Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 13.02.2014 – 4 U 59/13
1. Fährt ein Radfahrer von einem rechts neben der Fahrbahn verlaufenden Radweg in die Fahrbahn ein, um sogleich nach links abzubiegen, unterliegt dieser Vorgang sowohl den Regeln des Einfahrens gemäß § 10 Satz 1 StVO als auch denjenigen des Abbiegens gemäß § 9 Abs. 1 und 2 StVO.
2. Kommt es in einem solchen Fall zum Zusammenstoß mit einem auf dieser Fahrbahn geradeausfahrenden Pkw, kann das grobe Mitverschulden des Radfahrers gemäß §§ 9 StVG, 254 BGB so weit überwiegen, dass die einfache Betriebsgefahr des Pkw dahinter vollständig zurücktritt.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 21.02.2013 (Aktenzeichen 8 O 32/12) abgeändert: Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
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Der am … 1930 geborene Kläger befuhr am 05.05.2010 gegen 14 Uhr als Radfahrer den am rechten Rand der verlaufenden Radweg von in Richtung Circa 200 m nach dem Ortsausgangsschild von wollte er nach links in einen Feldwirtschaftsweg abbiegen. Bei diesem Abbiegemanöver kreuzte der Kläger die Fahrbahn des auf der von dem Beklagten zu 1 in Richtung geführten Pkw Peugeot 306 Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen, dessen Halter der Beklagte zu 2 und der bei der Beklagten zu 3 haftpflichtversichert ist. Bei dem Zusammenstoß mit dem Pkw erlitt der Kläger ein Polytrauma, eine Rippenserienfraktur links 2. bis 11. Rippe, einen Pneumothorax, einen iatrogenen Hämatothorax mit operativer Hämatomausräumung am 06.05.2010, einen subakuten Mediateilinfarkt links fronto-temporal, eine Dilatationstracheotomie am 12.05.2010, eine MRSA-Pneumonie, multiple Prellungen, akutes Nierenversagen, CVVHD vom 09. bis zum 12.05.2010 und eine respiratorische Globalinsuffizienz. Die ersten drei Wochen nach dem Unfall lag er im Koma. Vom 28.05. bis zum 15.07.2010 war er stationär im unterbracht, und vom 09.08. bis zum 01.09.2010 war er stationär in der Reha-Klinik aufgenommen. Dem Kläger entstand ein materieller Schaden von zuletzt unstreitigen 6.000 €. Mit Anwaltsschreiben vom 05.10.2011 wurde die Beklagte zu 3 unter Fristsetzung zum 29.10.2011 ohne Erfolg zur Leistung aufgefordert.
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Der Kläger hat eine Haftung der Beklagtenseite von 25 v. H. geltend gemacht und behauptet, nach seiner Erinnerung habe er vor bzw. beim Abbiegen ein Handzeichen nach links gegeben. Als er die rechte Fahrspur bereits nahezu verlassen gehabt und sich mit dem hinteren Ende seines Fahrrads etwa in der Fahrbahnmitte im Bereich der weißen, gestrichelten Linie befunden habe, sei er vom Beklagten-Pkw erfasst worden. Die Unfallfolgen bzw. Komplikationen seien für ihn potenziell lebensbedrohlich gewesen. Er sei vor dem Unfall in der Lage gewesen, alleine seinen Haushalt zu versorgen, könne sich jetzt aber nur noch mit einem Stock fortbewegen und sei zu einer Haushaltsführung nur noch zu geringen Teilen in der Lage. Er habe seine Eigenständigkeit verloren und sei in seiner Lebensführung zutiefst beeinträchtigt. Eine bereits zuvor bestehende Dyspnoe im Rahmen der COPD habe sich verschlimmert.
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Der Kläger hat beantragt,
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1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
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a) an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, mindestens jedoch 5.000 €, verzinslich zu fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2011,
b) an den Kläger einen Betrag von 2.179,82 € zu zahlen, verzinslich zu fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2011,
c) den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 759,22 €, verzinslich zu fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit, freizustellen und
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2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger auf Basis einer Quote von 25 % jedweden Schaden zu ersetzen, soweit dieser auf das streitgegenständliche Verkehrsunfallereignis vom 05.05.2010 in Homburg/Saar zurückzuführen ist und soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie haben behauptet, der Kläger sei ohne Beachtung des rückwärtigen Verkehrs, ohne Handzeichen und ohne anzuhalten einfach nach links über die Landstraße gefahren, als der Pkw etwa 1,5 Fahrzeuglängen hinter dem Radfahrer gewesen sei. Der Kläger sei zuvor weder besonders langsam noch unsicher gefahren und habe auch für den Beklagten zu 1 nicht den Eindruck gemacht, hilfebedürftig oder eingeschränkt verkehrstüchtig zu sein. Der Kläger sei für den Beklagten zu 1 auch nicht als älterer Mensch zu erkennen gewesen. Obwohl der Beklagte zu 1 nicht schneller als 50 km/h gefahren sei und sofort eine Vollbremsung eingeleitet und versucht habe, nach links auszuweichen, sei eine Kollision nicht mehr zu verhindern gewesen.
