Zur Kostenerstattung wegen eines Feuerwehreinsatzes

LG Hannover, Urteil vom 12.08.2014 – 18 O 44/14

Zur Kostenerstattung wegen eines Feuerwehreinsatzes

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand
1
Der Kläger verfolgt die Erstattung von Material-, Fahrzeug- und Einsatzkräftekosten.

2
Am 06.12.2010 kam es zu einem Brand in dem Einfamilienwohnhaus des Beklagten in der G. in S., OT B.. Die Einsatzleitung der Feuerwehr bat um Alarmierung der DRK Schnelleinsatzgruppe (SEG) … des Klägers. Die Leitstelle des Landkreises … alarmierte diese von dem Kläger getragene SEG. Unstreitig waren Sanitäter vor Ort.

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Der Kläger macht die im Einzelnen auf Seiten 2/3 der Klageschrift aufgeführten Material-, Fahrzeug- und Einsatzkräftekosten geltend, der ihr anlässlich des Einsatzes am 06.12.2010 entstanden seien. Er trägt vor, die Einsatzkräfte seien zur sanitätsdienstlichen Sicherung der Brandstelle und zur Betreuung der Bewohner, auch für die Sicherung und Betreuung der Atemschutzträger der Feuerwehr eingesetzt worden. Die Einsatzkräfte seien in der Folge von dem Einsatzzug des Klägers versorgt worden, wofür ein beheiztes Zelt und Heißgetränke erforderlich gewesen seien. Des Weiteren sei ein Feuerwehrmann behandelt und dem Krankenhaus … zugeführt worden. Der Kläger ist der Ansicht, die Maßnahmen seien im Interesse des Beklagten zur Eindämmung und Begrenzung der durch den Brand entstehenden akuten Gefahren ergriffen worden, der klagende Verein sei weder Feuerwehr noch Rettungsdienst, sodass der Kläger eine Erstattung der geltend gemachten Kosten unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag schulde.

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Der Kläger beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 5.054,86 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2013 zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte ist der Ansicht, es handele sich um im Rahmen eines Einsatzes unentgeltlich zu erbringende Leistungen. Im Übrigen meint er, soweit das Nds. Rettungsdienstgesetz tangiert würde, sei es Sache des Klägers, eine Kostenvereinbarung mit dem Landkreis zu treffen, um ggf. durch eine entsprechende Gebührenfestsetzung gegenüber dem “Benutzer” der Einrichtung “Rettungsdienst” Gebühren zu erheben. Des Weiteren verweist der Beklagte auf die im Rahmen der Konzessionierung des Klägers mit seinem Träger getroffene Vergütungsvereinbarung und meint, damit sei er hoheitlich als Verwaltungshelfer tätig und könne nicht privatrechtliche Ansprüche aus dieser Tätigkeit geltend machen.

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Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.

11
Der Beklagte schuldet nicht der Klägerin die Erstattung der von ihr mit Stunden- bzw. Tagessätzen festgelegten Kosten für die Verwendung von Material und Fahrzeugen sowie für den Einsatz von Rettungsassistenten bzw. Rettungssanitätern, Fachdiensthelfern, psychologischem Personal sowie Einsatzleiter und Stellvertreter bei dem Brand am 06.12.2010. Dabei kann dahinstehen, ob die von dem Kläger angesetzten Kosten dem Umfang nach erforderlich und der Höhe nach angemessen sind.

12
Entscheidungserheblich ist, dass es sich bei den von dem Kläger vorgetragenen Tätigkeiten um einen “Annex” zu dem Einsatz der Feuerwehr aufgrund des Brandes vom 06.12.2010 handelt. Die Gefahrenabwehr aufgrund des Brandes sowie die Betreuung von mit dem Brand und seiner Bekämpfung befassten oder beeinträchtigten Personen sind eine Folge des Einsatzes der Feuerwehr bei einem Brand.

13
Maßgeblich für die Entscheidung ist – wie allgemein im Feuerwehrkostenrecht – die bei Entstehung der Schuld, also beim Ausrücken der Feuerwehr am 6.12.2010 geltende Rechtslage. Hinsichtlich einer Kostentragung regelt § 26 des Niedersächsischen Gesetzes über den Brandschutz und die Hilfeleistungen der Feuerwehren (Niedersächsisches Brandschutzgesetz – NBrandSchG -) in der bis zum 26. Juli 2012 geltenden Fassung vom 17.12.2009:

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(1) Der Einsatz der Feuerwehren der Gemeinden und der Kreisfeuerwehren ist bei Bränden, bei Notständen durch Naturereignisse und bei Hilfeleistungen zur Rettung von Menschen aus akuter Lebensgefahr unentgeltlich. Ansprüche auf Ersatz der Aufwendungen nach allgemeinen Vorschriften bei vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Verursachung von Gefahr oder Schaden und gegen Verursacher in Fällen der Gefährdungshaftung bleiben unberührt.

