Zur Frage der Haftung nach Verlust von Transportgut wegen angeblich erkennbarer Seeuntüchtigkeit des untergegangenen Seeschiffs

LG Hamburg, Urteil vom 19. April 2016 – 411 HKO 99/14

Zur Frage der Haftung nach Verlust von Transportgut wegen angeblich erkennbarer Seeuntüchtigkeit des untergegangenen Seeschiffs

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 4.777,38 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.06.2013 zu zahlen.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 85 % und die Beklagte 15 % zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist Ladungsversicherer und nimmt die Beklagte als Verfrachter aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Im Einzelnen:

Die Versicherungsnehmerin der Klägerin, die I. I. E. GmbH, P., kaufte im Mai 2013 bei der Firma T. E. I. in T. die in der Handelsrechnung vom 27.05.2013 (Anlage K 1) aufgeführten elektronischen Bauteile FOB H.. Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte mit der Abholung der Ware aus H.. Die Beklagte wiederum unterbeauftragte hiermit die Firma K. L. Co. Ltd., die hierüber das als Anlage K 2 vorliegende Konnossement vom 04.06.2013 ausstellte. Die aus 6 Paletten bestehende Sendung (199 Kartons) wurde am 04.06.2013 in H. an Bord des Containerschiffes M. C. genommen und verschifft. Während der Reise brach das Schiff am 17.06.2013 im indischen Ozean auseinander. Die beiden Schiffshälften gingen im weiteren Verlauf unter. Die gesamte Ladung einschließlich der streitgegenständlichen Partie ging verloren.

Die Klägerin zahlte an ihre Versicherungsnehmerin unter dem Versicherungsvertrag eine Entschädigung in Höhe von EUR 30.279,00 (Anlage K 4).

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte schulde Ersatz des Wertes der verlorengegangenen Ware sowie der von der Versicherungsnehmerin gezahlten Fracht, ohne dass sie sich auf Haftungsbeschränkungen berufen könne. Weiterhin sei die Beklagte gemäß dem Klagantrag zu 1. verpflichtet, der Versicherungsnehmerin der Klägerin als Ablader ein Konnossement über die maßgeblichen Packstücke auszustellen.

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe die Seeuntüchtigkeit des Schiffes rechtzeitig erkennen können. So habe sich am Schiffsboden ein Riss gebildet, der letztlich zu dem Auseinanderbrechen des Schiffes geführt habe. Da durch einen solchen Riss Seewasser in das Schiff eintrete, habe die Schiffsführung dies bemerken müssen. Außerdem habe es im Verlauf der Reise erhebliche Anzeichen dafür gegeben, dass mit dem Schiffsrumpf des MV M. C. etwas nicht stimmte. Ausweislich der Statements des Kapitäns sowie des ersten Offiziers (Anlagen K 5 und K 6) seien nach Beladung in S. bereits erhebliche Tiefgangdifferenzen zwischen vorn, achtern und mittschiffs festgestellt worden, denen vor Weiterfahrt ab S. hätte nachgegangen werden müssen. Weiter verhalte es sich so, dass im Allgemeinen bekannt gewesen sei, dass die 12 typgleichen Schwesternschiffe des MV M. C. konstruktionsbedingte Schwächen hatten. Weiterhin habe die Beklagte auch andere Ursachen für den Untergang, insbesondere eine falsche Beladung des Schiffes nicht ausgeschlossen. Da das Schiff auseinandergebrochen und die Teile danach noch eine Zeitlang geschwommen seien, habe die Beklagte auch zu erläutern, dass und welche Maßnahmen getroffen worden seien, um die Ladung zu sichern und vor dem Untergang zu bewahren.

Soweit gleichwohl eine Haftungsbeschränkung in Betracht komme, sei der Kilogrammhöchstbetrag nicht maßgeblich. Ausweislich des von dem Unterverfrachter ausgestellten Konnossements (Anlage K 2) seien 6 Paletten mit 199 Kartons zur Beförderung übernommen worden. Dieses Konnossement müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Die Haftung bemesse sich daher nach der Stückzahl von 199 Kartons.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. ein Konnossement über 6 PALETTS S.T.C. OF 199 CTNS OF VARISTOR/THERNISTOR zur Beförderung von H. nach H. mit dem MV “ M. C.“ auszustellen;

