Zur Leistungspflicht einer Leitungswasserversicherung bei Austritt von Wasser aus einer Dusche

OLG Frankfurt, Urteil vom 22.12.2009 – 7 U 196/07

Zur Leistungspflicht einer Leitungswasserversicherung bei Austritt von Wasser aus einer Dusche

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 1.8.2007 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.434 € nebst 4% Zinsen seit dem 1.7.2004 bis zum 31.12.2006 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.1.2007 sowie 265,98 € zu zahlen.

Im Übrigen werden die weitergehende Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 4/5 und die Beklagte 1/5 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt Entschädigung aus der bei der Beklagten bestehenden Leitungswasserversicherung mit der Behauptung, es sei im Kellergeschoss seines Hauses durch eine undichte Dusche zu Wasseraustritt gekommen. Das Wasser sei unter die Duschtasse auf und unter den Estrich geflossen und habe sich von dort ausgebreitet. Dadurch sei es zu Schäden an der Wand hinter der Dusche, die durchfeuchtet sei, gekommen. Der von der Beklagten beauftragte Sachverständige SV1 habe das Fließen des Wassers von der Dusche auf den Estrich durch die zur Trocknung gebohrten Löcher sehen können. Das Wasser sei in Richtung Westwand geflossen. Außerdem lägen – was unstreitig ist – Feuchtigkeitsschäden an der Gebäudeaußenwand vor, die der Kläger ebenfalls dem Wasseraustritt aus der Dusche zuschreibt. Das Wasser habe sich, so die Annahme des Klägers, unter dem Estrich bis zu diesen Außenwänden ausgebreitet.

Der Kläger verlangt zur Sanierung der Außenwand 1.589,20 € und zur Erneuerung des Fußbodens 8.932 €, außerdem die Kosten eines Privatgutachtens des Sachverständigen SV2 und vorgerichtliche Anwaltskosten. Die von der Beklagten gezahlte Entschädigung in Höhe von 1020,40 € will er sich auf diese Forderungen nicht anrechnen lassen, weil diese Leistung für die Beschädigung der Außenwandabdichtung geleistet worden sei.

Die Beklagte meint, der Feuchtigkeitsschaden an der Außenwand könne auch auf Einwirkung von außen beruhen. Es sei, nachdem die Außenabdichtung instand gesetzt worden sei, nicht mehr zu klären, ob es sich so verhalten habe. Das Wasser unter dem Estrich könne gleichfalls von außen, im Bereich des Kellerfensters der Waschküche auch oberflächlich, eingedrungen sein. Der Fußboden müsse nicht erneuert werden, weil eine Trocknung ausreiche. Die gezahlte Entschädigung sei anzurechnen. Ein Schaden an einer Waschmaschine habe zur Vergrößerung des Schadens beigetragen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Ursache der Nässeschäden auch nach dem Gutachten des von dem Kläger beauftragten Sachverständigen nicht mehr beweisbar sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der die Ursache des Wasseraustritts für beweisbar hält, hinsichtlich der Außenwand wenigstens nach § 287 ZPO. Entgegen den Feststellungen des Landgerichts sei die Dusche auch nicht saniert worden, so dass der frühere Zustand noch begutachtet werden könne.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen; im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts das Urteil vom 1.8.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.361,04 € nebst 4 % Zinsen p.a. seit dem 1.7.2004 bis zum 31.12.2006 aus 10.521,20 € sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit aus 12.361,04 € zu zahlen; die Beklagte ferner zu verurteilen, an den Kläger weitere 816,41 € außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Das Berufungsgericht hat das Gutachten des Bausachverständigen SV3 eingeholt. Der Sachverständige hat sein Gutachten in der mündlichen Verhandlung am 3.12.2009 erläutert.

II.

Die Berufung erweist sich nach Durchführung der gebotenen weiteren Sachaufklärung als teilweise begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf bedingungsgemäße Entschädigung wegen der Schäden, die durch Leitungswasser, das aus der Dusche ausgetreten ist, verursacht worden sind.

