OLG München, Urteil vom 14.12.2011 – 3 U 2512/11
Zur Verkehrssicherungspflicht des Gastwirtes (hier: Fehlende Beseitigung von abgestellten Flaschen auf einer Treppe) (Rn. 23 ff.). Zum Mitverschulden des mit den Örtlichkeiten und Gepflogenheiten vertrauten Gastes (Rn. 27).
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 19.05.2011 aufgehoben.
II. Die Beklagte schuldet aus dem vorbezeichneten Unfallereignis der Klägerin unter Berücksichtigung des 60%igen Mithaftungsanteils der Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld.
III. Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Schadens infolge vorbezeichneten Unfallereignisses ist dem Grunde nach in Höhe von 40% gerechtfertigt. Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten ist nach Maßgabe der im Betragsverfahren – unter Berücksichtigung des 60%igen Mithaftungsanteils der Klägerin – festzustellenden Forderungshöhe gerechtfertigt.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin 40% sämtlicher zukünftiger materieller und immaterieller Schäden aus dem Unfallereignis vom 10.05.2009 im Lokal „U.“, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
V. Im Übrigen wird der Feststellungsantrag abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
VII. Zur weiteren Verhandlung über den Betrag der streitigen Ansprüche wird der Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin an das Landgericht Traunstein zurückverwiesen.
VIII. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
IX. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Haftung der Klägerin aus einem Unfallereignis am 10.05.2009 im Lokal „U. „, dessen Inhaberin die Beklagte ist. Die Klägerin war dort am 10.05.2009 als Gast und verließ zwischenzeitlich kurz das Lokal; beim Hinabgehen stürzte sie auf der Treppe, welche ab dem Kassenbereich in die Lokalität führt, und verletzte sich.
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Das Landgericht Traunstein hat nach Anhörung der Klägerin, eines Geschäftsführers der Beklagten und Einvernahme von 7 Zeugen die Klage abgewiesen. Auf den Tatbestand des Ersturteils wird Bezug genommen.
3
Mit der von ihr eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin das erstinstanzliche Klagebegehren der Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten sowie des an sie zu zahlenden Schmerzensgeldes und Schadensersatzes unverändert weiter.
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Die Klägerin beanstandet, dass das Landgericht Traunstein aus der durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen habe, dass am streitgegenständlichen Abend des 10.05.2009 durch die Beklagte engmaschige Kontrollen der Treppe durchgeführt worden seien. Es sei indes nicht nachvollziehbar, wie das Landgericht nach den schriftsätzlichen Äußerungen der Beklagten und auch insbesondere nach der durchgeführten Beweisaufnahme zu dieser Überzeugung gekommen sei. Tatsächlich stehe nach den Zeugenaussagen fest, dass überhaupt keine Kontrolle stattgefunden habe bzw. keine entsprechenden Anweisungen zur Umsetzung einer entsprechenden Vorgabe erteilt worden seien bzw. würden, ferner eine entsprechende Kontrolle, wenn überhaupt, nur äußerst sorgfaltswidrig gehandhabt würde. Mitverschulden bzw. wie vom Landgericht Traunstein sogar angenommen ein vollständiges Eigenverschulden der Klägerin an dem Sturz sei nicht ersichtlich. Die Klägerin sei aufgrund der dargelegten und von der Beklagten zu vertretenden chaotischen Zustände auf der Treppe gestürzt, obwohl sie gerade aufgrund der widrigen Umstände auf der Treppe besonders gut aufgepasst habe. Im Übrigen sei die Verkehrssicherungspflicht der Beklagten für die Treppe sogar eine gesteigerte, da sie insbesondere bei Tagen mit hohen Publikumsverkehr mit zahlreichen Menschen rechnen müsse, die zum Teil auch durch den Genuss alkoholischer Getränke gehunsicher, unvernünftig oder schlicht unaufmerksam sein könnten. Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Berufungsbegründung vom 19.08.2011 (Bl. 94/105 d. A.) Bezug genommen.
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Die Klägerin beantragt,
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I. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Traunstein vom 19.05.2011 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.12.2009 zu bezahlen,
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II. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Traunstein vom 19.05.2011 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.080,– € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.12.2009 zu bezahlen.
