Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19. Dezember 2018 – 11 U 52/18
Zur Berufsunfähigkeit bei Selbständigem mit Ein-Personen-Unternehmen
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 16.01.2018 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus – 6 O 160/14 – nebst dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Cottbus zurückverwiesen.
II. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Landgericht vorbehalten.
III. Das Berufungsurteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
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Der am …04.1974 geborene Kläger, der behauptet, beruflich als selbstständiger Sanitärinstallateur und Anlagenbauer tätig zu sein, verlangt von der Beklagten, einem Lebensversicherer, aus einer gemäß Police Nr. 8393632 vom 14.08.1996 (Kopie Anl. K1/GA I 15 f.) seit 01.09.1996 grundsätzlich zu den Allgemeinen Bedingungen für Berufsunfähigkeitsleistungen (Kopie Anl. K3/GA I 19 f.), künftig zitiert als AB BUZ, bestehenden Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wegen des – zwischen den Parteien streitigen – Eintritts des Versicherungsfalles infolge orthopädischer Beschwerden im Kern die Zahlung einer monatlichen Rente und Beitragsfreistellung ab März 2012. Am 29.05.1999 hatte der Anspruchsteller einer risikoeinschränkenden Sonderklausel zugestimmt (Kopie in Anl. B7/GA I 149, 151), über deren Auslegung sich beide Seiten uneins sind. Zur näheren Darstellung sowohl des Sachverhaltes als auch der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (LGU 2 ff.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
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Beim Landgericht Cottbus, das in der Eingangsinstanz erkannt hat, ist die Klage erfolglos geblieben. Begründend hat die Zivilkammer im Wesentlichen ausgeführt: Eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Klägers von mindestens 50 % lasse sich bereits deshalb nicht feststellen, weil es an einer substantiierten und hinreichend konkreten Tätigkeitsbeschreibung aus gesunden Tagen fehle. Was generell zum Berufsbild eines Anlagenmechanikers für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik gehöre, sei unerheblich. Ebenso wenig helfe es weiter, bei der Beschreibung einer Arbeitswoche nur prozentual anzugeben, welche Anteile auf Tätigkeiten im Heizungsbau, im Sanitärbereich, im Lüftungsbau und auf das Schweißen entfielen und in welchem Umfange diese nicht mehr ausgeübt werden könnten. Zudem sei das klägerische Vorbringen von der Beklagten bestritten worden. Angesichts dessen könne ein gerichtlicher Sachverständiger keine Feststellungen zur Berufsunfähigkeit des Anspruchstellers treffen. Dieser habe trotz wiederholter gerichtlicher Hinweise seinen Vortrag nicht nachgebessert. Wegen der weiteren Details wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils verwiesen (LGU 4 ff.).
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Dieses ist dem Kläger – zu Händen seines erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten laut dessen Empfangsbekenntnis – am 12.02.2018 (GA I 222) zugestellt worden. Er hat am 12.03.2018 (GA II 232) mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel zugleich begründet.
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Der Kläger ficht das landgerichtliche Urteil – im Kern seine bisherigen Darlegungen wiederholend, ergänzend und vertiefend – in vollem Umfange seiner Beschwer an. Hierzu trägt er insbesondere Folgendes vor:
