OLG Hamm, Beschluss vom 18.01.2017 – 2 UF 184/16
Zur Frage der Kindeswohlgefährdung bei Rückführung eines Kindes aus der Pflegefamilie in den Haushalt der Kindesmutter
Tenor
Die Beschwerde der Kindeseltern gegen den am 23.08.2016 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Warburg wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1
Die am ##.##.1993 geborene Kindesmutter ist die leibliche Mutter der am ##.##.2012 geborenen X (im Folgenden: X). Leiblicher Vater von X ist Herr C (im Folgenden: Herr C). Die miteinander verlobten Kindeseltern sind die leiblichen Eltern des am ##.##.2015 geborenen Y (im Folgenden: das Kind). Der am ##.##.1986 geborene Kindesvater erkannte die Vaterschaft für das Kind durch Urkunde des Standesamtes S vom 18.08.2015, Vorgangsnummer xxxxx, an. Die Kindesmutter erklärte mit Urkunde des Jugendamtes des Kreises G vom 28.08.2015, Urkundsregisternummer xxx/2015, die Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung.
2
Die Kindesmutter befand sich in der Zeit vom 18.12.2012 bis Ende Februar 2015 mit X in einer Mutter-Kind-Einrichtung. Die spontane Aufnahme in die Mutter-Kind-Gruppe erfolgte, um eine Obdachlosigkeitssituation für die Kindesmutter und X zu verhindern.
3
Die Kindesmutter und Herr C trennten sich Ende Januar 2013. Die Kindesmutter nahm im Frühjahr 2013 eine Beziehung zum Kindesvater auf. Der Kindesvater trat in der Zeit von Februar 2015 bis Oktober 2015 eine Haftstrafe an; gleichwohl fanden Umgangskontakte zwischen ihm und X statt. Die Kindesmutter besuchte ihn gemeinsam mit X in der Haftanstalt.
4
Herr C nahm am 08.03.2013 einen Umgangskontakt mit X wahr. In der Folgezeit fand zunächst kein Umgang mehr statt. Anfang April 2014 habe Herr C nach eigener Erklärung Umgang mit X angestrebt, sich aber vom Kindesvater und dessen Aggressivität beeindrucken lassen und von Umgangskontakten vorerst abgesehen.
5
Seit März 2015 bestand im Haushalt der Kindesmutter eine intensive sozialpädagogische Familienhilfe.
6
Am 28.05.2015 fand ein Austauschgespräch zwischen Mitarbeitern des Jugendamtes des Kreises G und dem im vorliegenden und im Verfahren 11 F 65/15 bestellten Sachverständigen Diplom-Psychologen und Psychoanalytiker und psychologischen Psychotherapeuten Z (im Folgenden: Sachverständiger Z) statt; in diesem Gespräch wurde erörtert, dass eine Kindeswohlgefährdung für X im Haushalt der Kindesmutter im emotionalen und psychischen Bereich bestehe.
7
Der Sachverständige Z zeigte mit Schreiben vom 01.06.2015 an, dass von einer massiven Gefährdung des Wohls X durch die Kindesmutter auszugehen sei. Der Sachverständige empfahl, im Wege der einstweiligen Anordnung der Kindesmutter die elterliche Sorge zu entziehen und eine Fremdunterbringung X zu veranlassen. Zur Begründung führte er aus, dass am 28.05.2015 ein Hausbesuch bei der Kindesmutter durchgeführt worden sei, wo sich auch X befunden habe. Dieser Hausbesuch habe ergeben, dass die Wohnverhältnisse mangelhaft seien. In der Wohnung habe sich eine defekte Herdplatte befunden, zahlreiche Stromkabel seien nicht abgesichert gewesen oder hätten offen herumgestanden, ein offensichtlich angeschlossener Computer habe keine Seitenabdeckung gehabt und habe unter dem Schreibtisch gestanden, so dass X ohne Probleme in den Computer habe hinein fassen können. Steckdosen seien nicht durch Kindersicherungen abgesichert worden. Die Wohnung sei nicht ausreichend sauber gewesen und habe durch die zahlreichen Tiere, die die Kindesmutter dort beherbergt habe, unangenehm gerochen. In der Kleinwohnung befänden sich eine Schäferhündin, mehrere Ratten, eine Vogelspinne und eine Katze. Die hygienischen Zustände seien für das Kind nicht zumutbar. Überdies rauche die Kindesmutter und ihre Angabe, dass sie dies nur auf dem Balkon tue, erscheine wenig glaubhaft. Zwar habe sich die Kindesmutter über einen längeren Zeitraum in einer Mutter-Kind-Einrichtung befunden. Die Befragung der Kindesmutter habe jedoch ergeben, dass sie dort nichts gelernt habe und sich ihre pädagogischen Kompetenzen nicht erweitert hätten. Dies decke sich auch mit den Erkenntnissen der Einrichtung. Danach sei die Zusammenarbeit mit der Kindesmutter schwierig gewesen und sie habe sich unzulänglich und unkooperativ gezeigt. Im Rahmen der Befragung habe die Kindesmutter emotional abgeschottet, instabil und unreflektiert gewirkt. Die sozialpädagogische Familienhilfe habe sie nur wegen des äußeren Drucks angenommen und die Schwangerschaft mit dem Kind gegenüber der Mutter-Kind-Einrichtung verheimlicht, weil sie dort möglichst schnell habe weggehen wollen. Die Kindesmutter wirke insgesamt so unreif, dass von einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung ausgegangen werden müsse. Sie scheine nicht in der Lage, zentrale Bedürfnisse ihrer Kinder zu erkennen und darauf einzugehen. Insgesamt sei von der Erziehungsunfähigkeit der Kindesmutter auf der Grundlage einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung auszugehen, so dass sie unverschuldet nicht in der Lage sei, für das Wohl ihrer Kinder zu sorgen. Die Wohnverhältnisse stellten eine akute und massive Gefährdung für das Kind dar. Auch die seit März 2015 eingerichtete intensive sozialpädagogische Familienhilfe habe keine Besserung gebracht. Aus sachverständiger Sicht lasse sich nur durch eine Fremdunterbringung X und durch einen Entzug der gesamten elterlichen Sorge das Kindeswohl sicherstellen. Minderschwere Maßnahmen hätten derzeit keine Aussicht auf Erfolg.
8
Das Jugendamt des Kreises G nahm X am 28.05.2015 in Obhut. Die Kindesmutter beantragte in dem Verfahren vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Warburg, 11 F 72/15, die Herausgabe X an sie. Mit am 02.07.2015 erlassenen Beschluss entzog das Amtsgericht – Familiengericht – Warburg, 11 F 82/15, der Kindesmutter im Wege der einstweiligen Anordnung die elterliche Sorge für X, ordnete Vormundschaft an und bestellte das Jugendamt des Kreises G zum Vormund. Mit am 08.07.2015 erlassenen Beschluss, 11 F 72/15, wies das Amtsgericht – Familiengericht – Warburg den Antrag der Kindesmutter auf Herausgabe X zurück.
