragstellerin einsehe und prüfe, sondern auf die Kenntnis des für das Onlineprofil der Antragstellerin zuständigen Mitarbeiters bzw. des für die Betreuung des Mandats zuständigen Rechtsanwalts Herrn K..
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die einstweilige Verfügung der Kammer vom 01.04.2016 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
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Sie ist der Auffassung, die streitgegenständliche Bewertung beinhalte unwahre Tatsachenbehauptungen und Werturteile, die nicht von der Meinungsfreiheit geschützt seien, und die geeignet seien, sie in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu beeinträchtigen. Ein Mandant namens „Herbert T“ sei im Hause der Antragstellerin unbekannt. Bei den Äußerungen, die Kanzlei sei „inkompetent“, „unseriös“ und „scheinbar nur auf Profit aus“ sei, handele es sich um Tatsachenbehauptungen, für die jeglicher sachlicher Anhaltspunkt fehle. Auch die Behauptungen „Nach sechs Monaten und 5000 € Vorauszahlungen hatte ich noch immer keine Antwort darauf, ob ich einen durchsetzbaren Anspruch habe.“ und „Insgesamt haben sich in sechs Monaten vier Rechtsanwälte und drei Rechtsanwaltsfachangestellte mit der Sache beschäftigt, einen verbindlichen Ansprechpartner hatte ich zu keiner Zeit. 5000 € gezahlt, damit zwanzigmal der Sachstand geprüft wurde…“ seien falsch, da die geschilderten Vorgänge bei keinem Mandanten namens „Herbert T“ vorgekommen seien. Vielmehr werde stets ausdrücklich die ganze Kanzlei mandatiert. In jedem Fall stehe den Mandanten der Antragstellerin ein verbindlicher Ansprechpartner zur Verfügung. In keinem Fall sei nach einer Zahlung von 5000 € lediglich zwanzigmal der Sachstand geprüft worden. Darüber hinaus ziehe der Verfasser der Bewertung die Vertrauenswürdigkeit der Antragstellerin in Zweifel, dabei handele es sich um Schmähkritik. Durch das Zusammenspiel mehrerer offener Äußerungen treffe der Verfasser im gesamten Text zudem die verdeckte Aussage, dass die Antragstellerin Mandate nicht sorgsam behandele. Diese Aussage sei rechtswidrig, da sie dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung nahegelegt werde, obwohl sie nicht der Wahrheit entspreche. Die Antragstellerin lege nämlich größten Wert auf eine ordnungsgemäße und erfolgsorientierte Mandatsbearbeitung im Sinne ihrer Mandanten.
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Da die Äußerungen auf der Internetseite der Antragsgegnerin veröffentlicht worden seien, sei diese verantwortlich für die Störung. Die Antragsgegnerin sei ihren Prüfungspflichten nicht nachgekommen, obwohl die Antragstellerin ihr die unwahren Tatsachenbehauptungen bzw. unzulässigen Meinungsäußerungen gegenüber kenntlich gemacht habe. Die Antragsgegnerin habe zwischen Anzeige und Entfernung des rechtswidrigen Inhalts einen nicht hinnehmbaren Zeitraum verstreichen lassen, da zwischen der Inkenntnissetzung über die rechtswidrigen Inhalte am 15.02.2016 bis zur nachweislichen Löschung des Beitrags bzw. der entsprechenden Benachrichtigung durch die Antragsgegnerin insgesamt über ein Monat verstrichen sei. Bereits die Einleitung des Prüfungsverfahrens sei erst am 24.02.2016 und demnach erst acht Tage nach Anzeige des rechtswidrigen Inhalts erfolgt. Die Antragstellerin sei auch nicht verpflichtet gewesen, auf die Anfrage der Antragsgegnerin vom 24.02.2016 zu reagieren. Vielmehr hätte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Möglichkeit einräumen müssen, die Beschwerde unverzüglich an den Verfasser weiterzuleiten, sobald sie dem zustimme. Bis zur Weiterleitung der Beanstandung habe die Antragsgegnerin über drei Wochen verstreichen lassen. Die lange Dauer des Prüfungsverfahrens habe die Antragsgegnerin somit selbst zu verantworten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Nach dem Ergebnis der Widerspruchsverhandlung ist der zulässige Antrag auch begründet.