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Zu Unrecht sei die Zivilkammer davon ausgegangen, Versicherungsleistungen könnten erst ab einem Berufsunfähigkeitsgrad von mindestens 50 % verlangt werden; im Streitfall sei die Leistungsstaffel II vereinbart worden, bei der der Schwellenwert laut Informationsschreiben zum Versicherungsschein (Kopie Anl. K4/GA I 22 f.) bereits bei 25 % liege. Außerdem habe die Vorinstanz die Anforderungen an die Darlegung des Berufsbildes überspannt; seine – des Berufungsführers – detaillierten Angaben seien von der Gegenpartei nur aus prozesstaktischen Gründen wiederholt in Detailfragen bestritten worden. Neben Vortrag zu den allgemeinen Aufgaben eines Anlagenmechanikers für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik gebe es – im klägerischen Anwaltsschriftsatz vom 14.09.2016 (GA I 152, 153 ff.) und in dessen Anlage K23 (GA I 176 ff.) – eine den Anforderungen der höchstrichterlichen Judikatur genügende Darstellung der Arbeitsverteilung in gesunden Tagen und nach Erkrankung. Ein hoher Anteil der Tätigkeiten müsse in körperlicher Zwangshaltung ausgeführt werden, was ihm – dem Anspruchsteller – aus gesundheitlichen Gründen ebenso wenig möglich sei wie viele andere berufsbezogene Tätigkeiten. Die Vorinstanz habe insoweit den Kern seines Vorbringens verkannt, entscheidungserhebliche Fragen verfehlt und den Klagevortrag in wesentlichen Teilen übergangen, wodurch sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei. Nicht berücksichtigt habe das Landgericht ferner, dass die Beklagte unter dem 16.03.2015 sogar zu einer befristeten Leistungszusage bereit gewesen sei (Kopie Anl. K20/GA I 82) und sich bereits zuvor in der Lage gesehen habe, im Rahmen der Leistungsprüfung ein Sachverständigengutachten einzuholen (Kopie Anl. K/GA I 31 ff.). Auch in einem Zivilprozess diene die Klärung des Berufsbildes hauptsächlich dazu, die medizinische Begutachtung des Versicherten im Hinblick auf seine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit zu ermöglichen. Einer Vergleichstätigkeit nachzugehen, die er infolge seiner Ausbildung und Erfahrung aufnehmen könne und die seiner bisherigen Lebensstellung entspreche, sei ihm – dem Rechtsmittelführer – nicht möglich.
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Der Kläger beantragt,
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1. das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
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a) ihm – dem Kläger – ab März 2012 aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Lebensversicherung mit der Versicherungsscheinnummer 8393632 eine Rente in Höhe von monatlich € 471,41, zahlbar jeweils vierteljährlich im Voraus, längstens bis zum Vertragsende am 01.09.2021 zu zahlen;
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b) ihn – den Kläger – von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen, insbesondere die eingeschlossene Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, mit der Versicherungsscheinnummer 8393632 ab März 2012 längstens bis zum Vertragsende am 01.09.2021 freizustellen;
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c) ihm – dem Kläger – weitere Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 1.801,66 ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
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2. hilfsweise die angegriffene Entscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt – im Kern die erstinstanzlichen Darlegungen ebenfalls wiederholend, ergänzend und vertiefend – die ihr günstige Entscheidung des Landgerichts. Dazu trägt sie speziell Folgendes vor:
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Dass ein Berufsunfähigkeitsgrad von mindestens 50 % gegeben sein müsse, um überhaupt Versicherungsleistungen beanspruchen zu können, folge aus der risikoeinschränkenden Sonderklausel vom 29.05.1999 (Kopie in Anl. B7/GA I 149, 151). An einer ganz konkreten Arbeitsbeschreibung, durch die die anfallenden Tätigkeiten ihrer Art, ihrem Umfang und ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden, insbesondere für einen medizinischen Sachverständigen, nachvollziehbar werden, fehle es weiterhin. Es werde nicht erkennbar, welche Arbeiten den Beruf des Klägers in gesunden Tagen geprägt hätten. Ein befristetes Leistungsanerkenntnis, dass von ihr – der Beklagten – in anderem Zusammenhang abgegeben worden sei, entbinde den Anspruchsteller im Streitfall nicht von seiner Darlegungs- und Substantiierungslast betreffend das Berufsbild. Angesichts dessen könne sie, die Berufungsgegnerin, hier im Zivilprozess auch keine Verweisungstätigkeiten aufzeigen.
