BGH, Urteil vom 30. März 2006 – I ZR 123/03
Zur Haftung des Transportunternehmens für Transportschaden bei Beförderung von nach seinen AGB ausgeschlossenen Sendungen
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. April 2003 im Kostenpunkt und hinsichtlich der Entscheidung zum Mitverschulden aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin ist Transportversicherer des F. R. , der in I. eine Werkstätte für Edelsteinschmuck betreibt (im Weiteren: Versi- cherungsnehmer). Sie nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, wegen des Verlusts einer Sendung aus übergegangenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Versicherungsnehmer hat am 12. September 2001 drei ungefasste Diamanten im Gesamtwert von 7.400 € an M. R. (im Weiteren: Ab- senderin) nach München übersandt. Die Absenderin lieferte die Steine am 13. September 2001 bei einer Niederlassung der Beklagten in München zur Rückübersendung per Expressbrief an den Versicherungsnehmer ein. Der Einlieferungsbeleg enthielt neben einem Hinweis auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für den Frachtdienst Inland (PAKET/ EXPRESS NATIONAL) (im Weiteren: AGB) die Angabe: „Der Absender versichert, dass die eingelieferte(n) Sendung(en) keine ausgeschlossenen Güter (Verbotsgut) gemäß Abschnitt 2 Absatz 2 enthält/enthalten.“
Die Sendung mit den Steinen des Versicherungsnehmers wurde zuletzt am 14. September 2001 um 9.08 Uhr in der Niederlassung der Beklagten in Frankfurt per Scanner erfasst. Ihr weiterer Verbleib konnte nicht aufgeklärt werden. Die Klägerin, die den Schaden des Versicherungsnehmers reguliert hat, nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Ersatz des dem Versicherungsnehmer entstandenen Schadens nebst Zinsen in Anspruch.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie der Klägerin im Hinblick auf ihre AGB keinen Schadensersatz zu leisten habe.
Die seinerzeit geltenden Abschnitte 2, 3 und 6 der AGB (Stand: 1. März 2001) hatten folgenden Wortlaut:
„2 Vertragsverhältnis – Begründung und Ausschlüsse
(1) Beförderungsverträge kommen vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 durch die Übergabe von Sendungen durch oder für den Absender und deren Übernahme in die Obhut der Deutschen Post oder von ihr beauftragter Transportunternehmen (Einlieferung bzw. Abholung) nach Maßgabe der vorliegenden AGB zustande. …
(2) Die Deutsche Post schließt keinen Vertrag über die Beförderung folgender Sendungen (ausgeschlossene Sendungen); Mitarbeiter der Deutschen Post und sonstige Erfüllungsgehilfen sind nicht berechtigt, Beförderungsverträge über solche Sendungen zu schließen:
…
7. Express-Sendungen, die ungefasste Edelsteine im Gesamtwert von mehr als 1.000 DM/511,29 € enthalten;
…
(3) Entspricht eine Sendung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (Größe, Format, Gewicht, Inhalt usw.) oder in sonstiger Weise nicht den in Abschnitt 1 Abs. 2 genannten Bedingungen oder diesen AGB, so steht es der Deutschen Post frei, 1. die Annahme der Sendung zu verweigern oder 2. eine bereits übergebene/übernommene Sendung zurückzugeben oder zur Abholung bereitzuhalten oder 3. diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 zu erheben.
Entsprechendes gilt, wenn bei Verdacht auf Sendungen mit den in Absatz 2 genannten Inhalten oder auf sonstige Vertragsverstöße der Absender auf Verlangen der Deutschen Post Angaben dazu verweigert.
(4) Erlangt die Deutsche Post erst nach Übergabe der Sendung Kenntnis davon, dass die Sendung ausgeschlossene Güter enthält, oder verweigert der Absender auf Verlangen der Deutschen Post bei Verdacht auf ausgeschlossene Güter Angaben dazu, erklärt die Deutsche Post bereits jetzt die Anfechtung des Beförderungsvertrages wegen Täuschung. Die Deutsche Post ist nicht zur Prüfung von Beförderungsausschlüssen gemäß Absatz 2 verpflichtet; sie ist jedoch bei Verdacht auf solche Ausschlüsse zur Öffnung oder Überprüfung der Sendungen berechtigt. Der Absender trägt die alleinige Verantwortung und das Risiko für alle Folgen, die aus einem – auch nach anderen Bestimmungen als diesen AGB – unzulässigen Güterversand resultieren.