2. an die Klägerin einen Betrag von EUR 30.297,00 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.06.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält sich nicht für verpflichtet, der Klägerin das begehrte Konnossement auszustellen. Anspruchsberechtigter Ablader sei nicht die Versicherungsnehmerin der Klägerin, sondern die chinesische Verkäuferin gewesen. Nachdem der chinesische Verfrachter auf Verlangen dieses Abladers definitiv bereits ein Konnossement (Anlage K 2) ausgestellt habe, das sowohl vom Ablader als auch von der Versicherungsnehmerin der Klägerin als Empfängerin akzeptiert worden sei, könne die Ausstellung eines weiteren Konnossement (insbesondere mit einem anderen Inhalt bzgl. der Stücke oder Einheiten) – zudem rund ein Jahr nach Untergang des Schiffes – von wem auch immer nicht mehr verlangt werden.

Auch ein Schadensersatzanspruch wegen des Ladungsverlustes sei bereits dem Grunde nach nicht gegeben. Es stehe fest, dass die M. C. im Ergebnis nicht seetüchtig gewesen sei. Der Mangel der Seetüchtigkeit sei bis zum Antritt der Reise weder von der Beklagten noch von M. noch von deren Kapitän zu entdecken gewesen. Gemäß § 498 Abs. 2 Satz 2 HGB sei die Beklagte mithin von jeglicher Haftung frei. Vorsorglich berufe sich die Beklagte auf die Haftungsbegrenzung gemäß § 504 Abs. 1 HGB. Nach dem Verfrachterkonnossement (Anlage K 2), dessen Inhalt sich die Beklagte im Übrigen nicht zurechnen lassen müsse, seien 6 Packstücke befördert worden. Vor diesem Hintergrund greife die höhere Gewichtshaftung ein, gemäß derer bei einem Bruttogewicht von 1.762 kg die Haftung der Beklagten auf EUR 3.524 Sonderziehungsrechte begrenzt sei. Fracht sei nicht zu erstatten, da die Versicherungsnehmerin der Klägerin die Frachtrechnung nicht bezahlt habe.

Schließlich erhebe die Beklagte die Einrede gemäß Artikel 10 des Londoner Haftungsbegrenzungsübereinkommens (HBÜ). Auf Veranlassung der Reederei M. sei noch im Juli 2013 vor dem zuständigen T. D. C. ein Haftungsfonds nach dem HBÜ in Höhe von umgerechnet ca. USD 40.000.000,00 errichtet worden. Dort habe auch die Klägerin ihre Forderungen angemeldet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 23.06.2015 (Bl. 59 d.A.) durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen P. N.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 23.11.2015 (Bl. 82 ff. d.A.) Bezug genommen.

Gründe

(abgekürzt gemäß § 313 Abs. 3 ZPO):

1.

Der Klagantrag zu 1. auf Konnossementsausstellung ist unbegründet.

Selbst wenn ein derartiger Anspruch aus dem zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Frachtvertrag resultierte, ist die Klägerin nicht Inhaberin dieses Anspruchs geworden. Soweit die Klägerin ihre Versicherungsnehmerin aus dem Versicherungsvertrag entschädigt hat, ist der entsprechende Schadensersatzanspruch gemäß § 86 VVG auf die Klägerin übergegangen. Der Anspruch auf Ausstellung eines Konnossementes nach dem Frachtvertrag ist hiervon jedoch nicht erfasst. Ebenso wenig ist dieser Anspruch durch die von der Klägerin eingereichte Abtretungserklärung (Anlage K 4) übergegangen. Abgetreten wurden dort alle Ansprüche und Rechte, die aus dem Schiffsuntergang und dem Verlust der Güter entstanden sind. Dazu gehört nicht der Anspruch auf Ausstellung eines Konnossementes, der gemäß § 513 HGB bzw. aus dem Frachtvertrag entspringt und von dem Schadensereignis völlig unabhängig ist.

