OLG Stuttgart, Urteil vom 30.07.2009 – 2 U 4/09
Zusätzliche Angaben in Werbeanzeigen für Arzneimittel (hier: „ Erkältung? Da gibt’s doch was von …“) sind freistellungsschädlich, wenn es sich um Angaben medizinisch-relevanten Inhalts handelt, wie zum Beispiel auch die Benennung des Arzneimittels in seiner therapeutischen Wirkung (Rn. 45).
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 18. Dezember 2008 – Az.: 10 O 127/08 KfH – wird zurückgewiesen
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt. Sie kann die Vollstreckung wegen der Aufwandspauschale (Ziff. 2 des Tenors des landgerichtlichen Urteils) und der Kosten des Rechtsstreits durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insoweit vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 25.000 €
Gründe
I.
1
Der Kläger macht als Wettbewerbsverband i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG gegen die Beklagte, einen Arzneimittelhersteller, Ansprüche auf Unterlassung seiner Ansicht nach wettbewerbswidriger Arzneimittelwerbung auf den Seitenwänden von Lkws sowie auf Zahlung einer Unkostenpauschale für eine deswegen ausgesprochene vorgerichtliche Abmahnung geltend.
1.
2
Hinsichtlich des Sachverhalts und des Vorbringens in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
2.
3
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
4
Die Antragsbefugnis des Klägers sei der Kammer aus einer Vielzahl von Verfahren im Arzneimittelbereich bekannt und sein Vorgehen auch nicht rechtsmissbräuchlich, und zwar selbst dann nicht, wenn der Vorgang von einem seiner Prozessbevollmächtigten an ihn herangetragen worden wäre. Im übrigen sei diese Behauptung der Beklagten durch die eidesstattliche Versicherung des entsprechenden Rechtsanwalts widerlegt.
5
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei gem. §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 HWG begründet.
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Die streitgegenständlichen Produkte unterfielen, wie die Beklagte selbst einräume, dem HWG.
7
Die beanstandete Lkw-Beschriftung stelle auch eine produktbezogene Werbung und nicht nur eine Aufmerksamkeitswerbung dar, da die Beklagte hierdurch ihren Absatz fördern wolle. Die Aufschriften auf den Seitenwänden der Lkw seien für die angesprochene Öffentlichkeit auch wahrnehmbar, etwa beim verkehrsbedingten Stillstand der Lkws, beim Abstellen/Parken im öffentlichen Verkehrsraum oder auf Parkplätzen, aber auch im fließenden Verkehr.
8
Die Werbung hätte daher die nach § 4 HWG erforderlichen, unstreitig aber fehlenden Pflichtangaben enthalten müssen, da die Voraussetzungen einer Erinnerungswerbung nach § 4 Abs. 6 HWG nicht vorlägen.
9
Denn zwar dürfe mit der Arzneimittelbezeichnung auch dann geworben werden, wenn diese Indikationsangaben enthalte, doch gehe die beanstandete Werbung darüber hinaus, was freistellungsschädlich sei, da sie allgemein für die vier streitgegenständlichen Arzneimittel als Vordersatz die Einleitung „ Erkältung? Da gibt’s doch was von …“ “ enthalte, was eine Indikationsangabe darstelle, welche über die jeweilige Arzneimittelbezeichnung hinausgehe. Dieser vorgestellte Satz sei auch Produkt- und nicht nur Aufmerksamkeitswerbung, wie sich eindeutig aus dem Zusammenhang ergebe, denn nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrsteilnehmer solle im Vordersatz gerade der Anwendungsbereich der in Form ihrer Umverpackung abgebildeten Arzneimittel deutlich werden. Es könne daher auch dahingestellt werden, ob es sich bei den Arzneimitteln um Monopräparate handle.
10
Ebenso wenig komme es auf die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene Frage an, ob durch die Werbeaussagen der Zulassungsbereich der Arzneimittel überschritten und damit ein Verstoß gegen § 3 a HWG gegeben sei, denn dies bedürfe – da die konkrete Verletzungshandlung angegriffen sei und die Wettbewerbswidrigkeit in diesem Punkt bestehe – keiner Entscheidung.
11
Aufgrund des gegebenen Unterlassungsanspruchs stünde dem Kläger auch die weiter eingeklagte Abmahnkostenpauschale zu, deren Höhe (166,60 €) angemessen und auch von der Beklagten nicht angegriffen sei.
3.
12
Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie unter pauschaler Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen das Ziel der Klageabweisung weiterverfolgt.
13
Die vom Landgericht festgestellten Tatsachen rechtfertigten eine andere Entscheidung. Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, die Lkw-Beschriftung erfülle die Voraussetzungen der Erinnerungswerbung im Sinne von § 4 Abs. 6 HWG nicht. Diese Bestimmung sei trotz ihres Ausnahmecharakters nicht zwingend restriktiv auszulegen. Die Rechtsprechung habe daher über die in Abs. 6 Satz 2 genannten Angaben hinausgehend das Institut der Erinnerungswerbung weiter entwickelt. Ob die Abbildung einer Arzneimittelumverpackung eine Erinnerungswerbung darstelle, sei eine Frage des Einzelfalls, aber doch der typische Fall der Erinnerungswerbung, weil die Intention des Werbenden in diesen Fällen offensichtlich nicht darin liege, den Kunden von der medizinischen Relevanz der einzelnen Arzneimittel zu überzeugen.
