BGH, Versäumnisurteil vom 06.07.2011 – VIII 337/10
Ein Mieterhöhungsbegehren ist nicht deshalb aus formellen Gründen unwirksam, weil der Vermieter darin zur Begründung auf den bisher geltenden Mietspiegel und nicht auf den kurz zuvor veröffentlichten neuesten Mietspiegel Bezug genommen hat (Rn.7).
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin vom 26. November 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Der Beklagte ist seit dem 1. Juli 1996 Mieter einer Wohnung der Klägerin in B. . Mit Schreiben vom 29. Juni 2009 begehrte die Klägerin unter Bezugnahme auf das Mietspiegelfeld I 2 des B. Mietspiegels 2007 die Zustimmung des Beklagten zu einer Erhöhung der monatlichen Bruttokaltmiete von 388,28 € um 58,92 € auf 447,20 €. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Beklagte in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 – V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 ff.).
I.
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Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
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Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin sei formell wirksam und materiell begründet. Dass die Klägerin in ihrem Mieterhöhungsverlangen noch auf den Mietspiegel 2007 Bezug genommen habe, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits der Mietspiegel 2009 herausgegeben worden sei, führe nicht zur Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens aus formellen Gründen. Zwar sei – selbstverständlich – zur Beurteilung der Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens der aktuelle Mietspiegel heranzuziehen. Das bedeute aber nicht, dass das insoweit fehlerhafte Mieterhöhungsverlangen bereits formal unwirksam sei und keine Rechtswirkungen entfalte. Es sei zu berücksichtigen, dass der Mietspiegel 2009 erst am 24. Juni 2009 im Amtsblatt veröffentlicht worden sei und es sich dabei um eine Überarbeitung und Fortschreibung des Mietspiegels 2007 im Sinne von § 558d Abs. 1, 2 BGB handele, die ohnehin mit einer zeitlichen Überlappung verbunden sei.
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Bei der Einordnung der Wohnung des Beklagten innerhalb des einschlägigen Mietspiegelfeldes I 2 seien die Merkmalgruppen 2 (Küche), 3 (Wohnung) und 4 (Gebäude) positiv und die Merkmalgruppen 1 (Bad) und 5 (Wohnumfeld) als ausgeglichen zu bewerten, so dass zu dem ausgewiesenen Mittelwert von 5,08 € je qm noch 0,75 € je qm (60 % der Differenz zum oberen Spannenwert) hinzuzufügen seien. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass er Einrichtungen in Bad und Küche von den Vormietern übernommen habe und dies bei der Bewertung der Merkmalsgruppen zu berücksichtigen sei. Mit diesem Vorbringen sei der Beklagte nach §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Der vom Beklagten vorgelegten Vereinbarung sei nicht zu entnehmen, dass sie sich auf den Ausbau des Bades mit Fliesen, eingebauter Badewanne und neuem Waschbecken beziehe.
II.
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Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
7
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Klägerin ein wirksames Mieterhöhungsverlangen gestellt hat. Dass die Klägerin darin noch auf den Mietspiegel 2007 Bezug nimmt, obwohl im Amtsblatt der Stadt B. wenige Tage zuvor bereits der Mietspiegel für das Jahr 2009 veröffentlicht worden war, führt entgegen der Auffassung der Revision nicht dazu, dass es dem Mieterhöhungsverlangen an der nach § 558a Abs. 2 Nr. 1 BGB erforderlichen Begründung fehlt. Vielmehr handelt es sich – ähnlich wie bei Einordnung der Wohnung des Mieters in ein unzutreffendes Mietspiegelfeld (vgl. dazu Senatsurteile vom 12. Dezember 2007 – VIII ZR 11/07, NZM 2008, 164 Rn. 16, und vom 11. März 2009 – VIII ZR 316/07, WuM 2009, 239 Rn. 8) – um einen bloß inhaltlichen Fehler.
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Entgegen der Auffassung der Revision hat die Klägerin auch nicht versäumt, die Wohnung des Beklagten in das einschlägige Mietspiegelfeld des Mietspiegels einzuordnen, denn das Mieterhöhungsverlangen nimmt auf die „Kategorie I 2“ Bezug.
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2. Zu Recht rügt die Revision jedoch, dass das Berufungsgericht bei der Einordnung der Wohnung innerhalb der Spanne des Mietspiegelfeldes erheblichen Sachvortrag des Beklagten rechtsfehlerhaft übergangen hat. Der Beklagte hatte – wie die Revision mit dem Hinweis auf die Schriftsätze vom 23. März und 20. April 2010 belegt – geltend gemacht, dass Einrichtungsgegenstände in Küche und Bad (Fliesen, neues Handwaschbecken und eingebaute Badewanne) nicht vom Vermieter zur Verfügung gestellt worden seien. Vielmehr habe er sie gegen Abstandszahlung von den als Zeugen namentlich benannten Vormietern erworben; die Parteien hätten mit Rücksicht auf diese Übernahme von Einrichtungen in der Zusatzvereinbarung vom 8. Mai 1996 zum Mietvertrag festgehalten, dass etwaige vom Vormieter übernommene Einrichtungen als nicht zur Mietsache gehörig und vom Mieter eingebracht gelten sollten. Auf diesen – auch schon in der ersten Instanz gehaltenen und bereits vom Amtsgericht verfahrensfehlerhaft übergangenen – entscheidungserheblichen Sachvortrag (vgl. Senatsurteil vom 7. Juli 2010 – VIII ZR 315/09, NZM 2010, 735 Rn. 12) hin hätte das Berufungsgericht den angebotenen Zeugenbeweis erheben müssen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es insoweit unerheblich, dass die Zusatzvereinbarung der Parteien zum Mietvertrag, auf die sich der Beklagte zur Untermauerung seines Sachvortrags bezogen hat, nicht erkennen lässt, ob und welche Einrichtungsgegenstände der Beklagte tatsächlich von den Vormietern übernommen hat. Dies ändert nichts daran, dass der Beklagte schlüssig eine für die Entscheidung des Rechtsstreits erhebliche Tatsache behauptet und unter Beweis gestellt hat.
III.
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Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist gemäß § 563 Abs. 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen weiteren Feststellungen getroffen werden können.