Zur eingeschränkten Überprüfbarkeit von Prüfungsentscheidungen im Zweiten Juristisches Staatsexamen

VG München, Urteil v. 12.07.2016 – M 4 K 15.5093

Zur eingeschränkten Überprüfbarkeit von Prüfungsentscheidungen im Zweiten Juristisches Staatsexamen

Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nahm im Termin 2015/1 zum ersten Mal an der Zweiten Juristischen Staatsprüfung teil.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2015 teilte das Bayerische Staatsministerium der Justiz – Landesjustizprüfungsamt – dem Kläger mit, er habe die Zweite Juristische Staatsprüfung nicht bestanden. Die schriftlichen Prüfungsarbeiten seien wie folgt bewertet worden:

Aufgabe Punktzahl

1 3,0
2 4,0
3 3,0
4 4,0
5 3,0
6 3,0
7 2,5
8 3,0
9 4,0
10 6,0
11 4,0

Gesamtnote der schriftlichen Prüfung: 3,59 – mangelhaft.
Damit habe der Kläger nicht den im schriftlichen Teil der Prüfung erforderlichen Gesamtdurchschnitt von 3,72 Punkten erreicht (§ 64 Abs. 2 und 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen -JAPO-).
Der Kläger erhob mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 13. November 2015, zugegangen bei Gericht am gleichen Tag per Telefax, Klage und beantragte durch einen weiteren Schriftsatz vom 10. März 2016 sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Oktober 2015 zu verpflichten, die Klausuren 5, 7 und 9 des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bewerten zu lassen.

Mit Schriftsatz vom 10. März 2016 begründete der Bevollmächtigte des Klägers die Klage und trug Einwendungen gegen die Klausuren 5, 7 und 9 vor.
Mit Schriftsatz vom 21. März 2016 stellte der Beklagte den Antrag,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nahm in diesem Schriftsatz zu den von der Klägerseite vorgetragenen Einwendungen Stellung.

Die Parteien wurden zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren angehört; der Bevollmächtigte erteilte mit Schriftsatz vom 19. Februar 2016 seine Einwilligung, der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. März 2016.
Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Über den Rechtsstreit konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Prüfungsbescheid des Landesjustizprüfungsamts vom 13.10.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Bewertungen der von dem Kläger angefertigten Bearbeitungen (Klausuren) der Aufgaben 5, 7 und 9 sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat somit keinen Anspruch auf Neubewertung dieser Klausuren und Neuverbescheidung (§ 113 Abs.1, Abs. 5 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -).

I.
Prüfungsentscheidungen sind nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar.
Nach dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit müssen für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten. Mit diesem Grundsatz wäre es unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, indem sie einen Verwaltungsgerichtsprozess anstrengen, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten. Die gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten ist nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt wird (BVerfG B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81BVerfGE 84, 34 [52]).

Dieser prüfungsspezifische Bewertungsspielraum erstreckt sich auch auf die Notenvergabe bei Prüfungen wie der streitgegenständlichen: Die Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Auch die Bestehensgrenze lässt sich nicht starr und ohne den Blick auf durchschnittliche Ergebnisse bestimmen. Daraus folgt, dass die Prüfungsnoten nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern in einem Bezugssystem zu finden sind, das durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Da sich die komplexen Erwägungen, die einer Prüfungsentscheidung zugrunde liegen, nicht regelhaft erfassen lassen, würde eine gerichtliche Kontrolle zu einer Verzerrung der Maßstäbe führen (BVerfG B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81BVerfGE 84, 34 [51 f.]).