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Der Senat hat mit Verfügung vom 21.08.2018 (GA II 272 ff.) Hinweise erteilt. Auf seine Anregung erklärten sich beide Seiten mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO einverstanden (GA II 280 und 282). Durch Beschluss vom 12.10.2018 (GA II 286 ff.) wurde angeordnet, dass ohne mündliche Verhandlung entschieden werden soll, und der Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, auf den 28.11.2018 bestimmt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der Prozessgeschichte wird ergänzend auf die Anwaltsschriftsätze beider Seiten nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
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A. Die klägerische Berufung ist an sich statthaft und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). In der Sache hat das Rechtsmittel insoweit Erfolg, als es nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO – unter Aufhebung des angefochtenen Judikates und des diesem zugrunde liegenden Prozederes – zur (vom Anspruchsteller hilfsweise beantragten) Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht in Cottbus führt. Das angegriffene Urteil beruht auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO und die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere – dem Kläger zumindest prozessual günstigere – Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Sache bedarf weiterer Verhandlung und das Verfahren des ersten Rechtszuges leidet an einem wesentlichen Mangel, der so erheblich ist, dass es keine gehörige Urteilsgrundlage bietet (vgl. dazu Hk-ZPO/Wöstmann, 7. Aufl., § 538 Rdn. 10, m.w.N.), und aufgrund dessen eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme erforderlich ist. Ob der Rechtsmittelführer gegen die Beklagte aus dem in Rede stehenden Versicherungsgeschäft Ansprüche wegen Berufsunfähigkeit hat, lässt sich ohne Vernehmung mehrerer Zeugen und Einholung wenigstens eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht klären. Die Argumentation der Vorinstanz, wonach es bereits an einer hinreichend konkreten Arbeitsbeschreibung aus gesunden Tagen mit nicht allein prozentualer Angabe der krankheitsbedingten Tätigkeitseinschränkungen fehle, beruht auf einem Verstoß gegen das in dem Art. 103 Abs. 1 GG verankerte Prozessgrundrecht des Anspruchstellers auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Im Ergebnis ist es zu einer von Verfahrensfehlern beeinflussten Erfassung der Tatsachengrundlage durch die Zivilkammer gekommen, an die der Senat durch die Bestimmungen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht gebunden wird (vgl. hierzu Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 529 Rdn. 2 und 2c, m.w.N.). Gerechtfertigt ist die Zurückverweisung trotz ihres Ausnahmecharakters, weil es zur Herbeiführung der Entscheidungsreife der Streitsache noch eines ganz erheblichen Prozessaufwands bedarf und vor dem Senat wegen seiner hohen Geschäftsbelastung mit umfangreichen Bau- und Versicherungssachen, die noch vorrangig zu bearbeiten sind, erst längerfristig ein Termin zur weiteren Sachaufklärung anberaumt werden könnte, so dass sich letztlich die Möglichkeit einer Prozessbeschleunigung bietet. Im Einzelnen gilt Folgendes:
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1. Das Verfahren des ersten Rechtszuges ist mit erheblichen Mängeln behaftet, weshalb es keine Grundlage für eine abschließende Sachentscheidung sein kann.
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a) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt – soweit es im Streitfall von Interesse ist – nach § 2 Abs. 1 AB BUZ vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Wie sich aus § 172 Abs. 2 VVG 2008 entnehmen lässt, der zwar auf sogenannte Altverträge wie das hier in Rede stehende (vor dem 01.01.2008 zustande gekommene) Versicherungsgeschäft weiterhin keine Anwendung findet (Art. 4 Abs. 3 EGVVG 2008), sich aber an der bereits früher ganz einhelligen Vertragspraxis und gefestigten Rechtsprechung orientiert, ist in diesem Zusammenhang auf den zuletzt ausgeübten Beruf abzustellen, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war (vgl. BGH, Urt. v. 30.09.1992 – IV ZR 227/91, LS 1 und Rdn. 16 ff., juris = BeckRS 9998, 166041; Urt. v. 03.04.1996 – IV ZR 344/94, Rdn. 12, juris = BeckRS 9998, 02354; ferner Lücke in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 172 Rdn. 53; jeweils m.w.N.). Da es weder auf die Berufsbezeichnung im Versicherungsantrag noch auf das allgemeine Berufsbild ankommt und der auf Leistung klagende Versicherungsnehmer in einem Zivilprozess wie hier unter anderem die Darlegungslast für die nichtmedizinischen – insbesondere die berufsbezogenen – Anspruchsvoraussetzungen trägt, muss von ihm – der dazu regelmäßig unschwer imstande ist – verlangt werden, in diesem Rahmen eine ganz konkrete Arbeitsbeschreibung zu geben, durch die die für ihn anfallenden Leistungen ihrer Art, ihrem Umfang und ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden (vgl. BGH [IV ZR 227/91] aaO Rdn. 17). Davon ist das Landgericht im Streitfall an sich völlig zutreffend ausgegangen ist (LGU 4 f.).