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Das Landgericht hat den Kläger und den Beklagten zu 1 als Partei (Bd. I Bl. 94 f. d. A.) und den Sachverständigen Dipl.-Ing. (Bd. I Bl. 107 f. d. A.) angehört. Mit dem am 21.02.2013 verkündeten Urteil (Bd. I Bl. 125 ff. d. A.) hat es unter Klageabweisung im Übrigen die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 5.000 € Schmerzensgeld nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2011 und weitere 1.500 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2011 zu zahlen und den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 759,22 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.05.2012 freizustellen. Ferner hat es festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger auf Basis einer Quote von 25 % jedweden Schaden zu ersetzen, soweit dieser auf das streitgegenständliche Verkehrsunfallereignis vom 05.05.2010 in zurückzuführen ist und soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug.
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Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung machen die Beklagten geltend, entgegen der Auffassung des Landgerichts sei es im vorliegenden Fall durchaus gerechtfertigt, die Betriebsgefahr des Pkw in Wegfall geraten zu lassen. Der Kläger habe sämtliche Sorgfaltspflichten eines Radfahrers beim Linksabbiegen verletzt und nicht nur gegen § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO, sondern auch gegen § 9 Abs. 2 Satz 2 StVO verstoßen. Das Landgericht habe ferner zu Unrecht angenommen, es könne nicht festgestellt werden, ob der Kläger ein Handzeichen gegeben habe. Der Erstrichter habe beide Parteien angehört, aber keinerlei Würdigung der Angaben vorgenommen. Zu Lasten des Klägers hätte aber berücksichtigt werden müssen, dass er im Ermittlungsverfahren mehrere Varianten des Unfallhergangs geschildert, die der Sachverständige dann allerdings widerlegt habe. In der Klageschrift und bei der Parteianhörung habe der Kläger weitere, ebenfalls nicht glaubhafte Versionen unterbreitet.
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Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe der Kläger nach seinen Angaben weder von seinem äußeren Erscheinungsbild noch von seiner Fahrweise einer der in § 3 Abs. 2a StVO genannten verkehrsschwachen Gruppen angehört. Da er in unauffälliger Weise einen von der Fahrbahn getrennten Radweg befahren habe, habe keine Gefahr bestanden, dass er durch eine unbedachte Lenkbewegung auf die Straßenfahrbahn geraten könnte. Der Beklagte zu 1 habe beim besten Willen nicht damit rechnen müssen, dass der Kläger, ohne auf den von hinten kommenden Fahrverkehr zu achten, nach links quer über die Fahrbahn und unmittelbar vor sein Fahrzeug fahren würde.
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Zumindest hätte die Klage gegen den Beklagten zu 1 abgewiesen werden müssen. Da der Sachverständige zum Ergebnis gelangt sei, der Beklagte zu 1 habe den Unfall nicht vermeiden können, entfalle seine Haftung als „Nur-Fahrer“ wegen nachgewiesener Schuldlosigkeit.
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Schließlich beanstandet die Berufung, der Erstrichter habe die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten unter Anführung eines überholten BGH-Urteils mit einem Gebührensatz von 1,5 statt mit der Regelgebühr von 1,3 zuerkannt.
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Die Beklagten beantragen (Bd. II Bl. 193 d. A.),
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das am 21.02.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken wie folgt abzuändern: Die Klage wird abgewiesen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Berufung lege lediglich ihre eigene Interpretation des Sachverhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme zu Grunde. Der Mitverschuldenseinwand könne aber nicht so verstärkt werden, dass festzustehen hätte, der Kläger habe ein Handzeichen nicht gegeben, zumal neutrale Dritte, die die Behauptung der Beklagten stützen könnten, nicht vorhanden seien. Ob der Sachverständige eine Angabe des Klägers zum Unfallablauf als mit dem Unfallgeschehen nicht kompatibel angesehen habe, lasse keine Rückschlüsse zum gegebenen Handzeichen zu. Dabei werde auch übersehen, dass der Kläger anlässlich des Unfallereignisses schwerstverletzt worden sei und mehrere Tage im Koma gelegen habe.