9
Das Jugendamt des Kreises G meinte im Verfahren vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Warburg, 11 F 65/15, auf der Grundlage des mit dem Sachverständigen Z geführten Austauschgespräches, dass eine Kindeswohlgefährdung für X im Haushalt der Kindesmutter bestehe. Überdies habe die Kindesmutter keine Kooperationsbereitschaft mit der sozialpädagogischen Familienhilfe gezeigt. Die Kindesmutter sei nicht in der Lage, X adäquat zu fördern, zu betreuen und zu versorgen. Bei X seien erhebliche Entwicklungsdefizite zu erkennen und es bestehe ein hoher Förderbedarf. Sie zeige Angstzustände und Defizite in der Sprachentwicklung, die einer logopädischen Behandlung bedürften. Zudem sei eine Augenfehlstellung zu behandeln. Überdies weise sie Defizite im sozial-emotionalen Bereich auf und neige zu Wutausbrüchen und verhalte sich gegenüber anderen Kindern sehr dominant und teilweise gewalttätig. Das Kindeswohl sei bei einer Rückkehr in den Haushalt der Kindesmutter gefährdet. Herr C sei ebenfalls nicht in der Lage, den enormen Förderbedarf des Kindes aufzufangen. Um eine weitere Vernachlässigung des Kindes zu vermeiden, sei eine Fremdunterbringung erforderlich. Das Jugendamt des Kreises G beantragte, der Kindesmutter die elterliche Sorge für X zu entziehen. Die Kindesmutter trat dem entgegen. Sie behauptete, dass sie den ungesicherten Computer im Keller entsorgt habe. Er sei auch eine neue Küche bewilligt worden, die nur noch eingebaut werden müsse. Die Steckdosen seien überdies gesichert und zwei Ratten seien inzwischen weg. In der Wohnung rieche es auch nicht nach Tieren und sie sei nach wie vor bereit, Hilfen anzunehmen, obgleich sie definitiv nicht in eine Mutter-Kind-Einrichtung gehen wolle. Das Amtsgericht – Familiengericht – Warburg holte zur Frage der Sorgerechtsregelung das familienpsychologische Sachverständigengutachten des Sachverständigen Z vom 25.11.2015, auf dessen Inhalt zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ein. Mit am 25.01.2016 erlassenen Beschluss entzog das Amtsgericht – Familiengericht – Warburg der Kindesmutter die elterliche Sorge für X, ordnete Vormundschaft an und bestellte das Jugendamt des Kreises G zum Vormund. Zur Begründung führte es aus, dass der Kindesmutter die elterliche Sorge zu entziehen sei, anderenfalls das Wohl X gefährdet sei. Bei X lägen massive Defizite im Bindungsverhalten und im sprachlichen Bereich vor. Deutliche Entwicklungsverzögerungen seien erkennbar. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei der Wortschatz X nicht altersentsprechend entwickelt und sie könne sich kaum verständlich machen. Auch nach Auskunft des Vormunds habe X Sprachprobleme, die einer logopädischen Behandlung bedürften. Die Kindesmutter sei aufgrund einer Persönlichkeitsunreife erziehungsunfähig. Nach den Feststellungen des Sachverständigen im vorliegenden Verfahren seien ambulante Maßnahmen der Jugendhilfe gescheitert und selbst die vorgehende stationäre Unterbringung in der Mutter-Kind-Einrichtung habe die Defizite nicht korrigieren können. Trotz des stimmigen pädagogischen Konzeptes in der Einrichtung habe sich die Kindesmutter nicht auf die Maßnahme einlassen können, was dazu geführt habe, dass Hilfsangebote die Erziehungsunfähigkeit der Kindesmutter nicht hätten korrigieren können. Die Kindesmutter habe sich passiv-aggressiv der Hilfeplanung entzogen und sich stark auf den Kindesvater fixiert und dabei die Bedürfnisse X vernachlässigt. Mit ihren früheren Defiziten habe sich die Kindesmutter nicht auseinandergesetzt und daher kein ausreichendes Arbeitsbündnis mit den Fachkräften der Einrichtung aufbauen können. Die Einsicht in ihre Defizite sei indes Voraussetzung für das Wirken von pädagogischen Hilfen, damit sich die Persönlichkeitsstruktur verändere. Ausweislich der schriftlichen und mündlichen Berichte der Heimeinrichtung habe sich die Kindesmutter dieser entzogen, teilweise die Unwahrheit berichtet und es sei zu zahlreichen Beeinträchtigungen des Kindeswohls gekommen. In ihrer unreifen Entwicklung sei die Kindesmutter eine erneute Schwangerschaft eingegangen, offenbar mit dem vorbewussten oder unbewussten Ziel, sich der Einrichtung zu entziehen. Auch innerhalb der Begutachtung habe sich kein Sinneswandel bei der Kindesmutter eingestellt. Sie sei oberflächlich und distanziert geblieben und habe sich nicht mit sich selbst auseinandersetzen können. Überdies habe sie kein korrigierendes psychosoziales Umfeld. Eine Auseinandersetzung mit den Straftaten des Kindesvaters sei offenbar nicht erfolgt und die Kindesmutter weiche diesem Thema aus. Die zunächst seitens des Sachverständigen festgestellten Defizite in den Bereichen der Sicherheit und Sauberkeit im Haushalt der Kindesmutter seien auch bei weiteren Hausbesuchen feststellbar gewesen. Der sozialpädagogischen Familienhilfe habe sich die Kindesmutter entzogen. Der Sachverständige habe zudem festgestellt, dass eine sichere Bindung X zur Kindesmutter nicht festgestellt werden könne. Die Kindesmutter sei auf ihre eigenen Bedürfnisse fixiert und aus ihrer Erziehungsunfähigkeit heraus nicht in der Lage, X Anleitung und Orientierung zu vermitteln. Es bestehe eine unsicher-ambivalente Bindungsstruktur. Sie sei auch nicht in der Lage, Fachhilfen adäquat anzunehmen und die Kooperation mit dem Jugendamt des Kreises G sei insgesamt ungenügend. Ein intensives Setting sei allein in einer Mutter-Kind-Einrichtung zu realisieren. Dies lehne die Kindesmutter indes ab. Bei einer Rückführung X zur Kindesmutter sei mit schwerwiegenden Schäden in der Sozialisation im emotionalen, seelischen und körperlichen Bereich zu rechnen. Herr C sei ebenfalls nicht in der Lage, die elterliche Sorge für X zu übernehmen. Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde der Kindesmutter wies der Senat mit Beschluss vom 07.07.2016, II-2 UF 51/16, auf dessen Inhalt zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, zurück.
10
Am 07.04.2015 fand ein Gespräch eines Mitarbeiters des Jugendamtes des Kreises G mit der Kindesmutter statt. In diesem Gespräch teilte die Kindesmutter mit, dass sie das Angebot des Jugendamtes des Kreises G, mit X und dem Kind in eine Mutter-Kind-Einrichtung zu gehen, ablehnen werde. Am 08.04.2015 wurde das Kind in Obhut genommen und in einer Bereitschaftspflegestelle untergebracht. Seitdem finden Umgangskontakte zwischen der Kindesmutter und dem Kind regelmäßig statt. Seit dem 18.01.2016 nimmt auch der Kindesvater an den Umgangskontakten teil; die Umgangskontakte finden nunmehr im zweiwöchigen Rhythmus statt und werden von einer sozialpädagogischen Fachkraft in einem Familienzentrum in A begleitet.