Gegenstände des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraumes sind etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (BVerwG U.v. 12.11.1997 – 6 C 11.96 – juris Rn. 22; B. v. 13.5.2004 – 6 B 25/04 – juris; Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 635). Ebenso handelt es sich um eine den Prüfern vorbehaltene prüfungsspezifische Wertung, ob im Hinblick auf eine entsprechend determinierte Notenstufe bzw. zugeordnete Punktzahl eine Prüfungsleistung als „brauchbar“ zu bewerten ist (BVerwG v. 12.11.1997, a. a. O.). In diesen Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraumes dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen, sondern haben nur zu überprüfen, ob die Prüfer die objektiven, auch rechtlich beachtlichen Grenzen ihres Bewertungsspielraumes überschritten haben (vgl. BVerwG v. 13.5.2004 – 6 B 25/04 – juris; BVerfG B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81BVerfGE 84, 34 ff.).
Der Bewertungsspielraum ist überschritten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Ein in diesem Sinne allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz ist es, dass zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, dem aber ein Antwortspielraum des Prüflings gegenübersteht. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch gewertet werden. Überschritten wird der Beurteilungsspielraum ferner, wenn eine Bewertung auf einer wissenschaftlich-fachlichen Annahme des Prüfers beruht, die einem Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss (BVerfG B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81BVerfGE 84, 34 [53 ff.]; BVerwG B. v. 13.5.2004 – 6 B 25/04 – juris). Die wissenschaftlich-fachlichen Wertungen können vom Gericht stärker, wenn auch nicht vollständig, überprüft werden. Eine fachliche Antwort lässt sich bei entsprechendem Fachwissen als „richtig“, „falsch“ oder bei bestehenden Unklarheiten zumindest als „vertretbar“ bezeichnen. Ob eine als „falsch“ bewertete Lösung diese Voraussetzungen erfüllt, muss das Gericht gegebenenfalls durch Sachverständige klären. Bei der Beurteilung juristischer Fachfragen, insbesondere bei juristischen Staatsprüfungen, ist allerdings in aller Regel von der erforderlichen Qualifikation und Fachkompetenz der Verwaltungsgerichte auszugehen (BVerwG U. v. 24.2. 1993 – 6 C 38/92 – juris; BVerwG B. v. 21.7.1998 – 6 B 44/98 – juris).

Das Gericht hat jedoch die zugrunde liegenden Prüfungsbewertungen nur insoweit zu überprüfen, als vom Prüfling dagegen substantiierte Einwendungen vorgebracht werden. Der Prüfling muss also auf vermeintliche Irrtümer und Rechtsfehler wirkungsvoll hinweisen (BVerfG B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81BVerfGE 84, 34, 48). Dazu genügt es nicht, dass er sich generell gegen eine bestimmte Bewertung seiner Prüfungsleistungen wendet und etwa pauschal eine zu strenge Korrektur bemängelt. Vielmehr muss er konkret darlegen, in welchen Punkten die Korrektur bestimmter Prüfungsleistungen nach seiner Auffassung Bewertungsfehler aufweist, indem er substantiierte Einwände gegen Prüferbemerkungen und -bewertungen erhebt. Macht er geltend, dass etwa eine als falsch bewertete Antwort in Wahrheit vertretbar sei und auch so vertreten werde, so hat er dies unter Hinweis auf entsprechende Fundstellen näher darzulegen (BVerwG U. v. 24.2.1993 – 6 C 35/92 – juris).

Ist die vom Prüfling gerügte Bewertung einer Prüfungsaufgabe fehlerhaft und hat dieser Fehler Einfluss auf das Prüfungsergebnis, so führt dies zur Aufhebung des Bescheides über die Prüfungsendnote und zur Verpflichtung der Prüfungsbehörde, das Prüfungsverfahren durch Neubewertung der betreffenden Aufgabe fortzusetzen (BVerwG U. v. 16.3.1994 – 6 C 5/93 – juris). Können allerdings Auswirkungen dieser materiellen Prüfungsfehler auf das Ergebnis der Prüfungsentscheidung ausgeschlossen werden, so folgt – wie bei unwesentlichen Verfahrensfehlern – aus dem Grundsatz der Chancengleichheit, dass ein Anspruch auf Neubewertung nicht besteht, weil sich die Prüfungsentscheidung im Ergebnis als zutreffend und damit als rechtmäßig darstellt (BVerwG B. v. 13.3.1998 – 6 B 28/98 – juris).

