Zur Zurückweisung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses wegen schwerwiegendem Begründungsmangel

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 21. Januar 2019 – 9 W 33/18

1. Ein Kostenfestsetzungsbeschluss, in dem auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Kosten mit keinem Wort eingegangen wird, leidet an einem schwerwiegenden Begründungsmangel.

2. Dieser Verfahrensfehler rechtfertigt regelmäßig die Zurückverweisung der Sache durch das Beschwerdegericht.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 13. September 2018 – 4 O 386/14 – aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Beschwerdewert: 633,90 €.

Gründe

1
Das als Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel des Beklagten ist als sofortige Beschwerde gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

2
In der Sache hat die sofortige Beschwerde einen vorläufigen Erfolg. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 13. September 2018 leidet an einem wesentlichen Verfahrensfehler.

3
Der Beschluss gemäß § 104 ZPO, durch den das Gericht über den Antrag einer Partei auf Festsetzung der durch den Gegner zu erstattenden Kosten entscheidet, muss aus sich heraus verständlich sein und die Parteien in die Lage versetzen, die tragenden Erwägungen des Gerichts nachzuvollziehen. Unbeschadet des auch für die Begründung von Beschlüssen geltenden Gebots der „bündigen Kürze“ müssen die Beschlussgründe zumindest so präzise und ausführlich sein, dass den an dem Verfahren Beteiligten und auch dem Rechtsmittelgericht auf ihrer Grundlage eine Überprüfung der Entscheidung möglich ist (2. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts, Beschluss vom 13. Juli 2007 – 2 W 122/07-14, OLGR 2007, 802). Eine Begründung ist jedenfalls insoweit erforderlich, als das Gericht beantragte Kosten ablehnt oder festsetzt, deren Erstattungsfähigkeit zweifelhaft oder zwischen den Parteien umstritten ist (OLG Koblenz, Beschluss vom 13. März 2003 – 14 W 146/03, BeckRS 2003, 30311486; OLG Frankfurt a.M., JurBüro 1999, 483; OLG Stuttgart, JurBüro 1978, 1252; Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 15. Aufl., § 104 Rn. 15; MüKoZPO/Schulz, 5. Aufl., § 104 Rn. 52).

4
Zudem verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 46, 315, 319; 105, 279, 311). Das Verfahrensgrundrecht ist verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (BVerfGE 65, 293, 295; 70, 288, 293; 86, 133, 145 f.). Art. 103 Abs. 1 GG gilt auch im Kostenfestsetzungsverfahren (vgl. BVerfGE 81, 123, 127).

5
Diesen Anforderungen wird der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss, durch den das Landgericht dem Kostenfestsetzungsantrag des Klägers vom 20. Dezember 2016 entsprochen hat, nicht gerecht. Seine Begründung erschöpft sich in dem Satz „Die Streitwertangabe ist nicht zu beanstanden“. Das stellt keine ausreichende Begründung dar.

6
Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag hat der Kläger die Festsetzung einer 0,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 VV-RVG in Höhe von 603,90 €, berechnet aus einem Wert von 186.548 €, der Pauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG sowie von Gerichtskosten in Höhe von 10 € gemäß der Kostenrechnung der Gerichtskasse Saarbrücken vom 10. Oktober 2016 beantragt. Zur Begründung des Antrags heißt es, der Kläger habe mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 11. Oktober 2016 den Beklagten aufgefordert, zur Abwehr der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts vom 19. August 2016 Sicherheit zu leisten, und darüber hinaus zur Vorbereitung einer Sicherungsvollstreckung gemäß § 720 a ZPO eine Grundbuchauskunft eingeholt.

7
Der Beklagte hat gegenüber dem Kostenfestsetzungsantrag eingewendet, dass der Urteilsbetrag innerhalb der in dem Schreiben vom 11. Oktober 2016 gesetzten Frist gezahlt worden sei und die Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit der „Zwangsvollstreckungsgebühr“ auch im Übrigen nicht vorlägen, wobei er seine Rechtsauffassung im Schriftsatz vom 24. März 2017 unter Zitierung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur ausführlich begründet hat. Dem ist der Kläger wiederum entgegen getreten, woraufhin noch mehrere Schriftsätze gewechselt wurden, in denen die Parteien ihren jeweiligen Standpunkt bekräftigt haben.