11
Das Jugendamt des Kreises G berichtete im einstweiligen Anordnungsverfahren vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Warburg, 11 F 53/15, am 09.04.2015 und am 13.04.2015, dass das Kind nicht im Haushalt der Kindesmutter belassen werden könne. Ungeachtet des Umstandes, dass es bereits im März 2014 zu massiven Vernachlässigungen X durch die Kindesmutter in der Mutter-Kind-Einrichtung gekommen sei, habe der zuständige Arzt des Krankenhauses, in dem die Kindesmutter das Kind entbunden habe, mitgeteilt, dass er in Frage stelle, dass zwischen der Kindesmutter und dem Kind eine emotionale Bindung entstehen könne. Die Kindesmutter kuschele nicht mit dem Kind und zeige keine emotionale Zuwendung. Die Kindesmutter habe das Kind zu wenig gefüttert, dies jedoch als ausreichend angesehen, obgleich das Kind ein geringes Körpergewicht gehabt habe und deswegen besonders auf die Nahrungsaufnahme habe geachtet werden müssen. Auch die Krankenschwestern hätten über keine emotionale Bindung berichtet. Die Kindesmutter habe keine Problemeinsicht gezeigt und aktuelle Probleme nicht erkannt. Die Grundversorgung des Kindes könne die Kindesmutter nicht sicherstellen und sie sei auch nicht in der Lage, die kindlichen Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen. Für das Kind stelle die Kindesmutter keine sichere Bezugsperson dar und sie stelle ihre Bedürfnisse über die des Kindes, was sich insbesondere an einem häufigen Rauchen in der Schwangerschaft und nach der Geburt erkennen lasse. Das Amtsgericht – Familiengericht – Warburg entzog im Verfahren 11 F 53/15 mit am 29.04.2015 erlassenen Beschluss im Wege der einstweiligen Anordnung der Kindesmutter die elterliche Sorge für das Kind, ordnete Vormundschaft an und bestellte zum Vormund das Jugendamt des Kreises G. Zur Begründung führte es aus, dass die Kindesmutter nach summarischer Prüfung nicht in der Lage sei, den Grundbedürfnissen des Kindes gerecht zu werden. Dies ergebe sich zum einen aus den Berichten des Jugendamtes des Kreises G. Die Kindesmutter bewohne mit X und etlichen lebenden Tieren eine Zweizimmerwohnung in A. Nach dem Bericht des Jugendamtes des Kreises G vom 18.03.2015 habe es in der Wohnung nach Urin und Kleintiermist gerochen. Die Tiere machten keinen gesunden Eindruck und Säuglingsmobiliar sowie Kinderkleidung seien noch nicht vorhanden. Zwar habe die Kindesmutter im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung erklärt, dass sie derzeit beabsichtige, eine größere Wohnung zu suchen. Er sei jedoch unklar, wie sie dies angesichts der zahlreichen Haustiere kurzfristig bewerkstelligen wolle. Konkrete Optionen hätten sich jedenfalls nicht eröffnet. Überdies bestehe der Eindruck, dass es ihr schwer falle, die Belange und Bedürfnisse der Kinder vor ihre eigenen zu stellen. Im Hinblick auf die Grundversorgung des Kindes bestehe die Gefahr, dass diese bei einem Aufenthalt bei der Kindesmutter nicht gewährleistet würde. Eine 24-Stunden-Betreuung der Kindesmutter sei durch die sozialpädagogische Familienhilfe nicht zu leisten. Im Übrigen lehne die Kindesmutter eine solche engmaschige Kontrolle ab, weil sie sich strikt gegen die Aufnahme in einer Mutter-Kind-Einrichtung wende. Nach derzeitigen Erkenntnissen benötige das Kind in kurzen Zeitabständen Nahrung. Im Krankenhaus sei insoweit beobachtet worden, dass die Kindesmutter diese Bedürfnisse nicht bzw. nicht ausreichend kenne. Für den Fall, dass das Kind in die Obhut der Kindesmutter in deren Haushalt gegeben würde, bestünde die konkrete Gefahr, dass das Kind Schäden an Gesundheit oder Leben davon trage.
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Am ##.##.2016 wurde das weitere gemeinsame Kind der Kindeseltern, B (im Folgenden: B) geboren. Das zuständige Jugendamt nahm B nach der Geburt noch im Krankenhaus in Obhut und brachte ihn fremd unter. Die Kindeseltern einigten sich mit dem Jugendamt darauf, in eine Mutter-Vater-Kind-Einrichtung zu gehen. Seit dem 16.08.2016 befinden sich die Kindeseltern gemeinsam mit dem Kind B in dem Mutter-Vater-Kind-Haus D in F. Am 11.10.2016 fand ein Hilfeplangespräch zwischen den Kindeseltern, der Leiterin der vorgenannten Einrichtung und des Jugendamtes der Stadt A statt.
13
Im vorliegenden Hauptsacheverfahren hat das Jugendamt des Kreises G seinen bereits im einstweiligen Anordnungsverfahren gehaltenen Vortrag wiederholt und die Auffassung vertreten, dass aufgrund der vorliegenden Erziehungsunfähigkeit bei der Kindesmutter das Sorgerecht dauerhaft entzogen werden müsse und es weiterhin bei der Vormundschaft des Jugendamtes des Kreises G verbleiben solle. Der Kindesvater habe keine Problemeinsicht gezeigt. Stattdessen habe er darauf verwiesen, dass das Jugendamt des Kreises G und der Sachverständige „unter einer Decke“ steckten. Der Kindesvater stelle seine Bedürfnisse in den Vordergrund und zeige keine Empathiefähigkeit für die Bedürfnisse des Kindes. So habe er auch nicht einsehen können, dass ein abrupter Wechsel des Kindes in den Haushalt der Kindeseltern unzuträglich sei. Auch die vermutete psychische Erkrankung der Kindesmutter erkenne der Kindesvater nicht. Er und die Kindesmutter hätten eine Abwehrhaltung gegenüber dem Jugendamt eingenommen und zeigten sich nicht kooperativ. Auch bei den Fachkräften sei der Eindruck entstanden, dass der Kindesvater nicht in der Lage sei, zu reflektieren, was die Betreuung und Versorgung eines Kindes bedeute. Der Kindesvater habe angegeben, dass er beabsichtige, seinen weiteren Sohn O ebenfalls in seinen Haushalt aufzunehmen, obwohl fraglich sei, ob ihm bewusst sei, was ein Kleinkind für eine gesunde Entwicklung benötige und welche Verantwortung dies mit sich bringe. Überdies sei beachtlich, dass zwischen dem Kindesvater und dem Kind keinerlei Bindung und Beziehung bestehe, da der Kindesvater aufgrund seiner Inhaftierung für die Erziehung und Betreuung des Kindes nicht präsent gewesen sei. Auch aus der Haft heraus seien keinerlei Kontaktaufnahmen erfolgt. Ein wirkliches Interesse des Kindesvaters am Kind sei nicht erkennbar. Umgangskontakte zwischen dem Kind und den Kindeseltern finden zwar nunmehr regelmäßig und zuverlässig statt; nach Auskunft der Pflegemutter verhalte sich der Kindesvater bei den Besuchen sehr dominant, während sich die Mutter eher zurückhaltend zeige. Das Kind sei nach den Umgangskontakten immer überdreht. Bei einem Umgangskontakt habe das Kind geweint und bei der Pflegemutter bleiben wollen. Ungeachtet dessen sei beachtlich, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen die Kindesmutter erziehungsunfähig sei und es möglich scheine, dass der Kindesvater der Kindesmutter die alleinige Erziehung überlasse, wenn er etwa seiner beruflichen Tätigkeit nachgehe, so dass eine erneute Vernachlässigung sowie eine Gefährdung des körperlichen, seelischen und geistigen Wohls des Kindes zu befürchten seien. Überdies habe der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 27.05.2016 erhebliche Zweifel an der erzieherischen Eignung des Kindesvaters festgestellt, da dieser zusammen mit der Kindesmutter in defizitären Wohnverhältnissen gelebt und zumindest indirekt an der Vernachlässigung des Kindes mitgewirkt habe. Ein neues Gutachten sei nicht einzuholen, zumal der Kindesvater bereits die Möglichkeit zur Mitwirkung an der Begutachtung bewusst verweigert habe.