II.
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die gegen die Klausurbewertungen erhobenen Einwendungen nicht durchgreifen. Das Gericht folgt den zutreffenden Ausführungen in der Klageerwiderung und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Darüber hinaus gilt folgendes:

1. Klausur 5
Die Klausur 5 hatte ihren Schwerpunkt im Arbeitsrecht und wurde vom Erstkorrektor mit 4 Punkten (ausreichend) und vom Zweitkorrektor mit 2 Punkten (mangelhaft) bewertet. Sie unterliegt keinen Bewertungsfehlern.
a) Die Einwendung des Klägers, dass der von ihm dargestellte Sachverhalt nicht wie vom Zweitkorrektor angenommen ungenau und unvollständig sei, sondern aus sich heraus verständlich, greift nicht durch.

Zwar sind die Ausführungen des Klägers tatsächlich für sich genommen verständlich. Es fehlen jedoch wichtige Tatsachenangaben, um die ausgesprochenen Kündigungen zu rechtfertigen: Insbesondere fehlt die Darstellung der konkreten Leistungsentwicklung des Klägers über die Jahre hinweg. Gerade diese negative Tendenz in den Jahren 2012 bis 2014 hätte man aber erwähnen müssen, um eine Kündigung des Arbeitnehmers wegen Schlechtleistung zu rechtfertigen. Gleiches gilt für die Einordnung der Leistung des gekündigten Arbeitnehmers im Vergleich zu seinen Kollegen. Auch erwähnt der Kläger nicht die Tatsache, dass das Verhalten des Arbeitnehmers (über die Erhebung mehrerer Zivilklagen hinaus) zu zahlreichen wirtschaftlich ungünstigen Einigungen mit Kunden und zu zahlreichen Kundenbeschwerden führten.

Vor diesem Hintergrund ist die Aussage des Zweitkorrektors, dass der Sachvortrag sehr ungenau und unvollständig sei, nicht zu beanstanden.
b) Es ist kein Bewertungsfehler darin zu sehen, dass der Zweitkorrektor den Antrag zu 2), mit dem der Kläger hilfsweise festgestellt haben will, „dass das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers durch außerordentliche Kündigung vom 15. Juni 2015 zum Tage deren Zustellung aufgelöst worden ist oder durch ordentliche Kündigung vom 2. Februar 2015 zum 15. August 2015“ hin, als völlig verfehlt ansieht.

Unabhängig von der Frage, ob ein Beklagter einen Hilfsantrag stellen kann bzw. ob hier nicht eine Widerklage sinnvoller wäre, verdreht der Kläger mit seinem Hilfsantrag die Rollen und den Streitgegenstand im Kündigungsschutzprozess zu seinen Lasten. Aus dem Mandantenschreiben des Klägers geht hervor, dass die Arbeitgeberin die außerordentliche Kündigung außerprozessual aussprechen soll und der Kläger im Anschluss die Klageerwiderung, die einen auf diese Kündigung bezogen Feststellungsantrag enthält, an das Gericht schicken möchte. Er will die Kündigung daher selbst in den Kündigungsschutzprozess einführen. Das Gesetz sieht in den §§ 7, 4 Satz 1 KSchG jedoch vor, dass es Aufgabe des Arbeitnehmers ist, binnen drei Wochen gerichtlich gegen eine (erneute) Kündigung vorzugehen, wenn er verhindern will, dass sie wirksam wird. Der Arbeitnehmer müsste daher im vorliegenden Fall seinen Klageantrag umstellen bzw. auf die neue Kündigung erweitern (siehe hierzu Müller-Glöge/Preis/Schmidt, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 4 Rn. 23). Stellt der Kläger für die Arbeitgeberin einen eigenen auf die neue Kündigung bezogenen Antrag, vertauscht er die Rollen im Kündigungsschutzprozess, was prozesstaktisch kontraproduktiv ist. Man könnte hier zum einen schon diskutieren, ob ein Arbeitgeber das Wirksamwerden seiner Kündigung gemäß §§ 7, 4 Satz 1 KSchG verhindert, wenn er sie selbst innerhalb der Dreiwochenfrist durch einen eigenen Antrag zum Streitgegenstand des Kündigungsschutzprozesses macht. Jedenfalls stößt der Kläger den Arbeitnehmer noch vor Fristablauf „mit der Nase“ auf die neue Kündigung.