…
3 Rechte, Pflichten und Obliegenheiten des Absenders
…
(3) Dem Absender obliegt es, ein Produkt der Deutschen Post oder ihrer verbundenen Unternehmen mit der Haftung zu wählen, die seinen Schaden bei Verlust, Beschädigung oder einer sonst nicht ordnungsgemäßen Leistung der Deutschen Post oder ihrer verbundenen Unternehmen am ehesten deckt.
…
6 Haftung
(1) Die Deutsche Post haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen. Für Schäden, die auf das Verhalten ihrer Leute oder Erfüllungsgehilfen zurückzuführen sind, gilt dies nur, soweit diese Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen gehandelt haben.
(2) Die Deutsche Post haftet im Übrigen für Verlust, Beschädigung und Lieferfristüberschreitung von bedingungsgerechten Sendungen (vgl. Abschnitt 2 Abs. 2) sowie für die schuldhafte nicht ordnungsgemäße Erfüllung sonstiger Vertragspflichten nur im Umfang des unmittelbaren vertragstypischen Schadens bis zu den gesetzlichen Haftungsgrenzen. Die Deutsche Post ist auch von dieser Haftung befreit, soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte (z.B. Streik, höhere Gewalt). Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der Schadensteilung und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben unberührt. Die Deutsche Post haftet ferner nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschnitt 2 Absatz 2.
…“
Das Berufungsgericht hat der im ersten Rechtszug erfolglosen Klage in Höhe von 4.933,33 € stattgegeben und die Berufung der Klägerin im Übrigen zurückgewiesen (OLG Köln VersR 2003, 1148).
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Anschlussrevision gegen die teilweise Abweisung der Klage. Die Beklagte beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für teilweise begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
Zwischen der Absenderin und der Beklagten sei trotz Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB durch die Annahme und Beförderung der Sendung ein Frachtvertrag i.S. des § 407 HGB zustande gekommen. Die Beklagte habe keinen Gebrauch von den in Abschnitt 2 Abs. 3 AGB enthaltenen Möglichkeiten gemacht. Die in Abschnitt 2 Abs. 4 AGB erklärte Anfechtung greife nicht durch, weil die Beklagte ein arglistiges Verhalten der Absenderin nicht dargelegt habe. Die in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 und Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB enthaltenen Bestimmungen legten nicht die vertraglichen Leistungspflichten fest, sondern regelten einen Haftungsausschluss. Dieser sei gemäß § 449 Abs. 2 HGB unwirksam. Der Expressbrief sei weder ein Brief noch eine briefähnliche Sendung. Mangels hinreichenden Sachvortrags sei ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. von § 435 HGB zu vermuten.
Die Klägerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden in Höhe von einem Drittel anrechnen lassen. Der Versand wertvoller Diamanten per Expressbrief sei äußerst riskant. Der Absenderin habe allerdings die sehr klein gedruckte Erklärung auf dem Einlieferungsbeleg, dass die Sendung keine verbotenen Güter enthalte, nicht auffallen müssen. Ihr sei aber vorzuwerfen, dass sie sich nicht über die AGB sowie die Möglichkeit informiert habe, einen Brief mit derart wertvollem Inhalt sicher zu versenden. Das Mitverschulden der Absenderin sei für den Schadenseintritt ursächlich gewesen. Die Sendung hätte nur mit dem von der Beklagten betriebenen Werttransportdienst befördert werden können. Dieser sei zwar teurer als der Expressdienst; bei ihm werde das Transportgut aber mit größerer Sorgfalt behandelt. Der überwiegende Verursachungsbeitrag falle der Beklagten zur Last, deren Leute sich strafbar gemacht hätten.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung insoweit stand, als das Berufungsgericht die Haftung der Beklagten dem Grunde nach bejaht und zu Lasten der Klägerin einen Mitverursachungsbeitrag von einem Drittel angenommen hat. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten gegen die vom Berufungsgericht im Rahmen des § 425 Abs. 2 HGB vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Schadensverursachungsanteile. Keinen Erfolg hat dagegen die Anschlussrevision der Klägerin.