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Der Kindesvater ist dem entgegengetreten und hat beantragt, die elterliche Sorge für das Kind auf ihn und die Kindesmutter zur gemeinsamen Ausübung zu übertragen und das Kind an ihn herauszugeben, hilfsweise ihm die elterliche Sorge für das Kind zur alleinigen Ausübung zu übertragen. Er hat behauptet, er sei bereit und in der Lage, die elterliche Sorge für das Kind auszuüben und sich auch um X zu kümmern. Dies zeige sich bereits daran, dass das Verhältnis zwischen X und ihm gut sei. X kenne ihn von klein auf und er akzeptiere sie wie seine eigene Tochter. Er sei eine stabile Bezugsperson sowohl für die Kindesmutter als auch für X und das Kind. Er könne auch sonst gut auf Kinder zu gehen. Auch sein anderer Sohn, O, sei öfter bei ihm zu Besuch. Überdies bewohnten er und die Kindesmutter eine Wohnung, die zwar ursprünglich gänzlich unbewohnbar gewesen sei; aufgrund seiner Inhaftierung sei es ihm seinerzeit nicht gelungen, diese in einen adäquaten Zustand zu versetzen. Nachdem er am 13.10.2015 entlassen worden sei, habe er alle gerügten Mängel beseitigt; insofern entsprächen die Wohnverhältnisse zwar keinem gehobenen Standard; eine kindgerechte Ausstattung sei aber vorhanden und die Wohnung sauber, was sich auch an eingereichten Lichtbildern erkennen lasse. Etwaiges Rauchen finde allein auf dem Balkon statt.
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Das Amtsgericht hat zunächst das familienpsychologische Gutachten des Sachverständigen Z vom 05.10.2015, auf dessen Inhalt zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, eingeholt. Sodann hat es mit am 09.02.2016 erlassenen Beschluss eine ergänzende Begutachtung zur Erziehungsfähigkeit des Kindesvaters angeordnet. Gegen diesen Beschluss hat sich der Kindesvater mit seiner Beschwerde vor dem Senat, II-2 WF 31/16, gewandt, die er auf Hinweis des Senats mit Schriftsatz vom 14.03.2016 zurückgenommen hat. Der Sachverständige hat unter dem 03.03.2016 mitgeteilt, dass der Kindesvater an der familienpsychologischen Begutachtung nicht teilnehmen und Termine nicht wahrnehmen werde. Die entsprechend hierfür vorgesehenen Teile der Exploration in Form der Befragung, Erhebung der Anamnese, Durchführung der Interaktionsbeobachtung mit dem Kind und der Durchführung von Hausbesuchen könnten daher nicht durchgeführt werden. Gleichwohl sei davon auszugehen, dass Erkenntnisse erhoben werden könnten, um die familiengerichtliche Fragestellung beantworten zu können. Der Sachverständige hat sodann sein ergänzendes familienpsychologisches Gutachten zur Frage der Erziehungsfähigkeit und zum Kindeswohl vom 27.05.2016, auf dessen Inhalt zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, eingereicht.
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Der Kindesvater hat gemeint, das Ergänzungsgutachten sei unverwertbar, weil es lediglich spekulative Feststellungen enthalte und lediglich basierend auf den Mitteilungen des Jugendamtes des Kreises G erstellt worden sei. Der Sachverständige Z sei von Anfang an gegen ihn eingenommen gewesen. Obwohl er, der Kindesvater, berechtigter Weise die Begutachtung verweigert habe, sei auch über ihn eine gutachterliche Aussage getroffen worden. Insofern sei ein neues, unabhängiges familienpsychologisches Sachverständigengutachten einzuholen. Ein anderer Sachverständiger, Herr Prof. Dr. K, der für eine lösungsorientierte Begutachtung bekannt sei, sei zum Sachverständigen zu bestellen. Dieser könne dann die entstandene neue Familiensituation berücksichtigen. Sie, die Kindeseltern, seien auch bereit gewesen, in eine Mutter-Vater-Kind-Einrichtung mit ihrem Sohn B zu gehen. Ungeachtet dessen seien weitere Mängel des Gutachtens zu rügen. Es werde nicht klar, in welchem Zusammenhang die von Frau P wiedergegebene Äußerungen gefallen seien und welchen Antrag sie für ihn habe stellen sollen. Es sei zwar zutreffend, dass sowohl er als auch die Kindesmutter sich weigerten, mit dieser Mitarbeiterin des Jugendamtes des Kreises G zu kommunizieren. Indes sei beachtlich, dass zwei Kindeswegnahmen zuvor erfolgt seien und sie, die Kindeseltern, hierüber schwer hinwegkämen. Überdies fühle er sich von Anfang an als Straftäter abgestempelt, weswegen er auch nicht die Entbindung von der Schweigepflicht unterschrieben habe, dass das Jugendamt des Kreises G seinen Bewährungshelfer kontaktieren könne. Insofern sei beachtlich, dass ihm eine gewisse private Sphäre verbleiben müsse. Soweit darauf abgestellt werde, dass das Kind nach Umgangskontakten unsicher sei, sei dies bei anderen Kindern nach Umgangsterminen ebenso, was deswegen normal sei, weil es sich plötzlich auf eine andere Person und einen neuen Tagesablauf habe umgewöhnen müssen. Überdies gehe im Gutachten „einiges durcheinander“ und der Sachverständige verkenne, dass er, der Kindesvater, eine entsprechende Motivation besitze, die Umgangskontakte für das Kind so zu gestalten, dass es nicht irritiert werde. Auch hätten sie, die Kindeseltern, immer wieder versucht, mit der Pflegemutter zu sprechen; die Pflegemutter beantworte jedoch ihr gestellte Fragen nur der Umgangsbegleitung gegenüber. Verkannt habe der Sachverständige überdies, dass sie, die Kindeseltern, sich aus aller Kraft bemühten, die Missstände zu beseitigen. Insofern sei auch belanglos, dass das Kind es bei den Pflegeeltern besser habe, da eine Gefährdung in ihrem Haushalt nicht bestehe.
