AG Frankfurt, Urteil vom 16.11.2007 . 32 C 1895/07
Zur Haftung des Flughafenbetreibers wegen Verletzung an Mobiliar in Wartehalle
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem – behaupteten – Unfall in einer Lounge am F in Anspruch.
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Für die Zeit vom 27.10.2006 bis zum 25.11.2006 hatte der Kläger eine Studienreise nach Australien geplant. Den Hin- und Rückflug führte die Beklagte aus. Abflugtermin am Flughafen in F war der 27.10.2006, 23.55 Uhr. Vor dem Abflug hielt sich der Kläger in Begleitung seiner Ehefrau in der für Fluggäste der Beklagten vorgesehenen Lounge auf. Die Lounge war und ist mit einem Tisch mit mehreren Sesseln möbliert. Wegen der Einzelheiten der Möblierung wird auf die Lichtbilder Bl. 44 d. A. verwiesen.
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Der Kläger behauptet, das in der Lounge aufgestellte Mobiliar sei wegen seiner Beschaffenheit ungeeignet und genüge den aus den Verkehrungssicherungspflichten folgenden Anforderungen an einen Warteraum einer Fluggesellschaft nicht sodass dazu gekommen sei, dass er sich in der Lounge erhebliche Verletzungen zugezogen habe.
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Er habe auf dem linken der beiden grünen im Hintergrund auf dem Indexfoto Nr. 0914 zu sehenden Sessel gesessen. Von ihm gesehen rechts habe eine Person gesessen, die beide Füße auf die Tischkante gestellt habe. Aus diesem Grunde sei er gezwungen gewesen aus seiner Sicht linksherum um den Tisch zu gehen. Dort hätten weitere Personen gesessen, wodurch der Abstand zwischen den Sesseln und dem Tisch auf maximal 25 cm verkürzt worden sei. Da bei diesem Abstand ein normales Gehen nicht mehr möglich gewesen sei und er die auf den anderen Sesseln sitzenden Gäste nicht mehr als unbedingt erforderlich habe belästigen wollen, sei eine Berührung mit dem Tisch nicht vermeidbar gewesen. Während dieses Vorganges habe er sich am rechten Unterschenkel an der scharfkantigen Tischplatte verletzt und in der Folge weitere Schnitt- und Kratzverletzungen im Bereich des Schienbeins zugezogen. Die stark blutende Verletzung sei von Mitarbeitern der Beklagten erstversorgt worden, wobei sich in der Lounge kein Verbandszeug befunden habe. Da die Apotheke des Flughafens bereits geschlossen gewesen sei, sei die Erstversorgung durch Desinfektion mit einem in Wodka getränkten Lappen erfolgt. Auf seine Frage, ob man einen Arzt besorgen könne, sei die Auskunft erteilt worden, dass ein Notarzt extra aus der Stadt F kommen müsse, ein anderer Arzt sei nicht verfügbar (Beweis: Zeugnis …).
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Da die Inanspruchnahme eines Arztes, der eigens aus der Stadt F habe einreisen müssen aus zeitlichen Gründen wegen des bevorstehenden Abfluges nicht möglich gewesen sei, sei ihm keine andere Möglichkeit geblieben, als sich im verletzten Zustand zu dem Flugzeug zu begeben. Dort habe man ihm im Hinblick auf die Verletzung zunächst den Zutritt verweigert. Erst als er auf einem Transport bestanden habe, habe dies der Flugkapitän gestattet mit dem Hinweis, dass er auf eigene Gefahr reise und eine Zwischenlandung wegen der Verletzung nicht möglich sei.
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Der Kläger behauptet weiter, während des Fluges habe sich sein Zustand erheblich verschlimmert, er habe unter Fieberanfällen gelitten. Die Wunde sei dann am Flughafen in S bei dem dortigen Arzt behandelt worden. Neben den Schnitt- und Kratzverletzungen habe der Kläger einen schmerzhaften Bluterguss und eine erhebliche Prellung an dem Bein erlitten. In Folge der umfangreichen Verletzung sei es zudem zu einer Blutvergiftung des betroffenen Unterschenkels und des Fußes gekommen. Eine weitere Behandlung sei in S erfolgt.
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Der Kläger macht gemäß der Aufstellung vom 10.12.2006 (Bl. 8 – 21 d. A.) Heilbehandlungskosten in Höhe von 212,01 Euro sowie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, zumindest einen Betrag von 1.000,00 Euro geltend.