Auch wenn die Klägerin aufgrund der Abtretung Inhaberin eines Anspruches auf Ausstellung eines Konnossementes geworden wäre, ginge diese Abtretung ins Leere, da ein Anspruch auf Konnossementsausstellung zum Zeitpunkt der Abtretung nicht mehr bestand. Unstreitig hat die Versicherungsnehmerin der Klägerin von der Beklagten das als Anlage K 2 vorliegende Verfrachterkonnossement der Firma K. L. Co. Ltd. erhalten und akzeptiert und vor Beendigung der Reise kein eigenes Konnossement der Beklagten verlangt. Damit hat sie konkludent auf die Ausstellung eines derartigen Konnossementes verzichtet, selbst wenn sie im Verhältnis zur Beklagten als Abladerin im Sinne von § 513 Abs. 1 HGB anzusehen wäre. Nach Beendigung der Reise bzw. dem Untergang des Schiffes und dem Verlust sämtlicher Güter besteht nach Auffassung der Kammer kein Anspruch der Abladerin mehr, die Übernahme der Güter durch den Verfrachter durch ein Konnossement verbriefen zu lassen. Unstreitig untergegangene Güter können nicht mehr durch ein Konnossement als Warenwertpapier repräsentiert werden. Demzufolge kann auch ein Verfrachter nicht verpflichtet werden, über nicht mehr existierende Ware ein Konnossement auszustellen.

Abgesehen davon könnte die Klägerin auch nicht die Ausstellung eines Konnossementes mit dem im Klagantrag zu Ziffer 1. festgelegten Inhalt verlangen. Zwar handelte es sich möglicherweise um 199 Karton mit elektronischen Bauteilen. Diese waren aber unstreitig in 6 Packstücken, nämlich 6 Paletten zusammengefasst, wie aus dem Konnossement vom 04.06.2013 (Anlage K 2) ersichtlich.

2.

Dem Klagantrag zu 2. war teilweise stattzugeben.

a) Die Klägerin hat aus übergegangenem bzw. abgetretenem Recht dem Grunde nach gegen die Beklagte Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 498 Abs. 1 i.V.m. § 452a HGB für den Verlust der Güter in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung. Unstreitig ist die der Beklagten zur Beförderung von H. nach P. in H. übergebene Ware durch den Untergang der MV M. C. verloren gegangen.

b) Die Beklagte ist von ihrer Haftung nicht gemäß § 498 Abs. 2 HGB befreit. Die Haftungsbe-freiung greift nur ein, soweit der Verlust auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht hätten abgewendet werden können. Wurde das Gut – wie hier unstreitig – mit einem seeuntüchtigen oder ladungsuntüchtigen Schiff befördert und ist nach den Umständen des Falles – wie vorliegend – wahrscheinlich, dass der Verlust auf dem Mangel der See- oder Ladungstüchtigkeit beruht, so ist der Verfrachter nur dann von seiner Haftung befreit, wenn er auch beweist, dass der Mangel der See- oder Ladungstüchtigkeit bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters bis zum Antritt der Reise nicht zu entdecken war.

Diesen Nachweis hat die Beklagte vorliegend nicht geführt.

Es kann dahinstehen, ob der Beklagten konstruktive Schwächen der 12 Schwesterschiffe der M. C. bekannt waren bzw. bekannt sein mussten. Ebenso kann offen bleiben, ob eine unsachgemäße Beladung bzw. Ladungsverteilung als Untergangsursache des Schiffes in Betracht kommt. Das Gleiche gilt im Hinblick auf die Frage, ob die Beklagte bzw. ihr Unterfrachtführer einen Riss im Schiffsrumpf unter Umständen schon vor dem Auseinander- brechen des Schiffes hätte bemerken können und welche Gegenmaßnahmen hiergegen ggfs. noch hätten ergriffen werden können.

Der Beklagten bzw. dem von ihr beauftragten Verfrachter und dessen Schiffsführung ist auf Grund der hierüber durch das Gericht durchgeführten Beweisaufnahme jedenfalls zur Last zu legen, dass auffällige Tiefgangsdifferenzen auf der Länge des Schiffsrumpfes, die bereits vor der Weiterfahrt in S. festgestellt wurden, nicht beachtet wurden, obwohl diese nach dem Ergebnis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens erheblichen Anlass zur Überprüfung des Schiffsrumpfes gaben. Gleichwohl wurde die Fahrt ohne Überprüfung fortgesetzt, obwohl nach der Überzeugung des Gerichts die Seeuntüchtigkeit des Schiffes bei sorgfältiger technischer Überprüfung der Stabilität des Schiffes hätte erkannt werden können.