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Der Kläger habe am Unfalltag einen dicken Wintermantel getragen und sei auf Grund dieser inadäquaten Kleidung und nach seinem gesamten, wenn auch durch den Unfall verschlechterten Habitus ohne Weiteres als älterer Mensch erkennbar gewesen. Der Beklagte zu 1 habe sich mit Blick auf den linksseitig abgehenden Weg kurz vor einer Situation befunden, die ein Kreuzen des Klägers über seine Fahrbahn durchaus im Bereich des Wahrscheinlichen habe erscheinen lassen. Der Beklagte zu 1 habe sich indessen weder auf ein Kreuzen des älteren Radfahrers eingestellt, noch sei er auch nur Bremsbereitschaft eingegangen. Außerdem habe er sich falsch verhalten, als er nach links gezogen und den kreuzenden Kläger mit dessen Fahrrad so noch im Heckbereich getroffen habe; bei Geradeausfahrt wäre der Unfall vermieden worden. Da die Schuldlosigkeit des Beklagten zu 1 nicht nachgewiesen sei, entfalle auch dessen Haftung aus § 18 Abs. 1 StVG nicht.
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Der Ansatz der 1,5 Geschäftsgebühr sei gerechtfertigt, weil die Ermittlungsakte und das umfangreiche technische Gutachten des Sachverständigen auszuwerten gewesen sei. Darüber hinaus habe die Anwendbarkeit einschlägiger Schmerzensgeldentscheidungen überprüft und hätten die Grundlagen zur Ermittlung des Haushaltsführungsschadens erarbeitet und die einschlägigen Tabellen studiert und umgesetzt werden müssen. Die gesamte Angelegenheit sei für den hochbetagten, bei dem Unfall schwerstverletzten Kläger von erheblicher, besonderer Bedeutung gewesen, und das Haftungsrisiko bei falscher Sachbehandlung sei auch nicht zu übersehen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 25.10.2012 (Bd. I Bl. 93 ff. d. A.) und vom 10.01.2013 (Bd. I Bl. 106 ff. d. A.) und des Senats vom 23.01.2014 (Bd. II Bl. 223 ff. d. A.) Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Berufung ist begründet. Nach den gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen fällt dem Kläger insbesondere ein unfallursächlicher schuldhafter Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten beim Einfahren in die Straße (§ 10 StVO) zur Last (nachfolgend unter 3.), gegenüber dem die nicht erhöhte Betriebsgefahr des Pkw vollständig zurücktritt (nachfolgend unter 7.).
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1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Grundsatz der Beklagte zu 1 gemäß § 18 Abs. 1 StVG als Fahrer, der Beklagte zu 2 gemäß § 7 Abs. 1 StVG als Halter und die Beklagte zu 2 gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG als Haftpflichtversicherer eines unfallbeteiligten Kraftfahrzeugs gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz haften. An der Verwirklichung des haftungsbegründenden Tatbestands (§ 7 Abs. 1 StVG) besteht kein Zweifel. Die Verletzung des Klägers beim Betrieb des von dem Beklagten zu 1 geführten Pkw löst, wie das Landgericht zutreffend bemerkt hat (Bd. I Bl. 130 d. A. unten), die Haftung des Fahrers und des Halters (wie auch des Haftpflichtversicherers) aus. Das Verkehrsunfallereignis wurde jedenfalls nicht im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG durch höhere Gewalt verursacht. Die Frage, ob das Unfallereignis unabwendbar war, ist nach dem Wortlaut des reformierten Haftungstatbestands ohne Relevanz (Senat NJW 2012, 3245, 3246).
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2. Die Gefährdungshaftung tritt jedoch vorliegend – unbeschadet des Einwands der Berufung, die Haftung des Beklagten zu 1 sei bereits gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG ausgeschlossen – gegenüber dem Mitverschulden des Klägers vollständig zurück. Gemäß § 9 StVG findet die Vorschrift des § 254 BGB Anwendung, wenn bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt hat. Hierbei folgt die Haftungsabwägung den zu § 17 Abs. 1 StVG entwickelten Rechtsgrundsätzen. Bei der Abwägung der beiderseitigen Verursacherbeiträge sind alle, aber auch nur diejenigen unstreitigen oder erwiesenen Faktoren einzubeziehen, die eingetreten sind, zur Entstehung des Schadens beigetragen haben und einem der Beteiligten zuzurechnen sind (BGH NJW 2007, 506 f. Rn. 15). Nur vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung auf Grund geschaffener Gefährdungslage haben deswegen außer Betracht zu bleiben. Hierbei kann die Abwägung zum vollständigen Ausschluss des Ersatzanspruchs führen, wenn das Verschulden des Geschädigten – wie hier – derart überwiegt, dass die vom Schädiger ausgehende Ursache völlig zurücktritt (Senat NJW 2012, 3245, 3246 m. w. Nachw.).