Der Versicherungsfall des Leitungswasserschadens liegt nach den hier vereinbarten Bedingungen u.a. vor, wenn das versicherte Gebäude durch Wasser, das bestimmungswidrig aus mit den Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung verbundenen Einrichtungen oder aus deren wasserführenden Teilen ausgetreten ist, beschädigt wird. Zu solchen Einrichtungen gehören auch Duschwannen und Duschkabinen, d.h. auch die eine Duschwanne umgebenden gefliesten Wände einschließlich etwaiger den Einstieg ermöglichender Kunststoff- oder Glaswände, weil der Sprachgebrauch des täglichen Lebens eine Mehrzahl solcher Einzelteile als zusammengehörige Einrichtung begreift. Die Verbindung mit dem Rohrsystem wird dabei durch den Zulauf, der in der Wand montiert ist, hergestellt (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, E I Rdn. 36, 38; Wälder in: Versicherungsrechtshandbuch, 2. Aufl., IV. Leitungswasserversicherung Rdn. 576 ff.; AG Düsseldorf VersR 2002, 481).

Nach den Feststellungen des Sachverständigen ist es im Anwesen des Klägers zu einem Austritt von Duschwasser gekommen. Der Sachverständige hat festgestellt, dass der Bereich der Rohrdurchführung in der gefliesten Wand der Dusche nicht ordnungsgemäß abgedichtet ist. Die von dem Sachverständigen vorgenommene Bewässerungsprobe zeigte, dass Duschwasser hinter die Fliesen läuft und unter der Duschwanne wieder austritt. Da eine Abdichtung fehle, könne das Wasser auch unter den Estrich laufen und sich dort auf der Bodenplatte des Gebäudes ausbreiten. Da die Dusche, bis der Schaden bemerkt wurde, von der Familie des Klägers regelmäßig genutzt wurde, ist anzunehmen, dass nicht nur geringfügige Wassermengen sich allmählich auf der Bodenplatte angesammelt haben.

Die im Haus des Klägers festgestellten Feuchtigkeitsschäden beruhen nur teilweise auf diesem Schadensereignis.

Unmittelbare Folge des Austritts von Duschwasser sind die Durchfeuchtungen der Wand selbst. Dadurch haben sich Fliesen abgelöst. Da es solche Fliesen aufgrund des Alters nicht mehr gibt, ist es erforderlich, die Wände des Bads insgesamt neu zu fliesen. Hierfür entstehen nach der Schätzung des Sachverständigen etwa 3/5 der in der Position 5 des Gutachtens (S. 19) angesetzten Beträge, also 1.814,40 €. Der restliche Betrag entfällt auf die Bodenfliesen und auf die Ausführung einer fachgerechten vertikalen Abdichtung. Letztere ist aber nicht schadensbedingt erforderlich, da sie auch bislang nicht vorhanden war. Die Erneuerung der Bodenfliesen ist wegen der Herstellung des Übergangs der vertikalen Abdichtung auf den horizontalen Bereich erforderlich, weil es dabei voraussichtlich zur Beschädigung von Bodenfliesen kommen wird und aus ästhetischen Gründen dann die Erneuerung des gesamten Bodenbelags erforderlich ist. Nur wegen des einen Bohrlochs, das wegen der Trocknung in diesem Bereich geschaffen wurde, ist das jedenfalls nicht nötig. Deshalb kann der Kläger auch insoweit die Beklagte nicht in Anspruch nehmen.

Hinzukommen die in der Position 4 angesetzten Kosten zur Demontage und Montage der Armaturen und der Duschkabine, die noch um einen Rechenfehler zu bereinigen sind, weil der Sachverständige versehentlich die doppelten Arbeitskosten angesetzt hat. Insgesamt stehen dem Kläger aus dieser Position 378 € zu.

Weitere Schadensfolge ist der Feuchtigkeitsschaden an der Wand im Heizraum. Denn dabei handelt es sich um die Rückseite der Wand, in der die undichte Rohrdurchführung sich befindet. Es liegt deshalb auf der Hand, dass das Wasser sich auch seinen Weg auf die andere Seite der Wand gesucht hat.