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1. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG zu. Die Antragsgegnerin haftet als Störerin für die Verbreitung der das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin verletzenden Bewertung (a.) bei fortbestehender Wiederholungsgefahr (c.) auf Unterlassung, da sie ihren Prüfpflichten nicht hinreichend nachgekommen ist (b.).
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a. Die Verbreitung der streitgegenständlichen Bewertung durch die Antragsgegnerin verletzt die Antragstellerin in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG.
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(1) Bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht handelt es sich um einen offenen Tatbestand, bei dem die Feststellung einer rechtswidrigen Verletzung eine ordnungsgemäße Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit voraussetzt (Palandt-Sprau, BGB, 76. Auflage 2017, § 823 Rn. 95; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage 2003, Kap. 5 Rn. 13 m.w.Nw.). Das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist nicht vorbehaltlos gewährt, sondern verlangt eine Abwägung zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und dem Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen des Klägers (BGH, Urteil vom 16.11.2004, VI ZR 298/03 – Juris Rn. 29).
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Hinsichtlich der von der Antragstellerin beanstandeten Bewertung trifft die Antragsgegnerin nur eine eingeschränkte Haftung, weil sie diese weder selbst verfasst noch sich zu Eigen gemacht hat (BGH, Urteil vom 27.03.2012, VI ZR 144/11 – RSS-Feeds, Juris Rn. 18; Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – Blog-Eintrag, Juris Rn. 20). Sie kann als Hostprovider lediglich als Störerin in Anspruch genommen werden, weil sie die technischen Möglichkeiten des Internetdienstes zur Verfügung gestellt hat (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – Blog-Eintrag, Juris Rn. 20). Als Störer ist verpflichtet, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt (BGH, a.a.O., Juris Rn. 21 m.w.Nw.). Indem die Antragsgegnerin die Internet Dienste G.+ und G. Maps betreibt und Bewertungen Dritter dort verbreitet, trägt sie willentlich und adäquat-kausal zu möglichen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beurteilten bei.
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Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Hostprovider zur Vermeidung einer Haftung als Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern eingestellte Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer seines Angebots hin, kann der Hostprovider verpflichtet sein, künftig derartige Störungen zu verhindern (BGH, a.a.O., Juris Rn. 24 m.w.Nw.). Wird eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten behauptet, wird sich eine Rechtsverletzung allerdings nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Denn sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs.1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht jedenfalls des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich (BGH, a.a.O., Juris Rn. 25).
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(2) Ausgehend von diesen Maßstäben war die Antragsgegnerin gehalten, der Beschwerde der Antragstellerin nachzugehen.
31
Die Antragstellerin hat in ihrer Mitteilung an die Antragsgegnerin vom 18.02.2016 (Anlage ASt 6) dargelegt, dass ein Mandant namens „Herbert T“ im Haus der Antragstellerin unbekannt sei und sich die geschilderten Vorgänge weder bei einem solchen Mandanten noch sonst bei Mandanten ereignet hätten. Gleiches hat sie mit eidesstattlicher Versicherung vom 08.03.2016 (Anlage ASt 2) glaubhaft gemacht. Bestritten hat die Antragstellerin somit sowohl, dass sich die im Erfahrungsbericht geschilderten Ereignisse so zugetragen haben, als auch, dass es überhaupt ein Mandatsverhältnis zum Verfasser gegeben hat. Sofern diese Darstellung zutrifft, verletzt die streitgegenständliche Bewertung die Antragstellerin in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht.
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(a) Bei der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Freiheit der Meinungsäußerung kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung maßgeblich mit darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt. Von einer Tatsachenbehauptung ist auszugehen, wenn der Gehalt der Äußerung entsprechend dem Verständnis des Durchschnittsempfängers der objektiven Klärung zugänglich ist und als etwas Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offen steht (BGH, NJW 1952, 660; Wenzel, Kap. 4 Rn. 43 m.w.Nw.) Demgegenüber werden Meinungsäußerungen geprägt durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens (BVerfG, Urteil vom 22.06.1982, 1 BvR 1376/79 – Wahlkampf, Juris Rn. 15; Wenzel, a.a.O., Rn. 48 m.w.Nw.).
