Zur Wirksamkeit einer Klausel über die automatische Verlängerung eines Vertrages über Werbeflächen

BGH, Urteil vom 14.03.2018 – XII ZR 31/17

Eine Klausel zur automatischen Verlängerung eines Vertrags über Werbeflächen auf Kraftfahrzeugen ist wegen fehlender Transparenz unwirksam, wenn bei Vertragsbeginn nicht eindeutig feststeht, bis wann die Kündigung zur Abwendung der Verlängerung spätestens ausgesprochen werden muss (im Anschluss an Senatsurteil vom 25. Oktober 2017, XII ZR 1/17, NZM 2018, 125).

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 22. März 2017 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der klauselmäßigen Verlängerung eines Werbevertrags.

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Die Klägerin erwirbt Fahrzeuge, um sie sozialen Organisationen wie Kindergärten, Schulen und Lebenshilfeeinrichtungen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Finanziert werden die Fahrzeuge durch Werbeverträge, die die Klägerin mit Sponsoren schließt. Entsprechend schloss sie am 3. September 2010 mit dem Beklagten einen Vertrag über eine Werbefläche auf einem Anhänger, der einer Schule überlassen wurde. Vereinbart war eine Basislaufzeit von fünf Jahren zu einem Nettogesamtpreis von 1.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer.

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In dem Formularvertrag ist unter „Auftragsbedingungen“ geregelt: „… Die Werbelaufzeit beginnt mit der Auslieferung des Fahrzeuges an den Vertragspartner. Der Vertrag verlängert sich automatisch ohne Neubeantragung um weitere 5 Jahre, wenn nicht 3 Monate vor Ablauf des Vertrages schriftlich gekündigt wird. …“

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Die Klägerin lud den Beklagten auf den 14. Januar 2011 zur Fahrzeugübergabe an die Schule ein.

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Mit Schreiben vom 15. August 2015 bedankte sich die Klägerin beim Beklagten, dass er sich dafür entschieden habe, auch jetzt wieder die Schule zu unterstützen. Zugleich stellte sie den Gesamtpreis für die nächsten fünf Jahre in Rechnung und kündigte an, diesen Betrag bei Fälligkeit der Rechnung am 23. August 2015 vom Konto des Beklagten einzuziehen. Die Rechnung wurde in der Folgezeit nicht gezahlt.

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Mit der Klage verlangt die Klägerin die Vergütung von 1.190 € nebst Zinsen für die verlängerte Vertragslaufzeit. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die begehrte Vergütung weiter.

Entscheidungsgründe
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Die Revision ist nicht begründet.

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1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Klägerin stehe keine Vergütung zu. Die Wirksamkeit der Verlängerungsklausel scheitere an § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil sie unklar und missverständlich sei und gegen das Transparenzgebot verstoße. Der Zeitpunkt des „Ablaufs des Vertrages“ sei unklar, weil für den Vertragsbeginn drei unterschiedliche Möglichkeiten in Betracht kämen: das Datum des Vertragsschlusses, dasjenige der Auslieferung des Anhängers an die Schule oder der Beginn der vertraglichen Zahlungspflicht. Darüber hinaus handele es sich um eine Überraschungsklausel, da der Inhalt der Verlängerungsklausel durch die drucktechnische Anordnung so verschleiert werde, dass mit ihr nicht gerechnet werden müsse. Dagegen könne sich der Beklagte nicht auf § 309 b BGB berufen, weil er als Rechtsanwalt Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift sei, die zudem auf typengemischte Verträge mit vorwiegend mietvertraglichen Elementen keine Anwendung finde.

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2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.

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Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klausel zur automatischen Verlängerung des Vertrags gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB wegen fehlender Transparenz unwirksam ist.

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a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Treu und Glauben verpflichten den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so deutlich erkennen lassen, wie dies nach den Umständen möglich und zumutbar ist. Verstöße gegen das Transparenzgebot entsprechen nicht den Gebräuchen und Gepflogenheiten des Handelsverkehrs (vgl. § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB) und führen daher auch gegenüber einem Unternehmer zur Unwirksamkeit formularmäßiger Geschäftsbedingungen (Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 – XII ZR 1/17NZM 2018, 125 Rn. 13 mwN).