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b) Indes bleibt stets zu berücksichtigen, dass damit im Kern (nur) bezweckt wird, den außermedizinischen Sachverhalt festzustellen, den das Gericht dem ärztlichen Gutachter – für diesen unverrückbar – vorzugeben hat; ist dem Sachverständigen so bekannt gemacht worden, welche Leistungsanforderungen beruflich an die versicherte Person gestellt sind, erscheint es prinzipiell unbedenklich, ihn dazu Stellung nehmen zu lassen, ob und inwieweit die Fähigkeit, diesen Ansprüchen zu genügen, gesundheitsbedingt eingeschränkt ist (vgl. insb. BGH, Urt. v. 30.09.1992 – IV ZR 227/91, Rdn. 18, juris = BeckRS 9998, 166041). Angesichts dessen dürfen – um die gerichtliche Rechtsverfolgung nicht unnötig und unzumutbar zu erschweren und um ein faires Verfahren zu gewährleisten – die Anforderungen an die Erfüllung der Darlegungslast durch die klagende Partei keineswegs überspannt werden; die Klageabweisung wegen unzureichender Substantiierung des Vortrages zur konkreten Ausgestaltung der in gesunden Tagen ausgeübten Berufstätigkeit muss auf solche Fälle beschränkt bleiben, in denen – trotz eingehender und gegebenenfalls wiederholter gerichtlicher Hinweise gemäß § 139 ZPO – das Berufsbild des Versicherten unklar und widersprüchlich bleibt (so OLG Köln, Urt. v. 10.02.2012 – 20 U 94/11, Rdn. 3, juris = BeckRS 2012, 11009; vgl. dazu ferner BGH, Beschl. v. 07.07.2010 – IV ZR 63/08, juris = BeckRS 2010, 17680; OLG Dresden, Urt. v. 27.03.2018 – 4 U 1519/17, LS 1 und Rdn. 18, juris = BeckRS 2018, 5124; OLG Brandenburg a.d.H., Urt. v. 11.12.2013 – 11 U 172/12, Rdn. 21 ff., juris = BeckRS 2013, 22388).
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c) So verhält es sich im Streitfall jedoch nicht. Der Kläger hat auf die – überwiegend allgemein und sehr knapp gehaltenen – Hinweise des Landgerichts sein Vorbringen beständig nachgebessert, speziell die Beschreibung einer Arbeitswoche nach Art eines Stundenplans eingereicht (Anl. K19/GA I 78 ff.), dafür Zeugenbeweis angetreten (GA I 117, 118), sich im Termin der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 05.07.2016 (GA I 132 f.) bei seiner persönlichen Anhörung zu seinem Berufsbild geäußert, jeweils einen typischen Tagesablauf für Bauarbeiten in den Gewerken Heizungs-, Sanitär-, Lüftungs-, Klima- sowie MSR- und Elektrotechnik mit Angaben zur Arbeitsverteilung in gesunden Tagen und nach seiner Erkrankung vorgelegt (Anl. K23/GA I 176 ff.) nebst schriftsätzlichen Erläuterungen (GA I 152, 153 ff.) sowie eine zeitlich noch detailliertere Aufstellung betreffend die Heizungsbauarbeiten (Anl. K24/GA I 197). Was die Zivilkammer letztlich noch vermisst hat, offenbar eine nicht nur prozentuale Angabe der krankheitsbedingten Tätigkeitseinschränkungen, konnte der Anspruchsteller erst dem angefochtenen Urteil entnehmen, was speziell unter den hier gegebenen Umständen, wo das Landgericht den Anspruchsteller in allen drei erstinstanzlichen Verhandlungsterminen hätte persönlich befragen können, klägerseits um konkrete Hinweise gebeten und zu zwei Terminen, darunter dem letzten, sogar vorbereitend ein Zeuge geladen worden war, überrascht und was das Prinzip der fairen Verfahrensführung verletzt. Unabhängig hiervon sind die Erwägungen der Zivilkammer insoweit nicht verständlich. In Form eines Prozentsatzes anzugeben, welcher Arbeitsanteil auf die einzelnen Gewerke vor und nach der Erkrankung des Berufungsführers entfällt, erweist sich als unproblematisch, da die einzelnen Verrichtungen in den Detaildarstellungen – was