Der Sachverständige N. hat im Gutachten vom 23.11.2015 (Blatt 82 ff. d. A.) folgenden Befund ermittelt:

Die von dem ersten Offizier und dem Kapitän am 11.06.2013 im Hafen von S. festgestellten Tiefgänge des Schiffes betrugen vorn 13,45 m, mittschiffs 12,9 m und achtern 13,6 m. Demgegenüber wurden durch das Ladungsrechnerprogramm „Power Stow“ folgende rechnerische Tiefgänge ausgegeben:

– Tiefgang vorn 12,98 m- Tiefgang mittschiffs 13,1 m- Tiefgang achtern 13,21 m.

Nach dem ebenfalls verwendeten Ladungsrechnersystem „Lash Com“ ergaben sich rechnerisch folgende Tiefgangswerte:

– Tiefgang vorn 13,04 m- Tiefgang mittschiffs 13,16 m- Tiefgang achtern 13,27 m.

Im Hinblick auf diese Werte stellte der Sachverständige fest, dass die von der nautischen Schiffsführung mittels der beiden Ladungsrechnersysteme errechneten Tiefgangswerte massiv von den tatsächlich abgelesenen Werten abwichen. Vor diesem Hintergrund, so der Sachverständige, sei die Abweichung bereits als kritisch zu betrachten, da das Schiff somit im Istzustand verbogen und ein „hogging-Zustand“ vorhanden war. Dabei war der Schiffsrumpf derart bogenförmig verformt, dass Bug und Heck tiefer im Wasser lagen als die Mitschiffssektion. Bereits diese Tiefgangsabweichung zwischen der Berechnung und dem Istzustand hätten den ersten Offizier und den Kapitän veranlassen müssen, die Ursachen dafür zu ergründen. Da zugleich rechnerisch das zulässige Biegemoment des Schiffes vollständig ausgelastet war (100,4 %), habe dies in Kombination mit den hohen Torsionsmomenten und Scherkräften und insbesondere unter Berücksichtigung des nicht berechneten starken hogging-Zustandes für die Schiffsführung ein klares Warnsignal sein müssen, dass die Integrität des Rumpfes eingeschränkt sein könnte. Dass die Schiffsführung dies in keiner Weise hinterfragt habe, sei nicht nachvollziehbar, denn die nautische Schiffsführung des MV M. C. habe – so der Sachverständige – mit Sicherheit die notwendigen Kenntnisse über die Schiffsstabilität und Schiffsfestigkeit besessen, um die kritische Rumpffestigkeit des Schiffes erkennen zu können.

Das Gutachten des Sachverständigen N. ist schlüssig, für das Gericht nachvollziehbar und von den Parteien inhaltlich auch nicht angegriffen worden. Das Gericht folgt daher der Einschätzung des Sachverständigen N., wonach die in S. tatsächlich festgestellte Rumpfverbiegung (hogging-Zustand) für die Schiffsführung ein klares Warnsignal hätte sein müssen, dass die Integrität des Schiffsrumpfes eingeschränkt sein könnte. Dies hätte die Schiffsführung veranlassen müssen, vor einer Weiterfahrt die Ursachen der mit den Ergebnissen der Ladungsrechner nicht vereinbaren Verbiegung zu hinterfragen, zu beseitigen und ggfs. die Stabilität des Schiffsrumpfes überprüfen zu lassen. Wäre dies fachkundig geschehen, wäre nach der Überzeugung des Gerichts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt worden, dass sich das Schiff in dem gegebenen Zustand und mit der vorhandenen Ladungsbeanspruchung nicht in einem hochseetauglichen Zustand befand und dass die Fahrt in diesem Zustand nicht fortgesetzt werden durfte. Ggfs. hätte durch Teilentladung bzw. andere Ladungs- bzw. Ballastverteilung oder nachträgliche Verstärkung des Schiffsrumpfes die Seetüchtigkeit hergestellt werden können. Letzteres war vorliegend jedoch nicht zu beurteilen. Ausreichend war insoweit die Feststellung, dass der Mangel der See- oder Ladungstüchtigkeit vor dem Auslaufen in S. von der Schiffsführung, für deren Verhalten die Beklagte hier einzustehen hat, hätte aufgedeckt werden können.

c) Die danach gemäß § 502 Abs. 1 und Abs. 3 HGB zu leistende Entschädigung ist jedoch der Höhe nach gemäß § 504 Abs. 1 HGB beschränkt auf 666, 67 Rechnungseinheiten je Stück oder 2 Rechnungseinheiten/kg Rohgewicht des Gutes, je nachdem, welcher Betrag höher ist.