33
Wahre Tatsachenbehauptungen sind in weitem Umfang hinzunehmen, denn das Persönlichkeitsrecht verleiht seinem Träger keinen Anspruch darauf, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.03.1998, 1 BvR 131/96 – Missbrauchsvorwurf, Juris Abs. 4. b)). Bei einer Meinungsäußerung, die wertende und tatsächliche Elemente enthält, kann im Rahmen der Abwägung die Berücksichtigung des Umstandes, dass die Tatsachenbehauptung, auf der die Wertung aufbaut, unrichtig ist, zum Zurücktreten des kollidierenden Schutzguts führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.07.2003, 1 BvR 1172/99, Juris Rn. 26). Die freie Meinungsäußerung findet, soweit es um Äußerungen in den Medien geht, ihre Grenze zum einen im Fall der Schmähkritik, zum anderen dort, wo es für eine bestimmte und einen anderen belastende Meinung schlechthin keine tatsächlichen Bezugspunkte gibt (Soehring Presserecht, 5. Auflage 2013, § 20 Rn. 9).
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(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen enthält der Erfahrungsbericht mit Ausnahme der Äußerungen „Inkompetent und unseriös.“, „Unfassbar!!!“ und „scheinbar nur auf Profit aus“ Tatsachenbehauptungen. Der Verfasser schildert Vorgänge, die sich im Verlauf des Mandats ereignet haben und damit als etwas Geschehenem grundsätzlich dem Beweis offenstehen. Diese Tatsachenbehauptungen sind prozessual als unwahr anzusehen und somit rechtswidrig.
35
Dabei kann dahinstehen, ob die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast für die Wahrheit der streitgegenständlichen Tatsachenbehauptung nach der Beweislastregel des § 186 StGB bei der Antragsgegnerin liegt. Entgegen der im Zivilprozess grundsätzlich geltenden Regel, dass derjenige, der einen Anspruch geltend macht, dessen tatbestandliche Voraussetzungen zu beweisen hat, muss nach § 186 StGB derjenige, der Behauptungen aufstellt oder verbreitet, die geeignet sind, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder sonst wie seinen sozialen Geltungsanspruch zu beeinträchtigen, im Streitfall ihre Richtigkeit beweisen (Soehring, Presserecht, 5. Auflage 2013, § 30 Rn. 23). Eine Eignung zur Herabwürdigung liegt vor, wenn der Kritisierte in rechtlicher, sittlicher oder sonstiger Hinsicht einer nach Auffassung eines größeren, nicht individuell bestimmten Teiles der Bevölkerung besonderen Unwürdigkeit geziehen wird (Wenzel, Kap. 5 Rn. 216). Die hier streitgegenständliche Bewertung ist für die Antragstellerin erkennbar ehrabträglich, da sie insinuiert, dass sie gegen immer neue Vorauszahlungen keine Leistungen erbringt, sondern lediglich wiederholt den Sachstand prüft, und keinen verbindlichen Ansprechpartner für ihre Mandanten zur Verfügung stellt. Die Antragsgegnerin hat jedoch keine konkreten Umstände für die Wahrheit dieser Tatsachenbehauptungen dargelegt.
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Ob nach der Beweislastregel des § 186 StGB die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast bei der Antragsgegnerin liegt, kann aber dahinstehen, da die Antragsgegnerin jedenfalls eine erweiterte Darlegungslast trifft, der sie nicht ausreichend nachgekommen ist. Die Antragstellerin wäre vorliegend gehalten, einen negativen Beweis im Hinblick darauf zu führen, kein Mandat wie das Beschriebene geführt zu haben. Deshalb gilt in derartigen Fallgestaltungen für denjenigen, der sich nachteilig über einen Dritten äußert, jedenfalls eine erweiterte (sekundäre) Darlegungslast, die ihn anhält, Belegtatsachen für seine Behauptung anzugeben (BGH, Urteil vom 17.02.1987, VI ZR 77/86 – Insiderwissen; HH-Ko/MedienR/Meyer, 3. Auflage 2016, Abschn. 41 Rn. 16). Kommt er der ihm hiernach obliegenden erweiterten Darlegungslast nicht nach, ist nach § 138 Abs. 3 ZPO von der Unwahrheit seiner Behauptung auszugehen (BGH, Urteil vom 22.04.2008, VI ZR 83/07, Juris Rn. 22).