1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung der Beklagten nach §§ 407, 425 Abs. 1 HGB ohne Rechtsverstoß bejaht.
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Frachtvertrag zwischen der Beklagten und der Absenderin zustande gekommen ist. Es hat daher auch bei der Frage, auf wessen Sicht es für die Beurteilung der Rechte aus dem Frachtvertrag ankommt, mit Recht entgegen der Ansicht der Revision nicht auf die Person des Versicherungsnehmers, sondern auf die Person der Absenderin abgestellt. Der Umstand allein, dass die Ware zuvor von dem Versicherungsnehmer an die Absenderin versandt worden war, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Davon unberührt bleibt die Berechtigung des Versicherungsnehmers bzw. – nach dem erfolgten Rechtsübergang – der Klägerin, die im Hinblick auf den Verlust des Gutes aus dem Frachtvertrag bestehenden Ansprüche gegen die Beklagte im eigenen Namen geltend zu machen (§ 421 Abs. 1 Satz 2 und 3 HGB).
b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, zwischen der Absenderin und der Beklagten sei trotz der Verbotsgutklausel in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB ein wirksamer Frachtvertrag durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen. Die Übernahme der ihrem Inhalt nach nicht erkennbaren Sendung durch die Mitarbeiter der Beklagten am Schalter konnte aus der Sicht der Absenderin nur dahin verstanden werden, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts dieser Klausel einen Vertrag schließen wollte (§§ 133, 157 BGB). Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
aa) Die Auslegung der über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus verwendeten AGB der Beklagten unterliegt in vollem Umfang revisionsrechtlicher Überprüfung (st. Rspr.; vgl. BGHZ 151, 337, 346 f. m.w.N.).
bb) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und nach ihrem typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Bei der insoweit gebotenen objektiven Auslegung ist daher zu prüfen, wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom angesprochenen Kundenkreis vernünftigerweise aufgefasst werden durften. Ausgangspunkt der Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut der verwendeten Bestimmung. Daneben kommt es auf den Sinn und Zweck und die systematische Stellung der fraglichen Klausel innerhalb des Gesamtwerks an, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Kunden maßgeblich sind (BGHZ 151, 337, 348). Diese Grundsätze gelten auch für Klauseln, die leistungsbeschreibender Art sind (vgl. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 5 Rdn. 3a und § 8 Rdn. 2; Staudinger/Schlosser, BGB [1998], § 5 AGBG Rdn. 2; MünchKomm.BGB/Basedow, 4. Aufl., § 8 AGBG Rdn. 19 und Bd. 2a § 307 Rdn. 19).
cc) Nach dem Wortlaut von Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB will die Beklagte bei ungefassten Edelsteinen im Gesamtwert von mehr als 1.000 DM (= 511,29 €) allerdings keinerlei vertragliche Verpflichtung eingehen. Diese Bestimmung darf jedoch nicht isoliert gesehen werden, sondern ist im systematischen Zusammenhang mit Abschnitt 2 Abs. 4 und Abschnitt 6 AGB zu beurteilen, die auf sie Bezug nehmen. Danach wird vorsorglich die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung für den Fall erklärt, dass die Beklagte erst nach der Übergabe der Sendung Kenntnis davon erhält, dass diese verbotene Güter enthält. Abschnitt 6 regelt u.a. die Haftung der Beklagten bei verbotenen Gütern. Im Hinblick darauf kann dahinstehen, ob diese Klausel auch intransparent ist.
dd) Die Regelungen könnten aus der Sicht eines verständigen Postkunden im Übrigen nur dann einen Sinn ergeben, wenn vom Zustandekommen eines Vertrags ausgegangen wird. Nach dem Gesamtzusammenhang der AGB kann aus der Regelung in ihrem Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 mithin nicht entnommen werden, dass die Beklagte das Zustandekommen von Beförderungsverträgen über verbotene Güter von vornherein für alle Fälle ausschließen wollte. Vielmehr bringt sie insoweit zum Ausdruck, dass sie sich nach dem Abschluss eines Beförderungsvertrags über sogenannte ausgeschlossene Sendungen ihr weiteres Vorgehen vorbehalten will.