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III. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Traunstein vom 19.05.2011 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 10.05.2009 im Lokal „U. „, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind,
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IV. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Traunstein vom 19.05.2011 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen,
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hilfsweise: Das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 19.05.2011 aufzuheben und die Sache an das Landgericht Traunstein zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
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Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
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Aus gewissen ausgewählten Passagen der Zeugenaussagen lasse sich keinesfalls der überzeugende Schluss ziehen, das Gericht habe im Rahmen seiner Beweiswürdigung gegen § 286 ZPO verstoßen, indem es beispielsweise bloße Vermutungen angestellt, gegen Denkgesetze verstoßen oder widersprüchlich begründet habe. Wenn auch nicht völlig klar sei, ob an dem streitgegenständlichen Abend eigens für das Einsammeln von Bechern zuständiges Gläserpersonal eingesetzt gewesen sei, so sei doch festzuhalten, dass der Schluss des erstinstanzlichen Gerichts nicht zu beanstanden sei, die Beklagte sei ihrer Verkehrssicherungspflicht dadurch nachgekommen, dass sie die ausdrückliche Weisung erteilt habe, Becher wegzuräumen. Die Tatsache, dass seit Jahren keine anderweitigen folgenreichen Stürze auf dieser Treppe geschahen, zeige, dass diese Anweisungen auch befolgt bzw. ihre Einhaltung auch von der Beklagten in dem erforderlichen Umfang kontrolliert worden sei. Im Übrigen sei der Umfang der Verkehrssicherungspflicht an den jeweils vorherrschenden konkreten Umständen zu bemessen. Bei den Gästen der Beklagten handle es sich ganz überwiegend um junge Leute, welche mit den Umständen in einer Disko – im besonderen Hinblick auf das Herumliegen von Gegenständen wie Bechern oder im Hinblick auf etwaige Enge – durchaus vertraut seien und daran auch nichts auszusetzen hätten. Im Übrigen sei jederzeit möglich, dass irgendein Gast einen Becher fallen lasse, soweit dann ein anderer Gast zu Sturz komme, verwirklichte sich in diesem Umstand letztlich das allgemeine Lebensrisiko.
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Darüber hinaus stütze das Landgericht sein Urteil auch auf das Mitverschulden der Klägerin. Nachdem die Klägerin die Örtlichkeit gekannt und ihre Sicht nicht durch Personen beeinträchtigt gewesen sei, liege der Grund für das bedauerliche Sturzgeschehen ausschließlich in der eigenen Unachtsamkeit der Klägerin begründet.
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Im Übrigen wird auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 30.09.2011 (Bl. 108/119 d. A.) Bezug genommen.
17
Der Senat hat am 09.11.2011 mündlich verhandelt; auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
II.
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Auf die zulässige Berufung der Klägerin war das klageabweisende Urteil aufzuheben, über den entscheidungsreifen Feststellungsantrag mit Teil-Endurteil, über die weiteren nach Betrag streitigen Anträge der Klägerin durch Teil-Grundurteil zu entscheiden und entsprechend dem hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin der Rechtsstreit gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 4 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen, da der Streit über die Beträge der geltend gemachten Ansprüche in der Berufungsinstanz nicht zur Entscheidung reif ist.
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1. Das Ersturteil war aufzuheben, da sich das Erstgericht mit den Beweisergebnissen nicht umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat. Zu der im Ersturteil getroffenen Feststellung, dass Kontrollen der Treppe durch das Sicherheitspersonal und die Kontrollen desselben durch die Verantwortlichen auch am Abend des Sturzgeschehens wie geschildert erfolgt seien, erbringen die Anhörung der Verfahrensbeteiligten sowie die Zeugeneinvernahmen keine nachvollziehbaren Grundlagen. Da die Glaubwürdigkeit der Zeugen weder erstinstanziell noch im Berufungsverfahren in Frage gestellt wurde, legt der Senat seiner Beurteilung insoweit die protokollierten Zeugenaussagen zugrunde.
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Würdigt man nun die protokollierten Erklärungen des Geschäftsführers der Beklagten sowie die Zeugenaussagen des von der Beklagten eingesetzten Personals in ihrer Gesamtheit, so zeigt sich, dass zumindest an dem Tag des streitgegenständlichen Vorfalls weder Kontrollen der Treppe einschließlich Entfernung dort befindlicher Gegenstände in engmaschigen zeitlichen Abständen stattfanden noch in der Realität die Tätigkeit des Sicherheitspersonals kontinuierlich überwacht wurde.
