Zum Unterlassungsanspruch wegen unerlaubt zugesandter Werbesendungen per Fax

Landgericht Hamburg, Urteil vom 14.01.2003 – 312 O 443/02

Zum Unterlassungsanspruch wegen unerlaubt zugesandter Werbesendungen per Fax

Tenor

I. Den Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,- €, Ordnungshaft insgesamt höchstsens 2 Jahre)verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zur Förderung des Absatzes von Telefax-Abruf-Diensten per Telefax-Schreiben Kontakt aufzunehmen, und/oder aufnehmen zu lassen und/oder an dieser Kontaktaufnahme mitzuwirken, ohne dass das Einverständnis des Empfängers vorliegt oder, soweit es sich bei diesen um Gewerbetreibende handelt, zu vermuten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die unter I. benannte Verletzungshandlung entstanden ist und noch entsteht.

III. Die Beklagten werden verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Wettbewerbshandlungen gem. Ziffer I. begangen haben, wobei die Werbung nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger im Kalendervierteljahr aufzuschlüsseln ist.

IV. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

V. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits wie Gesamtschuldner.

VI. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung des Klägers in Höhe von

13.000,– € vorläufig vollstreckbar.

Und beschließt:

Der Streitwert wird auf 12.500,– € festgelegt, wovon auf den Klagantrag zu I. 10.000,- €, auf den Klagantrag zu II. 1.200,- €, auf den Klagantrag zu III. 50,- € und auf den Klagantrag zu IV. 1.250,- € entfallen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Rechtsanwalt in Hamburg. Die Beklagte zu 1, befasst sich mit sogenannten 0190-Telefonnummern. Sie ließ sich ein bestimmtes Kontingent dieser Rufnummern reservieren, von denen sie einige zur Nutzung an Dritte überließ. Von der Beklagten zu 1. reservierte 0190-Rufnummern wurden in unaufgefordert per Fax versandten Werbeschreiben für Verbraucherinformationen per Faxabruf in der aus Anlage Js 2 ersichtlichen Weise angegeben. Ob die Versendung dieser Faxe von der Beklagten zu 1. oder von deren Kunden, denen sie die in den Faxen für sie reservierten Rufnummern zur Nutzung überlassen haben will, versandt wurden, ist streitig. Ebenso ist streitig, ob auch, der Kläger derartige unverlangte Faxwerbung erhalten hat.

Der Beklagte zu 2, war zur Zeit der streitgegenständlichen Faxaussendungen Geschäftsführer der Beklagten zu 1.

Der Kläger macht geltend, auch ihm sei die streitgegenständliche Faxwerbung unaufgefordert zugesandt worden. Da in dieser auch Verbraucherinformationen über rechtliche Themen angeboten wurde, sei er als Rechtsanwalt aktivlegitimiert, gegen den in der unverlangten Faxzusendung liegenden Wettbewerbsverstoß vorzugehen. Die Faxversendung sei auch von den Beklagten veranlasst worden. Allenfalls zur Verschleierung der Verantwortlichkeit sei hier zum Schein eine Weitervermittlung der streitgegenständlichen Rufnummern vereinbart worden.

Der Kläger beantragt, wie erkannt,

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, auf die seitens des Klägers verauslagten Gerichtskosten Zinsen gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der Kostenquote zu zahlen.

Die Beklagten beantragen Klagabweisung. Die Beklagten rügen die fehlende Aktivlegitimation des Klägers und machen geltend, die streitgegenständlichen Rufnummern nicht nur zum Schein einem Dritten zur Nutzung überlassen zu haben, der auch in eigener Verantwortung die in Rede stehenden Faxversendungen vorgenommen habe. In der Nutzungsvereinbarung sei von Beklagtenseite ausreichend Vorsorge gegen eine missbräuchliche Verwendung der überlassenen Rufnummern getroffen worden. Auch habe die Beklagte zu 1. ihren Vertragspartner im Hinblick auf die gerügten unaufgeforderten Faxübersendungen zur Rechenschaft gezogen. Die Beklagten seien daher weder Störer noch Mitstörer.

Zur Ergänzung des Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist im wesentlichen begründet.

Der Kläger kann die Beklagten gemäß § 1 UWG darauf in Anspruch nehmen, dass es die Beklagten unterlassen, sich an unerbetener Faxwerbung zu beteiligen. Dass die unerbetene Werbung per Telefax als solche wettbewerbswidrig i.S.v. § 1 UWG ist, zieht auch die Beklagtenseite zu Recht, nicht in Zweifel. Eine derartig unerbetene Faxwerbung hat vorliegend unstreitig stattgefunden. Ob auch der Kläger unaufgeforderte Faxaussendungen erhalten hat, ist vor diesem Hintergrund ohne Bedeutung.

Der Kläger ist zur Geltendmachung des streitgegenständlichen Unterlassungsanspruchs aktivlegitimiert. Es besteht ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Kläger als Rechtsanwalt und dem Vertreiber der beworbenen Informationsdienste, da beide Seiten in gewissen Grenzen substituierbare Informationsleistungen auf rechtlichem Gebiet anbieten.