14
Zu Unrecht habe die Kammer angenommen, die beanstandete Werbung enthalte in Form der Einleitung „ Erkältung? Da gibt’s doch was von … “ eine freistellungsschädliche Überinformation in Form einer Indikationsangabe. Der Slogan „Da gibt’s doch was von …“ sei für sie als Wortmarke geschützt (Registerauszug Anl. BB1, Bl. 155), und der Begriff „Erkältung“ sei bloß eine alltagssprachlich und medizinisch nicht scharf definierte Bezeichnung für akute Infektionskrankheiten von Schleimhaut und Nase, Hals und Bronchien. Keines der beworbenen Produkte decke eine Erkältung insgesamt ab, weshalb es sich bei der genannten Einleitung insgesamt nur um eine Aufmerksamkeits- und nicht um eine Absatzwerbung für die in Form der Umverpackungen abgebildeten Produkte handle. Die Formulierung enthalte keinen Informationsgehalt, der über die Assoziationen hinausgehe, die beim Betrachter ohnehin geweckt würden. Anders als in dem vom OLG Köln entschiedenen Fall „… Erkältungssaft für die Nacht“ (GRUR-RR 2008, 445 – Flyer-Werbung ) liege hier gerade keine Konkretisierung durch zusätzliche Informationen, sondern lediglich eine Zusammenfassung der Produkte unter einer Art Oberbegriff ohne zusätzlichen Informationsgehalt vor.
15
Die Beklagte beantragt:
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das Urteil des Landgerichts Ulm vom 19. Dezember 2008 (10 O 127/08 KfH) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt:
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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
19
Er macht hilfsweise auch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch geltend und verteidigt das landgerichtliche Urteil.
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Das Rechtsproblem, ob die Abbildung der Umverpackung auch dann als Erinnerungswerbung zu begreifen sei, wenn auf dieser an sich der Annahme einer Erinnerungswerbung entgegenstehende Indikationsangaben enthalten seien, stelle sich vorliegend nicht – auch wenn nach seiner Auffassung der vorliegende Fall demjenigen, der vom OLG Köln zu beurteilen gewesen sei, nahekomme und wie in dem dort zu beurteilenden Sachverhalt die Werbung unzulässig sei, weil die auf den Verpackungen gut lesbaren Indikationsangaben auch unter Würdigung der Abbildungen über die in den Arzneimittelbezeichnungen enthaltenen Indikationen hinausgingen -, da bereits die Werbeaussage „Erkältung? Da gibt’s doch was von … Gute Preise. Gute Besserung.“ der Annahme einer Erinnerungswerbung entgegenstehe. Unerheblich sei, ob ein Teil dieser Aussage als Wortmarke geschützt sei, da das Markenrecht eine Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen des HWG nicht rechtfertige.
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Die der Wortmarke vorangestellte Frage „Erkältung?“ stelle sich als Angabe eines Anwendungsgebiets dar unabhängig davon, ob dieser Begriff als Oberbegriff oder als konkrete Indikation zu begreifen sei, denn einer Erinnerungswerbung stehe jeglicher Hinweis auf die medizinisch-gesundheitliche Bedeutung des beworbenen Arzneimittels entgegen. Schließlich sei, auch wenn das Landgericht dies offen gelassen habe, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch aufgrund der Bestimmungen der §§ 3, 3 a HWG gerechtfertigt, weil die Werbung der Beklagten mit dem Anwendungsgebiet „Erkältung“ über die Anwendungsgebiete hinausgehe, für welche die beworbenen Arzneimittel zugelassen seien. Denn nach den eigenen Angaben der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht decke keines der beworbenen Mittel eine Erkältung insgesamt ab.
II.
22
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Zurecht hat das Landgericht dem Kläger den geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung und Erstattung der Kostenpauschale für die Abmahnung zugesprochen.
1.
23
Der Antrag auf Unterlassung der beanstandeten Werbung (Klagantrag Ziff. 1) ist zulässig und begründet.
24
a) Der Antrag ist zulässig, nachdem der Kläger als Verband klagebefugt ist, kein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegt und der Unterlassungsantrag auch hinreichend bestimmt ist.
25
aa) Die Klagebefugnis des Klägers folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
26
(1) Die gesetzliche Regelung in § 8 Abs. 3 UWG hat eine Doppelnatur: Sie betrifft nicht nur die materielle Sachlegitimation (Aktivlegitimation), sondern auch die Prozessführungsbefugnis (Klagebefugnis; BGH GRUR 2007, 610 – Tz. 14 – Sammelmitgliedschaft V ; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 13 Rn. 16; Ahrens-Jestaedt, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl., Kap. 19 Rn. 1). Aufgrund dessen sind die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 UWG von Amts wegen zu prüfen (BGH a.a.O.; Ahrens-Jestaedt, a.a.O., Kap. 19 Rn. 48; Fezer-Büscher, UWG, § 8 Rn. 226 i.V.m. Rn. 214). Der Umstand, dass die Beklagte die Klagebefugnis des Klägers unstreitig gestellt hat, enthebt den Senat aufgrund dessen nicht der Prüfung der Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
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(2) Diese sind vorliegend gegeben:
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(a) Der Kläger hat hinreichend vorgetragen, dass sein Satzungszweck den Anforderungen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG entspricht.