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Von der Beklagten waren zum Beweis, dass sie als am Treppenbeginn befindliches Sicherheitspersonal auch am Unfalltag die Treppe regelmäßig kontrolliert und freigemacht hätten, mehrere Zeugen benannt, die wie folgt aussagten:
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Der am Unfalltag zum ersten Tag als Security eingesetzte Mario J. bekundete, oben an der Treppe, an der Kasse, gestanden und gestempelt zu haben; er habe keine Sicherheitseinweisung an dem Abend erhalten, wisse nicht, wer an dem Tag zum Aufräumen eingeteilt gewesen sei und habe auch nicht darauf geachtet, ob jemand die Treppe geräumt habe. Auf dieser hätten Flaschen und Becher herumgelegen und er selbst hätte aufpassen müssen, als er die Treppe heruntergegangen sei (Protokoll vom 10.03.2011, Seiten 2/3). Der Zeuge Christian L. bekundete, an dem Unfalltag als Türsteher gearbeitet und sich zum Unfallzeitpunkt in dieser Funktion vor der Tür befunden zu haben. Als Türsteher seien an dem Abend er, Michael S. und Mario (J.) eingeteilt gewesen, sie seien auch dafür zuständig gewesen, „die Leute von der Treppe zu räumen“. Von diesen Dreien stehe einer „immer vor der Tür, einer an der Kasse und einer noch drinnen“. Es gelinge nicht immer, die Treppe von Leuten freizuhalten. Der Zeuge Michael S. bekundete, als Türsteher zu arbeiten und am Unfalltag die Aufgabe gehabt zu haben, „durch 3 Lokale (U., S. Keller, K. ) herumzugehen und zu gucken, ob alles passt … gegebenenfalls kurz auszuhelfen“. Direkt jemanden, der die Treppen räumt, hätten sie eigentlich nicht, das mache „von uns einer mit“. Das Gläserpersonal versuche zum Teil, die Treppe mitzuräumen, die hätten aber auch anderes zu tun. Wann er vor dem Sturz der Klägerin die Treppe zuletzt geräumt habe, wisse er nicht mehr. Der damals noch für die Beklagte arbeitende Zeuge Andreas B. bekundete, an der Kasse gearbeitet zu haben, er sei aber für die Treppe nicht zuständig gewesen, seine einzige Tätigkeit habe sich auf das Kassieren beschränkt. Der Zeuge Daniel S. erklärte, er habe am Abend des Sturzes im „U.“ als Security gearbeitet, seine Aufgabe an dem Abend sei es gewesen, „Streife zu gehen“, d. h. er habe überall rumgehen und schauen müssen, ob alles passt. Sie seien alle allgemein darauf hingewiesen worden, dass sie Gläser oder Flaschen von der Treppe zu räumen hätten, an dem streitgegenständlichen Abend sei er etwa zwei- bis dreimal pro Stunde an der Treppe vorbeigegangen, um zu kontrollieren, und wörtlich: „Wenn wir an der Treppe vorbeigehen und sehen dort Gläser oder andere Gegenstände, dann nehmen wir sie mit.“ Ihm unterstehe ein Teil des Sicherheitspersonals, dieser Teil sei bei ihm angestellt; u.a. kontrolliere er, ob das Sicherheitspersonal die Arbeit ordentlich mache. Die bereits vernommenen Zeugen J., S. und L. seien bei Herrn W. (Geschäftsführer der K. -GmbH der Beklagten) angestellt. Dieser erklärte bei seiner Anhörung am 21.04.2011, sie hätten in dem Lokal keine Gläsersammler vor Ort, weil dies für die Treppe nicht erforderlich sei. Der Sicherheitsdienst habe die Anweisung, darauf zu achten, dass keiner auf der Treppe sitze; die Anweisungen in den Türsteher-Regeln, die an dem fraglichen Abend an das Sicherheitspersonal übergeben worden sei, beträfen den Kassenbereich sowie die Treppe im „U. “ und das „Freiräumen dieser“ werde seit Jahren praktiziert. Insgesamt seien am Abend 3 Leute da, die kontrollierten, ob die Türsteher-Regeln auch eingehalten würden, wobei er – W. – an dem streitgegenständlichen Abend auch kontrolliert habe.