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Die Antragsgegnerin hat für die Wahrheit der Tatsachenbehauptungen keine Umstände dargelegt, die den Inhalt stützen, so dass auch bei der Anwendung der allgemeinen Beweislastregeln in Verbindung mit einer erweiterten Darlegungslast der Antragsgegnerin die Äußerungen als rechtswidrig anzusehen sind. Der Vortrag der Antragsgegnerin betreffend die Unwahrheit der streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen bezieht sich allein auf die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin (Anlage ASt 2). Der Einwand der Antragsgegnerin, die eidesstattliche Versicherung begründe die Unwahrheit der Tatsachenbehauptungen nicht, weil diese lückenhaft sei und sich allein auf „Herbert T“ beziehe, was aber selbstverständlich kein Klarname sei, greift nicht durch. Denn wie bereits ausgeführt, trägt die Antragstellerin als diejenige, die die Antragsgegnerin auf Unterlassung in Anspruch nimmt, zwar die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen der Störerhaftung der Antragsgegnerin. Dies umfasst auch die Darlegung der Umstände, aus denen sich die Pflicht der Antragsgegnerin zur Prüfung einer möglichen Rechtsverletzung ergibt. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Antragstellerin auch (s.o. (2)). Die (jedenfalls erweiterte) Darlegungslast für die Unwahrheit der aufgestellten Tatsachenbehauptungen liegt jedoch bei der Antragsgegnerin (s.o. (2) (a)).
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(c) Die Äußerungen des Verfassers „Inkompetent und unseriös.“, „Unfassbar!!!“ und „scheinbar nur auf Profit aus“ stellen dagegen Meinungsäußerungen da, die die (vorangegangenen) Schilderungen der Ereignisse bewerten.
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Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handelt es sich bei diesen Meinungsäußerungen nicht um Schmähkritik. Unter Schmähkritik versteht man solche Äußerungen, die primär auf eine Herabsetzung der Person, nicht auf eine Auseinandersetzung in der Sache zielen. Dabei reicht eine überzogene oder gar ausfällige Kritik für sich genommen nicht aus. Hinzukommen muss vielmehr, dass bei der Äußerung – auch jenseits einer polemischen und überspitzten Kritik – die persönliche Diffamierung des Betroffenen Vordergrund steht, wobei regelmäßig auch der Anlass und der Kontext der jeweiligen Äußerung zu Gerüchte berücksichtigen sind (BVerfG, Beschluss vom 10.10.1995, 1 BvR 1476/91 – Soldaten sind Mörder, Juris Abschn. 7b.; Wenzel, Kap. 5 Rn. 97). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Erfahrungsbericht konzentriert sich gerade auf eine Auseinandersetzung in der Sache, weil – angebliche – konkrete Vorgänge während des angeblichen Mandats geschildert werden. Die vom Verfasser vorgenommene Bewertung dieser Ereignisse ist zwar kritisch und negativ, ergibt sich aber schlüssig aus den geschilderten Ereignissen und beinhaltet keine unsachliche, überzogene persönliche Diffamierung.
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Im Rahmen der erforderlichen Abwägung überwiegt jedoch das Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin, da prozessual davon auszugehen ist, dass es keine tatsächlichen Bezugspunkte für die Meinungsäußerungen gibt. Nach der Glaubhaftmachung der Antragstellerin gab es die im Erfahrungsbericht geschilderten Ereignisse genauso wenig wie das zugrundeliegende Mandatsverhältnis. Die Antragsgegnerin ist ihrer (erweiterten) Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast für die erforderlichen Anknüpfungstatsachen nicht nachgekommen. Insoweit kann auf die Ausführungen unter (2) (b) verwiesen werden. Liegt der angegriffenen Bewertung jedoch kein Kontakt zu Grunde, weil es weder einen Kontakt zu einem Mandanten namens „Herbert T“ gab noch sonst ein Mandat geführt wurde, auf das die geschilderten Umstände zutreffen, überwiegt das Persönlichkeitsrecht die Interessen des Bewertenden an der Äußerung der dargestellten Meinung und des Hostproviders an der Kommunikation dieser Meinung (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2016, VI ZR 34/15 – jameda.de II, Juris Rn. 36). Vorliegend überwiegt das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin, da jedenfalls prozessual der Verfasser der streitgegenständlichen Bewertung gar kein Mandant oder Mitarbeiter eines Mandanten der Antragstellerin war und es für die Meinungsäußerungen somit keine hinreichende Grundlage gab.