Der Annex des Hilfsantrags „oder durch ordentliche Kündigung vom 2.2.2015“ ist ebenfalls verfehlt, da diese Kündigung durch die Klage des Arbeitnehmers bereits angegriffen war. Die einzig richtige Reaktion wäre insoweit der Antrag auf Klageabweisung gewesen.
c) Es ist kein Bewertungsfehler darin zu sehen, dass der Zweitkorrektor nicht positiv gewürdigt hat, dass der Kläger „entsprechend dem anwaltlichen Gebot des sichersten Weges“ eine außerordentliche Kündigung erklärt hat.
Der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung vom 15. Juni 2015 war verfehlt, da die Arbeitgeberin am 25. Februar 2015 bereits eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hatte, die der Kläger in seiner Klausurbearbeitung jedoch nicht aufgreift. Der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung entspricht schon deshalb nicht „dem anwaltlichen Gebot des sichersten Weges“, da sie mit höheren Hürden als die bereits ausgesprochene ordentliche Kündigung versehen ist (wichtiger Grund, Kündigungserklärungsfrist von zwei Wochen). Dies gilt insbesondere für eine außerordentliche Kündigung in Form der Druckkündigung, welche nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich ist (Verlangen der Entlassung durch einen Dritten; kein anderer Ausweg für den Arbeitgeber, um einen unzumutbaren eigenen Schaden abzuwenden; Versuch, den Druck zunächst abzuwenden; vgl. Palandt, BGB, § 626 Rn. 52).

Auch ist die Erklärung der außerordentlichen Kündigung entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Klägers, dass der Kläger damit beweise, dass er die notwendigen Gestaltungserklärungen auch noch im Schriftsatz für den beklagten Arbeitgeber abgeben könne, nicht als besonders praxistauglich anzusehen. Der Kläger geht nämlich in seiner Klausurbearbeitung tatsächlich gerade nicht davon aus, dass er mit seinem Schriftsatz die Gestaltungserklärung für seine Mandantin abgibt bzw. abgeben kann; er fordert „seine“ Mandantin im Mandantenschreiben auf, eine Kündigung auszusprechen, falls sie mit seinem Vorgehen einverstanden sei („Falls Sie damit einverstanden sind, bitte ich Sie, umgehend eine schriftliche außerordentliche Kündigung […] zu übermitteln und mich danach umgehend zu kontaktieren, um mich darüber zu informieren, ob der Schriftsatz so abgesendet werden soll“).

d) Die Einwendung des Klägers, dass die Ausführungen zur Betriebsratsanhörung im Zusammenhang mit den von ihm geprüften Kündigungen vom 2. Februar 2015 und 15. Juni 2016 vom Zweitkorrektor als falsch bewertet worden seien, während mit ihnen tatsächlich das Gebot des sichersten Wegs eingehalten worden sei, greift nicht durch.
Zusätzlich zu den Ausführungen des Beklagten ist hier anzumerken, dass die Darlegungslast bezüglich etwaiger Fehler bei den Betriebsratsanhörungen in der Klausur beim klagenden Arbeitnehmer lag. Die Fehlerhaftigkeit der Betriebsratsanhörungen war durch den Arbeitnehmer jedoch bisher nicht gerügt worden, so dass kein Anlass für den Kläger bestand, insofern Ausführungen zu machen. Im Gegenteil lenkt der Kläger durch seine Ausführungen die Aufmerksamkeit der Gegenseite auf die Betriebsratsanhörungen. Wie der Beklagte in der Klageerwiderung richtigerweise ausführt, bestehen an der ordnungsgemäßen Durchführung der Anhörungen jedoch Zweifel. Die Aufmerksamkeit der Gegenseite auf die Betriebsratsanhörungen zu lenken, wäre dementsprechend gerade nicht im Interesse der Mandantin gewesen.