29
Was die tatsächliche Zweckverfolgung und die hierfür erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung angeht, so ist bei einem jahrelang als klagebefugt anerkannten Verband wie dem Kläger zu vermuten, dass diese Voraussetzungen weiter vorliegen (BGH GRUR 2000, 1093, 1095 m.w.N. – Fachverband ; BGH GRUR 1986, 320, 321 – Wettbewerbsverein ; OLG Hamburg NJW-RR 1995, 559; Ahrens-Jestaedt, a.a.O., Kap. 19 Rn. 20).
30
Im Übrigen hat der Senat in anderen bei ihm in jüngerer Zeit anhängigen bzw. anhängig gewesenen Verfahren die genannten Punkte geprüft und bejaht (Az.: 2 U 39/08; 2 U 60/08 und 2 W 61/08). Diese Erkenntnisse können auch im vorliegenden Verfahren verwertet werden, da die Klage- bzw. Antragsbefugnis im Freibeweisverfahren geklärt werden kann (BGH GRUR 2006, 873 – Tz. 17 – Brillenwerbung ).
31
(b) Der Kläger hat auch ausreichend dargelegt, dass ihm eine „erhebliche Zahl“ von Unternehmen im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 3 UWG angehört, also solchen, die „Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben“, denn er hat unwidersprochen vorgetragen, ihm gehörten 68 Hersteller und Vertreiber von pharmazeutischen Produkten an, die nahezu ausschließlich bundesweit tätig seien – davon 44 Hersteller – (Klageschrift S. 6) sowie eine entsprechende Liste vorgelegt (S. 22 – 28 der Anlage K 2, Bl.36 – 42). Ausreichend ist grundsätzlich die Zugehörigkeit zur gleichen Branche, wobei die Branche maßgebend ist, der die beanstandete Wettbewerbsmaßnahme zuzurechnen ist (BGH GRUR 2007, 610 – Tz. 17 – Sammelmitgliedschaft V ; BGH GRUR 2007, 809 – Tz. 14 – Krankenhauswerbung ; BGH GRUR 2000, 260, 261 – Vielfachabmahner ; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 8 Rn. 3.35).
32
Die Zahl von mindestens 68 branchenangehörigen Mitgliedern ist als allemal ausreichend anzusehen, nachdem der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „Krankenhauswerbung“ (BGH GRUR 2007, 809) klargestellt hat, dass das Erfordernis, die Mitglieder müssten „repräsentativ“ für den maßgeblichen Markt sein, schon vorliegt, wenn ein missbräuchliches Vorgehen des Verbands ausgeschlossen werden kann, was auch schon bei einer geringen Zahl von Mitgliedern der Fall sein könne (a.a.O. – Tz. 15: sieben bundesweit tätige Kliniken für die Branche „Heilbehandlungen“ ausreichend; für eine derartige teleologische Auslegung auch Ahrens-Jestaedt, a.a.O., Kap. 19 Rn. 29 f.: dem Gesetzgeber sei es darum gegangen, rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung zu unterbinden, nicht aber die Tätigkeit bekannter und bewährter Verbände zu gefährden).
33
bb) Zurecht hat das Landgericht auch angenommen, die Rechtsverfolgung durch den Kläger sei nicht rechtsmissbräuchlich. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (LGU S. 10 unter I.) kann verwiesen werden. Ergänzend ist lediglich auszuführen: Nach zutreffender herrschender Meinung (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 Rdnr. 4.25 m. w. N.) ist, da grundsätzlich von der Zulässigkeit der Geltendmachung des Anspruchs auszugehen ist (so auch die Beklagtenvertreterin in WRP 2001, 745, 750), demgemäß bei Unaufklärbarkeit ein Rechtsmissbrauch zu verneinen. Hinzu kommt, dass beim Vorgehen eines Verbandes – wie vorliegend gegeben – für diesen die Vermutung spricht, dass er seinen satzungsmäßigen Zwecken nachgeht (BGH GRUR 2001, 178 – Impfstoffversand an Ärzte ). Um diese Vermutung zu widerlegen, hätte die Beklagte zumindest Indizien vortragen und gegebenenfalls beweisen müssen, die für eine missbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sprechen (BGH, ebenda; BGH GRUR 2006, 243 – Tz. 21 – MEGA SALE ). Dies ist nicht geschehen. Die diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten dazu, dass Rechtsanwalt … von der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers nach einer ungünstig verlaufenen Verhandlung in einem gegen die Beklagte gerichteten anderweitigen Verfügungsverfahren die behaupteten Wettbewerbsverstöße beobachtet habe, ist schon unerheblich, denn daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Rechtsverfolgung des Klägers aus sachfremden Erwägungen erfolgt. Dafür, dass der Wettbewerbsverstoß dem Kläger auf diesem Wege bekannt wurde, fehlen im übrigen nicht nur jegliche tatsächliche Anhaltspunkte, vielmehr ergibt sich aus der anwaltlichen Versicherung (nicht eidesstattlichen Versicherung) des Rechtsanwalts …, dass dem nicht so war. Diese ist vorliegend auch verwertbar, denn da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Einwand des Rechtsmissbrauchs die Zulässigkeit der Unterlassungsklage betrifft (BGH GRUR 2002, 715, 716 – Scanner-Werbung m.w.N.) gilt der Freibeweis (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, ebenda).