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b. Die Antragsgegnerin kann als Störerin auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, da sie nach den erforderlichen und ausreichenden Hinweisen durch die Antragstellerin nicht die ihr möglichen und zumutbaren Schritte unternommen hat, um weitere Rechtsverletzungen zu verhindern, und somit die ihr obliegenden Prüfpflichten verletzt hat.
42
Die Störerhaftung eines Host-Providers auf Unterlassung setzt nach der Rechtsprechung die Verletzung von Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 11.03.2004, I ZR 304/01 – Internet-Versteigerung, Juris Rn. 48; Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – Blogeintrag, Juris Rn. 22). Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – Blogeintrag, Juris Rn. 26). Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen. (BGH, a.a.O., Juris Rn. 27).
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(1) Bei der Bestimmung des Umfangs dieser Pflichten unter Abwägung der betroffenen Interessen kommt die Kammer vorliegend zu dem Ergebnis, dass die Antragsgegnerin den ihr möglichen und zumutbaren Prüfpflichten nicht genügt hat.
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(a) Eine Verletzung der Prüfungspflichten der Antragsgegnerin ergibt sich zum einen daraus, dass das von der Antragsgegnerin durchgeführte Stellungnahmeverfahren zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch die Antragstellerin am 08.03.2016 unstreitig noch andauerte, die ihr dafür einzuräumende Frist jedenfalls aber mit Ende des 07.03.2016 abgelaufen war. Der Einwand der Antragsgegnerin, die Frist zur Durchführung des Stellungnahmeverfahrens sei frühestens am 08.03.2016 abgelaufen, greift somit nicht durch.
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Das Gericht folgt der Auffassung der Antragsgegnerin, dass eine wirksame Inkenntnissetzung von der das Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin verletzenden Bewertung erst durch die Mitteilung per Onlineformular am 18.2.2016 (Anlage ASt 6) erfolgt ist. Denn bei dem Adressaten des Schreibens vom 15.02.2016 (Anlage ASt 3, zweiter Teil), G. Hamburg, handelt es sich nicht um den Betreiber der Internetplattformen, auf denen die Bewertung verbreitet worden ist.
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Soweit die Antragsgegnerin aber vorträgt, dass sie nach Inkenntnissetzung die Beschwerde geprüft und daraufhin am 24.2.2016 das Stellungnahmeverfahren eingeleitet habe, ist das Gericht der Überzeugung, dass die Einleitung des Stellungnahmeverfahrens verzögert erfolgt ist. Zwar war die Antragsgegnerin – entsprechend den Vorgaben des Bundesgerichtshofs – nach Eingang der Beschwerde gehalten, diese inhaltlich zu prüfen, um zu entscheiden, ob sie den Beitrag wegen dessen offensichtlicher Rechtswidrigkeit ohne weitere Nachfrage löscht, oder ob sie den Sachverhalt weiter aufklärt und das Stellungnahmeverfahren durchführt. Zu beanstanden ist aber, dass diese Prüfung insgesamt sechs Tage in Anspruch genommen hat. Unter Berücksichtigung der betroffenen Interessen und der konkreten Umstände des Einzelfalls wäre zur Überzeugung der Kammer ein zeitlicher Umfang der Prüfung von insgesamt vier Tagen ausreichend gewesen, sodass die Antragsgegnerin gehalten gewesen wäre, das Stellungnahmeverfahren am 22.02.2016 einzuleiten. Zwar ist zugunsten der Antragsgegnerin davon auszugehen, dass diese täglich eine Vielzahl vergleichbarer