Zur Behebung dieses Schadens hat der Sachverständige 1/10 des in der Position 2 (S. 18) des Gutachtens angesetzten Betrags, also 252,- € für angemessen gehalten. Dem folgt das Gericht.

Die Feuchtigkeitsschäden an den Außenwänden im Waschraum und Hausanschlussraum können dagegen nicht auf das Duschwasser zurückgeführt werden. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass die kapillare Wirkung nicht ausreichend stark sei, um Durchfeuchtungsschäden in Raumhöhe zu verursachen. Außerdem fänden sich oberflächliche Ablaufspuren, die belegten, dass längere Zeit Wasser auch oberflächlich über die Wand gelaufen sei, insbesondere im Bereich eines Fensters. Demgegenüber hat der Sachverständige lediglich nicht ganz ausschließen können, dass Duschwasser in geringem Umfang möglicherweise zu Durchfeuchtungen im unteren Bereich der Außenwände beigetragen haben könnte. Die Erwägung des Klägers, dass es unwahrscheinlich sei, dass der Schaden durch Nässe von außen entstanden sei, weil sich die Feuchtigkeit an der Wand in einem besonders trockenen Sommer gezeigt habe, reicht nicht aus, um das Gericht zu überzeugen. Denn auch ein Schaden, der durch von außen eindringende Feuchtigkeit allmählich entsteht, muss nicht in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit Niederschlägen wahrnehmbar werden. Dass nach der Freilegung der Außenwand beobachtet werden konnte, dass Wasser am Fuß der Kellermauer nach außen ausgetreten ist, belegt gleichfalls nicht, dass es sich dabei um Duschwasser gehandelt hat, weil es sich auch um von oben in die Mauer eindringendes, allmählich durchsickerndes Wasser gehandelt haben kann. Dass die Bodenplatte von der Dusche bis zu den Außenwänden von Hausanschlussraum und Waschraum ein Gefälle nach außen aufweist, steht nicht fest und kann mit vertretbarem Aufwand ohne zerstörende Untersuchungen auch nicht festgestellt werden. Dagegen spricht auch, dass die weiteren Zwischenwände, die sich zwischen der Dusche und den genannten Außenwänden befinden, keine Spuren aufsteigender Feuchtigkeit zeigen. Unter diesen Umständen ist ein versicherter Schaden an der Außenwand nicht nachgewiesen.

Der Kläger hat jedoch Anspruch auf die Hälfte des für eine weitere Estrichtrocknung erforderlichen Betrags, also auf 800 €, und auf die Hälfte des zur Schließung der Bohrlöcher erforderlichen Betrags, also auf 210 €.

Der Sachverständige hat feststellen können, dass im Bereich der offenen Bohrlöcher, über die die erste von der Beklagten veranlasste Trocknung erfolgt war, noch spürbar Feuchtigkeit vorhanden war. Diese Restfeuchte muss zumindest teilweise davon herrühren, dass sich Duschwasser unter dem Estrich ausgebreitet hat, also von dem Schadensereignis, für das Versicherungsschutz besteht. Denn es steht fest, dass Wasser in nicht unerheblicher Menge unter den Estrich geflossen ist. Es lässt sich lediglich nicht ausschließen, dass sich auf der Bodenplatte auch von außen eindringendes Wasser ausgebreitet hat. Dabei handelt es sich aber auch nicht bloß um eine theoretische Möglichkeit, denn die Wasserschäden an den Außenwänden belegen, dass Wasser in diesem Bereich von außen eingedrungen ist. Daher liegt es nahe, dass dieses Wasser sich auch auf der Bodenplatte ausgebreitet hat. Es kann durch eine schadhafte äußere Abdichtung der erdberührten Außenwand, aber auch von oben durch die unter der Terrasse befindliche Mauerkrone eingedrungen sein. Da feststeht, dass ein versichertes Ereignis zur Durchfeuchtung des Estrichs wenigstens beigetragen hat, ist eine Schätzung nach § 287 ZPO möglich. Das Berufungsgericht geht mangels näherer Anhaltspunkte von einer hälftigen Mitverursachung aus.