34
Im übrigen enthält die Berufungsbegründung gegen die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts auch keine konkreten Angriffe.
35
cc) Schließlich ist der Unterlassungsantrag auch im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO schon deshalb hinreichend bestimmt, weil durch die den Klagantrag Ziff. 1 abschließende Formulierung „wie aus der Anl. K 4 ersichtlich“ (dem folgend der Tenor des landgerichtlichen Urteils) Streitgegenstand die konkrete Werbung, also die konkrete Verletzungshandlung ist (vgl. zu derartigen Formulierungen BGH GRUR 2006, 164 – Tz. 13 f. – Aktivierungskosten II ), und die Bestimmtheit derartiger Unterlassungsanträge ist unproblematisch (vgl. BGH GRUR 2001, 453, 454 – TCM-Zentrum ).
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b) Der Unterlassungsanspruch ist in dem geltend gemachten Umfang auch begründet.
37
Die angegriffene Werbung verstößt gegen § 4 HWG, bei dem es sich wie generell bei den Verboten und Geboten der §§ 3 bis 13 HWG um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG handelt (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rdnr. 11.133 ff. und insbesondere Rdnr. 11.135 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
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Zurecht hat das Landgericht angenommen, es liege eine Werbung für Arzneimittel im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG, also eine produktbezogene Werbung und nicht nur eine dem HWG nicht unterfallende (reine) Vertrauenswerbung für die Beklagte (Unternehmens- und Imagewerbung) vor.
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aa) Maßgebend für die Abgrenzung der die Anwendung des HWG eröffnenden produktbezogenen Werbung (Absatzwerbung) zu der Unternehmens-/Imagewerbung ist die Antwort auf die Frage, ob nach dem Gesamterscheinungsbild der Werbung die Darstellung des Unternehmens im Vordergrund steht oder die Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Arzneimittel (BGH GRUR 1992, 873 – Pharma-Werbespot ; BGH GRUR 1995, 223 – Pharma-Hörfunkwerbung ). Dabei kommt es nicht auf die Intention des Werbenden, sondern den bei den angesprochenen Verkehrskreisen vermittelten Eindruck an (vgl. BGH GRUR 1983, 393, 394 – Novodigal/temagin ; Doepner, Heilmittelwerbegesetz 2. Aufl., § 1 Rdnr. 18). Kriterien für die Abgrenzung sind danach die Gestaltung der Werbung, der Zusammenhang in dem sie steht, der Name des werbenden Unternehmens und inhaltliche Hinweise wie etwa die Beschreibung eines Indikationsgebiets und der Sinn verwendeter Begriffe (BGH GRUR 1992, 873; BGH GRUR 1995, 223 f.). Bei direkten Hinweisen auf namentlich genannte bestimmte oder sonst unzweideutig kenntlich gemachte Arzneimittel ist allerdings regelmäßig eine der Absatzförderung dieser Mittel dienende und damit produktbezogene Werbung anzunehmen (BGH GRUR 1983, 393, 394; vgl. ferner etwa BGH GRUR 1992, 871, 872 – Fermovan – und GRUR 1997, 761, 765 – Politikerschelte ). Deshalb liegt eine produktbezogene Werbung zwar dann nicht vor, wenn sie sich auf die gesamte Produktpalette des Unternehmens, ganze Warengruppen oder bestimmte Arzneimittelkategorien bezieht (BGH GRUR 1992, 871, 872 und GRUR 1995, 223 f.). Doch ist von einer derartigen werblichen Erwähnung einer abstrakten Produktgruppe die werbliche Erwähnung einer überschaubaren Anzahl von Präparaten zu unterscheiden, welche eine produktbezogene Absatzwerbung darstellt (so in der Sache BGH GRUR 1983, 393, 394; ferner Doepner, a.a.O., § 1 Rdnr. 18; Gröning, Heilmittelwerberecht, § 1 HWG Rdnr. 67 f.).
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Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben, wie das Landgericht unter II. 1. b) der Entscheidungsgründe (LGU S. 11) zutreffend feststellt und wogegen die Berufung keine konkreten Angriffe führt, sondern lediglich – auch insoweit – pauschal auf den erstinstanzlichen Vortrag verweist.
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Ergänzend ist lediglich auszuführen: Bei sämtlichen auf den Lkw in ihren Umverpackungen abgebildeten Mitteln handelt es sich ersichtlich um solche, welche Erkältung(ssymptome) bekämpfen und/oder lindern sollen (Nasenspray, Hustenlöser, Schleimlöser). Es liegt also genau die Fallgruppe „werbliche Erwähnung einer überschaubaren Zahl von Präparaten“ vor, welche nach dem o. G. produktbezogene Werbung darstellt. Auch beziehen sich die Worte „Erkältung? Da gibt’s doch was von … “ ersichtlich auf die jeweils Erkältung(ssymptome) bekämpfende/lindernde Produkte, weshalb es sich bei diesem Vordersatz nicht lediglich um Aufmerksamkeitswerbung handelt, er vielmehr Teil der Werbung für die abgebildeten Produkte ist.
