Zur Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses wegen andauernder Ruhestörung

AG Siegburg, Urteil vom 16.01.2013 – 123 C 109/12

Zur Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses wegen andauernder Ruhestörung

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, folgendes Objekt an den Kläger vertragsgerecht geräumt herauszugeben:

Beschreibung des Objekts:

Typ: Wohnung

Lage: P 1.OG, nebst Keller- und Fahrradraum sowie Balkon- und Pkw-Stellplatz.

2. Eine Räumungsfrist wird nicht gewährt.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, in Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 6.120,00, in Ziffer 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand
1

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Räumung und Herausgabe der von der Beklagten angemieteten Wohnung.
2

Gemäß Mietvertrag vom 14.06.2011 (Anlage 1, Bl. 7 ff. d.A.) mietete die Beklagte von dem Kläger die im ersten Obergeschoss gelegene Wohnung in P bestehend aus drei Zimmern, Küche, Diele und Bad/WC nebst einem Kellerraum, Balkon, Fahrradraum und Pkw-Stellplatz an. Bei dem P handelt es sich um ein Mietshaus mit insgesamt drei Mietparteien. Im Erdgeschoss dieses Hauses, mithin unter der Wohnung der Beklagten, wohnen die Schwiegereltern des Klägers, die Zeugen V und SV. Im zweiten Obergeschoss, also über der Wohnung der Beklagten, wohnen die Zeugen K und N. Die Beklagte bewohnt die von ihr angemietete Wohnung zusammen mit ihrer minderjährigen Tochter.
3

Im Namen und Auftrag der Zeugen V machte der xxx e.V. mit Schreiben vom 29.05.2012 (Anlage 7, Bl. 25 ff. d.A.) gegenüber dem Kläger ein Mietminderungsrecht geltend, welches er auf die dem Schreiben beigefügten Aufzeichnungen über das von den Zeugen V behauptete Verhalten der Beklagten in dem Zeitraum vom 17.02.2012 bis 26.05.2012 (Bl. 28 ff. d.A.) stützte. Der Inhalt dieser Aufzeichnungen ist zwischen den Parteien streitig.
4