8
Auf die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten im Sinne von § 91 ZPO ist das Landgericht in dem Kostenfestsetzungsbeschluss mit keinem Wort eingegangen, obwohl sie den Kern der Auseinandersetzung der Parteien im Kostenfestsetzungsverfahren darstellt. Sollte das Landgericht davon ausgegangen sein, der Beklagte habe die Erstattungsfähigkeit im Laufe des Verfahrens eingeräumt, träfe das nicht zu. Eine entsprechende Erklärung hat der Beklagte nicht abgegeben. Er hat vielmehr auf die Verfügung des Landgerichts vom 14. Juni 2018, wonach davon ausgegangen werde, dass jetzt Einverständnis mit dem Kostenfestsetzungsantrag „in jeglicher Hinsicht“ bestehe, sofern „kein entsprechend qualifizierter Vortrag“ erfolge, mit Schriftsatz vom 2. Juli 2018 mitgeteilt, dass kein Einverständnis bestehe. Diese Erklärung hat er sodann mit Schriftsatz vom 16. Juli 2018 wiederholt, nachdem das Landgericht mit Verfügung vom 9. Juli 2018 darauf hingewiesen hatte, dass das Einverständnis fingiert werde, sofern der „qualifizierte Vortrag“ nicht binnen einer Woche erfolge. Das erbetene Einverständnis wurde somit ausdrücklich verweigert und angesichts der ausführlichen Begründung seiner gegen den Kostenfestsetzungsantrag gerichteten – und im weiteren Verfahrensverlauf nicht erkennbar fallen gelassenen – Einwände durch den Beklagten bestand im Übrigen für einen weiteren Vortrag auch kein Anlass.

9
Zwar hatte der Beklagte eine frühere Anfrage des Landgerichts vom 30. Juni 2017, ob „jetzt Einverständnis besteht“, mit Schriftsatz vom 11. Juli 2017 bejaht. Das entband das Landgericht jedoch nicht von einer eigenen rechtlichen Prüfung, ob die vom Kläger geltend gemachten Kosten erstattungsfähig sind. Aus der Anfrage geht schon nicht hervor, worauf sich das Einverständnis beziehen sollte, was der Beklagte auf eine gleichlautende Anfrage vom 6. September 2017 hin in seinem Schriftsatz vom 20. September 2017 auch beanstandete. Jedenfalls hat er sich durch seine späteren Erklärungen von dem Einverständnis wieder distanziert. Der erstinstanzliche Verfahrensablauf legt insgesamt den Eindruck nahe, dass das Landgericht den Beklagten nachdrücklich zur Abgabe einer die Erstattungsfähigkeit der Kosten betreffenden Erklärung zu bewegen versuchte, obwohl dessen fehlende Bereitschaft hierzu eindeutig war.

10
Der in der Begründung des Kostenfestsetzungsbeschlusses angesprochene Streitwert betrifft lediglich die Höhe der anwaltlichen Gebühr und wird erst dann relevant, wenn man deren Erstattungsfähigkeit dem Grunde nach bejaht, womit sich das Landgericht bislang nicht auseinandergesetzt hat.

11
Der Nichtabhilfebeschluss vom 13. November 2018 enthält lediglich eine floskelhafte Begründung und vermochte den Verfahrensfehler nicht zu heilen.

12
Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist daher aufzuheben und die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen (vgl. MüKoZPO/Schulz, aaO, § 104 Rn. 53), das die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Gebühr gemäß Nr. 3309 VV-RVG sowie der weiteren Kosten im Einzelnen zu prüfen und sein Ergebnis in einer den dargestellten Anforderungen genügenden Weise zu begründen haben wird. Die Zurückverweisung wird dem Landgericht zugleich Gelegenheit bieten, seine funktionelle Zuständigkeit zur Kostenfestsetzung – in Abgrenzung zu derjenigen des Vollstreckungsgerichts gemäß § 788 Abs. 2 Satz 1 ZPO (vgl. hierzu etwa BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2007 – II ZB 8/07, NJW-RR 2008, 515; OLG Düsseldorf, Rpfleger 2010, 435) – zu prüfen und zu begründen.

13
Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf § 21 GKG.

14
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO) liegen nicht vor.

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