12
Unwirksam ist daher, wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung bereits entschieden hat (Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 – XII ZR 1/17NZM 2018, 125), eine Klausel zur automatischen Verlängerung eines Werbevertrags, wenn bei Vertragsbeginn nicht eindeutig feststeht, bis wann die Kündigung zur Abwendung der Verlängerung spätestens ausgesprochen werden muss.

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b) Nach dem Wortlaut der hier streitigen Klausel verlängert sich der Vertrag um weitere fünf Jahre, wenn nicht drei Monate vor Ablauf des Vertrags schriftlich gekündigt wird. Da die anfängliche Vertragslaufzeit auf fünf Jahre festgelegt ist, liegt der Vertragsablauf fünf Jahre nach Vertragsbeginn, so dass die Kündigungsfrist drei Monate davor endet.

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Nicht eindeutig ist hier allerdings der Vertragsbeginn. Nach dem Inhalt des Formularvertrags beginnt die Werbelaufzeit mit der Auslieferung des Fahrzeugs „an den Vertragspartner“. Vertragspartner des hier maßgeblichen Vertrags sind die Parteien des Rechtsstreits. An die Klägerin wird das Fahrzeug vom Hersteller ausgeliefert, um es zunächst mit den Werbetexten zu versehen und für die Übergabe an die Institution / den Verein vorzubereiten. Die Schule ist nicht „Vertragspartner“ des Vertrags und auch nicht als solcher bezeichnet, sondern als „Institution/Verein“. Ob die Auslieferung an die Klägerin oder die Übergabe an die Schule für den Vertragsbeginn maßgeblich ist, bleibt nach dem Vertragsinhalt letztlich unklar. Für die Maßgeblichkeit der Auslieferung an die Klägerin als Vertragspartnerin spricht einerseits der Wortlaut der Klausel, andererseits die Tatsache, dass die Klägerin ab dem Zeitpunkt eigene Aufwendungen für das Fahrzeug zu erbringen und deshalb ein wirtschaftliches Interesse an gleichzeitig beginnenden Einnahmen hat. Für die Maßgeblichkeit der Übergabe an die Schule spricht hingegen, dass erst ab diesem Zeitpunkt das Sponsoring seine Wirkung entfaltet und der Werbeeffekt durch Gebrauch des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehrsraum einsetzt (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 – XII ZR 1/17NZM 2018, 125 Rn. 15).

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Die Unsicherheit über den Vertragsbeginn und den Ablauf der Kündigungsfrist lässt sich anhand des Vertragsinhalts und seiner Umstände nicht auflösen. So vertritt auch die Klägerin einerseits mit ihrer Revision den Standpunkt, dass für den Beginn der Werbelaufzeit auf den Termin der Übergabe des Fahrzeugs an die Schule abzustellen sei, der dem Beklagten durch die Einladung auch bekannt war. Andererseits muss sie in ihrem Schreiben vom 15. August 2015 offensichtlich davon ausgegangen sein, dass weder der Vertragsabschluss noch die spätere Übergabe des Fahrzeugs an die Schule für den Beginn der Vertragslaufzeit maßgeblich sein sollte. Denn sie hat die Bezahlung der verlängerten Laufzeit bereits mit Fälligkeit zum 23. August 2015 in Rechnung gestellt, während der Vertragsschluss erst am 3. September 2010 und die Übergabe an die Schule erst am 14. Januar 2011 stattgefunden hatten und damit eine Fälligkeit für die Verlängerung bereits im August 2015 nicht hätten auslösen können (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 – XII ZR 1/17NZM 2018, 125 Rn. 16).

16
3. Danach hält die Klausel einer Inhaltskontrolle am Maßstab von § 307 Abs. 1 BGB nicht stand. Die Intransparenz des letzten möglichen Kündigungszeitpunkts führt dazu, dass das Kündigungsrecht vom Werbekunden nicht effektiv ausgeübt werden kann. Da die automatische Vertragsverlängerung jedoch eine vorherige effektive Kündigungsmöglichkeit voraussetzt, hat beides gemeinsam keinen Bestand. Eine geltungserhaltende Reduktion der Vertragsverlängerungsklausel auf ein inhaltlich noch zulässiges Maß kommt nicht in Betracht (Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 – XII ZR 1/17NZM 2018, 125 Rn. 17 mwN).

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