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3. Dem Kläger fällt ein (von den Parteien und vom Landgericht nicht erörterter) unfallursächlicher schuldhafter Verstoß gegen § 10 Satz 1 StVO zur Last.
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a) Grundsätzlich ist das Verlassen eines Radweges unter Beachtung des § 10 StVO zu werten. Nach dieser Vorschrift darf ein Verkehrsteilnehmer „von anderen Straßenteilen” auf die Straße, also auf die Fahrbahn nur einfahren, wenn die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Das Verlassen eines Radweges entspricht dem Verlassen eines derartigen Straßenteiles mit der Folge, dass § 10 StVO zu beachten ist (KG NZV 2003, 30, 31; LG Münster ZfSch 2006, 79; LG Köln Schaden-Praxis 2011, 246; Burmann in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht 22. Aufl. § 10 StVO Rn. 4; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht 42. Aufl. § 10 StVO Rn. 6; Zieres in Geigel, Der Haftpflichtprozess 26. Aufl. Kap. 27 Rn. 314). Dieses Einbiegen ist besonders gefährlich, weil es die anderen Verkehrsteilnehmer oft überrascht (Zieres in Geigel, aaO). Ist ein Radweg vorhanden, dann darf sich ein Kraftfahrer darauf einrichten, dass der Radfahrer nur an einleuchtenden Stellen den Radweg verlassen wird, also nicht zuvor den Kraftfahrer gefährdet. Wenn kein Radweg vorhanden ist, muss ein Kraftfahrer dagegen von vornherein darauf achten, ob sich rechts neben seinem Fahrzeug Radfahrer aufhalten (KG NZV 2003, 30, 31).
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b) § 10 Satz 1 StVO legt dem aus einem anderen Straßenteil auf die Straße Einfahrenden gesteigerte Pflichten auf (BGH NJW-RR 2012, 157, 158 Rn. 8); denn das Gesetz verlangt, dass der Verkehrsteilnehmer sich beim Einfahren so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Die Verletzung des Vorfahrtsrechts durch den in die Straße Einfahrenden indiziert sein Verschulden (BGH NJW-RR 1991, 536). Wahrt der Einfahrende das Vorfahrtsrecht des fließenden Verkehrs nicht und kommt es deshalb zu einem Unfall, hat er in der Regel, wenn keine Besonderheiten vorliegen, in vollem Umfang oder doch zum größten Teil für die Unfallfolgen zu haften (BGH NJW-RR 1991, 536; OLG Karlsruhe VersR 1977, 673; OLG Frankfurt a. M. NZV 1994, 280; OLG Celle NJW-RR 2003, 1536, 1537). Demgegenüber darf der sich im fließenden Verkehr bewegende Vorfahrtsberechtigte, sofern nicht Anzeichen für eine bestehende Vorfahrtsverletzung sprechen, darauf vertrauen, dass der Einbiegende sein Vorrecht beachten werde (BGH NJW-RR 2012, 157, 158 Rn. 9).
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c) Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger gegen die gesteigerte Sorgfaltspflicht aus § 10 Satz 1 StVO verstoßen, indem er von dem Radweg als einem anderen Straßenteil auf die Fahrbahn einfuhr, obgleich die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht nur nicht ausgeschlossen war, sondern nahe lag.
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aa) Die erstmals im Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 25.10.2012 aufgestellte Behauptung des Klägers, es sei schon so gewesen, dass er sich nach links umgedreht habe, da sei aber kein Auto dagewesen (Bd. I Bl. 94 d. A. Mitte), ist nicht glaubhaft. In der Klageschrift hat der Kläger vortragen lassen, er habe bei seinem Abbiegemanöver die Fahrspur des Beklagten-Pkw gekreuzt (Bd. I Bl. 9 d. A. Mitte). Weiter heißt es in der Klageschrift, es werde nicht verkannt, dass der Kläger „vor dem Kreuzen der sorgfältiger den rückwärtigen Verkehr hätte beobachten und ggfs. hätte anhalten müssen, um das Kfz des Beklagten zu 2) passieren zu lassen“. Hätte der Kläger sich tatsächlich vor dem Abbiegen nach links umgedreht und wäre kein Auto dagewesen, so hätte er allen Anlass gehabt, einen solchen zu seinen Gunsten sprechenden Umstand vorzubringen.