e) Die Einwendung des Klägers, dass die abweichende Punktzahl des Zweitkorrektors jeder Grundlage entbehre, bleibt ohne Erfolg.
Zum einen ist ein Zweitkorrektor nicht gehalten, weitere Mängel der Klausurbearbeitung im Vergleich zum Erstkorrektor aufzuzeigen, um seine schlechtere Bewertung zu begründen (vgl. VG München, Urt. v. 22.11.2005 – M 4 K 04.2667BeckRS 2005, 38835). Zum anderen rügt der Zweitkorrektor vorliegend auch Gesichtspunkte, die der Erstkorrektor nicht aufgeführt hat – beispielsweise den ungenauen und unvollständigen Sachvortrag. Aus beiden Gründen ist die abweichende Bewertung durch den Zweitkorrektor nicht zu beanstanden.

f) Auch soweit der Kläger vorträgt, seine Arbeit sei durch besondere Praxistauglichkeit gekennzeichnet, begründet dies keinen Bewertungsfehler des Korrektors.

Wie ausgeführt ist die Arbeit des Klägers an einigen Stellen gerade nicht besonders praxistauglich. Daneben setzt der Kläger hier die eigene Einschätzung seiner Leistung an die Stelle der Korrektoren. Die Frage, ob eine Arbeit besonders praxistauglich ist, fällt jedoch in den – der gerichtlichen Kontrolle nicht unterliegenden – prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum des Prüfers (BVerfG, B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81BverfGE 84, 34 [51 f.])

2. Klausur 7:
Die strafrechtliche Klausur 7 wurde vom Erstkorrektor mit 3 Punkten (mangelhaft) und vom Zweitkorrektor mit 2 Punkten (mangelhaft) bewertet. Sie unterliegt ebenfalls keinen Bewertungsfehlern.

Zur Rüge des Klägers, der Zweitkorrektor habe die Würdigung der Klausurleistung durch den Erstkorrektor nur mit anderen Worten wiederholt und dann aber in nicht nachvollziehbarer Weise nicht 3 sondern nur 2 Punkte vergeben, ist zum einen erneut darauf zu verweisen, dass ein Zweitkorrektor keine erneuten Mängel aufzeigen muss, um zu einer abweichenden Beurteilung zu kommen (vgl. VG München, Urt. v. 22.11.2005 – M 4 K 04.2667BeckRS 2005, 38835).

Zum anderen wiederholt der Zweitkorrektor nicht lediglich die Begründung des Erstkorrektors, sondern gibt ein eigenes Urteil ab. So beschreibt der Zweitkorrektor die vom Erstkorrektor erwähnten Oberflächlichkeiten näher, erwähnt auch die nicht begründete Bejahung der Mordmerkmale „Verdeckungsabsicht“ und „Habgier“ durch den Kläger, kritisiert die unbegründete Annahme eines schweren Raubes und bemängelt, dass die schwere räuberische Erpressung übersehen wurde. All diese Punkte setzen die Bewertung des Zweitkorrektors klar von der des Erstkorrektors ab.

3. Klausur 9:
Die Klausur 9 hatte ihren Schwerpunkt im Europarecht und Kommunalrecht. Sie wurde vom Erstkorrektor mit 3 Punkten (mangelhaft) und vom Zweitkorrektor mit 5 Punkten (ausreichend) bewertet. Auch die Klausur 9 unterliegt keinen Bewertungsfehlern.

Dem Kontext der Klagebegründung ist zu entnehmen, dass der Kläger sich hier gegen die Bewertung des Erstkorrektors wendet und nicht, wie er ausführt, gegen die Bewertung des Zweitkorrektors.

a) Der Kläger trägt vor, dass seine Ausführungen zu Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der europäischen Union -AEUV- entgegen der Ansicht des Korrektors trotz ihrer Mängel als den durchschnittlichen Anforderungen genügend anzusehen seien. Er sei nach dem Grundsatz des sichersten Wegs vorgegangen. Hinsichtlich Art. 56 AEUV finde sich eine hinreichende Grundlage durch den Verweis auf Ausführungen zu Art. 18 AEUV. Insgesamt seien zu Art. 56 AEUV vertretbare Ergebnisse gefunden worden, gerade auch wegen der Differenzierung zwischen Haupt- und Nebentätigkeit.
Die Einwendung des Klägers dringt nicht durch.

(1) Zum einen setzt der Kläger hier wieder die eigene Einschätzung seiner Leistung an die Stelle der Korrektoren. Die Frage, ob eine Arbeit noch durchschnittlichen Anforderungen genügt, fällt jedoch in den – der gerichtlichen Kontrolle nicht unterliegenden – prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum des Prüfers (BVerfG, B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81BverfGE 84, 34 [51 f.]).

(2) Zum anderen kommt der Kläger nicht zu vertretbaren Ergebnissen in Hinblick auf Art. 56 AEUV.

Schon der Aufbau überzeugt nicht, da der Kläger mit dem nachrangigen allgemeinen Diskriminierungsverbot (Art. 18 AEUV) beginnt und erst danach die speziellen Grundfreiheiten, hier Art. 56 AEUV, prüft.

Darüber hinaus verneint der Kläger den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit fälschlicherweise, da er darauf abstellt, dass der Berufungskläger Karl Kremer hauptberuflich Tischler sei und er die Schaustellertätigkeit nur nebenberuflich als „Hobby“ betreibe. Dies ist dem Sachverhalt jedoch so nicht zu entnehmen: Darin wird Karl Kremer klar nur als Schausteller bezeichnet; nur sein Konkurrent Anton Antopoulos ist nicht nur Schausteller, sondern auch noch ein begabter Tischler (ohne dass etwas über das Verhältnis der beiden Tätigkeiten ausgesagt würde). Der Kläger vermischt insofern Sachverhaltsangaben, bzw. interpretiert sie falsch.
Doch selbst wenn man davon ausginge, dass der Berufungskläger Karl Kremer hauptberuflich Tischler wäre und er die Schaustellertätigkeit nur als Hobby betriebe, ist die Annahme des Klägers, dass der Anwendungsbereich des Art. 56 AEUV nicht eröffnet sei, falsch. Der Kläger verneint die Anwendbarkeit von Art. 56 AEUV, da eine gewerbliche Tätigkeit als besondere Art der Dienstleistung im Sinne von Art. 57 Abs. 2 a) AEUV „der Erzielung der Lebenshaltungskosten dienen“ müsse. Dem ist jedoch nicht so. Denn eine Dienstleistung im Sinne der Verträge wird in Art. 57 Abs. 1 AEUV definiert als Leistung, die in der Regel gegen Entgelt erbracht wird, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegt. Hierbei muss keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegen (Streinz, EUV/AEUV, § 56 AEUV Rn. 21). Erst Recht ist es unerheblich, ob eine Tätigkeit der Finanzierung des Lebensunterhaltes dient. Eine Ausnahme von Tätigkeiten aus dem Gewerbebegriff, die bloße „Liebhaberei“ darstellen, ist zwar im Steuerrecht anerkannt (vgl. Blümich, Einkommenssteuergesetz, § 15 Rn. 36), jedoch nicht im Begriff der Dienstleistung gem. Art. 56, 57 AEUV. Auch insofern kommt der Kläger deshalb zu keinem vertretbaren Ergebnis.

b) Der Kläger wendet ein, dass der Erstkorrektor seine „zweite Verteidigungslinie“ zu Art. 56 AEUV auf S. 8 der Bearbeitung angestrichen habe, obgleich diese dazu diene, nicht nur den Schutzbereich sondern auch den Eingriff argumentativ abzusichern. Der Erstkorrektor übersehe damit zum einen, dass dieses stilistische Vorgehen dem Gebot des sichersten Wegs entspreche, weil hilfsweise auch die Beschränkungsmaßnahme angegriffen werde. Zum anderen verweise der Kläger bei Art. 56 AEUV auch auf seine Ausführungen zu den Vergabekriterien „bekannt und bewährt“ sowie „Ortsansässigkeit“, die er im Zusammenhang mit Art. 18 AEUV gemacht habe, was der Korrektor nicht würdige.

Auch mit dieser Einwendung dringt der Kläger nicht durch.
(1) Zunächst ist anzumerken, dass der Erstkorrektor die Ausführungen des Klägers nicht angestrichen, sondern (teilweise) unterringelt bzw. mit einer Ringellinie am Rand versehen hat. Dies muss jedoch nicht automatisch bedeuten, dass der Korrektor den Inhalt als falsch bewertete.
So liegt gerade hinsichtlich des Satzes „Zudem liegt jedoch auch hier keine Beeinträchtigung vor, falls der Anwendungsbereich doch als eröffnet betrachtet werden sollte“ nahe, dass der Erstkorrektor die umständliche Satzkonstruktion hervorheben wollte.

Bezüglich der Ringellinie am Rand auf S. 9 ist anzumerken, dass der Kläger nur bezogen auf die Kriterien „bekannt und bewährt“ auf seine Ausführungen zu Art. 18 AEUV verweist. Verweisungen auf bereits getätigte Ausführungen sind zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden. Allerdings nimmt der Kläger im Rahmen der Ausführungen zu Art. 18 AEUV keine inhaltliche Prüfung der Kriterien „bekannt und bewährt“ vor. In den Ausführungen zu Art. 18 AUEV findet sich insoweit nur folgender Satz: „Insoweit ist es seit 17.12.1995 jedermann unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit oder Sitz bzw. Wohnsitz möglich sich zu bewerben, ggf. eine Zusage zu bekommen und sich als ‚bekannt und bewährt‘ zu erweisen.“ Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den beiden Kriterien findet hier jedoch erkennbar nicht statt, so dass die Verweisung des Klägers insofern ins Leere geht und vom Erstkorrektor zu recht unterringelt wurde. Hinsichtlich des Kriteriums der Ortsansässigkeit ist anzumerken, dass der Kläger schon nicht auf seine Ausführungen zu Art. 18 AEUV verweist. Er macht hier eigene Ausführungen auf S. 9, die der Korrektor jedoch erkennbar gewürdigt hat.

(2) Auch darüber hinaus waren die Ausführungen des Klägers zu einem Eingriff in Art. 56 AEUV inhaltlich nicht ausreichend. Zwar spricht der Kläger verschiedene Eingriffsmodalitäten an, klärt aber nicht, ob eine mittelbare Diskriminierung vorliegt und prüft auch nicht, ob eine allgemeine Beschränkung vorliegt, die ebenfalls rechtfertigungsbedürftig wäre.
c) Die Argumentation des Klägers, dass seine Klausur den in § 44 Abs. 1 JAPO geregelten Anforderungen genüge und besonders praxistauglich sei, geht fehl. Der Kläger setzt hier – erneut – seine eigene Einschätzung an die Stelle der Korrektoren. Die Frage, ob eine Arbeit den Ausbildungszielen genügt bzw. sogar besonders praxistauglich ist, fällt in den – der gerichtlichen Kontrolle nicht unterliegenden – prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum des Prüfers (BVerfG, B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81BverfGE 84, 34 [51 f.]).
III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

IV.
Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.

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