Mit Schreiben vom 03.06.2012 (Anlage 11, Bl. 37 d.A.) baten auch die Zeugen K und N den Kläger, auf die Beklagte einzuwirken, damit diese die von den Zeugen K und N behauptete ständige Lärmbelästigung und verbale Attacken und Beleidigungen unterlasse.
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Mit Schreiben vom 05.06.2012 (Anlage 9, Bl. 33 d.A.) forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte sodann auf, ihr angebliches Fehlverhalten ab sofort künftig zu unterlassen. In diesem Schreiben legte der Kläger der Beklagten insbesondere eine Beleidigung des Zeugen V am 26.05.2012 sowie lärmintensives Verhalten zur Last.
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Am 10.06.2012 kam es zu einem Polizeieinsatz in dem P (vgl. Anlage 12, Bl. 40 f. d.A.). Der Grund für diesen Polizeieinsatz sowie die Einzelheiten des Einsatzes sind zwischen den Parteien streitig.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.06.2012 (Anlage 2, Bl. 13 ff. d.A.) erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten insbesondere wegen des Polizeieinsatzes am 10.06.2012 die fristlose Kündigung mit sofortiger Wirkung. Vorsorglich erklärte der Kläger in diesem Schreiben zugleich die fristgerechte Kündigung zum 30.09.2012.
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Am 02.11.2012 kam es zu einem weiteren Polizeieinsatz in dem P. Der dem Polizeieinsatz zugrunde liegende Vorfall zwischen dem Zeugen V und der Beklagten als auch die Einzelheiten des Einsatzes selbst sind wiederum streitig zwischen den Parteien.
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Mit Schreiben vom 05.11.2012 (Bl. 151 f. d.A.) sowie vom 08.11.2012 (Bl. 161 f. d.A.) erklärte der Klägervertreter namens und im Auftrag des Klägers gegenüber der Beklagten erneut die fristlose, hilfsweise die fristgerechte Kündigung wegen einer angeblichen körperlichen Misshandlung des Zeugen V durch die Beklagte.
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Der Kläger behauptet, dass die Beklagte den Zeugen V am 26.05.2012 wie folgt beleidigt habe: “Du hast mir gar nichts zu sagen, Du beleidigst mich schon den ganzen Tag, Du Nuss!”. Ferner sei es in dem Zeitraum vom 17.02.2012 bis zum 26.05.2012 zu den Ruhestörungen durch die Beklagte gemäß den vorgelegten Aufzeichnungen der Zeugen V (Bl. 28 ff. d.A.) und in dem Zeitraum vom 07.05.2012 bis zum 04.06.2012 zu den Ruhestörungen durch die Beklagte gemäß dem Lärmprotokoll der Zeugen K und N (Bl. 38 f. d.A.) gekommen. Insbesondere laufe die Beklagte regelmäßig mit Holzclogs in ihrer Wohnung sowie im Treppenhaus herum, schlage die Türen, schreie ihre Mietmieter beschimpfend im Hausflur herum, lache auf eine irre und laute Art und Weise, spiele mit ihrer Tochter in der Wohnung Ball und werfe Gegenstände in ihrer Wohnung um. Grund für den Polizeieinsatz am 10.06.2012 sei gewesen, dass noch nach 22 Uhr ein Getrampel, Gerenne, Türenschlagen und lautes Lachen der Beklagten zu hören gewesen sei. Überdies behauptet der Kläger, dass die Beklagte den Zeugen V am 15.08.2012 wie folgt beschimpft habe: ” … Du alter Drecksack, Du gehörst auf den Friedhof … “. Des weiteren behauptet der Kläger, dass die Beklagte dem Zeugen V am 02.11.2012 im Treppenhaus begegnet sei und ihm mit der Handkante gegen den Kehlkopf geschlagen habe.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, folgendes Objekt an den Kläger vertragsgerecht geräumt herauszugeben:
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Beschreibung des Objekts:
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Typ: Wohnung
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Lage: P, 1. OG, nebst Keller- und Fahrradraum sowie Balkon- und Pkw-Stellplatz.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Hilfsweise beantragt sie,
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ihr Räumungsschutz zu gewähren.
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Die Beklagte behauptet, dass ihre Mitmieter seit Mitte November 2011 mit schikanösem Verhalten versuchen würden, sie und ihre Tochter aus der Wohnung zu vertreiben. Bereits vor Weihnachten 2011 hätten die Zeugen V und N der Beklagten angedroht, dass sie höchstpersönlich dafür sorgen würden, dass die Beklagte noch vor Weihnachten aus der Wohnung fliege. Der Zeuge V habe die Beklagte zudem regelmäßig beleidigt. Anfang Februar 2012 sowie im März 2012 sei das Vorhängeschloss der Beklagten zu ihrem Keller von einem Mitmieter mehrmals zugeklebt worden. Am 22.03.2012 habe die Beklagte das Fahrrad ihrer Tochter mit einem plattgestochenen Reifen vorgefunden. Im April 2012 sei fast täglich die Luft aus den Fahrradreifen ihrer Tochter gelassen worden. Am 02.11.2012 habe der Zeuge V die Beklagte beleidigt und zugeschlagen, als er ihr im Treppenhaus begegnet sei.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll über die mündlichen Verhandlungen am 15.10.2012 (Bl. 109 ff. d.A.) und 12.12.2012 (Bl. 242 ff. d.A.) verwiesen. Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugen PHK Y, POK X, PK Z, V, SV, K und N. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 12.12.2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf vertragsgemäße Räumung und Herausgabe der von der Beklagten angemieteten und aus dem Tenor ersichtlichen Wohnung aus § 546 Abs. 1 BGB.
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Das zwischen den Parteien gemäß Mietvertrag vom 14.06.2011 (Anlage 1, Bl. 7 ff. d.A.) bestehende Mietverhältnis endete bereits aufgrund der von dem Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 15.06.2012 (Anlage 2, Bl. 13 ff. d.A.) erklärten fristlosen Kündigung. Die fristlose Kündigung vom 15.06.2012 ist gemäß §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB wirksam.
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Der Kläger hat das Mietverhältnis aus einem wichtigen Grund i.S.d. § 543 Abs. 1 BGB gekündigt. Gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt ein wichtiger Grund i.S.d. § 543 Abs. 1 BGB auch vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor.
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Insbesondere aufgrund der Aussagen der Zeugin V und des Zeugen Y steht fest, dass die Beklagte nachhaltig gegen das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme in dem P verstoßen hat, indem sie häufig Lärmstörungen nach 22 Uhr verursachte.
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Die Zeugin V hat in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, dass sie die Aufzeichnungen über das Verhalten der Beklagten in dem Zeitraum vom 17.02.2012 bis zum 25.05.2012 (Bl. 28 ff. d.A.) handschriftlich verfasst habe und ihr Ehemann, der Zeuge V, die Aufzeichnungen anschließend mit dem PC abgetippt habe. Die Zeugin V hat als Grund dafür, dass sie das Protokoll vorgeschrieben habe, angegeben, dass der Zeuge V nicht immer da gewesen sei. Als Motiv für die Erstellung des Protokolls hat die Zeugin V angegeben, sie habe dokumentieren wollen, dass es kein Zustand sei, mit der Beklagten zusammen zu wohnen. Gemäß den Aufzeichnungen der Zeugin V warf die Beklagte am 02.03.2012 von 21.45 Uhr bis 23.15 Uhr Gegenstände um und trampelte immer wieder in Abständen von 10 bis 20 Minuten auf der Stelle. Für den 18.03.2012 notierte die Zeugin V Krach durch Laufen und Türenschlagen nach 23 Uhr. Für den 07.04.2012 ist für den Zeitraum von 23.00 Uhr bis 0.30 Uhr in den Aufzeichnungen “Türe knallen, lautes Reden, Lachen, Rennen” vermerkt. Am 06.05.2012 fand laut den Aufzeichnungen der Zeugin V nach 22 Uhr bis ca. 23 Uhr ein Klopfen auf oder mit Gegenständen in unregelmäßigen Abständen statt. Anschließend sei geduscht worden und seien Sachen ausgeschlagen worden. Für den Abend des 18.05.2012 sind ein betontes Auftreten und Stampfen im Wohnzimmer und ein wiederholtes irres Lachen in den Aufzeichnungen vermerkt. Für den 25.05.2012 ist für den Zeitraum von 23.10 Uhr bis 23.50 Uhr in den Aufzeichnungen notiert, dass durch das Wohnzimmer gestampft worden sei sowie der Rolladen fünf Mal hochgezogen und wieder herunter gelassen worden sei. Die Zeugin V hat in Hinblick auf ihre Aufzeichnungen ausgesagt, dass sie im Regelfall die Vorkommnisse immer sofort aufgeschrieben habe. Sie hat in der mündlichen Verhandlung auf Vorhalt der vorgenannten Aufzeichnungen vom 02.03.2012, 18.03.2012 und 07.04.2012 deren Richtigkeit bestätigt. Auf Vorhalt der Aufzeichnung vom 06.05.2012 hat die Zeugin V einen Abend mit einer solchen Lärmstörung beispielhaft geschildert. Sie hat ausgesagt, dass es so sei, dass sie und ihr Ehemann bereits im Bett liegen und schlafen bzw. gerade einschlafen würden, dann aber etwas umfalle oder es einen dumpfen Schlag gebe. Daraufhin horche man, was das wohl gewesen sei. Nach einiger Zeit träten weitere Geräusche auf, wie z.B. Wasserrauschen oder Laufen teilweise mit und teilweise ohne Schuhe. Dann werde ein Fenster aufgemacht, und es würden Sachen ausgeschlagen. Die Zeugin V hat in der mündlichen Verhandlung auch die Aufzeichnungen vom 18.05.2012 und 25.05.2012 bestätigt.
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Die Aussage der Zeugin V ist insoweit belastbar. Denn die Aussage ist in sich schlüssig. So ist beispielsweise plausibel, dass die Zeugin V das Verhalten der Beklagten dokumentieren wollte. Denn der xxx e.V. stützte sein Schreiben an den Kläger vom 29.05.2012 (Anlage 7, Bl. 25 ff. d.A.) auf die Aufzeichnungen der Zeugin V. Ferner konnte die Zeugin V auch anschaulich einen Abend mit Lärmstörungen durch die Beklagte unter Nennung von Details als Beispiel schildern. Überdies steht die Aussage der Zeugin V mit der Aussage des Zeugen V in Einklang. So hat der Zeuge V, nachdem er sich zunächst selbst als Verfasser der Aufzeichnungen bezeichnet hat, am Ende seiner Vernehmung eingeräumt, dass die Zeugin V die Aufzeichnungen vorgeschrieben und er sie danach in den PC getippt habe. Auch steht die Aussage der Zeugin V, dass ihr Ehemann nicht immer da sei, im Einklang mit der Aussage des Zeugen V, dass er einen Nebenjob habe. Eine Belastungstendenz der Zeugin V ist nicht zu erkennen. Allein die Umstände, dass die Zeugin V die Schwiegermutter des Klägers und selbst von den Vorkommnissen in dem P betroffen ist, begründen noch keine Belastungstendenz. Die Zeugin V hat die Ereignisse zudem stets in einem sachlichen Ton beschrieben.
29