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bb) Überdies hat der Kläger laut Gesprächsnotiz der Polizei vom 13.07.2010, also mehr als zwei Jahre vor seinen Angaben gegenüber dem Landgericht, erklärt, an der Zufahrt eines Feldwegs zur L213 habe er zunächst geradeaus fahren wollen, um anschließend auf dem gegenüberliegenden Radweg nach rechts Richtung zu fahren, und an das, was anschließend passiert sei, könne er sich absolut nicht erinnern (Beiakte Bl. 40). Eine Rückschau hatte er in dieser zeitnäheren Einlassung nicht erwähnt. Soweit er am 13.07.2010 überhaupt Angaben zum Unfallhergang gemacht hat, werden diese in wesentlichen Punkten durch das im Strafverfahren eingeholte Sachverständigengutachten eindeutig widerlegt. Demnach befand sich der Kläger, wie der Sachverständige auch an Hand der Unfallspuren zweifelsfrei belegt hat, nicht auf dem Weg vom Feldwirtschaftsweg über die auf den Radweg, sondern in umgekehrter Richtung vom Radweg über die L213 in den Feldwirtschaftsweg (vgl. Beiakte Bl. 97). Nach den mit Blick auf die übersichtliche Unfallstelle (Beiakte Bl. 92) überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. in dem im Strafverfahren eingeholten Gutachten hätte der Kläger den ankommenden Pkw bei entsprechender Blickzuwendung erkennen können (Beiakte Bl. 105).
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4. Außerdem fällt dem Kläger ein schuldhafter unfallursächlicher Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 StVO zur Last.
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a) Fährt ein Verkehrsteilnehmer von einem anderen Straßenteil in die Fahrbahn ein, um sogleich nach links abzubiegen, unterliegt dieser Vorgang sowohl den Regeln des Einfahrens gemäß § 10 Satz 1 StVO als auch denjenigen des Abbiegens gemäß § 9 Abs. 1 und 2 StVO (vgl. Senat OLGR 1998, 185, 186). Für Radfahrer gelten beim Abbiegen im fließenden Verkehr im Grundsatz keine anderen verkehrsrechtlichen Verhaltensregeln als für andere Fahrzeugführer. Auch dem Radfahrer ist es gestattet, aus dem fließenden Verkehr heraus von der Fahrbahn wie ein Kraftfahrzeugführer nach links abzubiegen. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2, 3 StVO dürfen Radfahrer zwar auch in der Weise abbiegen, dass sie die Fahrbahn hinter der Kreuzung vom rechten Fahrbahnrand aus überqueren. Diese Vorschrift verschafft dem Radfahrer jedoch nur eine weitere Abbiegeoption, wenn er ein gefährlicheres, aber zulässiges Abbiegen vom Fahrspurrand nach links aus dem fließenden Verkehr heraus vermeiden will. Kein Radfahrer ist rechtlich gehalten, diese auch wahrzunehmen (vgl. Schneider NZV 2010, 230, 232). Entscheidet sich der Radfahrer für ein Abbiegen aus der Fahrbahn heraus, ist er gemäß § 9 Abs. 1 StVO wie ein Kraftfahrer gehalten, seinen Abbiegevorgang rechtzeitig und deutlich anzukündigen. Überdies hat er sich rechtzeitig bis zur Mitte der Fahrbahn einzuordnen. Vor dem Einordnen und nochmals vor dem Abbiegen hat er im Sinne der doppelten Rückschaupflicht auf den nachfolgenden Verkehr zu achten (OLG Oldenburg VersR 2012, 1052 f.).
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b) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger den Unfall schuldhaft mitverursacht hat, indem er seiner Pflicht zur ersten und zweiten Rückschau nicht nachgekommen ist, was sich schon aus seinem eigenen Sachvortrag ergibt (Bd. I Bl. 131 d. A.). In Ermangelung der gebotenen Rückschau kommt es im Rahmen dieses Verstoßes nicht darauf an, ob der Kläger, wie er behauptet, vorkollisionär ein Handzeichen gegeben hat. Hätte der Kläger seine Pflicht zur doppelten Rückschau vor dem Abbiegen befolgt, hätte er den bereits bis auf wenige Meter herangekommenen Pkw wahrnehmen, das Abbiegen zurückstellen und den Beklagten zu 1 durchfahren lassen müssen.
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5. Demgegenüber ist im Prüfungsrahmen des § 529 ZPO nicht festzustellen, dass der Beklagte zu 1 gegen seine Pflichten aus §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 1 StVO verstoßen hätte.