Beschwerden erhält und deren Prüfung allein deshalb eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Andererseits ist die Antragsgegnerin im Rahmen der Erfüllung ihrer Prüfungspflichten gehalten, die infrastrukturellen und personellen Mittel zur unverzüglichen Prüfung der Beschwerden bereitzustellen. Die Antragsgegnerin hat auch keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass ihr eine Prüfung der Beschwerde innerhalb von vier Tagen nicht zumutbar gewesen wäre. Dies ergibt sich auch nicht aus der Beschwerde selbst. Die von der Antragsgegnerin verbreitete Bewertung ist hinsichtlich ihres Umfangs überschaubar. Die Antragstellerin hat ihre Beschwerde auch hinreichend konkret gefasst, die Begründung der Rechtswidrigkeit der Bewertung ist nicht übermäßig lang und beinhaltet keinen komplexen Sachverhalt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die erstmalige Prüfung der Beschwerde bei anschließender Durchführung des Stellungnahmeverfahrens nur einen von insgesamt mindestens drei Schritten darstellt. Sofern die Antragsgegnerin im Anschluss dem Beschwerdeführer eine siebentägige Frist zur Zustimmung zur Weiterleitung der Beschwerde an den Verfasser und dem Verfasser eine siebentägige Frist zur Stellungnahme einräumt, ist es unverhältnismäßig lang, wenn die Entscheidung über die Durchführung des Stellungnahmeverfahrens eine (beinahe) gleich lange Dauer in Anspruch nimmt. Denn das Interesse des Beschwerdeführers, dass ein sein Persönlichkeitsrecht verletzender Beitrag so schnell wie möglich gelöscht wird, gebietet es, dass der Hostprovider seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts möglichst zeitnah nachkommt. Insofern hat das Hanseatische Oberlandesgericht eine Verletzung der Prüfpflichten für den Fall bejaht, dass zwischen Inkenntnissetzung über den angeblich rechtswidrigen Eintrag und dessen endgültiger Löschung ein Zeitraum von insgesamt neun Tagen liegt (HansOLG, Urteil vom 11.11.2014, 7 U 24/13). Angesichts der Pflicht zur Einleitung des Stellungnahmeverfahrens spätestens am 22.02.2016 wäre auch bei Einräumung einer siebentägigen Frist zur Zustimmung zur Weiterleitung und einer anschließenden siebentägigen Frist zur Stellungnahme das Stellungnahmeverfahren jedenfalls mit Ablauf des 07.03.2016 beendet gewesen.
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Aufgrund dessen kann auch dahinstehen, ob die E-Mail der Antragstellerin vom 01.03.2016 von der Antragsgegnerin als Aufforderung zur Weiterleitung der Beschwerde hätte verstanden werden müssen. Denn nach Auffassung der Kammer hätte die Antragsgegnerin das Stellungnahmeverfahren bereits am 22.02.2016 einleiten müssen, sodass eine Pflicht zur Weiterleitung der Beschwerde bereits am 29.02.2016 bestanden hätte.
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(b) Die Antragsgegnerin hat auch deshalb nicht die ihr möglichen und zumutbaren Kontrollmaßnahmen ergriffen, weil sie im Rahmen ihres Stellungnahmeverfahrens nicht die von ihr selbst aufgestellten Fristen einhielt. Denn unstreitig hat die Antragsgegnerin die Beschwerde der Antragstellerin erst am 08.03.2016 an den Verfasser weitergeleitet. Laut der E-Mail vom 24.02.2016 (Anlage ASt 6) sollte die Weiterleitung aber nach Ablauf von sieben Tagen, mithin am 03.03.2016, erfolgen. Die Antragsgegnerin hat auch keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass ihr eine frühere Weiterleitung der Beschwerde nicht möglich gewesen wäre.