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Fasst man diese Aussagen zusammen, so steht fest, dass Mario J. nur an der Kasse arbeitete, Christian L. nur draußen als Türsteher arbeitete, Michael S. als Türsteher mit dem Herumgehen und Nachschauen in insgesamt 3 Lokalen beauftragt war und Becher und Flaschen „beim Vorbeigehen“ zur Seite stellte, – dabei gingen Christian L. und Michael S. vom Vorhandensein sogenannten „Gläserpersonals“ aus, dessen Nichtvorhandensein der Geschäftsführer der Beklagten indes bestätigte. Kontrollgänge nahm auch Daniel S. vor, wobei er etwa zwei- bis dreimal pro Stunde an der Treppe „vorbei ging“, wobei er, wenn er dort Gläser oder andere Gegenstände sah, diese mitnahm. Letzten Endes heißt dies, dass von den drei anwesenden Türstehern zwei sich für das Räumen überhaupt nicht und einer nur sporadisch – neben dem „Gläserpersonal“ – zuständig fühlte, wobei letzterer 3 Lokale in Abfolge aufzusuchen hatte, eine übergeordnete Person, wie hier Daniel S., sich zwar innerhalb des „U.“ zu Kontrollen aufhielt, aber nur zwei- bis dreimal stündlich an der Treppe „vorbei ging“, um sie zu kontrollieren, wobei nicht alle jeweils auf der Treppe sitzenden Personen diese zu räumen hatten. Mit anderen Worten: Von allen vernommenen zum Unfallzeitpunkt anwesenden Beschäftigten der Beklagten hielten sich nur insgesamt zwei zum Wegräumen auf der Treppe befindlicher Flaschen und Gläser zuständig, davon ein in 3 Lokalen (vermeintlich neben den Gläsersammlern nach Flaschen) Kontrollierender, ein im Lokal „U.“ – an der Treppe vorbeigehender -Kontrollierender.
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Hieraus resultierte eine zumindest am Unfalltag unzureichende Kontrolldichte. Zum einen beruhte es mehr oder weniger auf Zufall, ob eine im „U.“ kontrollierende Sicherheitskraft beim bloßen „Vorbeigehen“ vom unteren Treppenabsatz aus bei den vorhandenen Sichtverhältnissen (vgl. Anlage B 1 und Anlagen zum Protokoll vom 21.04.2011 (Bl. 68 d. A.) die Anzahl der auf der Treppe befindlichen Becher und die jeweilige Notwendigkeit, sie einzusammeln, zutreffend beurteilen konnte, zumal wenn ihr die Sicht durch zahlreiche auf den Treppen gehende oder sitzende Gäste versperrt wurde (wobei die letzteren von der Treppe nur dann weggebeten wurden, wenn sie auf dieser zu sehr behindernd saßen). Soweit zum anderen ein die Treppe begehender Türsteher zur allgemeinen Kontrolle in 3 Lokalen eingesetzt war, wie hier der Zeuge S., wurde nur sporadisch geräumt, wobei dieser angab, beim Hinabgehen der Treppe wäre es ihm nicht möglich, alle Becher zu sehen. Unter diesen Gegebenheiten wurde der Gefahr, dass sich auf der Treppe zahlreiche Flaschen und Becher ansammelten, nicht ausreichend begegnet. In Zeiten erhöhter Frequentierung des Lokals wäre es nach Einschätzung des Senats notwendig gewesen, im Abstand von maximal einer Viertelstunde, besser noch alle 10 Minuten, die Treppen auf- und abwärts zu begehen, um derartige dort entstandene Unfallfaktoren zuverlässig ausschalten zu können. Dem entsprachen die Vorkehrungen bei der Beklagten nicht, zumal wenn das für das Wegräumen zuständige Personal – irrtümlicherweise – auch davon ausging, dass zusätzlich andere – wie das tatsächlich nicht existierende Gläserpersonal – auch mit dieser Aufgabe betraut waren. Nach Sachlage war im konkreten Fall an dem Unfalltag die Aufgabenzuweisung innerhalb des Personals nicht so, dass eine ausreichende Kontrolle gewährleistet war. Insbesondere hätte berücksichtigt werden müssen, dass an dem streitgegenständlichen Abend mit der Veranstaltung „S. Keller Nights“ ein Eintritt für 3 Lokale fällig wurde, mit der Folge, dass reger Verkehr auf der Treppe herrschte, weil von den Besuchern die Örtlichkeit ständig gewechselt wurde (so Anhörung des Geschäftsführers der K. GmbH, Seiten 3/4 des Protokolls vom 21.04.2011). Mit der vom OLG Köln in NJW-RR 2003, Seite 85, beurteilten Situation, wo zahlreiche Besucher am Ende einer Veranstaltung gleichzeitig zu den Ausgängen des Veranstaltungsorts streben und eine Kontrollpflicht dem Veranstalter daraufhin, ob Böden und Treppen mit aus von den Besuchern mitgeführten, nicht ganz leeren Bierfässern auslaufendem Bier nicht beschmutzt werden, nicht auferlegt wurde, hat die vorliegende Fallkonstellation, in der es um eine kontinuierliche Kontrolle einer über einen längeren Zeitraum sich immer ergebenden Gefahrenlage auf der Treppe handelt, ersichtlich nichts zu tun.
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Aufgrund der Beweisaufnahme steht daher aus Sicht des Senats fest, dass die Beklagte der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen ist, mit der Folge, dass die ausgesprochene Klageabweisung keinen Bestand haben kann. Ein die Haftung der Beklagten aus Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ausschließendes Mitverschulden der Klägerin hat das Erstgericht ohnehin nicht angenommen.
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2. Der Feststellungsantrag ist – unter der Maßgabe eines 60%igen Mitverschuldensanteils der Klägerin – begründet, da eine Wahrscheinlichkeit für künftige Schäden, bemessen von dem Zeitpunkt der Klageeinreichung, besteht. Bei Verletzungen des Schweregrades, wie sie sich aus dem als Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 20.12.2010 vorgelegten „vorläufigen Entlassungsbericht“ des Klinikums Traunstein vom 22.05.2009 ergeben, ist auch noch nach einem Zeitraum von 1 1/2 Jahren seit dem Unfall mit Nachwirkungen und Einschränkungen zu rechnen.
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Allerdings sieht der Senat hier ein erhebliches Mitverschulden der Klägerin. Dieses besteht darin, dass ihr als vormals in dem Lokal Beschäftigter an dem Unfalltag die Zustände auf der streitgegenständlichen Treppe bekannt sein mussten, insbesondere auch das Vorhandensein von nicht ohne weiteres wahrnehmbaren Bechern. Die Klägerin hätte beim Begehen der Treppe deshalb erhöhte Vorsicht walten lassen müssen, die nicht nur die Berührung auf der Treppe sitzender Personen ausgeschlossen hätte. Die Klägerin hätte zudem in Rechnung stellen müssen, dass sie nach dem Genuss alkoholischer Getränke in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit und Körperbeherrschung eingeschränkt war. Andererseits oblag es der Beklagten, durch entsprechende Maßnahmen dafür zu sorgen, dass auch alkoholisierte Personen, möglichst unter Benutzung der vorhandenen Treppenläufe, die Treppe sicher begehen konnten. Nach Abwägung aller dieser Faktoren nimmt der Senat einen Mitverschuldensanteil von 60% zu Lasten der Klägerin an. In diesem Umfang hatte eine Abweisung des Feststellungsantrags zu erfolgen.
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3. Entsprechend war im Teil-Grundurteil auszusprechen, dass die Beklagte zu 40% für den Schaden haftet und ein 60%iger Mitverschuldensanteil der Klägerin auch bei Festsetzung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen ist. Da im Übrigen die für die Bemessung des Schmerzensgeldes maßgebenden Umstände, der den vorgerichtlichen Anwaltskosten zugrunde liegende Streitwert und der dem geltend gemachten Haushaltsführungsschaden zugrunde liegende Sachverhalt bestritten sind, hierzu das Erstgericht jedoch keinen Beweis erhoben hat, war der Rechtsstreit insoweit auf den hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin an das Landgericht zurückzuverweisen. Das Erstgericht wird nach Erhebung der notwendigen Beweise über den jeweiligen Betrag der auf Zahlung gerichteten Ansprüche – unter Berücksichtigung der Haftungsquote – zu befinden haben.
III.
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Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar (§ 708 Nr. 10 ZPO).
30
Die Kostenentscheidung, auch hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens, bleibt der Endentscheidung des Erstgerichts vorbehalten.
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Die Revision war nicht zuzulassen: Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.