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a) Nach § 1 Abs. 2 StVO hat sich jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Ein Kraftfahrer hat gemäß § 1 Abs. 2 StVO die gesamte vor ihm liegende Fahrbahn zu beobachten (BGH NJW 1987, 2377, 2378). Darüber hinaus darf er nur so schnell fahren, dass er sein Fahrzeug ständig beherrscht und innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten kann (§ 3 Abs. 1 StVO).
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b) Unter Berücksichtigung des im Strafverfahren eingeholten Gutachtens ist weder eine überhöhte Ausgangsgeschwindigkeit des Beklagten zu 1 noch eine verzögerte Reaktion nachzuweisen (Beiakte Bl. 105). Gegenüber der zulässigen Höchstgeschwindigkeit an der Unfallstelle von 70 km/h ist eine Ausgangsgeschwindigkeit von mehr als 50 km/h nicht festzustellen. Außerdem kann selbst an der oberen Grenze aus technischer Sicht keine längere Reaktionszeit als 1,1 s angenommen werden (Beiakte Bl. 103). Der Sachverständige hat zwar im Gutachten ausgeführt, es wäre sicherlich zur Vermeidbarkeit des Unfallgeschehens gekommen, wenn der Beklagte zu 1 nicht nach links ausgewichen, sondern seinen rechten Fahrstreifen normal weiter eingehalten hätte (Beiakte Bl. 103 Mitte, Skizze Beiakte Bl. 97). Dem Beklagten zu 1 kann indessen nicht vorgeworfen werden, dass er angesichts des unvermittelt von rechts seine Fahrbahn kreuzenden Klägers in Sekundenbruchteilen noch versuchte, nach links auszuweichen statt trotz der ex ante bestehenden Ungewissheit, ob es dem Kläger noch rechtzeitig gelingen würde, vor dem Pkw die Fahrbahn wieder zu verlassen, geradeaus zu fahren.
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6. Entgegen der Auffassung des Landgerichts (Bd. I Bl. 131 f. d. A.) hat der Beklagte zu 1 auch nicht gegen § 3 Abs. 2a StVO verstoßen.
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a) Wer ein Fahrzeug führt, muss sich gemäß § 3 Abs. 2a StVO gegenüber älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Für die Pflicht zu erhöhter Rücksichtnahme kommt es auf die konkrete Verkehrssituation an. Befindet sich eine ältere Person in einer Lage, in der für sie nach der Lebenserfahrung keine Gefährdung zu erwarten ist, so braucht ein Kraftfahrer nicht allein schon wegen ihres höheren Alters ein Höchstmaß an Sorgfalt einzuhalten (BGH NJW 1994, 2829, 2830; BayObLG VRS 65, 461, 462). Der besondere Schutz des § 3 Abs. 2a StVO greift jedoch stets ein, wenn der ältere Mensch sich in einer Verkehrssituation befindet, in der erfahrungsgemäß damit gerechnet werden muss, dass er auf Grund seines Alters das Geschehen nicht mehr voll werde übersehen und meistern können (BGH NJW 1994, 2829, 2830; KG VRS 70, 463, 465). Konkreter Anhaltspunkte für eine Verkehrsunsicherheit bedarf es nicht (BGH NJW 1994, 2829, 2830). Nach dem Schutzzweck der Vorschrift muss aber, was das Landgericht nicht in Betracht gezogen hat (Bd. I Bl. 132 d. A. oben), jedenfalls die Annäherung der besonders geschützten Person an die Fahrbahn erkennbar sein. Ein Kraftfahrer hat daher nur dann besondere Vorkehrungen (z.B. Verringerung der Fahrgeschwindigkeit oder Einnehmen der Bremsbereitschaft) zur Abwendung der Gefahr zu treffen, wenn das Verhalten der besonders geschützten Person oder die Situation, in der sie sich befindet, Auffälligkeiten zeigen, die zu Gefährdungen führen könnten (BGH NZV 2002, 365, 366; KG KGR 2009, 473, 474; OLG Schleswig MDR 2011, 846; König in Hentschel/König/Dauer, aaO § 3 StVO Rn. 29b a. E.).
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b) Vorliegend zeigten indessen weder das Verhalten des Klägers noch die Situation, in der er sich befand, Auffälligkeiten, die zu Gefährdungen hätten führen können.
41
aa) Insoweit bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger gemäß den von der Berufung allerdings angegriffenen Feststellungen des Landgerichts als älterer Mensch zu erkennen war. Denn er befuhr vorkollisionär ohne Auffälligkeiten einen von der Fahrbahn des Pkw durch eine durchgezogene weiße Linie und Leitpfosten abgegrenzten, breiten Radweg (vgl. Lichtbilder Beiakte Bl. 7). Dass der Kläger plötzlich und ohne Rücksicht auf den Verkehr von dem Radweg unmittelbar vor den Beklagten-Pkw fahren würde, war in keiner Weise vorhersehbar.