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Der Kläger beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.212,01 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Zustellung der Klage am 06.09.2007 sowie nicht anrechenbarer außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 186,24 Euro zu zahlen,
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2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, entgegen der Darstellung des Klägers handelte es sich bei dem in der Lounge vorhandenen Mobiliar nicht um gefährliches Mobiliar, das eine Gefahrenquelle für die Nutzer der Lounge darstelle. Von einem erwachsenen Menschen, wie dem Kläger, sei zu erwarten, dass er den Abstand zwischen Sessel und Tischkante abschätzen könne und sich beim Aufstehen und Weggehen mit der nötigen Achtsamkeit bewege und nicht stürze.
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Die Beklagte behauptet weiter, die Lounge sei am 27.10.2006 voll besetzt gewesen, der vom Kläger behauptete Verletzungsvorgang sei von keinem anderen Passagier beobachtet worden.
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Die Beklagte behauptet weiter, der am 27.10.2006 in der Lounge tätige Angestellte … habe dem Kläger angeboten, einen Arzt zu rufen oder einen Rollstuhl zu besorgen, um ihn ins Terminal 1 ins Flughafenhospital zu bringen. Dies habe der Kläger abgelehnt.
16
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nicht begründet.
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Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB, noch ein Anspruch auf Ersatz seiner Behandlungskosten zu.
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Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflichten, was den Zustand des Mobiliars in der Lounge angeht, nicht verletzt. Das aus den Lichtbildern zu ersehende Mobiliar entspricht den üblicherweise in derartigen Warteräumen verwendeten Möbeln. Der auf den Lichtbildern Bl. 44 d. A. zu sehende Couchtisch weist Kanten aus Holz auf, er ist entgegen der Wertung des Klägers nicht scharfkantig. Die von dem Kläger nach seinem Vorbringen erlittenen Verletzungen sind – bedauerliche – Folgen einer Unachtsamkeit des Klägers. Wenn, wie der Kläger behauptet, andere Benutzer der Lounge ihm den Weg versperrten so war es geboten, diese zu bitten, den Kläger passieren zu lassen und nicht den von dem Kläger gewählten Weg mit dem Risiko eines Sturzes in Kauf zu nehmen.
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Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche auch nicht aus dem Gesichtspunkt der – behaupteten – falschen Auskunft dazu, ob auf dem Flughafen F, einem Großflughafen mit etwa 60.000 Beschäftigten und etwa 50 Millionen Passagieren pro Jahr, ein Arzt zur Verfügung steht, zu.
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Dabei geht das Gericht nicht davon aus, dass der Kläger, wie ansonsten im Raum F allgemein bekannt, Kenntnis davon haben musste, dass am Flughafen in F seit Jahrzehnten eine Flughafenklinik – mit etwa 100 Beschäftigten – betrieben wird, in der Notärzte rund um die Uhr zur Verfügung stehen.
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Selbst wenn dies dem Kläger nicht bekannt war und selbst wenn ein Mitarbeiter der Beklagten insoweit eine falsche Auskunft gegeben hätte, hätte der Kläger angesichts der Erheblichkeit seiner Verletzungen auf einer ärztlichen Versorgung in F, notfalls durch einen von einer anderen Stelle hinzugerufenen Arzt, bestehen müssen unter Inkaufnahme einer Versäumung des gebuchten Fluges.
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Die Erheblichkeit der Verletzungen ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen des Klägers sowie daraus, dass auch der Kapitän des Flugzeuges dem Kläger nach seinem eigenen Vorbringen zunächst den Zugang zu dem Flugzeug verweigern wollte. Wenn der Kläger in dieser Situation auf einer Teilnahme an dem Flug bestand unter Inkaufnahme erheblicher gesundheitlicher Risiken, so sind die daraus folgenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen und gegebenenfalls zusätzlichen Behandlungskosten auf seine eigene Entschließung zurückzuführen. Ein etwaiges, der Beklagten anzulastendes Mitverschulden durch eine falsche Auskunft ihres Mitarbeiters tritt demgegenüber völlig zurück. Über die – streitige – Frage, ob von einem Mitarbeiter der Beklagten die unrichtige Auskunft gegeben wurde, am Flughafen F sei ein Arzt nicht verfügbar, war danach Beweis nicht zu erheben.
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Als unterliegende Partei hat der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.