Hinzu kommt, dass der Zeuge Y über den Polizeieinsatz am 10.06.2012 ab 22 Uhr als beteiligter Polizeibeamte ausgesagt hat, dass er in dem Objekt deutliche Emissionen aus der Wohnung der Beklagten habe vernehmen können. Es habe sich um Laufen mit Pantoffeln bzw. Holzschuhen sowie Türenschlagen gehandelt. Er habe dann vor der Tür der Beklagten gesagt, dass die Polizei da sei, und mehrmals geklopft und geklingelt. Als die Beklagte ihm nicht habe aufmachen wollen, habe er mit Zwangsmitteln gedroht, um die Ordnung wiederherzustellen. Nachdem die Beklagte die Tür aufgemacht habe, habe sie uneinsichtig reagiert. Die Beklagte habe damals zuerst gesagt: “Es interessiert mich nicht, dass die Polizei vor der Tür steht.” Ferner habe eine lautstarke Diskussion stattgefunden. Die Beklagte habe ihm zu verstehen gegeben, dass sie in der Wohnung machen könne, was sie wolle, und sie mit den Türen schlagen könne, wann sie wolle. Die Beklagte habe ihm gegenüber auch gesagt, dass das sowieso alles nicht wahr sei. Sie habe ein kleines Kind und deswegen müsse es sowieso ruhig sein.
30