ee) Die vorstehende Beurteilung der Klausel entspricht im Übrigen auch der herrschenden Meinung zur Auslegung der insoweit vergleichbaren Bestimmungen der § 54 EVO a.F., § 8 KVO a.F. und Art. 4 CIM (vgl. zu § 54 EVO a.F.: Czerwenka/Heidersdorf/Schönbeck, Eisenbahn-Beförderungsrecht, 4. Aufl., Lfg. 1/97, § 54 Anm. 1b; zu § 8 KVO a.F.: Koller, Transportrecht, 2. Aufl., § 8 KVO Rdn. 1; zu Art. 4 CIM: Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 4 CIM Rdn. 5).
c) Mit Recht hat das Berufungsgericht die von der Beklagten geltend gemachte Anfechtung ihrer Vertragserklärung nach § 123 BGB mangels Darlegung eines arglistigen Verhaltens der Absenderin nicht durchgreifen lassen. Allerdings ist ein Vertrag zugunsten Dritter auch dann nach § 123 BGB anfechtbar, wenn der Dritte selbst getäuscht hat (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 123 Rdn. 12; MünchKomm.BGB/Kramer aaO § 123 Rdn. 25). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Versicherungsnehmer jedoch am Vertragsschluss zwischen der Beklagten und der Absenderin in keiner Weise beteiligt. Damit fehlte es schon an einer Täuschung durch den Versicherungsnehmer der Klägerin.
d) Die Ansprüche aus dem Frachtvertrag sind entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Absenderin ihrerseits der Beklagten gegenüber nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss haftete. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Fällen schuldhafter Irreführung sowie bei Falschangaben vor oder bei Vertragsschluss über die § 311 Abs. 2, §§ 280, 249 Abs. 1 BGB eine Lösung von dem abgeschlossenen Vertrag in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 – VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1197; Urt. v. 26.9.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; Urt. v. 6.4.2001 – V ZR 394/99, NJW 2001, 2875 ff.). Das Berufungsgericht hat die dafür erforderlichen Voraussetzungen ersichtlich als nicht erfüllt angesehen. Die Revision erhebt in dieser Hinsicht keine Rügen. Eine von der Absenderin etwa verletzte Aufklärungspflicht über den Inhalt der Sendung führte im Streitfall nicht zu einem Recht der Beklagten, die Aufhebung des Vertrags zu verlangen. Es ist anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, dessen Eintritt durch die Einhaltung der Pflicht verhindert werden sollte (vgl. BGHZ 116, 209, 212 m.w.N.).
2. Im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden nach § 435 HGB unbeschränkt. Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
a) In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Regelung im Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 AGB einen Haftungsausschluss oder die einer Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung oder Klarstellung der vertraglichen Leistungspflichten der Beklagten darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 – I ZR 103/04, Tz 21 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat den von ihm angenommenen Haftungsausschluss für Verbotsgut nicht aus der dortigen Regelung, sondern aus Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB entnommen. Die zuletzt genannte Klausel schränkt die ohne sie nach dem Gesetz bestehende Haftung ein. Sie stellt daher, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, keine Leistungsbeschreibung dar.
b) Offen bleiben kann des Weiteren, ob die vom Gesetz abweichende Haftungsregelung in Abschnitt 6 AGB gegen § 449 Abs. 2 HGB verstößt oder, soweit sie Briefe oder briefähnliche Sendungen betrifft, wirksam ist. Die insoweit vorrangige Auslegung der AGB ergibt nämlich, dass die Beklagte selbst danach beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 435 HGB auch bei Verbotsgütern von ihrer vollen Haftung ausgeht. Abschnitt 6 Abs. 1 AGB sieht für solche Fälle eine Haftung „ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen“ vor. Eine Unterscheidung zwischen Verbotsgut und sogenannten bedingungsgerechten Sendungen erfolgt dort anders als in den nachfolgenden Bestimmungen nicht. Abschnitt 6 Abs. 2 der AGB behandelt die Haftung der Beklagten „im Übrigen“, d.h. soweit die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen. Wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, enthält Abschnitt 6 der AGB der Beklagten nach seinem Wortlaut und nach seiner Systematik gemäß dem Grundsatz, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen kundenfreundlich auszulegen sind, allein in Bezug auf diesen Bereich für bedingungsgerechte Sendungen eine Haftungsbegrenzung und für Verbotsgüter einen Haftungsausschluss.
c) Das Berufungsgericht hat auch ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB ohne Rechtsfehler bejaht. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Einlassungsobliegenheit der Beklagten überspannt.