17
Das Amtsgericht hat mit am 23.08.2016 erlassenen Beschluss der Kindesmutter die elterliche Sorge für das Kind entzogen, Vormundschaft angeordnet und zum Vormund das Jugendamt des Kreises G bestellt und den Antrag des Kindesvaters auf Übertragung der elterlichen Sorge für das Kind zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach den Ermittlungen des Gerichts, insbesondere aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen Z in seinem Gutachten vom 05.10.2015 und in seinem Ergänzungsgutachten vom 27.05.2016, feststehe, dass eine Kindeswohlgefährdung aufgrund Erziehungsunfähigkeit der Kindeseltern vorliege. Die Kindesmutter sei nicht in der Lage, eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung und Betreuung des Kindes zu gewährleisten. Aufgrund ihrer Persönlichkeitsunreife weise sie eine Erziehungsunfähigkeit auf, die dazu führe, in instabilen Wohnverhältnissen zu leben und Defizite in der Gesundheitsfürsorge und der sonstigen Betreuung sowohl X als auch des Kindes zuzulassen. Ambulante und stationäre Maßnahmen der Jugendhilfe seien gescheitert und eine Korrektur der Defizite der Kindesmutter nicht möglich. Auch während des Aufenthaltes in der Mutter-Kind-Einrichtung sei es zu zahlreichen Beeinträchtigungen des Kindeswohls gekommen. Die Kindesmutter habe sich zudem passiv-aggressiv der Hilfeplanung entzogen. Ein Sinneswandel der Kindesmutter sei auch innerhalb der Begutachtung nicht eingetreten. Sie sei vielmehr oberflächlich und distanziert geblieben und könne sich nicht mit sich selbst auseinandersetzen. Die Kindeseltern seien den Feststellungen des Sachverständigen – soweit die Kindesmutter betroffen sei – nicht substantiiert entgegengetreten. Auch die Kindeseltern würden nicht behaupten, dass die Kindesmutter erziehungsfähig sei. Soweit die Kindeseltern rügten, der Sachverständige habe die Situation der Kindesmutter nach der Inobhutnahme des Kindes und X nicht zutreffend gewürdigt, vermöge dies die Feststellungen des Sachverständigen nicht in Zweifel zu ziehen. Denn der Sachverständige habe ausgeführt, dass die Kindesmutter auch während der Begutachtung keine Einsicht in ihre vorhandenen Defizite gezeigt habe. Der Kindesvater habe sich einer Begutachtung durch den Sachverständigen entzogen, so dass der Kindesvater es zu verantworten habe, dass seine persönliche Befragung nicht habe stattfinden können. Insofern sei schon nicht nachvollziehbar, dass der Kindesvater die ihm eingeräumte Chance, sich als Vater beweisen zu können, nicht genutzt und sich der Begutachtung entzogen habe. Gleichwohl habe der Sachverständige tragfähige Feststellungen treffen können. Es bestünden erhebliche Zweifel an die Erziehungsfähigkeit des Kindesvaters. Er habe mit der Kindesmutter in defizitären Wohnverhältnissen gelebt und somit zumindest indirekt an der Vernachlässigung von X mitgewirkt. Er habe keine fachlichen Hilfen in Anspruch genommen. Überdies sei davon auszugehen, dass er die Erziehung der Kindesmutter überlassen werde, obgleich die Kindesmutter erziehungsunfähig sei. Der Einholung eines weiteren Gutachtens habe es nicht bedurft, weil der Sachverständige die Beweisfragen erschöpfend beantwortet habe. Überdies habe der Kindesvater noch in der mündlichen Verhandlung am 15.08.2016 einer weiteren eigenen Begutachtung widersprochen. Sofern der Kindesvater eine mögliche Eignung des Sachverständigen anzweifele oder auf Voreingenommenheit des Sachverständigen deute, bestünden für diese Annahmen keine tragfähigen Hinweise. Überdies hätten sich nach dem persönlichen Eindruck der Kindeseltern erhebliche Zweifel an deren Erziehungsfähigkeit ergeben. Der Kindesvater habe sich nach wie vor unkooperativ gezeigt. Mildere Maßnahmen als der vollständige Entzug der elterlichen Sorge bestünden nicht.
18
Gegen diesen Beschluss wenden sich die Kindeseltern mit ihrer Beschwerde mit der sie eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses und die Übertragung der elterlichen Sorge auch auf den Kindesvater erstreben. Sie rügen, das Amtsgericht habe schon verkannt, dass sie substantiiert den Feststellungen des Sachverständigen zur Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter entgegen getreten seien. Unbeachtet sei auch geblieben, dass sie bereits vor der Geburt von B die Wohnung gewechselt, ordentliche Zustände geschaffen und die Wohnung kindgerecht eingerichtet hätten. Insofern müsse im Hinblick auf die Kindesmutter eine neue Begutachtung erfolgen. Ungeachtet dessen habe das Amtsgericht keine Begründung dafür gegeben, aufgrund welcher Tatsachen welche Schlussfolgerungen des Sachverständigen als nachvollziehbar zu bewerten seien. Dass er, der Kindesvater, vorbestraft sei, sei für die vorliegende Fragestellung der Erziehungsfähigkeit irrelevant. Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen, woraus auf eine Kindeswohlgefährdung geschlossen werden könne. Die entsprechenden Feststellungen des Sachverständigen deuteten darauf hin, dass der Sachverständige nicht unvoreingenommen sei. Völlig fehl gehe die Auffassung, dass er mit seinem Antrag allein versuche, die Kindesmutter in die Lage zu versetzen, das Kind zu erziehen, und er keine eigene Motivation zur Ausübung der elterlichen Sorge habe. Allein der Umstand, dass er eine Freiheitsstrafe verbüßt und sich nunmehr gleichwohl bereit erklärt habe, in die Mutter-Vater-Kind-Einrichtung zu gehen, zeige, dass er die teilweise im Verhältnis zu einer Justizvollzugsanstalt strengeren Freiheitsbeschränkungen in der Einrichtung hinzunehmen gewillt sei, um die elterliche Sorge auszuüben. Damit aber habe er seine entsprechende Motivation hinreichend unter Beweis gestellt. Unzutreffend sei auch eine etwaige Kooperationsunwilligkeit bei ihm angenommen worden. Sie, die Kindeseltern, seien es gewesen, die noch in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hätten, dass sie in eine entsprechende Einrichtung mit B gehen wollten. Ein Abwarten der weiteren Entwicklung habe das Amtsgericht nur deswegen als untunlich erachtet, um schnell endgültige Fakten schaffen zu können. Eine Kooperation mit dem Jugendamt habe nicht stattfinden können, da dort alle ihre Vorschläge abgelehnt worden seien. Insofern habe eine Kooperation alleine nur dann stattfinden können, wenn sie sich mit allen Vorschlägen des Jugendamtes einverstanden erklärt hätten. Das Amtsgericht habe unzutreffend eine weitere Begutachtung abgelehnt. Aber selbst wenn aufgrund der bisherigen Begutachtung eine Entscheidung getroffen werden könne, sei beachtlich, dass der Sachverständige eine Erziehungsunfähigkeit im Hinblick auf ihn, den Kindesvater, nicht endgültig habe feststellen können, zumal der Sachverständige ausdrücklich anführe, dass keine Erkenntnisse über eine ausreichende Erziehungsfähigkeit des Kindesvaters vorlägen. Überdies sei beachtlich, dass die Leiterin der Einrichtung D geäußert habe, keine Schwierigkeiten der Kindeseltern bei der Versorgung von B zu erkennen und – anders als der Sachverständige – keine akute Kindeswohlgefährdung zu sehen. Sie, die Kindeseltern, hätten unter ständiger Beobachtung des Personals gestanden. Es habe sogar eine Übernachtung der Kindeseltern mit B in ihrer Wohnung in der Zeit vom 29.10.2016 auf den 30.10.2016 stattgefunden. Etwaige Mängel seien hierbei nicht festgestellt worden. Die Mitarbeiter der Einrichtung D bezeichneten sie als kooperativ und hätten keine Probleme, mit ihnen zu kommunizieren.
19
Das Jugendamt des Kreises G verteidigt den angefochtenen Beschluss. Es sei weiterhin davon auszugehen, dass die Kindesmutter erziehungsunfähig sei. Nach wie vor bestehe die Möglichkeit, dass der Kindesvater der Kindesmutter die alleinige Erziehung des Kindes überlasse, etwa wenn er seiner Tätigkeit als Schausteller nachgehe. Hinzu komme noch die Doppelbelastung, da B ebenfalls versorgt werden müsse. Durch die Geburt von B, welche gegenüber dem Jugendamt verschwiegen worden sei, hätten sich die Erziehungsdefizite der Kindeseltern nicht gemindert. Der Kindesvater erkenne die Defizite der Kindesmutter nicht oder wolle diese nicht erkennen. Der Sachverständige Z habe hinsichtlich der Erziehungseignung des Kindesvaters festgestellt, dass sich erhebliche Zweifel an seiner erzieherischen Eignung ergeben hätten. Die Kindeseltern hätten weiterhin eine ablehnende Haltung gegenüber dem Jugendamt und zeigten keine Einsicht in vorhandene Defizite.