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bb) Da es sich unstreitig bei vier der fünf in Form ihrer Umverpackungen abgebildeten Präparate, und zwar den im Klagantrag Ziff. 1 aufgeführten, um Arzneimittel handelt (S. 2 des Protokolls vom 9.12.2008, Bl. 106), ist der Anwendungsbereich des § 4 HWG eröffnet und hätte die Beklagte die nach dessen Abs. 1 (gegebenenfalls Abs. 1 a) bei Monopräparaten) gebotenen Pflichtangaben sowie gem. dessen Abs. 3 den Hinweis „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen sie die Packungsbeilage und fragen sie ihren Arzt oder Apotheker“ anbringen müssen, nachdem es sich nicht um Werbung für Fachkreise im Sinne von § 2 HWG handelt, es sei denn, die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Satz 2 für eine Erinnerungswerbung lägen vor. Dies ist aber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der Fall:
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(1) Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass eine Erinnerungswerbung nur vorliegt, wenn ausschließlich mit der Bezeichnung eines Arzneimittels oder zusätzlich mit dem Namen, der Firma oder der Marke des pharmazeutischen Unternehmens oder (bei Monopräparaten) mit dem Hinweis „Wirkstoff“ geworben wird.
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Bei § 4 Abs. 6 HWG handelt es sich um eine Ausnahmeregelung, die darauf beruht, dass eine Werbung allein mit der Bezeichnung des Arzneimittels oder allenfalls unter Hinzufügung des Namens, der Firma oder der Marke des Anbieters, die keinerlei zusätzliche medizinisch-relevante Angaben enthält, in weit überwiegendem Maß nur die Erinnerung und damit diejenigen Verbraucher anspricht, denen das Mittel bereits bekannt ist und deren Unterrichtung durch die Pflichtangaben daher entbehrlich erscheint (so grundlegend BGH GRUR 1983, 597 – Kneipp Pflanzensaft ; ferner etwa BGH GRUR 1996, 806, 807 – HerzASS ).
45
Da – wovon auch die Beklagte ausgeht (Berufungsbegründung S. 2, Bl. 150) – § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG eine abschließende Legaldefinition der „Erinnerungswerbung“ enthält und diese beschränkt auf die Bezeichnung des Arzneimittels nach § 4 Abs. 1 Nr. 2, die wahlweise mit Name, Firma oder Marke des pharmazeutischen Unternehmens oder (nur bei der Monopräparaten) mit der Angabe des Wirkstoffs verbunden werden kann, sind zusätzliche Angaben in Werbeanzeigen freistellungsschädlich, wenn es sich um Angaben medizinisch-relevanten Inhalts handelt, wie zum Beispiel auch die Benennung des Arzneimittels in seiner therapeutischen Wirkung (BGH GRUR 1982, 684, 685 – Arzneimittel-Preisangaben ; BGH GRUR 1997, 761, 765 – Politikerschelte ).
46
Soweit die Beklagte meint (S. 2 der Berufungsbegründung, Bl. 150), über die in § 4 Abs. 6 Satz 2 genannten Angaben hinaus habe die Rechtsprechung das Institut der Erinnerungswerbung weiter entwickelt und weitere Angaben zuzulassen, so bezieht sich dies (jedenfalls in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs) nur auf Angaben, die nicht die medizinisch-gesundheitliche Bedeutung des Präparats zum Gegenstand haben wie etwa Preis- und Mengenangaben (BGH GRUR 1996, 806, 807 – HerzASS ; BGH NJW-RR 1998, 693 – Monopräparate , dort als ständige Rechtsprechung bezeichnet; ferner Bülow/Ring, a.a.O., § 4 Rdnr. 138; Gröning, a.a.O., § 4 Rdnr. 104). Keine Erinnerungswerbung ist daher gegeben, wenn auf Anwendungsgebiete hingewiesen wird oder diese erläutert werden – es sei denn, dass das Anwendungsgebiet bereits Bestandteil der Bezeichnung des Arzneimittels ist (BGH GRUR 1996, 806, 807) -, bildliche Indikationshinweise oder Hinweise auf die Zusammensetzung des beworbenen Präparats insbesondere auf die arzneilichen Wirkstoffe, Wirkstoffmenge und Dosierung gegeben werden (Doepner, a.a.O., § 4 Rdnr. 72 mit zahlreichen Nachweisen).
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(2) Das Landgericht hat zurecht festgestellt (LGU S. 12 unter II. 1. d) bb) der Gründe (LGU S. 12), dass sich der Satz „Erkältung? Da gibt’s doch was von …“ nach dem Zusammenhang auf die mit ihren Umverpackungen abgebildeten und bezeichneten Arzneimittel bezieht, weil deren Anwendungsbereich deutlich werden soll. So versteht der informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher die Werbung der Beklagten. Dies kann der Senat – ebenso wie bereits das Landgericht – aus eigener Sachkunde beurteilen, da sich die Werbung an die Allgemeinheit richtet und damit seine Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören (vgl. BGH GRUR 2004, 244, 245 – Marktführerschaft ).