Die von dem Kläger beanspruchten Kosten für einen Austausch des Estrichs und der Fußbodenbeläge sind dagegen nicht nötig, weil der Durchfeuchtungsschaden durch apparative Trocknung behoben werden kann, wie der Sachverständige mit Bezug auf den Stand der Technik und den Umstand, dass es sich um Leistungswasser und kein Schmutzwasser gehandelt hat, überzeugend dargelegt hat. Die Zweifel des Sachverständigen SV2, der eine Trocknung als nur „schwer möglich“ bezeichnet hat, sind nicht geeignet, diese Ausführungen des Sachverständigen SV3 in Zweifel zu ziehen, denn letztlich hat es auch der Sachverständige SV2 nicht für ausgeschlossen gehalten, dass die Trocknung möglich ist.

Auf die begründeten Positionen muss sich der Kläger die bereits erhaltene Zahlung von 1020,40 € anrechnen lassen. Denn diesen Betrag hat die Beklagte zur Sanierung der Dusche bezahlt und nicht, wie der Kläger zwischenzeitlich behauptet hat, zur Wiederherstellung der Außenwände. Das ergibt sich eindeutig daraus, dass der Sachverständige SV1 zur Ermittlung dieses Betrags in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 21.7.2004 Kosten der Sanierung der Dusche aufgelistet hat. Dass dieser Betrag als Rechnungsposten im Vergleichsangebot vom 18.3.2005, in das dann außerdem die Kosten einer Sanierung der Außenwände zur Hälfte einbezogen wurden, aufgeführt ist, ändert daran nichts.

Die Abrechnung des Schadens ergibt sich danach wie folgt:

Dusche Montage/Demontage 378,00

Dusche Erneuerung Fliesen 1.814,40

Wand im Heizraum 252,00

Trocknung 800,00

Verschließen der Bohrlöcher 210,00

Summe = 3.454,40

Abzüglich bereits erfolgte Zahlung – 1.020,40

Rest = 2.434,00

Mehrwertsteuer ist nicht hinzuzusetzen, da der Kläger nicht dargelegt hat, dass er die Mehrwertsteuer tatsächlich bezahlt hat (Ziffer 12.6 der vereinbarten Bedingungen); den Einwand der fehlenden Fälligkeit der Neuwertspitze hat die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht mehr erhoben, insbesondere nicht angegeben, wie er beziffert werden soll. Es kann deshalb offen bleiben, wie der Zeitwert bei derart kleinen Teilschäden überhaupt zu berechnen wäre und ob bei Kleinschäden dieser Einwand ohne Verstoß gegen Treu und Glauben erhoben werden kann.

Die Kosten des Privatgutachtens SV2 muss der Kläger entsprechend der Quote seines Obsiegens als Kosten seiner Rechtsverfolgung im Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen; aus dem Gesichtspunkt des Verzugs oder der Leistungsverweigerung schuldet die Beklagte diese Kosten nicht, denn es handelt sich dabei nicht um Verzugsschäden. Der Kläger hat das Gutachten nicht beauftragt, weil die Beklagte ihre Leistung verzögert hat, sondern um mit seiner Hilfe seine Entschädigungsforderung substanziieren zu können.

Die vorgerichtlichen nichtanrechenbaren Anwaltskosten hat das Gericht nach dem Wert, mit dem der Kläger obsiegt, und im übrigen nach Maßgabe der Abrechnung wie im Schriftsatz des Klägervertreters vom 31.7.2007 berücksichtigt.

Zinsen hat der Kläger als vertragliche Zinsen gemäß Ziff. 15.2 der hier vereinbarten Bedingungen und ab Rechtshängigkeit gemäß §291 ZPO zu beanspruchen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.

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