Die Aussage des Zeugen Y ist ebenfalls glaubhaft, da sie widerspruchsfrei ist. Die Aussage des Zeugen Y ist insbesondere auch hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs schlüssig. Der Zeuge Y schätzte nach der Angabe des Beginns des Tatzeitraums um 22 Uhr, dass er um 22.20 Uhr dort und für ca. 10 bis 15 Minuten im Haus gewesen sei. Ferner stimmt die Aussage des Zeugen Y mit der Aussage der Zeugen V überein. So hat der Zeuge V ausgesagt, dass sie gegen 22 Uhr oder 23 Uhr oder noch später die Polizei gerufen hätten, da es sich angehört habe, als ob Möbel gerückt werden würden, und die Beklagte auch Holzschuhe habe. Die Polizeibeamten, die dann gekommen seien, hätten den Krach auch gehört. Die Beklagte habe zu dem Wachtmeister gesagt, dass sie mit den Schuhen herumlaufen könne, wie sie wolle. Der Polizeibeamte habe daraufhin gesagt, dass er dann eben eine Anzeige schreiben werde. Die Zeugin V hat ausgesagt, dass sie gegen 22 Uhr die Polizei gerufen hätten. Die Beklagte sei, als die Polizei gekommen sei, immer noch mit Schuhen in der Wohnung herumgelaufen, was der Polizist gehört habe. Der Polizist habe dann bei der Beklagten geklingelt, die jedoch nicht aufgemacht habe. Der Polizist habe anschließend auch noch geklopft und gesagt, dass er von der Polizei sei und es um Ruhestörung gehe. Die Beklagte habe gegenüber dem Polizisten schließlich erklärt, dass sie mit den Schuhen durch die Wohnung laufen könne, wie sie wolle und wann sie wolle. Nachdem der Polizist zu ihr gesagt habe, dass es bereits nach 22 Uhr und Nachtruhe sei, habe die Beklagte geantwortet, dass sie das nicht interessiere und ihr das egal sei. Der Polizist habe daraufhin gesagt, dass er dann eine Anzeige schreiben werde. Der Zeuge Y hat im Rahmen seiner Aussage zudem Einzelheiten geschildert. So konnte er die Geräusche, die er aus der Wohnung der Beklagten hörte, noch konkret benennen. Ferner hat er die Antworten der Beklagten im Rahmen der Diskussion am 10.06.2012 teilweise in wörtlicher Rede wiedergegeben. Der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Y steht zudem nicht entgegen, dass er ausgesagt hat, dass der Kollege T ihn bei dem Einsatz begleitet habe, obwohl in der Anzeige der Name BN genannt ist. Denn laut dem Zeugen Y handelte es sich um einen regulären Ruhestörungseinsatz. Solche Einsätze finden häufig und mit wechselnder Besetzung statt.
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Der Zeuge Y ist auch glaubwürdig. Eine Belastungstendenz ist nicht erkennbar. Auf Vorhalt des Beklagtenvertreters, dass offenbar ein Kontakt zwischen einem Polizeibeamten und Mitmietern der Beklagten bestehe, hat der Zeuge Y erklärt, dass er mit keinem der Bewohner in dem Haus befreundet sei und in dem Haus auch nicht ein- und ausgehe. Auch wisse er nicht, um welchen Polizeibeamten es sich bei der Vermutung des Beklagtenvertreters handeln solle. Diese Reaktion des Zeugen Y war glaubhaft. So konnte er zum Beispiel nicht sagen, wer am 10.06.2012 die Polizei informiert hatte und wer ihm beim Ankommen die Situation geschildert hatte. Auch nannte er im Rahmen seiner Aussage keine Namen der Bewohner des P.
32