48
(3) Wird damit ausgesagt, dass die durch Abbildung ihrer Verpackungen bezeichneten bestimmten Mittel bei einer „Erkältung“ angewandt werden sollen, liegt darin eine Aussage über die medizinisch-gesundheitliche Bedeutung der Präparate, die freistellungsschädlich ist, nachdem die Bezeichnung „Erkältung“ in den Bezeichnungen der Arzneimittel nicht enthalten ist, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat (LGU S. 12 unter II. 1. d) aa) der Entscheidungsgründe).
49
Wenn die Beklagte darauf verweist, in den Bezeichnungen der beworbenen Arzneimittel i. S. v. § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG seien Indikationsangaben enthalten, und die Angabe „Erkältung“ gehe hierüber nicht hinaus, so ist dies für das Mittel „N…“ schon nicht richtig, aber auch für die drei übrigen beworbenen Mittel „Nasen Spray …“, „Nasen Spray …“ und „… Hustensaft“ unbehelflich, weil zum einen diese Angaben mit „Erkältung“ nicht inhaltlich identisch sind und zum anderen selbst wenn sie dies wären kein Fall des § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG vorläge: die Privilegierung von in der Bezeichnung des Arzneimittels enthaltenen Indikationsangaben ist schlicht notwendige Folge davon, dass der Satz 2 von § 4 Abs. 6 die Verwendung der Bezeichnung eines Arzneimittels (womit aber ausschließlich die Kennzeichnung eines Arzneimittels meint, unter der das Arzneimittel zugelassen oder registriert ist, BGH NJW-RR 1998, 693, 694 – Monopräparate ) privilegiert, egal wie diese lautet, und damit auch in dieser enthaltene Indikationsangaben – aber auch eben nur, soweit in der Bezeichnung enthalten.
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Liegt damit vorliegend die Konstellation einer gleichzeitiger Bewerbung mehrerer Arzneimittel mit der Anführung einer allgemein gehaltenen Indikationsangabe vor, so müssten sämtliche beworbenen Arzneimittel mit den entsprechenden Pflichtangaben versehen werden (Doepner, a.a.O., § 4 Rdnr. 72 a. E.; OLG Köln GRUR 1990, 217), woran es aber unstreitig fehlt.
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(4) Der markenrechtliche Schutz des Slogans „Da gibt’s doch was von …? “ ändert hieran nichts, denn zum einen hat sich auch die Benutzung einer Marke an den Grenzen des Wettbewerbsrechts zu halten (BGH GRUR 1983, 597, 596 – Grippewerbung III ) und zum anderen bewirkt nicht die Verwendung dieses markenrechtlich geschützten Satzes, sondern die des dazu nicht gehörenden Wertes „Erkältung“ den Verstoß gegen § 4 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 HWG.
52
(5) Die Frage, ob die Abbildung von Arzneimittelumverpackungen auch dann als Erinnerungswerbung eingestuft werden kann, wenn auf dieser in verbaler oder bildlicher Form nicht in der Bezeichnung des Arzneimittels im Sinne von § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG (mit der ausschließlich die Kennzeichnung eines Arzneimittels gemeint ist, unter der das Arzneimittel zugelassen oder registriert ist, BGH NJW-RR 1998, 693, 694 – Monopräparate ) enthaltene medizinisch-gesundheitliche Angaben, insbesondere Indikationen wiedergegeben sind (dazu OLG Köln GRUR-RR 2000, 445 – Flyer-Werbung und OLG Oldenburg GRUR-RR 2008, 201 – Antiallergikum sowie der Aufsatz von Taxhet, GRUR-RR 2008, 417) braucht hier nicht entschieden zu werden, denn die Beklagte hat sich vorliegend nicht auf die Abbildung der Umverpackungen beschränkt, sondern darüber hinaus den auf die durch Abbildung der Verpackungen bezeichneten arzneimittelbezogenen Satz „ Erkältung? Da gibt’s doch was von … “ angebracht.
53
(6) Der genannte Verstoß ist nicht nur unerheblich im Sinne von § 3 UWG in der bis 30.12.2008 geltenden Fassung (i. F.: UWG 2004) und seine Wiederholung wäre auch spürbar im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG in der seit Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des UWG vom 22.12.2008 geltenden Fassung (i. F.: UWG 2008). Beides muss gegeben sein, denn da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Gefahren gerichtet ist, kann eine Unterlassungsklage nur dann begründet sein, wenn auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage Unterlassung verlangt werden kann, und zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, da es andernfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt etwa BGH GRUR 2009, 79 – Tz. 25 – Gebäckpresse ).
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(a) Verstöße gegen das HWG begründen grundsätzlich eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Sinne von § 3 UWG 2004; etwas anderes kann nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gelten, die eine Gefährdung des Schutzzweckes des HWG praktisch ausschließen (OLG Oldenburg GRUR-RR 2006, 243, 244 – IgG-Antikörpertest ; OLG Köln GRUR-RR 2008, 445, 446 – Flyer-Werbung ; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rdnr. 11.134; Bülow/Ring, a.a.O., Einleitung Rdnr. 31).