42
bb) Ob der Kläger vor der Kollision ein Handzeichen gab, hat das Landgericht nicht feststellen können (Bd. I Bl. 131 d. A. Mitte), so dass ein solches, auf einen bevorstehenden Fahrfehler eventuell hindeutendes Verhalten zu Lasten der Beklagten nicht berücksichtigt werden kann. § 3 Abs. 2a StVO bewirkt generell weder eine Beweislastumkehr noch einen Anscheinsbeweis gegen den Kraftfahrer (OLG Karlsruhe NJW-RR 1987, 774, 775). Im Übrigen spricht es gegen die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Angaben des Klägers zum Unfallhergang, dass er bei der mehr als zwei Monate nach dem Unfall durchgeführten Befragung durch die Polizei nicht nur kein Handzeichen erwähnte, sondern zum Unfallhergang objektiv unrichtige Angaben gemacht hat. So hat er erklärt, er sei am Unfalltag auf dem Nachhauseweg gewesen, habe einen Feldweg benutzt und an der Zufahrt zur zunächst geradeaus fahren wollen, um anschließend auf dem gegenüber liegenden Radweg nach rechts in Richtung zu fahren. An das, was anschließend passiert sei, könne er sich absolut nicht erinnern (Beiakte Bl. 40). Diese Version des Unfallhergangs wird, wie bereits ausgeführt, durch das im Strafverfahren eingeholte Sachverständigengutachten eindeutig widerlegt. Auch die von der ersten Version abweichende Angabe des Klägers gegenüber dem Sachverständigen, er sei auf dem rechten geteerten Gehweg gefahren, habe nach links in den Waldweg hineinfahren wollen und sei zum Kollisionszeitpunkt mit seinem Vorderrad schon im Waldweg gewesen (Beiakte Bl. 98), ist in Bezug auf die letzte Angabe unrichtig. Der Kollisionspunkt liegt nach der Skizze des Sachverständigen ungefähr im Bereich der Mittellinie, jedenfalls befand sich der Kläger beim Zusammenstoß noch in Schrägfahrt auf der L213 (vgl. Beiakte Bl. 97). Davon abgesehen ist nicht plausibel, dass der Kläger sich mehr als zwei Monate nach dem Unfall auf Befragen durch die Polizei an keine weiteren Einzelheiten, insbesondere kein vorkollisionäres Handzeichen erinnerte, aber fast zwei Jahre nach dem Unfall in der Klageschrift vom 12.04.2012 vortragen ließ, seiner Erinnerung nach habe er noch ein Handzeichen nach links gegeben (Bd. I Bl. 9 d. A. Mitte).
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cc) Der Auffassung der Berufungserwiderung, der Beklagte zu 1 habe sich mit Blick auf den linksseitig abgehenden Weg kurz vor einer Situation befunden, die ein Kreuzen des Klägers über seine Fahrbahn durchaus im Bereich des Wahrscheinlichen habe erscheinen lassen, vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Allein der Umstand, dass in die L213 an der dem Radweg gegenüberliegenden Seite ein Feldwirtschaftsweg einmündet, ließ es nicht wahrscheinlich werden, dass der den Radweg geradeaus befahrende Kläger unvermittelt die auf der gesamten Breite überqueren und in den Feldwirtschaftsweg einbiegen würde.
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7. Das grobe Mitverschulden des Klägers (§§ 9 StVG, 254 BGB) überwiegt so weit, dass die einfache Betriebsgefahr des Pkw des Beklagten zu 2 dahinter vollständig zurücktritt.