Schließlich hat die Beklagte im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung am 12.12.2012 ausgesagt, dass sie zwar keine Holzclogs, jedoch die auf dem Foto auf Bl. 108 d.A. abgebildeten Plastikschuhe habe. Ausweislich des Fotos handelt es sich hierbei um ein Paar Plastikschuhe mit einer dicken Sohle, welche Holzclogs nachgebildet sind. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 12.12.2012 eingeräumt, dass sie die Schuhe von Anfang an auch in der Wohnung getragen habe. Ferner hat sie ausgesagt, dass im Wohnzimmer ihrer Wohnung Parkett, im Kinder- und Schlafzimmer Laminat und in der Küche, im Badezimmer und im Flur Fliesen verlegt seien. Mithin handelt es sich bei dem Boden in der gesamten Wohnung der Beklagten um einen Hartboden. Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass die Zeugen V2 es hören, wenn die Beklagte in ihrer Wohnung mit den Plastikschuhen herumläuft oder beispielsweise Möbel bewegt.
33

Insgesamt steht hiernach fest, dass die Beklagte in den Monaten März bis Juni 2012 im Abstand von durchschnittlich zwei Wochen jeweils die Nachtruhe in dem P störte. Ferner steht fest, dass sie auch bei Hinzuziehung der Polizei – als in der Regel letztes Mittel bei einer Ruhestörung – uneinsichtig reagierte und lediglich erklärte, dass das Kommen der Polizei sie nicht interessiere und sie in ihrer Wohnung machen könne, was sie wolle. Dieses Verhalten der Beklagten begründet eine Wiederholungsgefahr. Denn die Beklagte hat mit diesem Verhalten zum Ausdruck brachte, dass sie sich in ihrer Wohnung nach ihrer Auffassung nicht an das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme halten müsse. Ferner deutete die Beklagte in der Diskussion mit dem Zeugen Y implizit an, dass sie die Ruhestörung später bestreiten werde. Denn die Beklagte äußerte gegenüber dem Zeugen Y, dass das sowieso alles nicht wahr sei, weil sie ein kleines Kind habe und es deswegen ruhig sein müsse. Der Zeuge Y hatte nach seiner Aussage zuvor aber deutliche Emissionen aus der Wohnung der Beklagten vernehmen können. Es liegt nach alldem eine derartig nachhaltige Störung des Hausfriedens durch die Beklagte vor, dass dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden konnte.
34

Der Kläger hat die Beklagte vor der fristlosen Kündigung auch mit Schreiben vom 05.06.2012 (Anlage 9, Bl. 33 d.A.) erfolglos gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB abgemahnt. In diesem Schreiben forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte auf, ihr lärmintensives Verhalten ab sofort künftig zu unterlassen. Nur fünf Tage nach der Abmahnung kam es jedoch zu dem Polizeieinsatz am 10.06.2012 wegen der Ruhestörung durch die Beklagte.
35

Der Kläger hat in dem Schreiben vom 15.06.2012 schließlich auch den zur Kündigung führenden wichtigen Grund, nämlich insbesondere die Lärmstörung, die zu dem Polizeieinsatz am 10.06.2012 führte, gemäß § 569 Abs. 4 BGB genannt.
36

Die Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung gemäß §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB liegen danach vor. Der Kläger kann damit von der Beklagten die vertragsgemäße Räumung und Herausgabe der von ihr angemieteten Wohnung gemäß § 546 Abs. 1 BGB verlangen.
37

Eine Räumungsfrist war deshalb nicht zu gewähren, weil im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung der Interessen der Parteien das Klägerinteresse aufgrund der nachhaltigen Störung des Hausfriedens durch die Beklagte überwiegt. Soweit sich die Beklagte mit anwaltlichen Schreiben vom 17.07.2012 (Anlage B 9, Bl. 66 d.A.) gegenüber dem Kläger darauf berief, dass ihr ein erneuter Wohnungswechsel finanziell nicht möglich und aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar sei, fehlt es an einem hinreichend konkreten Vortrag. Die Beklagte ist berufstätig und hat dementsprechend ein Einkommen. Ferner ist unklar, inwieweit die Beklagte auch noch nach der stationären Vorsorgemaßnahme im August 2012 in ihrer Gesundheit beeinträchtigt ist.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 709 ZPO.
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Streitwert: EUR 6.120,00 (§ 41 Abs. 2 GKG)

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