55
Zweck der Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1 HWG ist es, den Verbraucher in die Lage zu versetzen, sich über die in der Werbung angesprochene Zusammensetzung, Wirkungsweise und sonstige Bedeutung des Arzneimittels klarzuwerden, um einen sachlich fundierten Kaufentschluss treffen zu können (BGH NJW-RR 1998, 693 – Monopräparate -, dort als ständige Rechtsprechung bezeichnet). Dies gilt auch für § 4 Abs. 3 Satz 1 HWG (OLG Oldenburg GRUR-RR 2008, 201 – Antiallergiekum ). Letztlich dient das Gebot, bei einer Arzneimittelwerbung die Pflichtangaben zu nennen, dem Schutz vor den Gefahren der Selbstindikation. Verstöße gegen den Schutz der Gesundheit dienenden Vorschriften sind jedoch in aller Regel erheblich (BGH GRUR 1997, 761, 765 – Politikerschelte ; BGH GRUR 2005, 778, 780 – Atemtest ; Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O., 26. Aufl., § 3 Rdnr. 79 und § 11 Rdnr. 11.58 a).
56
Angesichts dieser Wertungen kann vorliegend ein derartiger Ausnahmefall nicht angenommen werden.
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(b) Für die „Relevanz“ im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG in der seit 30.12.2008 geltenden Fassung gilt nichts anderes. In der Sache ergibt sich aus der Ersetzung der „nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung eines Wettbewerbs“ durch die „spürbare Beeinträchtigung der Interessen …“ keine Änderung, da der Begriff der „Spürbarkeit“ schon unter dem UWG 2004 zur Umschreibung der „nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung“ verwendet worden ist (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., 27. Aufl., § 3 Rdnr. 113 sowie 26. Aufl., § 3 Rdnr. 49 und 54 wie in der 27. Aufl., § 3 Rdnr. 147 sowie § 4 Rdnr. 11.58 a und 11.134 f.).
58
Darauf, ob auch die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG vorliegen und ob – wie der Kläger meint – durch Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.5.2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr (UGP-Richtlinie) i. V. m. Anhang II infolge der dortigen Anführung von Art. 86 bis 100 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel eine Spürbarkeitsprüfung nicht mehr erforderlich (bzw. sogar unzulässig) oder diese vielmehr wegen Art. 7 Abs. 1 der UGP-Richtlinie gerade geboten ist, kommt es danach vorliegend nicht an.
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cc) Zurecht hat das Landgericht die Frage für unerheblich gehalten, ob die beanstandete Werbung auch gegen § 3 a HWG verstößt (LGU S. 13 unter II. 2. der Entscheidungsgründe). Ebenso ist unerheblich, ob bereits infolge der auf den Abbildungen der Umverpackungen enthaltenen medizinisch-gesundheitlichen Angaben („Schleimlöser“, „Hustenlöser“) die Grenze der nach § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG zulässigen Erinnerungswerbung überschritten ist. Denn ein auf das Verbot der konkreten Verletzungshandlung gerichteter Antrag wie er vorliegend gegeben ist (siehe bereits oben a) cc)) ist schon dann in vollem Umfang begründet, wenn die konkrete Verletzungshandlung eine einzige konkrete Wettbewerbswidrigkeit enthält; es kommt dann nicht darauf an, ob die Verletzungshandlung im übrigen wettbewerbsgemäß oder wettbewerbswidrig ist (BGH GRUR 2001, 453, 455 – TCM-Zentrum ).
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dd) Dem Unterlassungsanspruch des Klägers steht auch nicht die am 25.9.2008 abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung der Beklagten (K 6, Bl. 64) entgegen. Zwar entfällt die Wiederholungsgefahr bereits durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, und zwar grundsätzlich auch dann, wenn diese vom Kläger – wie vorliegend – nicht angenommen wird (BGH GRUR 2006, 878 – Tz. 20 – Vertragsstrafevereinbarung ; Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O., § 12 Rdnr. 1.116 ff.). Voraussetzung ist allerdings, dass eine ausreichende Unterwerfung vorliegt.
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Daran fehlt es vorliegend: Zum einen war die Höhe der versprochenen Vertragsstrafe von 2.500,00 € trotz des Umstands, dass eine Zuwiderhandlung von nur geringem Ausmaß vorlag (Werbung an lediglich drei Lkws). angesichts von Art und Größe des Unternehmens der Beklagten – einem der gerichtsbekannt größten Generika-Hersteller – zu gering (vgl. Ahrens-Achilles, a.a.O., Kap. 7 Rdnr. 34: es habe sich zwischenzeitlich in der Praxis ein Richtwert für die Höhe der Vertragsstrafe von 5.001,00 € herauskristallisiert, bei marktstarken Unternehmen würde die Schwelle der hinreichenden Sanktionsmöglichkeit aber erst über diesem Betrag beginnen, und Ahrens-Deutsch, a.a.O., Kap. 1 Rdnr. 65).