Die Containerklausel gemäß § 504 Abs. 1 Satz 2 HGB, wonach jedes Stück und jede Einheit, welche in einem Beförderungsdokument als in einem Lademittel (Container, Palette oder ein sonstiges Lademittel) enthaltend angegeben sind, als Stück oder Einheit im Sinne des Satzes 1 gelten, kommt vorliegend nicht zur Anwendung. Das von der Verfrachterin K. L. Co. Ltd. ausgestellte Konnossement (Anlage K 2) enthält zwar die Angabe „6 Pallets S.T.C. OF 199 CTNS“. Dieses Konnossement ist der Beklagten aber nicht als Beförderungsdokument im Sinne von § 504 Abs. 1 Satz 2 HGB zuzurechnen. Ein solches liegt nur dann vor, wenn es der Verfrachter ausgestellt hat, der auch für einen etwaigen Schaden haftbar gemacht wird, hier die Beklagte. Die Beklagte muss sich das Konnossement des Unterverfrachters nicht als eigenes zurechnen lassen, denn der Unterverfrachter stellt das Konnossement nicht für den Hauptverfrachter aus. Er erfüllt mit der Ausstellung keine Pflicht des Hauptverfrachters, sondern eine eigene, zu der er gegenüber dem Ablader gemäß § 513 HGB selbst verpflichtet ist (vgl. HansOLG Hamburg vom 08.12.2011 – 6 U 205/10).

Mangels derartiger Stückzahlenangaben in einem von der Beklagten ausgestellten Beförderungsdokument gilt danach das Lademittel als Stück oder Einheit (§ 504 Abs. 1 Satz 3 HGB. Lademittel waren hier unstreitig 6 Paletten. Danach ergibt sich folgende Haftung: 6 x 666,67 = 4.000,02 SZR x EUR 1,14434 (Wert des SZR am 17.06.2013) = EUR 4.577,38.

Nach der Gewichtshaftung (1.762 kg x 2 SZR = EUR 4.032,65) ergäbe sich ein geringerer Betrag, sodass die Stückhaftung hier zur Anwendung kommt.

d) Auf Haftungsbeschränkungen nach dem Londoner Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung für die Seeforderungen (HBÜ) kann sich die Beklagte nicht berufen. Die globale Haftungsbeschränkung nach dem HBÜ gilt für alle Ansprüche, die aus einem bestimmten Schiffsunglück entstanden sind und sich gegen Personen richten, die am Betrieb des Schiffes in bestimmter Weise beteiligt bzw. dafür verantwortlich sind. Zum Kreis derjenigen Personen, die nach dem HBÜ zur Haftungsbeschränkung berechtigt sind, gehört die Beklagte nicht. Sie ist nicht Ship Owner im Sinne von Artikel 1 HBÜ. Der Begriff „Ship Owner“ wird in Artikel 1 Abs. 2 HBÜ näher definiert als „The Owner, Charterer, Manager and Operator of the Seagoing Ship“. Zwar kann theoretisch auch ein Multimodalbeförderer, der einen Transport unter Einschluss einer Seestrecke durchführt bzw. durchführen lässt, Operator in diesem Sinne sein. Dieses ist aber nur dann der Fall, wenn er zugleich auch als verantwortliche Person in den Betrieb des Schiffes eingebunden ist, etwa als sogenannter Slot-Charterer, der den Schiffsraum bzw. die Stellplätze nicht nur für eine bestimmte Reise bucht, sondern für eine bestimmte Zeitperiode und damit Ladekapazität für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung hat (vgl. näher dazu: Rittmeister, TranspR 2014, Seite 356 f.). Zu einer derartigen Einbindung der Beklagten in den Schiffsbetrieb des MV M. C. ist hier nichts vorgetragen oder ersichtlich. Die Beklagte ist insoweit offensichtlich nicht als Slot-Charterer, sondern als Stückgutbefrachter gegenüber dem Reeder aufgetreten, was für die Haftungsbeschränkung gemäß HBÜ unmaßgeblich ist.

3. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs.1 BGB.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 709 ZPO.

Dieser Beitrag wurde unter Transportrecht abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.