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(2) Sofern man annähme, dass der Antragsgegnerin eine Frist von mindestens fünf Tagen zur Entscheidung über die Durchführung des Stellungnahmeverfahrens zuzubilligen wäre mit der Folge, dass das Stellungnahmeverfahren am 08.03.2016 noch nicht beendet gewesen wäre, kann sich die Antragsgegnerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie ihre Prüfpflichten deshalb nicht verletzt habe, weil die streitgegenständliche Bewertung möglicherweise noch vor Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung am 08.03.2016 durch den Verfasser gelöscht worden sei. Prozessual ist aufgrund der anwaltlichen Versicherung der Antragstellerin im Schriftsatz vom 30.03.2016 davon auszugehen, dass die Bewertung bei Stellung des Antrags noch unter der angegebenen Internetadresse abrufbar war, da die Antragsgegnerin die Glaubhaftmachung nicht hinreichend substantiiert bestritten hat. Die Antragsgegnerin hat lediglich darauf hingewiesen, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass die Bewertung zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei Gericht bereits gelöscht gewesen sei. Der Verweis auf eine solche theoretische Möglichkeit ist für das Bestreiten aber nicht ausreichend. Die Bewertung wurde auf der Internetplattform der Antragsgegnerin von einem dort registrierten Nutzer erstellt und – nach dem Vortrag der Antragsgegnerin – von diesem Nutzer auch wieder gelöscht. Somit liegt es im Einflussbereich der Antragsgegnerin, das genaue Datum der Löschung des Beitrags zu ermitteln. Deshalb kann sie sich zur Überzeugung der Kammer im Rahmen ihres Bestreitens nicht pauschal darauf berufen, es sei ja möglich, dass der Nutzer den Beitrag noch vor Eingang des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht gelöscht habe. Vielmehr obliegt es ihr, mitzuteilen, an welchem konkreten Datum der Beitrag vom Nutzer gelöscht worden ist, da sie dies problemlos ermitteln kann.
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(3) Die Haftung der Antragsgegnerin ist auch nicht gemäß § 10 S. 1 TMG ausgeschlossen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist die Haftungsprivilegierung des § 10 S. 1 TMG auf Unterlassungsansprüche nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 11.03.2004, I ZR 304/01 – Internet-Versteigerung, Juris Rn. 31; Urteil vom 30.04.2008, I ZR 73/05 – Internet-Versteigerung III, Juris Rn. 38). Denn wie sich aus § 7 Abs. 2 TMG und dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ergibt, betrifft § 10 TMG lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung; Unterlassungsansprüche bleiben von dieser Vorschrift unberührt (BGH, Urteil vom 11.03.2004, I ZR 304/01 – Internet-Versteigerung, Juris Rn. 34).
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c. Es besteht auch die für den Verfügungsgrund erforderliche Wiederholungsgefahr. Die Wiederholungsgefahr wird durch die Erstbegehung indiziert, es wurde keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, die einstweilige Verfügung der Kammer wurde nicht als endgültige Regelung anerkannt und auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die eine Wiederholungsgefahr entfallen lassen könnten.
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2. Der erforderliche Verfügungsgrund liegt vor, die Eilbedürftigkeit ist gegeben (§ 937 Abs. 2 ZPO). An der Dringlichkeit fehlt es dann, wenn der Betroffene den Rechtsverstoß schon längere Zeit kennt und durch sein Zuwarten zum Ausdruck bringen, dass es ihm mit der gerichtlichen Maßnahme gar nicht so eilig ist (HansOLG GRUR-RR 2008, 366; HH-Ko/MedienR/Meyer, Abschn. 40 Rn. 33 m.w.Nw.). Die Kammer sieht in Übereinstimmung mit dem für Pressesachen zuständigen Senat des Hanseatischen Oberlandesgerichts eine Frist von fünf Wochen ab Kenntnisnahme von der Verletzung im Regelfall als Grenze für die Eilbedürftigkeit an (LG Hamburg, Urteil vom 06.12.2006, 324 O 780/06; HansOLG, Beschluss vom 12.11.2008, 7 W 131/08). Dies hat die Antragstellerin ausreichend glaubhaft gemacht.
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Der Einwand der Antragsgegnerin, die eidesstattliche Versicherung des Managing Partners vom 15.02.2016 (Anlage ASt 5) sei für die Glaubhaftmachung des Zeitpunkts der Kenntnisnahme durch die Antragstellerin nicht ausreichend, vielmehr komme es darauf an, wann der für das Online-Profil der Antragstellerin zuständigen Mitarbeiter oder aber der bei der Antragstellerin für den Rechtsstreit zuständige Rechtsanwalt Herr K. Kenntnis von der Bewertung erlangt hätten, steht der Annahme der Eilbedürftigkeit nicht entgegen. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich die von der Antragsgegnerin bezeichneten Mitarbeiter der Antragstellerin in einer Position befinden, die eine Wissenszurechnung analog § 166 Abs. 1 BGB zulässt.
II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.