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a) Den Gesetzesmaterialien zur Reform des § 7 Abs. 2 StVG (BT-Drucks. 14/7752, S. 30) zufolge sollte der Haftungsausschluss nur bei höherer Gewalt statt zuvor im Falle eines unabwendbaren Ereignisses vor allem den nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern zugutekommen. Wie den Materialien (aaO) weiter zu entnehmen ist, sollte die Ersetzung des Entlastungsgrundes „unabwendbares Ereignis“ durch „höhere Gewalt“ auch für Unfälle gelten, an denen nur motorisierte Verkehrsteilnehmer beteiligt sind. Sofern der Unfall allerdings durch das grob verkehrswidrige Verhalten eines motorisierten Verkehrsteilnehmers verursacht sei, sollte dem anderen motorisierten Verkehrsteilnehmer, der sich verkehrsgerecht verhalten habe, durch den Wegfall des „unabwendbaren Ereignisses“ jedoch kein Nachteil dergestalt entstehen, dass ihm zukünftig die eigene Betriebsgefahr angerechnet werde. Dies könne, so die Gesetzesbegründung weiter, über eine Anwendung der §§ 9 StVG, 254 BGB sichergestellt werden, die auch eine Reduzierung des Mitverschuldens bis auf Null erlaubten (BT-Drucks. 14/7752, S. 30). Dieser Gesetzesbegründung ist jedenfalls im Blick auf Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Kraftfahrzeugen und erwachsenen, nicht hilfsbedürftigen Radfahrern zu entnehmen, dass ein vollständiger Haftungsausschluss nur noch in besonderen Einzelfällen möglich sein sollte, insbesondere dann, wenn der einfachen Betriebsgefahr des Kraftfahrzeughalters ein grob verkehrswidriges Verhalten des Radfahrers gegenübersteht (Senat NJW 2012, 3245, 3247; Urt. v. 04.07.2013 – 4 U 65/12 – 19 –, juris Rn. 62). Die im Vordergrund stehende Schadensursache muss also ein grob verkehrswidriges Verhalten des Geschädigten darstellen (BGH VersR 2014, 80, 81 Rn. 7). Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes persönliches Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einhergeht. Vielmehr ist ein solcher Vorwurf nur dann gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (BGH NJW 2009, 1482, 1485 Rn. 34, zum Unfall eines in Deutschland Ansässigen bei Mietwagenfahrt im südafrikanischen Linksverkehr). Grobes Fehlverhalten in diesem Sinne ist z. B. ohne Weiteres gegeben, wenn ein wartepflichtiger Radfahrer blindlings und ohne Halt aus einem Feldweg auf eine Landstraße einbiegt (Senat NJW 2012, 3245, 3247; Urt. v. 04.07.2013 – 4 U 65/12 – 19 –, juris Rn. 62).
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b) So liegt der Fall hier.
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aa) Der Kläger hat die im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige unbeachtet gelassen, was vorliegend jedem verständigen Verkehrsteilnehmer hätte einleuchten müssen. Der Kläger hat versucht, gleichsam blindlings von dem rechts von der Fahrbahn verlaufenden Radweg über die gesamte Breite der hinweg in den gegenüberliegenden Feldwirtschaftsweg einzubiegen. Dabei hat er seine entsprechende Absicht weder rechtzeitig angekündigt, noch an der für ihn übersichtlichen Unfallstelle auf den hinter seinem Rücken herannahenden Verkehr geachtet, der sich auf dem angrenzenden rechten Fahrbahn näherte. Die vom Kläger unvermittelt eingeleitete Schrägfahrt führte zudem dazu, dass das Fahrrad auf der Straße in Sekundenbruchteilen ein breites, gefährliches Hindernis bildete. Gegenüber diesem groben Fehlverhalten tritt die nicht erhöhte Betriebsgefahr des Pkw des Beklagten zu 2 zurück.
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bb) Der objektiv grobe Pflichtverstoß des Klägers ist auch subjektiv schlechthin nicht entschuldbar. Der elementare Verkehrsregeln verletzende Fahrfehler musste sich dem Kläger ohne Weiteres aufdrängen. Ob ein Fehlverhalten des durch § 3 Abs. 2a StVO geschützten Personenkreises aufgrund der gesetzlichen Wertung bei Bildung einer Haftungsquote milder zu bewerten ist, wenn sich ein Unfall gerade auf Grund der besonderen Gefahr realisiert, der § 3 Abs. 2a StVO begegnen soll (so OLG Frankfurt a. M. NZV 2001, 218, 219; Burmann in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, aaO § 3 StVO Rn. 50a), kann im hier zu entscheidenden Fall dahinstehen. Die Voraussetzungen eines Verstoßes des Beklagten zu 1 gegen § 3 Abs. 2a StVO sind, wie ausgeführt, nicht gegeben. Darüber hinaus macht der Kläger nicht geltend, als älterer Mensch vor dem Unfall unter straßenverkehrsrelevanten gesundheitlichen Einschränkungen gelitten zu haben. Bei der Anhörung durch das Landgericht hat er erklärt, er sei vor dem Unfall „deutlich fitter als heute“ gewesen (Bd. I Bl. 94 d. A. zweitletzter Abs.). Er habe noch alles selber gemacht. Vor dem Unfall sei die Sozialstation (lediglich) gekommen, um ihm die Strümpfe am Bein anzuziehen (Bd. I Bl. 95 d. A. Abs. 2).
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8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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9. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen; denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.