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(2) Für andere als die in Absatz 1 genannten Leistungen sowie weitere freiwillige Leistungen außerhalb des Brandschutzes nach § 1 Abs. 1 …

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(3) …

17
(4) Gebühren- oder kostenerstattungspflichtig ist

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1. derjenige, dessen Verhalten die Leistungen erforderlich gemacht hat; die Vorschriften des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung über Verursachungshaftung (§ 6) gelten entsprechend;

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2. der Eigentümer der Sache oder derjenige, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, deren Zustand die Leistungen erforderlich gemacht hat; die Vorschriften des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung über Zustandshaftung (§ 7) gelten entsprechend;

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3. derjenige, in dessen Auftrag oder in dessen Interesse die Leistungen erbracht werden;

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4. derjenige, der vorsätzlich oder grob fahrlässig grundlos den Einsatz einer Feuerwehr auslöst.

22
Für eine Gefährdungshaftung fehlt eine positiv-rechtliche Grundlage. Wie sich aus den Vorschriften der §§ 836, 837 BGB ergibt, ist eine allgemeine Gefährdungshaftung des Gebäudeeigentümers oder Gebäudebesitzers für alle Schäden, die ihren irgendwie gearteten Ausgangspunkt in dem Gebäude haben könnten, nicht geschaffen worden.

23
Dem Vorbringen des Klägers ist auch nichts dafür zu entnehmen, dass der Beklagte eine sich am 06.12.2010 realisierte Brandgefahr vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht habe.

24
Die Annahme eines Fremdgeschäftsführungswillens und damit die Anwendung der Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag ist ausgeschlossen, soweit ausdrückliche gesetzliche Sonderregelungen für das Verhältnis zwischen Geschäfts-führer und Geschäftsherr bestehen. Das ist in Fällen der Geschäftsbesorgung, in denen das Gesetz den Handelnden zum unentgeltlichen Tätigwerden, verpflichtet der Fall; hierzu gehört das NBrandSchG (vgl. auch LG Neuruppin, Urteil vom 15.06.2006 zu 3 O 491/04 zum Brandenburg. BSchG).

25
Die von dem Kläger herangezogene Entscheidung des BGH vom 20.10.2009 zu VI ZR 239/08 (Anlage K 2, Bl. 35 f. d. A.) stützt seine Ansicht nicht. Der dort in Bezug genommene Fall betraf eine andere Situation, nämlich eine Gefährdungshaftung aus § 7 StVG. In solchen Situationen kann ein Erstattungsanspruch in Betracht kommen, namentlich auch Schadensersatz, weil § 26 Abs. 1 S. 2 NBrandSchG (a. F.) die privatrechtliche Gefährdungshaftung ausdrücklich unberührt lässt (vgl. auch OLG Celle RuS 2010, 170 ff.).

26
Die von dem Kläger zitierte Entscheidung des BGH vom 19.07.2007 zu III ZR 20/07 (VersR 2007, 1707 f.) ist ebenfalls nicht geeignet, die Rechtsansicht des Klägers zu stützen.

27
Auch soweit Kosten für die Behandlung und den Abtransport eines verletzten Feuerwehrmannes im Raum stehen, trifft den Beklagten nicht eine Pflicht zur Erstattung der Kosten, die dem Kläger gemäß seiner Aufstellung entstanden seien. Solche Kosten könnten nur Gegenstand eines Gebührenbescheides sein, so entweder über § 26 Abs. 2 NBrandSchG für andere als die in § 26 Abs. 1 NBrandSchG genannten Leistungen bzw. für weitere freiwillige Leistungen außerhalb des Brandschutzes nach § 1 Abs. 1 NBrandSchG; dann wäre allerdings nach § 26 Abs. 4 Nr. 3 des NBrandSchG derjenige Kostenschuldner, in dessen Auftrag oder in dessen Interesse die Leistung erbracht wurde, was hier der behandelte und abtransportierte Feuerwehrmann wäre. Alternativ käme eine Benutzungsgebühr § 16 des NRettDG in Betracht als Grundlage, um – zuvor festgelegte – Benutzungsgebühren geltend zu machen. Für eine Streitigkeit um eine solche Gebühr wäre der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.

28
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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