Die Beklagten haften selbst unter Zugrundelegung des von Beklagtenseite vorgetragenen Sachverhaltes jedenfalls als Mitstörer für die in Rede stehenden Wettbewerbsverstöße. Wie die Beklagten zutreffend ausführen, ist jeder als Mitstörer anzusehen, von dem ernstlich zu befürchten ist, dass er an der wettbewerbswidrigen Handlung eines eigenverantwortlichen Dritten willentlich und adäquat kausal mitwirkt, vorausgesetzt, dass der als Mitstörer in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit besaß, die Handlung zu verhindern. Für die Mitstörereigenschaft ist es weder erforderlich, dass der als Mitstörer in Anspruch Genommene in einem Wettbewerbsverhältnis zum Anspruchsteller steht noch dass ihn ein Verschulden trifft.

Die Beklagten haben jedenfalls in der Weise an der hier streitgegenständlichen unerlaubten Faxwerbung willentlich und adäquat kausal mitgewirkt, dass sie dem Werbungtreibenden 0190-Rufnummern zur Nutzung überlassen haben, die in der streitgegenständlichen Werbung für den gebührenpflichtigen Telefaxabruf angegeben werden. Die Beklagten haben auch die Möglichkeit, derartige Wettbewerbsverstöße zu unterbinden. Sie haben hierzu selbst vorgetragen, entsprechende Vereinbarungen in den Nutzungsüberlassungsvertrag aufgenommen zu haben. Unabhängig davon wäre dieser ais Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund kündbar, wenn die überlassenen Rufnummern fortgesetzt im Zusammenhang mit Wettbewerbsverstößen der vorliegenden Art verwendet werden. Die Beklagten haften daher als Mitstörer für die vorliegende unerlaubte Faxwerbung, ohne dass es darauf ankäme, ob die Beklagten ein Verschulden an der streitgegenständlichen Werbung trifft. Gerade im hier in Rede stehenden Bereich der 0190-Rufnummern ist kein Grund dafür ersichtlich, von der verschuldensunabhängigen Mitstörerhaftung für derartige Wettbewerbsverstöße Ausnahmen vorzusehen. Es würde die Intensivierung der am Markt bereits anzutreffenden weitreichenden mißbräuchlichen Verwendung derartiger Rufnummern geradezu herausfordern, würde man es dem Inhaber derartiger Rufnummern gestatten, die rechtliche Verantwortung für deren Nutzung auf für die Rechtsverfolgung häufig nicht oder nur schwer erreichbare Dritte abzuwälzen, denen er die Rufnummern tatsächlich oder nur zum Schein zur Nutzung überlässt.

Vorliegend kommt hinzu, dass die Beklagten ihren angeblichen Kunden nicht nur die in Rede stehenden Rufnummern übertragen, sondern diesen auch jedenfalls bis zu der aus Anl. 10 ersichtlichen Kündigung mit dem Versand der streitgegenständlichen Faxe beauftragt haben wollen. Danach ergibt sich die Verantwortlichkeit der Beklagten für die in diesem Zusammenhang erfolgte unerbetene Faxwerbung auch aus §13 Abs. 4 UWG.

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch folgt aus § 1 UWG. Die Beklagten haben jedenfalls fahrlässig gehandelt. Faxwerbung der hier in Rede stehenden Art wird gerichtsbekanntermaßen fast ausschließlich ohne Einwilligung der Empfänger versandt. Die Beklagten hätten daher ihrem angeblichen Kunden die in Rede stehenden Rufnummern nach erstmaliger Kenntnisnahme von der streitgegenständiichen Werbung entziehen müssen. Die Beklagten haben selbst nichts dazu dargelegt, aufgrund welcher Umstände sie davon ausgegangen sein wollen, dass es sichergestellt sei, dass diese Faxwerbung nur im wirklichen oder vermuteten Einverständnis der Empfänger versandt werde.

Da der Kläger den ihm entstandenen Schaden derzeit noch nicht beziffern kann, isst die Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO zulässig. Um seinen Schaden beziffern zu können, benötigt der Kläger die beantragten Auskünfte, zu deren Erteilung die Beklagten nach §§ 242, 249 BGB verpflichtet sich.

Nicht begründet ist der auf Feststellung der Zinspflicht gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB gerichtete Feststellungsantrag, Nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Geldschuld während des Verzuges zu verzinsen. Regelmäßig kommt der Schuldner nach § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB erst durch eine Mahnung in Verzug, an der es vorliegend fehlt. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass es aus einem der in § 286 Abs. 2 BGB genannten Gründe vorliegend keiner Mahnung bedurfte hätte, um die Beklagten hinsichtlich der Erstattung der Gerichtskosten in Verzug zu setzen, einen außerprozessualen Kostenerstattungsanspruch diesbezüglich vorausgesetzt.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 ZPO.

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