II.
20
Die Beschwerde ist zulässig, indes unbegründet.
1.
21
Zutreffend hat das Amtsgericht eine Kindeswohlgefährdung angenommen, wenn die elterliche Sorge bei der Kindesmutter verblieben wäre. Ebenfalls zutreffend hat das Amtsgericht den Antrag des Kindesvaters auf Übertragung der elterlichen Sorge zur gemeinsamen Ausübung abgelehnt.
a)
22
Eine Entscheidung hinsichtlich des Sorgerechts wurde bisher noch nicht getroffen. Soweit das Amtsgericht – Familiengericht – Warburg mit am 29.04.2015 erlassenen Beschluss, 11 F 53/15, im Wege der einstweiligen Anordnung der Kindesmutter die elterliche Sorge entzog, ist die einstweilige Anordnung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 FamFG mit dem Erlass der vorliegenden Hauptsacheentscheidung außer Kraft getreten.
b)
23
Eine Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 1666 BGB setzt eine gegenwärtige, in solchem Maß vorhandene Gefahr voraus, dass sich bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen, seelischen oder körperlichen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.01.2010 – 1 BvR 374/09 – FamRZ 2010, 713), was im Wege einer Abwägung sämtlicher Umstände unter Berücksichtigung der Anlagen und des Verhaltens des Kindes festzustellen ist (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2008 – 9 UF 105/07 – FamRZ 2008, 1556). Der Eintritt eines Schadens ist nicht erforderlich. Es genügt eine gegenwärtige oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefährdung des Kindeswohls (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 18.12.2010 – 6 UF 96/09 – FamRZ 2010, 1746).
24
Eine derartige Kindeswohlgefährdung ist vorliegend anzunehmen. Zwar zeigt das Kind im Rahmen des Aufenthalts in der Pflegefamilie eine altersentsprechende und keine Defizite aufweisende Entwicklung. Allerdings wäre bei einer Rückführung des Kindes in den Haushalt der Kindesmutter bereits eine Grundversorgung des Kindes nicht gewährleistet, so dass erhebliche Entwicklungsstörungen des Kindes drohten, wie sich auch an der Entwicklung X gezeigt hat.
2.
25
Ein Entzug der elterlichen Sorge im Ganzen oder in Teilbereichen, der mit einer Fremdunterbringung des Kindes verbunden ist, muss verhältnismäßig sein.
a)
26
Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Kindeseltern das Recht auf Pflege und Erziehung des Kindes. Der Schutz des Elternrechts erstreckt sich auf die wesentlichen Elemente des Sorgerechts, ohne die Elternverantwortung nicht ausgeübt werden kann (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 22. Mai 2014 – 1 BvR 2882/13 – FamRZ 2014, 1266). Eine Trennung des Kindes von den Kindeseltern stellt den stärksten Eingriff in dieses Recht dar. Der Eingriff unterliegt strenger verfassungsgerichtlicher Kontrolle. Die Trennung ist nach Art. 6 Abs. 3 GG allein zu dem Zweck zulässig, das Kind vor nachhaltigen Gefährdungen zu schützen und darf nur unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen.
27
Das Kind darf daher gegen den Willen der Kindeseltern nur dann von ihnen getrennt werden, wenn sie versagen oder wenn das Kind aus anderen Gründen zu verwahrlosen droht. Dabei berechtigen nicht jedes Versagen oder jede Nachlässigkeit der Kindeseltern den Staat auf der Grundlage seines ihm nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG zukommenden Wächteramts, sie von der Pflege und Erziehung ihres Kindes auszuschalten oder gar selbst diese Aufgabe zu übernehmen. Um eine Trennung des Kindes zu rechtfertigen, muss das elterliche Fehlverhalten vielmehr ein solches Ausmaß erreichen, dass das Kind bei einem Verbleiben im Haushalt der Kindeseltern in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet ist.
b)
28
Vorliegend besteht – wie ausgeführt – eine derartige Gefahrenlage und es ist nach den Feststellungen des Sachverständigen davon auszugehen, dass bei einer Rückkehr des Kindes in den Haushalt der Kindeseltern eine Gefahr für die körperliche, geistige und seelische Entwicklung des Kindes zu befürchten ist. In diesem Zusammenhang ist auch beachtlich, dass X im Haushalt der Kindesmutter nachhaltige Störungen in ihrer Entwicklung erlitten hat.
aa)
29
Nach den Feststellungen der Sachverständigen ist die Kindesmutter erziehungsunfähig. Insofern hat der Sachverständige nicht nur in seinem im Verfahren 11 F 65/15 AG Warburg erstellten Gutachten vom 26.11.2015 überzeugend festgestellt, dass die im Gutachten vom 05.10.2015 getroffenen Feststellungen zur Erziehungsunfähigkeit der Kindesmutter nach wie vor Geltung hätten.
30
Der Sachverständige hat auch in seinem Ergänzungsgutachten vom 27.05.2016 festgestellt, dass die Kindesmutter bislang keine fachliche Aufarbeitung ihrer bereits festgestellten Defizite in Angriff genommen habe. Dementsprechend sei weiterhin von der fehlenden Erziehungseignung der Kindesmutter auszugehen. Soweit die Kindeseltern rügen, sie hätten sich substantiiert mit den Feststellungen des Sachverständigen auseinandergesetzt und damit dessen Feststellungen in Zweifel gezogen, greift diese Rüge nicht durch.
(1)
31
Nach den Feststellungen des Sachverständigen besteht bei der Kindesmutter eine Persönlichkeitsstörung, die sich zwar auch in den instabilen Wohnverhältnissen gezeigt hat, die sich aber nicht nur in den Wohnverhältnissen widergespiegelt, sondern dazu geführt hat, dass sie keine Einsicht in eigene Defizite fassen konnte und sich damit auch dem seinerzeitigen pädagogischen Konzept in der Mutter-Kind-Einrichtung entzogen hat. Die Kindesmutter ist daher nicht in der Lage, eine dem Kindeswohl entsprechende Erziehung zu leisten und die zur Verfügung stehenden ambulanten Hilfsmaßnahmen des Jugendamtes erfolgversprechend anzunehmen. Sie verfügt auch nicht über die emotionalen Ressourcen zur Erziehung und Betreuung des Kindes.
(2)
32
Soweit die Kindesmutter darauf verweist, dass die Erkenntnisquellen des Amtsgerichts ungeeignet gewesen seien, verkennt die Kindesmutter, dass jedenfalls die Feststellungen des Sachverständigen sowohl in dem Verfahren 13 F 65/15 als auch im hiesigen Verfahren auf aktuellen Untersuchungen und Gesprächen beruhen.
33
Soweit die Kindesmutter – ebenso wie der Kindesvater – im Rahmen der Erstellung des Ergänzungsgutachtens deswegen nicht befragt werden konnte, weil sie sich einer Befragung und Begutachtung durch den Sachverständigen im Rahmen der Erstellung des Ergänzungsgutachtens entzogen hat, und damit letztlich keine aktuelle Befragung zugelassen hat, ist dies für die Überzeugungskraft der Feststellungen des Sachverständigen unschädlich. Denn er hat bei ihr eine nicht nur vorübergehende oder situationsbedingte, sondern eine in ihrer Persönlichkeit wurzelnde Einschränkung ihrer Erziehungsfähigkeit festgestellt.