Die Beklagte konnte den Eintritt des Schadens und den Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nur insoweit eingrenzen, als sie festgestellt hat, dass das Transportgut nach seinem Eingang in dem Umschlagslager in Frankfurt verloren gegangen ist. Ihr Vortrag in den Schriftsätzen vom 31. Mai und 20. September 2002 lässt, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, nicht hinreichend erkennen, dass sie über ein Sicherungssystem verfügte, das es ihr ermöglicht hätte, den Verlauf der einzelnen Sendungen und die ausreichende Eingrenzung etwaiger Verlustfälle in örtlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht nachzuvollziehen. Die in allgemeiner Form gehaltene Darstellung der Sicherheitsvorkehrungen in dem Umschlagslager reicht insoweit nicht aus (vgl. BGHZ 129, 345, 350; BGH, Urt. v. 4.3.2004 – I ZR 200/01, TranspR 2004, 460, 462). Bei dem Umschlag von Gütern handelt es sich um einen besonders schadensanfälligen Bereich, der deshalb insbesondere Ausgangskontrollen erfordert (vgl. BGHZ 158, 322, 330). Die Beklagte hat nicht vorgetragen, ob in dem Umschlagslager in Frankfurt eine Ausgangskontrolle der Sendungen erfolgt, die es ermöglichte, Angaben über deren weiteren Verbleib zu machen. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht den Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten gezogen.
3. Die Revision der Beklagten hat jedoch insoweit Erfolg, als sie sich gegen die vom Berufungsgericht hinsichtlich des Mitverschuldens getroffene Entscheidung richtet.
a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein Absender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Frachtführer die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 8.5.2003 – I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann es für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden auch ausreichen, wenn der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertsendungen durch den Frachtführer hätte kennen müssen. Ein Mitverschulden ist bereits dann anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGH, Urt. v. 19.1.2006 – I ZR 80/03, Tz 21).
b) Ein entsprechendes Kennenmüssen der Absenderin hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht bejaht. Aus Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 und Abschnitt 3 Abs. 3 AGB ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Beklagte die Versendungsart Expressbrief bei Edelsteinen nur bis zur Wertgrenze von 511,29 € anbietet. Davon abgesehen liegt es nach der Lebenserfahrung auf der Hand, dass die Beklagte im Rahmen ihres umfassenden Dienstleistungsangebots für Wertgegenstände besondere Versendungsmöglichkeiten mit höheren Sicherheitsstandards bereithält.
c) Das Berufungsgericht ist mit Recht auch davon ausgegangen, dass die von der Absenderin unterlassene Wertdeklaration für den Schadenseintritt mit ursächlich gewesen ist. Es hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf abgestellt, dass die Beklagte die Sendung, wenn deren Inhalt ihren Bediensteten offen gelegt worden wäre, nur mit dem von ihr betriebenen Werttransport befördert und dabei mit größerer Sorgfalt behandelt worden wäre. Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht zu Lasten der Beklagten von einer vorsätzlichen Straftat eines ihrer Mitarbeiter ausgegangen ist. Eine derartige Straftat ist im Rechtsstreit weder behauptet noch festgestellt worden. Die genaue Ursache für den Verlust der Sendung konnte vielmehr nicht aufgeklärt werden. Im Hinblick darauf ist eine neue Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile an dem Schadenseintritt geboten, wobei auf Seiten der Beklagten nicht von einem strafbaren Verhalten eines ihrer Mitarbeiter, sondern lediglich von einem Verschulden i.S. von § 435 HGB auszugehen ist.
4. Die Anschlussrevision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Absenderin ein den Klageanspruch minderndes Mitverschulden am Schadenseintritt trifft (vgl. zu vorstehend 3.). Der von ihm angenommene Mitverursachungsanteil der Absenderin von einem Drittel lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen.
III. Danach war das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht den Schadensmitverursachungsanteil der Absenderin im Hinblick auf das von ihm zu Unrecht angenommene vorsätzliche Verhalten eines Beschäftigten der Beklagten lediglich auf ein Drittel beschränkt hat. In diesem Umfang war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen. Ebenfalls erfolglos war die Anschlussrevision der Klägerin.