ausreichend ist (vgl. insb. OLG Dresden, Urt. v. 27.03.2018 – 4 U 1519/17, LS 1 und Rdn. 18, juris = BeckRS 2018, 5124) – mit Stichpunkten respektive Schlagworten beschrieben wurden, aufgrund derer sich jeder Dritte die ausgeübte Tätigkeit unschwer vorstellen kann. Welche Beschwerden nach der Erkrankung aufgetreten sind und seine berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, hat der Kläger in den Anl. K19 (GA I 78 ff.), K23 (GA I 176 ff.) und K24 (GA I 197) jeweils in einer gesonderten Spalte aufgeführt und den einzelnen Abschnitten zugeordnet sowie im Anwaltsschriftsatz vom 14.09.2016 (GA I 152, 153) ergänzende Ausführungen dazu gemacht. Es trifft somit nicht zu, dass lediglich prozentual angegeben wurde, im welchem Umfange Arbeiten unmöglich geworden sind. Da Ansprüche auch bei teilweiser Berufsunfähigkeit bestehen (§ 1 Abs. 1 UAbs. 3 AB BUZ), ist es zudem nicht zwingend erforderlich, dass Einzelverrichtungen krankheitsbedingt vollständig ausgeschlossen sein müssen. Indem das Landgericht verfahrensfehlerhaft überspannte und kaum nachvollziehbare Anforderungen an den Vortrag des Berufungsführers zu seiner in gesunden Tagen ausgeübten beruflichen Tätigkeit gestellt hat, verschloss es sich der Erkenntnis, dass eine Partei ihrer Darlegungslast bereits dann genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, und verlangte die Darlegung weiterer Einzelheiten; eine solche lediglich scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich gemäß der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschl. v. 22.06.2009 – II ZR 143/08, Rdn. 2, juris = BeckRS 2009, 20294; Beschl. v. 27.09.2016 – VI ZR 565/15, Rdn. 6, juris = BeckRS 2016, 19991; jeweils m.w.N.), der sich der Senat anschließt, als Weigerung dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen; sie ist deswegen nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Klägervortrages.
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2. Aus anderen als den bereits zuvor erörterten Gründen ist der vorliegende Rechtsstreit nicht entscheidungsreif.
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a) Das Landgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass Leistungen aus der in Rede stehenden Berufsunfähigkeitszusatzversicherung infolge der risikoeinschränkenden Sonderklausel, der der Anspruchsteller mit seiner Erklärung vom 29.05.1999 (Kopie in Anlage B7/GA I 149, 151) zugestimmt hat, erst ab einem Grad der Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % geschuldet werden (LGU 4). Die ursprüngliche Vereinbarung der Parteien, wonach die Leistungsstaffel II galt, bei der der Schwellenwert lediglich 25 % beträgt, wurde im Einvernehmen beider Seiten nachträglich entsprechend abgeändert. Gemäß dem eindeutigen Wortlaut der Sonderklausel sind keineswegs nur die Versicherungsleistungen für den Fall ausgeschlossen worden, dass die Berufsunfähigkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit Atemwegserkrankungen des Rechtsmittelführers und deren Folgen steht; vielmehr wurde auch eine generelle Anhebung des Mindestgrades vereinbart. Da der Kläger aber geltend macht, sogar zu 75 % bedingungsgemäß berufsunfähig zu sein (GA I 1, 6), was nach der anfänglichen Regelung Voraussetzung war, um die monatliche Rente in voller Höhe beanspruchen zu können, wenigstens jedoch zu 50 % (GA II 242, 247), wirkt sich die Beantwortung der Frage, welcher Grad an Berufsunfähigkeit überhaupt vorliegen muss, beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht unmittelbar auf die Entscheidungsreife der Rechtssache aus.