34
Insofern käme allein dann, wenn die Kindesmutter in der Zwischenzeit sich nachhaltig um eine Aufarbeitung ihrer Persönlichkeitsdefizite bemüht hätte, infrage, nicht ausschließen zu können, dass etwaige Defizite beseitigt worden wären und die Erziehungsunfähigkeit der Kindesmutter in einer Weise gemindert worden wäre, dass sie mithilfe jedenfalls ambulanter Hilfen in der Lage wäre, die Erziehung und Betreuung des Kindes zu übernehmen. Indes ist gerade dieser Fall nicht anzunehmen. Soweit sich die Kindeseltern mit B seit dem 16.08.2016 in der Einrichtung D befinden, mag zwar zu Gunsten der Kindesmutter nicht auszuschließen sein, dass sie unter Anleitung des dort eingesetzten Fachpersonals an ihren Fähigkeiten und Kenntnissen gearbeitet hat. Wegen des jedoch gering zu nennenden Zeitablaufs zwischen der Aufnahme in der Einrichtung und dem jetzigen Zeitpunkt ist aber auszuschließen, dass eine nachhaltige Veränderung ihrer Persönlichkeitsstruktur eingetreten ist. Einer insofern anzustellenden positiven Prognose steht entgegen, dass die Kindesmutter auch in der Vergangenheit trotz engmaschiger Betreuung in einer anderen Mutter-Kind-Einrichtung und nachfolgender Installierung einer sozialpädagogischen Familienhilfe im eigenen Haushalt keine nachhaltige Änderung in ihrer Einstellung gezeigt hat, so dass jedenfalls nicht davon auszugehen ist, dass die Kindesmutter innerhalb der nunmehrigen Unterbringung in der Einrichtung D eine nachhaltige Aufarbeitung der bei ihr bestehenden Defizite durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen haben könnte.
(3)
35
Der auch in diesem Verfahren erhobene Einwand der Kindesmutter, sie sei im Rahmen der Begutachtung durch die Inobhutnahme X und die Geburt und die Inobhutnahme des Kindes belastet gewesen, so dass ihre im Rahmen der Begutachtung gemachten Äußerungen und ihr dabei gezeigtes Verhalten nicht aussagekräftig gewesen seien, verfängt nicht.
36
Der Sachverständige hat Hausbesuche bei der Kindesmutter am 28.05.2015, 15.06.2015, 20.07.2015 und am 17.08.2015 unternommen. Im Verfahren 11 F 65/15 fand überdies am 20.10.2015 ein Hausbesuch statt. Dass mithin ursprünglich bestehende Stresssituationen noch weiterhin fortgewirkt hätten, ist aufgrund dieses zeitlichen Ablaufs jedenfalls nicht naheliegend. Ungeachtet dessen hat der Sachverständige entsprechende Stressreaktionen bei der Kindesmutter nicht feststellen können. Vor dem Hintergrund der fachlichen Qualifikation des Sachverständigen ist auszuschließen, dass ihm derartige Stressreaktionen unerkannt geblieben wären.
(4)
37
Soweit die Kindesmutter darauf abstellt, dass sich ihre Wohnverhältnisse nunmehr nachhaltig verbessert hätten, kann dieser Vortrag als zutreffend unterstellt werden. Die Kindesmutter verkennt indes, dass sie selbst bei Beseitigung der ursprünglich im Haushalt befindlichen Gefahrenquellen für das Kind und Herstellung akzeptabler Wohnverhältnisse nach wie vor keine Einsicht in die zwingend erforderlichen Maßnahmen hat. Hierdurch jedoch wird eine Kindeswohlgefahr bedingt, weil bei einer Rückkehr des Kindes in den Haushalt der Kindesmutter zwingend davon auszugehen ist, dass es zu einer Unterversorgung des Kindes kommt.
38
Soweit der Aufenthalt in der Mutter-Vater-Kind-Einrichtung betroffen ist, mag zwar derzeit zu Gunsten der Kindeseltern unterstellt werden, dass in diesem Rahmen eine Kindeswohlgefahr für B nicht besteht. Insofern unterstellt der Senat den Tatsachenvortrag der Kindeseltern als zutreffend. Beachtlich ist aber zunächst, dass – worauf das Jugendamt des Kreises G zutreffend verweist – die Kindeseltern in der Einrichtung bereits mit B und dessen Betreuung und Versorgung beschäftigt sind, so dass eine zusätzliche Betreuung und Versorgung des Kindes zu einer weiteren Belastung der Kindeseltern führte. Entscheidend ist jedoch, dass die Unterbringung der Kindeseltern und B in der Einrichtung nur von vorübergehender Dauer sein wird und keine Dauerlösung darstellen kann. Angesichts des Umstandes, dass sich die Kindeseltern mit B in der Einrichtung erst seit dem 16.08.2016 befinden, kann der Senat – wie ausgeführt – nicht davon ausgehen, dass bei der Kindesmutter eine nachhaltige Verbesserung ihrer Erziehungsfähigkeit eingetreten ist, so dass eine Rückkehr des Kindes zu den Kindeseltern solange nicht in Betracht kommt, solange eine nachhaltige Aufarbeitung der Erziehungsdefizite der Kindesmutter nicht erfolgt.
(5)
39
Dass der Kindesmutter der Kindesvater als Hilfsperson uneingeschränkt zur Verfügung steht, unterstellt der Senat ebenfalls zu Gunsten der Kindesmutter.
40
Es bestehen aber bereits erhebliche Zweifel an der Kooperationsfähigkeit und Kooperationswilligkeit des Kindesvaters. Auch wenn sich die Kindeseltern, und damit auch der Kindesvater, zur Abwendung einer drohenden Inobhutnahme von B im Einvernehmen mit dem Jugendamt bereit erklärt haben, in der Einrichtung D aufgenommen zu werden, hat er in der Vergangenheit und nochmals in der Beschwerdeschrift klar ausgeführt, dass keine Kooperation mit dem Jugendamt stattfinden könne. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass eine Kooperation mit dem Jugendamt nur dann möglich sei, wenn das Jugendamt ihre Vorschläge umsetze und sie nicht nur zu vorgeschlagenen Maßnahmen ohne Widerstände „ja“ sagten. Damit aber zeigt sich, dass der Kindesvater auf eigenen Standpunkten beharrt und nicht in der Lage ist, Maßnahmen, die das Jugendamt nach fachlicher Einschätzung für geboten erachtet, umzusetzen. Dass die Kindeseltern zu einer weiteren Kooperation mit dem Jugendamt nicht in der Lage oder jedenfalls nicht bereit sind, zeigt sich auch daran, dass sie die Geburt von B zunächst verschwiegen haben und insbesondere auch der Kindesvater an einer Aufklärung der tatsächlichen Verhältnisse nicht interessiert war. Ungeachtet des Umstandes, dass der Kindesvater, worauf er zutreffend verweist, weder zu einer Begutachtung oder Befragung durch den Sachverständigen noch zur Erteilung einer Schweigepflichtentbindungserklärung hinsichtlich seines Bewährungshelfers gezwungen werden kann, dokumentiert gerade dieses Verhalten seine Weigerungshaltung.
41
In diesem Zusammenhang weist der Senat allein der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die Kindesmutter im Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14.6.2016 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass sie, die Kindeseltern, sich weigerten, mit der zuständigen Mitarbeiterin des Jugendamtes zu kommunizieren.
42
bb)Dass der Kindesvater ohne entsprechende Hilfen Dritter alleine oder mithilfe der Kindesmutter in der Lage ist, eine Kindeswohlgefährdung für das Kind bei einer Rückführung des Kindes in den Haushalt der Kindeseltern abzuwenden, ist nicht im Ansatz erkennbar.