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Zudem ist das nach der Verletzungshandlung an den Tag gelegte Verhalten des Verletzers zu berücksichtigen (vgl. BGH GRUR 1983, 127, 129 – Vertragsstrafeversprechen ; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rdnr. 1.139), das vorliegend bei der Beklagten darin bestand, auf die Forderung des Klägers nach Abgabe des Vertragsstrafeversprechens in der geforderten Höhe von 5.100,00 € im Schreiben vom 6.10.2008 nicht nur zu erklären, die Unterlassungserklärung vom 25.9.2008 „förmlich zurückzuziehen“, sondern darüber hinaus anzukündigen, die zur Verdeckung der beanstandeten Werbung dienenden Aufdrucke (Aufkleber), deren Anbringung sie dem Kläger gegenüber zuvor mit Schreiben vom 17.9.2008 (Bl. 58) „rechtsverbindlich“ zugesichert hatte, wieder zu entfernen.
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Im übrigen änderte sich im Ergebnis auch dann nichts, wenn man eine – auch hinsichtlich der Höhe der übernommenen Vertragsstrafe – ausreichende Unterwerfungserklärung annähme. Zwar erlischt durch Abgabe einer solchen Erklärung auch ohne Annahme durch den Gläubiger der Unterlassungsanspruch mit der Folge, dass er später nicht mehr wiederaufleben kann (wie es früher vertreten wurde – vergleiche aber nunmehr BGH GRUR 2006, 878 – Tz. 22 – Vertragsstrafevereinbarung – m.w.N.; BGH GRUR 1994, 678, 680 – kurze Verjährungsfrist ; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 Rdnr. 1.45; Teplitzky, a.a.O., Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 8 Rdnr. 49; Ahrens-Achilles, a.a.O., Kap. 9 Rdnr. 3). Sagt sich der Schuldner allerdings einseitig von seiner Verpflichtung los, so kann dies, auch wenn keine neue Verletzungshandlung stattfindet, eine (neue) Erstbegehungsgefahr und damit einen neuen Unterlassungsanspruch begründen, und zwar gleichgültig, ob diese Lossagung rechtlich zulässig bzw. wirksam ist oder nicht (Teplitzky, a.a.O., Kap. 8, Rdnr. 55; Ahrens/Achilles, a.a.O., Kap. 9, Rdnr. 3; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 Rdnr. 1.45 m.w.N. sowie § 12 Rdnrn. 1.106 und 1.108). So liegt der vorliegende Fall, denn die Beklagte hat sogar angekündigt (Entfernung der Aufkleber), die beanstandete Handlung erneut zu begehen.
64
Der Kläger hat auch klargestellt, dass er seinen Unterlassungsanspruch auch (hilfsweise) auf eine derartige Erstbegehungsgefahr stützt (S. 2 des Protokolls vom 9.7.2009).
2.
65
Auch der Klagantrag Ziff. 2 ist begründet, denn die Abmahnung war aufgrund des bestehenden Unterlassungsanspruchs (siehe oben zu 1.) zurecht erfolgt, so dass dem Kläger gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ein Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Abmahnung zusteht. Als Verband kann er dabei anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Aufwandspauschale verlangen (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 UWG Rdnr. 1.98 m.w.N.). Der Anspruch auf Ersatz der Pauschale besteht dabei auch dann, wenn eine Abmahnung nicht in vollem Umfang begründet ist (BGH NJWE-WettbR 1999, 24, 28), so dass es unerheblich ist, ob die Abmahnung hinsichtlich des Produkts „Nasenspray …“ unbegründet war, weil es sich bei diesem nicht um ein Arzneimittel handelt.
66
Das Landgericht hat festgestellt, dass die begehrten Abmahnkosten von 166,60 € angemessen sind. Hiergegen hat die Berufung nichts erinnert. Auch der Senat hält diesen Betrag in Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO (vgl. Teplitzky, a.a.O., Kap. 41, Rdnr. 94) für angemessen.
III.
67
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO und der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
68
Ein Grund, die Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, besteht nicht, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Die Entscheidung des vorliegenden Einzelfalls ist durch die zahlreichen, im einzelnen oben zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vorgezeichnet.
IV.
69
Bei der Streitwertfestsetzung ist die Aufwandspauschale für die Abmahnung (Klagantrag Ziff. 2) nicht zu berücksichtigen. Es handelt sich um „Kosten“ i. S. v. §§ 4 Abs. 1 letzter Hs. ZPO, 43 Abs. 1 GKG, denn der Kläger macht hier die Kostenpauschale neben der „Hauptsache“, dem Unterlassungsanspruch, geltend und der Anspruch auf Kostenerstattung aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ist auch vom Bestehen der Hauptforderung, dem Unterlassungsanspruch, abhängig. Der Kläger verfolgt insoweit einen materiell-rechtlichen Kostenanspruch neben der Hauptforderung „Unterlassung“, so dass die Argumente, mit denen der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 30.01.2007 (X ZB 7/06, veröffentlicht etwa in NJW 2007, 3289) begründet hat (a.a.O., Tz. 7 und 8), warum eine nach Vorb. 3 IV des Vergütungsverzeichnisses (Anl. 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) nicht anrechenbare Geschäftsgebühr nicht streitwerterhöhend wirkt, vorliegend gleichermaßen gelten.