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b) Bei selbstständig tätigen Personen wie dem hiesigen Rechtsmittelführer ist regelmäßig ein Organisations- und Direktionsrecht Teil ihres Berufes, was bewirkt, dass sich ihre bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht bereits dann bejahen lässt, wenn sie ihre frühere Tätigkeit in der konkreten Ausgestaltung wegen gesundheitlicher Probleme nicht mehr ausüben können; zu fordern ist außerdem, dass keine Möglichkeit besteht, die bisherige Arbeiten und die der Beschäftigten im Rahmen des fortexistierenden Betriebs in zumutbaren Weise so umzuorganisieren, dass dem Versicherten ein sinnvoller Tätigkeitsbereich verbleibt, den er – trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen – noch in einem die Berufsunfähigkeit ausschließenden Umfange auszufüllen vermag (so insb. BeckOK-VVG/Mangen, 4. Edition, § 172 Rdn. 15, m.w.N.). Der Kläger hat jedoch, wie sich dem Inhalt der Gerichtsakten entnehmen lässt, in gesunden Tagen stets ein Ein-Personen-Unternehmen betrieben. In einer solchen Konstellation liegt die Möglichkeit einer zumutbaren Umorganisation des Betriebes schon generell fern (vgl. dazu OLG Koblenz, Urt. v. 27.03.2009 – 10 U 1367/07, Rdn. 44 f., juris = BeckRS 2009, 12804; ferner Neuhaus, BU-Versicherung, 3. Aufl., Teil F Rdn. 132; Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, VersR-HdB, 3. Aufl., § 46 Rdn. 32). Im Streitfall hat der Anspruchsteller bei seiner persönlichen Anhörung im Termin am 05.07.2016 – laut Protokoll (GA I 132, 133) – zudem (plausibel) dargetan, dass für ihn mit dem Einsatz von Leiharbeitnehmern und der Weitergabe insbesondere von Schweißarbeiten ins Gewicht fallende Einkommenseinbußen (Mehrkosten) verbunden sind.
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c) Da die in § 2 Abs. 1 UAbs. 1 AB BUZ enthaltene Berufsunfähigkeitsdefinition eine sogenannte abstrakte Verweisungsmöglichkeit einschließt, muss zur Schlüssigkeit einer Klage auf Versicherungsleistungen nicht nur dargelegt werden, dass die versicherte Person den Beruf, in dem sie zuletzt in gesunden Tagen tätig war, für mindestens sechs Monate ununterbrochen nicht mehr ausüben kann, sondern ferner dargetan werden, dass sie keine andere (berufliche) Tätigkeit zu verrichten vermag, die auf Grund ihrer Ausbildung und Erfahrung von ihr ausgeübt werden könnte und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspräche, wobei insoweit summarischer Vortrag des Anspruchstellers genügt und es dann dem Versicherer obliegt, gegebenenfalls bestehende Vergleichsberufe aufzuzeigen (so OLG Naumburg, Beschl. v. 02.08.2007 – 4 W 15/07, LS und Rdn. 8, juris = BeckRS 2008, 10405; ferner Neuhaus, BU-Versicherung, 3. Aufl., Teil F Rdn. 284; Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, VersR-HdB, 3. Aufl., § 46 Rdn. 154 ff.). Auf diesen Umstand, der im Verlaufe des Rechtsstreits erster Instanz nicht problematisiert worden war, hat der Senat (wiederholt) hingewiesen. Der Kläger ist daraufhin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 09.11.2018 (GA II 293) seiner Darlegungslast nachgekommen. Die Beklagte hat indes keinerlei Vergleichstätigkeiten aufgezeigt; ihr Einwand, sie sei daran gehindert, weil der Anspruchsteller sein konkretes Berufsbild nicht hinreichend beschrieben habe (GA II 294), greift aus den bereits oben eingehend erörterten Gründen nicht durch.
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B. Über die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Zivilkammer in ihrem Schlussurteil zu befinden, da der Ausspruch über die Kosten des Rechtsstreits prinzipiell einheitlich erfolgen muss und derzeit noch nicht feststeht, welche Partei letztlich inwieweit unterlegen sein wird (vgl. dazu OLG Köln, Urt. v. 18. 03.1987 – 2 U 99/86, BeckRS 9998, 06297 = NJW-RR 1987, 1152; ferner BeckOK-ZPO/Wulf, 30. Edition, § 538 Rdn. 33; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl., § 97 Rdn. 9; Saenger/Gierl, Hk-ZPO, 7. Aufl., § 97 Rdn. 14; Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 538 Rdn. 58). Eine Kostentrennung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO kommt grundsätzlich allein dann in Betracht, wenn das jeweilige Rechtsmittel – was im Streitfalle allerdings nicht zutrifft – vollumfänglich erfolglos geblieben ist (vgl. Hüßtege aaO Rdn. 2 und 8; ferner Zöller/Herget aaO, § 97 Rdn. 7).
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C. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Berufungsurteiles stützt sich auf § 708 Nr. 10 ZPO. Obwohl es selbst keinen vollstreckungsfähigen Inhalt im eigentlichen Sinne hat und die vorläufige Vollstreckbarkeit der angefochtenen Entscheidung gemäß § 717 Abs. 1 ZPO schon mit der Verkündung des aufhebenden Urteils außer Kraft tritt, ist in den Fällen der vorliegenden Art ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erforderlich, weil nach der zwar keineswegs unumstrittenen, aber doch wohl noch immer herrschenden Auffassung, die der Senat teilt, das zuständige Vollstreckungsorgan die Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil laut § 775 Nr. 1 und § 776 Satz 1 ZPO erst einstellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln aufheben darf, wenn ihm eine vollstreckbare Ausfertigung vorgelegt wird (so insb. OLG München, Urt. v. 18.09.2002 – 27 U 1011/01, Rdn. 75, juris; vgl. ferner dazu OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.05.1984 – 10 U 254/83, JZ 1984, 635 = BeckRS 1984, 04042; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 708 Rdn. 9; MünchKommZPO/Götz, 5. Aufl., § 704 Rdn. 6 und § 708 Rdn. 17; Saenger/Kindl, Hk-ZPO, 7. Aufl., § 708 Rdn. 12; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl., § 708 Rdn. 11; Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 538 Rdn. 59; a.M. BeckOK-ZPO/Ulrici, 30. Edition, § 717 Rdn. 5; offen lassend BGH, Beschl. v. 01.08.2013 – VII ZB 1/13, Rdn. 17, juris = BeckRS 2013, 14240; jeweils m.w.N.). Für Schutzanordnungen nach § 711 ZPO ist allerdings schon deshalb kein Raum, weil es an einem vollstreckbaren Leistungsausspruch im Berufungsurteil fehlt.
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D. Die Revision wird vom Senat – in Ermangelung der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG – nicht zugelassen. Denn die vorliegende Rechtssache hat weder grundsätzliche – über den Streitfall hinausgehende – Bedeutung (für eine unbestimmte Vielzahl zu erwartender Streitigkeiten, in denen sich die gleichen Fragen als klärungsbedürftig erweisen) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Judikatur eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Das Berufungsurteil des erkennenden Senats beruht im Kern auf der Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall und auf der Würdigung von dessen tatsächlichen Umständen. Divergenzen zu der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder zu Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte, die höchstrichterlich bisher noch ungeklärte Fragen mit Relevanz für den Ausgang des hiesigen Streitfalls betreffen, sind nicht ersichtlich.
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E. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 36.298,97 festgesetzt. Zugleich macht der Senat von der Möglichkeit des § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG Gebrauch und setzt den Gebührenstreitwert für die Eingangsinstanz ebenfalls auf € 36.298,97 fest. Grundlage für die Wertbestimmung sind § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG, § 9 Satz 1 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG sowie § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 39 Abs. 1 GKG. Als maßgeblich erweist sich das – in den Sachanträgen zum Ausdruck gebrachte – wirtschaftliche Interesse des Klägers und Berufungsklägers an seiner (weiteren) Rechtsverfolgung in der jeweiligen Instanz (betreffend den zweiten Rechtszug vgl. u.a. BeckOK-KostR/Schindler, 23. Edition, GKG § 47 Rdn. 1; BDPZ/Dörndorfer, GKG/FamGKG/JVEG, 4. Aufl., GKG § 47 Rdn. 2 f.). Die Zivilkammer hat in ihrem Festsetzungsbeschluss vom 15.03.2018 (GA I 227R, 229) – ebenso wie der Rechtsmittelführer bei der vorläufigen Wertangabe in der Klageschrift (GA I 1, 14) – übersehen, das im Zeitpunkt der Klageeinreichung, auf den § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG abstellt, schon die Versicherungsprämien bis einschließlich Mai 2014 und – bei vierteljährlicher Zahlung im Voraus – die monatlichen Renten bis inklusive Juni 2014 fällig waren. Wegen der Details wird auf die nachfolgende Tabelle Bezug genommen. Bei den vorgerichtlichen Anwaltskosten des Anspruchstellers handelt es sich um eine Nebenforderung, die nach § 43 Abs. 1 GKG stets streitwertneutral bleibt (vgl. insb. BGH, Beschl. v. 25.09.2007 – VI ZB 22/07, Rdn. 4 ff., juris = BeckRS 2007, 17108; ferner BDPZ/Dörndorfer aaO, § 43 Rdn. 2; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 4 Rdn. 13, m.w.N.).
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