(1)
43
Eine Entscheidung nach § 1666 BGB erübrigt sich zwar dann, wenn mit der Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindesvater die Gefahr für das Kindeswohl abgewendet werden könnte (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 16. Dezember 2011 – 4 UF 158/10 – zitiert nach juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 14. Dezember 2009 – 10 UF 84/09 – zitiert nach juris). Dann aber, wenn die Gefahr auf diese Weise nicht abgewendet werden kann, bedarf es einer Entscheidung nach § 1666 BGB (vgl. Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. Juni 2011 – 3 UF 122/11 – zitiert nach juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 31. März 2010 – 13 UF 41/09 – NJW-RR 2010, 872).
(2)
44
Vorliegend hat der Kindesvater mit der Beschwerdebegründung einen Antrag nach § 1626 a BGB auf Übertragung der elterlichen Sorge zur gemeinsamen Ausübung gestellt. Allerdings hat das Amtsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass auch der Kindesvater nicht in der Lage ist, eine entsprechende Gefährdung für das Kind abzuwenden.
45
Der Einwand der Kindeseltern, dass sich der Kindesvater zu Recht geweigert habe, an einer Begutachtung mitzuwirken, und dass deswegen die Feststellungen des Sachverständigen Z in seinem Ergänzungsgutachten unzutreffend seien, verfängt im Ergebnis nicht. Zutreffend weisen die Kindeseltern zwar darauf hin, dass eine Mitwirkung des Kindesvaters an der Begutachtung nicht erzwungen werden kann. Hieraus folgt auch, dass für den Kindesvater nachteilige Schlussfolgerungen nicht allein deswegen möglich sind, weil er sich der Begutachtung entzogen hat.
46
Allerdings verkennen die Kindeseltern, dass – worauf der Senat bereits in seinem Beschluss vom 07.07.2016, II-2 UF 51/16, verwiesen hat – dem Sachverständigen Z ausreichend Anhaltspunkte zur Verfügung standen, wonach er auf eine entsprechend erhebliche Einschränkung der erzieherischen Eignung des Kindesvaters geschlossen hat. Dem Sachverständigen lagen die Erkenntnisse des Jugendamtes des Kreises G und die Ergebnisse des Hausbesuches bei der Pflegestelle vor. Überdies habe der Kindesvater mit seinem Wunsch nach einer gemeinsamen Sorge für das Kind gezeigt, dass er die bei der Kindesmutter dem Kindeswohl widersprechenden Tendenzen nicht erkennen kann oder nicht erkennen will und sich stattdessen die Position der Kindesmutter zu eigen gemacht hat, wonach die Vorwürfe im Gutachten falsch seien. Damit aber kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kindesvater in der Lage wäre, die bei der Kindesmutter bestehenden Mängel zu beseitigen, da er diese schlicht negiert und überdies nicht bereit ist, mit dem Jugendamt des Kreises G zusammenzuarbeiten.
cc)
47
Der Einholung eines weiteren Gutachtens bedarf es nicht. Die seitens der Kindesmutter aufgezeigten vermeintlichen Mängel des Gutachtens sind nicht geeignet, die Überzeugungskraft der Feststellungen des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen.
(1)
48
Soweit die Äußerungen von Frau P betroffen sind, ist schon nicht erkennbar, inwiefern hier unzutreffende Feststellungen des Sachverständigen vorliegen könnten, da der Sachverständige die Äußerungen von Frau P schlicht nur wiedergibt, was sich schon zwanglos am Gebrauch der Satzzeichen, die am Anfang und am Ende des jeweiligen wörtlichen Zitats stehen, erkennen lässt.
(2)
49
Der weitere Einwand, der Sachverständige habe die Äußerung von Frau P unzutreffend wiedergegeben, nach der er, der Kindesvater, eine Stunde geschrien habe, geht schon deswegen fehl, weil sich zwanglos ergibt, dass mit „er“ nicht der Kindesvater, sondern das Kind gemeint ist. Gleiches gilt auch für die von Herrn L in direkter Rede wiedergegebene Äußerung, dass der Kindesvater mehr Körperkontakt gesucht habe; dass nicht der Kindesvater, sondern das Kind nachts schlechter habe einschlafen können, ergibt sich zwanglos aus dem Gesamtzusammenhang.
(3)
50
Dass der Sachverständige an anderer Stelle des Gutachtens statt vom „Jobcenter“ von der „Jobbörse“ spricht, trifft zwar zu; indes ist nicht erkennbar, dass damit tatsächlich ein Übermittlungsfehler vorliegt, weil der Sachverständige hier allein die Erklärungen von Frau P in direkter Rede wiedergegeben hat. Gleiches gilt sinngemäß auch für die Feststellungen hinsichtlich des Defekts am Herd.
51
Überdies verkennt die Kindesmutter, dass sie selbst einräumt, dass sowohl der Kindesvater als auch sie dem Grunde nach eine Zusammenarbeit mit dem Jugendamt ablehnen. Vor diesem Hintergrund ist jedoch nicht erkennbar, wie etwaige erforderliche Hilfen im Haushalt der Kindesmutter im Zusammenwirken mit ihr und dem Kindesvater installiert werden könnten.
(4)
52
Dass nach der Inobhutnahme des Kindes am 08.04.2015 wegen des nunmehr damit verbundenen langen Zeitablaufs und trotz in der Folgezeit stattfindender Umgangskontakte es ein „mühsamer Weg“ sein wird, Umgangskontakte kindeswohlverträglich zu gestalten und allmählich eine Bindung zum Kind aufzubauen, liegt auf der Hand. Vor dem Hintergrund dieser Erschwernisse sind die vom Sachverständigen angebrachten Zweifel daran, dass der Kindesvater die entsprechende Motivation über einen derart langen Zeitraum aufbringen kann, jedenfalls nicht ungerechtfertigt.
(5)
53
Die Kindeseltern verkennen überdies, dass sich nach Beendigung ihres Aufenthaltes in der Mutter-Vater-Kind-Einrichtung und Rückkehr in ihren Haushalt mit B die für sie mit der Betreuung und Versorgung von B verbundenen Belastungen durch die Aufnahme des Kindes verstärkten. Dann aber kann – worauf das Jugendamt des Kreises G zutreffend verweist – nicht davon ausgegangen werden, dass sich mit der Betreuung und Versorgung Pablos in ihrem Haushalt ihre Erziehungsdefizite jedenfalls minderten.
3.
54
Mithin hat das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, dass eine Übertragung des Sorgerechts auch auf den Kindesvater nicht in Frage kommt, so dass es zutreffend seinen Antrag zurückgewiesen hat. Zwar besteht nach § 1626a Abs. 2 Satz 2 BGB eine gesetzliche Vermutung dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht. Diese gesetzliche Vermutungsfolge ist jedoch vorliegend – wie bereits ausgeführt – widerlegt.
III.
55
Der Senat hat seine Ansicht bereits in dem Beschluss vom 15.12.2016 kundgetan. Da von der erneuten Vornahme einer mündlichen Verhandlung und einer erneuten Anhörung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren, hat der Senat entsprechend seiner Ankündigung im Beschluss vom 15.12.2016 ohne erneute Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden, § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Einwände sind hiergegen seitens der Beteiligten nicht erhoben worden.
56
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 81 Abs. 1 Satz 1, 84 FamFG. Es entspricht der Billigkeit, von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren abzusehen und eine Erstattung von außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht anzuordnen, da der Senat davon ausgeht, dass das Beschwerdeverfahren im Kindesinteresse veranlasst war.
57
Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 45 Abs. 1 Nr. 1; 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG.