LG München I, Urteil vom 18. Juni 2020 – 31 S 12365/19
1. Bei Verlust eines Schlüssels ist der Mieter allenfalls nur dann verpflichtet, dem Vermieter die Kosten des Austauschs der gesamten Schließanlage zu erstatten, wenn aus objektiver Sicht unter den gegebenen Einzelfallumständen eine konkrete Missbrauchsgefahr besteht. Ein rein abstraktes Gefährdungspotential ist hierfür nicht ausreichend (Anschluss BGH, Urt. v. 5. März 2014 – VIII ZR 205/13).
2. Verletzt der Vermieter die Obliegenheit, den Mieter darauf hinzuweisen, dass eine Schließanlage nicht erweiterbar ist, trägt er im Schadensfall die Kosten, die darauf zurückzuführen sind, dass er keine erweiterbare Schließanlage gewählt hat, selbst (§§ 241 Abs.2, 254 BGB). Alternativ hätte der Vermieter die Möglichkeit, das Wohnungsschloss auf Kosten des Schädigers durch einen nicht zur Schließanlage gehörenden Zylinder auszutauschen.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 23.08.2019, Az. 424 C 1666/19 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1) genannte Urteil des Amtsgerichts München ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.569,61 € festgesetzt.
Gründe
1
Die Parteien streiten um Ersatz der Kosten des Austauschs einer Schließanlage.
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Der Kläger und Widerbeklagte ist Vermieter, der Beklagte und Widerkläger Mieter einer Wohnung in München. Im Jahr 2015 wurde die Schließanlage des Mehrparteien-Miethauses gegen eine neue Schließanlage ausgetauscht. Anfang 2018 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er sämtliche vier Wohnungsschlüssel für die Wohnung verloren hat. Der Kläger wechselte daraufhin die Schließanlage aus. Die Kosten hierfür betrugen 1.977,78 € zuzüglich Mehrwertsteuer. Der Kläger forderte sodann vom Beklagten diese Kosten und bot zugleich Ratenzahlung an. Dieser erklärte, er könne und werde nicht bezahlen. Im Nachgang zu dem Gespräch überwies der Beklagte dann doch eine Rate in Höhe von 636,05 € an den Kläger. Mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 13.08.2018 erklärte dieser die Anfechtung einer etwaigen Ratenzahlungsvereinbarung und verlangte den vom Kläger bezahlten Betrag mit Fristsetzung bis zum 20.11.2018 zurück. Der Klägervertreter forderte den Beklagten mit Schriftsatz vom 30.11.2018 unter Fristsetzung bis zum 17.12.2018 zur Zahlung der restlichen Austauschkosten und der vorgerichtlichen Kosten auf.
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Mit Urteil vom 03.08.2019, Az. 424 C 1666/19 wies das Amtsgericht München die auf Zahlung der restlichen Austauschkosten und Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage ab und verurteilte den Kläger und Widerbeklagten, an den Kläger 69,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.11.2018 zu bezahlen. Im Übrigen wies es die auf Rückzahlung der vom Beklagten überwiesenen 636,05 € gerichtete Widerklage ab. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils wird ergänzend Bezug genommen.
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Das Amtsgericht sah den Austausch der Schließanlage dem Grunde nach als gerechtfertigt an, begrenzte den Schadensersatzanspruch aber der Höhe nach auf die Kosten der Ersatzschlüssel- und Ersatzschlossbeschaffung für die Hauseingangstüre und die Wohnungstüre des Beklagten. Deren Kosten schätzte es auf 30 € netto für die Anfahrtspauschale, 50 € netto für die Arbeitszeit, je 100 € netto für den Schlossaustausch an Haus- und Wohnungseingangstür sowie 196 € für zwei neue Schlüssel für die Wohnungstüre des Beklagten und zwölf neue Ersatzschlüssel für die Haustüre für sämtliche Bewohner des Hauses (14 € je Schlüssel). Ein erhebliches Mitverschulden des Klägers sah das Amtsgericht darin, dass die Klagepartei den Beklagten nicht vor dem Einbau der Zentralschlossanlage über die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens im Fall des Schlüsselverlusts aufgeklärt hat. Der Hinweis sei erforderlich gewesen, da nicht allgemein bekannt ist, dass der Verlust eines Schlüssels mit geringem Eigenwert mit erheblichen Kosten für den Austausch der gesamten Schließanlage des Hauses einhergehe. Der Austausch des Wohnungstürschlosses des Beklagten hätte lediglich einen Bruchteil der Kosten verursacht. Mit einer verhältnismäßig preisgünstigen Schlüsselversicherung hätte der Mieter das finanzielle Risiko, die Kosten des Austauschs einer Schließanlage tragen zu müssen, ausschließen können.
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Der Klägervertreter hat gegen das ihm am 27.08.2019 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 05.09.2019 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 23.09.2019 begründet.
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Er ist insbesondere der Ansicht, dass die Annahme eines Mitverschuldens des Klägers nicht haltbar ist. Der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe bereits kein Verschulden des Klägers dargelegt. Von Amts wegen sei ein Mitverschulden jedenfalls nicht anzunehmen. § 254 Abs. 2 BGB setze voraus, dass der Geschädigte es unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines außergewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, den der Schuldner weder kannte noch kennen musste. Das Anwesen sei bereits zu Beginn des Mietverhältnisses mit einer Schließanlage ausgestattet gewesen. Eine Aufklärungspflicht des Vermieters, den Mieter vor Abschluss des Mietvertrages auf alles hinzuweisen, was schadensträchtig ist, bestehe nicht. Der Mieter sei ein gleichwertiger, selbständiger und eigenverantwortlicher Vertragspartner. Es fehle auch an einem ungewöhnlich hohen Schaden. Das Festsetzen einer Kostengrenze in Höhe von 1.000 € sei willkürlich. Die Kosten in Höhe von 2.000 € für eine Schließanlage seien nicht außergewöhnlich hoch. Es reiche nicht aus, die Kosten für den Austausch des Wohnungsschlosses mit denen des Austausches einer Schließanlage zu vergleichen. Dass der Verlust von Schlüsseln und der damit einhergehende Austausch der Schließanlage hohe Kosten verursachen könnte, sei aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu diesem Thema allgemein bekannt. Der Mitverschuldenseinwand habe in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch keinen Widerhall gefunden.
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Eine Verletzung der Warnpflicht unterstellt, sei diese nicht ursächlich gewesen. Der Beklagte wäre trotz Warnung das Mietverhältnis eingegangen und hätte dieses auch nicht wegen den potentiellen Kosten des Austauschs der Schließanlage gekündigt.
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Der Beklagte habe zudem zwei Versionen über das Abhandenkommen der Schlüssel präsentiert. Seine Ausführungen seien falsch und werden bestritten. Wenn der Beklagte sich aufgrund seines Alters nicht mehr gut erinnern kann, sei es durchaus möglich, dass auch der jetzt vorgetragene Verlustvorgang auf einer Verwechselung beruht.
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Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, dass sich der Beklagte – entgegen der Meinung des Amtsgerichts – im Rahmen eines Vergleichs zur Zahlung der Raten verpflichtet hat.
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Zumindest seien aber im Rahmen des Schadensersatzes nicht lediglich 14 Schlüssel zu berücksichtigen, sondern 22 Schlüssel. In der Rechnung seien eindeutig 22 Schlüssel aufgeführt. Diese würden auch benötigt, was zu Austauschkosten von mindestens 687,82 € führt. Aufgrund des deliktischen und vertragswidrigen Verhaltens hafte der Beklagte auch für die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
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Der Kläger und Berufungskläger beantragt:
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1. Das Urteil des Amtsgerichts München vom 23.08.2019, Az. 424 C 1666/19 wird aufgehoben und die Widerklage abgewiesen.
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2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.500 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 BGB daraus seit 28.12.2018 zu zahlen.
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3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine nicht festsetzbare vorgerichtliche Rechtsanwaltsvergütung von 106,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Abs. 1 BGB daraus seit dem 18.12.2018 zu bezahlen.
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Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
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Der Beklagte hält die Kosten des Austauschs der Schließanlage nicht für erstattungsfähig.
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Die Auswechselung der Schließanlage sei weder erforderlich noch angemessen gewesen.
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Eine erhöhte Gefährdung durch den Schlüsselverlust habe nicht bestanden. Die Gefahr des Eindringens habe nur im allgemein zugänglichen Hausflur und hinsichtlich der Wohnung des Beklagten bestanden, nicht jedoch für die restlichen Bewohner. Wenn ein Einbrecher ohne Schlüssel in eine Wohnung einbrechen wollte, sei es für ihn unerheblich, ob er ein oder zwei Schlösser öffnen muss. Unterschiedlich wäre dies zu beurteilen, wenn der Schlüssel unmittelbar einen Zugang zu Wirtschaftsgütern, beispielsweise zur Tiefgarage eröffnet hätte.
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Der Schlüssel sei auch nicht zuordenbar gewesen. Er ist weder gekennzeichnet, noch ist ein Bezug zum Haus des Klägers herzustellen. Der Beklagte habe sein Fahrrad, bevor er am Romanplatz die Trambahn benutzte, abgeschlossen und bei der Rückkehr bemerkt, dass er den Schlüssel nicht mehr in der Tasche hat. Aufgrund seines vorgerückten Alters habe er bei seinem Sachvortrag erster Instanz Fahrten mit dem Fahrrad verwechselt. Hätte der Kläger beim Beklagten nachgefragt, hätte er festgestellt, dass eine Gefahrensituation, die das Austauschen der Schließanlage rechtfertigte, nicht bestand.
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Der Kläger habe den Beklagten nicht auf die Kosten für die Erneuerung der gesamten Schließanlage bei Verlust des Haustürschlüssels hingewiesen. Die Gefahr einer Haftungserweiterung auf die gesamte Schließanlage sei dem Beklagten nicht bewusst gewesen.
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II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
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1. Weder hat der Beklagte die Forderung verbindlich anerkannt noch ist über die Austauschkosten der Schließanlage ein außergerichtlicher Vergleich zwischen den Parteien zustande gekommen. Die Parteien haben in erster Instanz übereinstimmend vorgetragen, dass der Beklagte gegenüber dem Kläger, als dieser ihn auf die Forderung angesprochen hat, die Zahlung abgelehnt, im Anschluss aber doch die erste Rate bezahlt hat.
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1.1 Ob ein tatsächliches Verhalten als konkludente Willenserklärung anzusehen ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Der Erklärungsempfänger ist verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat. Entscheidend ist dabei letztlich der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert des Verhaltens des Erklärenden (BGH, Urteil vom 10.12.2014 – VIII ZR 25/14).
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1.2 Die rein tatsächliche Teilzahlung des Beklagten beinhaltet ihren Umständen nach weder ein konstitutives noch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB. Der Beklagte hatte die Zahlung der Gesamtforderung zuvor ausdrücklich abgelehnt. Ein objektiver Erklärungsempfänger kann dem Umstand, dass der Beklagte dann doch einen Teil eines geforderten Betrags bezahlt hat, nicht entnehmen, dass der Beklagte sich zur Zahlung eines weitergehenden Betrags verpflichten will. Zudem ist die nach § 781 S. 1 BGB für ein Anerkenntnis erforderliche Schriftform ist nicht eingehalten.
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1.3 Auch ein außergerichtlicher Vergleich dahingehend, den vom Kläger geforderten Betrag ratenweise zu bezahlen, ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Das Angebot des Klägers, einen Ratenzahlungsvergleich abzuschließen, ist mit Ablehnung des Ratenzahlungsangebots durch den Beklagten erloschen (§ 146 BGB). Die Teilzahlung des Beklagten beinhaltet auch keine Erklärung, zur Zahlung eines weitergehenden Betrags bereit zu sein.
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2. Dem Kläger steht zwar dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 249 Abs. 2, 535 Abs. 1 BGB gegen den Beklagten wegen des – zumindest fahrlässigen – Verlusts seiner vier Wohnungsschlüssel zu. Denn der Beklagte hat bei deren Verwahrung nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt aufgewendet (§ 276 Abs. 2 BGB) und damit gegen seine diesbezügliche mietvertragliche Nebenpflicht zur Obhut verstoßen.
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Der Beklagte ist jedoch nicht verpflichtet, dem Kläger die Kosten des Austauschs der gesamten Schließanlage zu erstatten.
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2.1 Eine Schließanlage wird nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 05.03.2014 – VIII ZR 205/13) in ihrer Funktionalität durch den Verlust eines Schlüssels nicht in ihrer Sachsubstanz beeinträchtigt. Das rein abstrakte Gefährdungspotential eines Schlüsselverlusts stellt regelmäßig keinen erstattungsfähigen Vermögensschaden dar. Ob die durch den Verlust eines Schlüssels eintretende Missbrauchsgefahr sich zu einem Vermögensschaden verfestigt hat, ist im Einzelfall unter Einbeziehung der Verkehrsauffassung wertend zu beurteilen. Ein erstattungsfähiger Schaden entsteht erst dann, wenn sich der Geschädigte aus objektiver Sicht unter den konkret gegebenen Einzelfallumständen zur Beseitigung einer fortbestehenden Missbrauchsgefahr veranlasst sehen darf, die Schließanlage zu ersetzen und den Austausch tatsächlich vornimmt. Nach allgemeinen Grundsätzen ist der Kläger für das Entstehen und den Umfang des Schadens darlegungs- und beweisbelastet. Der BGH hat es insoweit ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht ausreichen lassen, dass der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses einen Schlüssel, den er bei Beginn des Mietverhältnisses erhalten hat, aus letztlich ungeklärten Gründen nicht zurückgibt.
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2.2 Bei der gebotenen wertenden Betrachtung der Umstände des Einzelfalls war vorliegend nur der Austausch des Wohnungstürschlosses der vom Beklagten angemieteten Wohnung zur Beseitigung einer Missbrauchsgefahr veranlasst. Der Kläger hat keine Umstände dargelegt, die es im hiesigen Einzelfall rechtfertigen, wegen des Schlüsselverlusts des Klägers die gesamte Schließanlage auszutauschen (vgl. hingegen z.B. OLG Dresden Urt. v. 20.8.2019 – 4 U 665/19: Diebstahl von beschrifteten Schlüsseln aus einem geparkten Pkw).
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Bereits die Vorstellung, dass jemand einen aufgefundenen Schlüssel in einer Mehrfamilienhausgegend einer Großstadt dazu verwendet, von Tür zu Tür zu gehen und zu überprüfen, ob er an einer Haus- und Wohnungstür zufällig passt, erscheint fernliegend. Wenn überhaupt, wird ein derartiges Verhalten eher nur jemand an den Tag liegen, der gerade keine Türen gewaltsam öffnen will. Ein derartiger Täter könnte vorliegend mit dem Schlüssel im sehr unwahrscheinlichen Fall, dass er Haus und Wohnung findet, zu der der Schlüssel passt, nur die Hauseingangstüre und die Wohnungstüre des Beklagten öffnen, denn die verlorenen Schlüssel schließen nicht auch die Wohnungstüren der anderen Hausbewohner. Auch einen etwaigen Zugang zu einer Tiefgarage ermöglichen sie nicht. Schließlich ist auch ein besonderer Anreiz, unerlaubt in den Hauseingangsbereich des streitgegenständlichen Hauses zu gelangen, nicht erkennbar.
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2.3 Der Austausch des Wohnungstürschlosses konnte vorliegend durch den Einbau eines neuen, zur eingebauten Schließanlage Vitess 2000 von „ABUS“ passenden Schlosses erfolgen.
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2.3.1 Schließanlagen werden gerichtskundig von den Herstellern als erweiterbare und nicht erweiterbare Schließanlagen angeboten. Bei einer erweiterbaren Schließanlage kann ein Wohnungsschloss durch ein anderes zur Schließanlage passendes Schloss ausgetauscht werden. Nicht erweiterbare Schließanlagen bieten diese Möglichkeit nicht. Will der Vermieter einer nicht erweiterbaren Schließanlage ein Wohnungstürschloss austauschen, hat er die Möglichkeit, ein Wohnungstürschloss einzubauen, das nicht zur Schließanlage passt – der entsprechende Mieter hat dann zwei verschiedene Schlüssel – oder die gesamte Schließanlage auszutauschen.
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2.3.2 Die vom Kläger ausgetauschte Schließanlage Vitess 2000 ist allgemeinkundig (§ 291 ZPO) erweiterbar; auf die Internetseite des Herstellers „www.abus.com“ wird Bezug genommen. Der Kläger darf daher den Wohnungsschlosszylinder auf Kosten des Beklagten durch einen anderen zur Schließanlage passenden Zylinder ersetzen. Dadurch ist das Risiko gebannt, dass ein etwaiger Täter die Wohnung des Beklagten oder eventueller Nachnutzer öffnen kann.
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2.4 Die Kosten, die für den Einbau eines zur Schließanlage passenden Wohnungsschlosses nebst vier zugehörigen Schlüsseln angefallen wären, sind durch den seitens des Amtsgerichts infolge Teilabweisung der Widerklage rechtskräftig als ersatzfähig anerkannten Betrag abgedeckt.
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2.5 Bei einer nicht erweiterbaren Schließanlage hingegen wäre die erstinstanzlich angesprochene Beschränkung des Schadensersatzanspruchs gegen den Mieter zum Tragen kommen.
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2.5.1 Besteht bei einer nicht erweiterbaren Schließanlage Bedarf für den Austausch des Wohnungsschlosses, entstehen beim Einbau einer neuen Schließanlage im Vergleich zu einer erweiterbaren Schließanlage außergewöhnlich hohe Kosten.
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Im Mietverhältnis als Dauerschuldverhältnis sind die Parteien im besonderen Maße zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gegenseite verpflichtet (§§ 241 Abs. 2, 254 BGB). Der Verlust oder das zeitweise Verlegen von Wohnungsschlüsseln kommt in der Praxis immer wieder vor. Vor diesem Hintergrund darf der Mieter, wenn er nicht gegenteilig informiert wird, im Regelfall davon ausgehen, dass der Vermieter eine erweiterbare Schließanlage gewählt hat. Verletzt der Vermieter die Obliegenheit, den Mieter darauf hinzuweisen, dass eine Schließanlage nicht erweiterbar ist, trägt er im Schadensfall die Kosten, die darauf zurückzuführen sind, dass er keine erweiterbare Schließanlage gewählt hat, selbst.
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2.5.2 Alternativ hätte der Vermieter die Möglichkeit, das Wohnungsschloss auf Kosten des Schädigers durch einen nicht zur Schließanlage gehörenden Zylinder auszutauschen. Der entsprechende Mieter würde dann unterschiedliche Schlüssel für Haus- und Wohnungstür haben, was bei Mietwohnungen nicht selten der Fall sein dürfte und auch für nachfolgende Mieter ohne weiteres zumutbar ist. Insbesondere wäre darin keinerlei Einschränkung des Mietgebrauchs zu sehen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO. Der Streitwert ergibt sich aus § 47 GKG.
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4. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Einzelfallentscheidung liegt die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde.