Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. Oktober 2014 – 12 U 38/14
Auf die für einen Radfahrer mit dem Überqueren eines Bahnübergangs verbundenen Gefahren muss der verkehrssicherungspflichtige Bahnnetzbetreiber selbst dann nicht hinweisen, wenn die Schienen nach dem Verlauf des querenden Weges in einem relativ spitzen Winkel zu passieren sind.(Rn.25)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin wird das am 31. Januar 2014 verkündete Einzelrichterurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt 11.198,88 €.
Gründe
I.
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Wegen der Einzelheiten des in erster Instanz unstreitigen und streitigen Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
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Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte zur Zahlung von 4.799,25 € nebst Zinsen gemäß § 823 Abs. 1 BGB verurteilt und auf die beantragte Feststellung erkannt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte wegen einer Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht aus § 823 Abs. 1 BGB hafte. Nach dem eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. habil. G. vom 3. Oktober 2013 stehe fest, dass der streitgegenständliche Bahnübergang eine besondere Gefahrenquelle für Zweiradfahrer darstelle. Die Breite der Spurrillen zwischen den Schienen und den Ausplattungen im Gleis betrage im Mittel 8,05 cm und im Maximum sogar 8,56 cm. Sie überschreite damit die Vorgaben der Deutschen Bahn AG aus der Richtlinie 815 DB Netz AG, wonach die Spurrillenbreiten zwischen 4,5 und 7,0 cm betragen sollten. Hinzu komme, dass der Bahnübergang in seiner spitzwinkligen zweigleisigen und zur Straße unter einem Winkel von weniger als 30 Grad liegenden Anordnung für Zweiradfahrer ungünstig angelegt sei, da sie die Schienen und damit die vier Spurrillen in einem Winkel befahren müssten, der ein rechtwinkliges Kreuzen der Schienen nicht ermögliche. Der Radfahrer müsse dazu viermal innerhalb von ca. acht Metern Fahrstrecke seine Fahrtrichtung um 45 Grad ändern oder die gesamte Straßenbreite zum Überqueren des Bahnüberganges in Anspruch nehmen. Eine Abänderung dieser Gefahrenlage oder eine Warnung vor dieser wäre der Beklagten zumutbar gewesen. Der Klägerin sei jedoch ein Mitverschulden an dem Unfall in Höhe von einem Drittel anzurechnen, weil ihr die Gegebenheiten des Bahnüberganges bekannt gewesen seien.
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Der Höhe nach stehe ein materieller Schaden von 1.198,88 € fest. Zudem sei angesichts der Verletzungen und Beschwerden der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000,00 € angemessen. Hiervon könne diese jeweils zwei Drittel verlangen. Die Klägerin habe auch das erforderliche Feststellungsinteresse für künftige materielle und immaterielle Schäden. Die Beschwerden am Auge seien noch nicht vollständig verheilt und es sei derzeit auch nicht abzusehen, ob eine Besserung eintrete oder ein Dauerschaden verbleibe.
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Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin die Klageabweisung verfolgt. Sie ist der Ansicht, dass das Landgericht die Anforderungen an ihre Verkehrssicherungspflichten verkannt habe. Sie müsse zwar durch geeignete Vorkehrungen Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden anderer ergreifen, diese würden sich jedoch auf die Maßnahmen beschränken, die ein umsichtiger, verständiger und in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend halte, um andere vor Schäden zu bewahren. Der Bahnübergang sei mangelfrei, ausreichend beschildert und für Verkehrsteilnehmer als mögliche Gefahrenquelle schon von weitem sichtbar. Ein Radfahrer müsse im Bereich von Schienen selbst und auch durch die Anbindung des Straßenbelages an die Schienen erfahrungsgemäß mit besonderen Gefahren rechnen, auf die er sich einstellen müsse. Erforderlichenfalls müsse er beim Passieren eines Bahnüberganges absteigen und das Rad über den Bahnübergang schieben.
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Da die Zeugin M. bekundet habe, dass die Klägerin mitten auf dem Bahnübergang mit dem Fahrrad umgekippt sei, sei auch bewiesen, dass eine breitere Spurrille nicht ursächlich für den Sturz gewesen sei. Dies folge auch aus den vorgelegten Lichtbildern. Danach könne man nur durch einen groben Fahrfehler in die Spurrille geraten. Zudem sei darauf auch erkennbar, dass das geringfügige Überschreiten des Breitenmaßes der Spurrille nicht ursächlich für den Unfall gewesen sei. Auch bei Vorliegen eines ordnungsgemäßen Breitenmaßes der Spurrille hätte das Fahrrad in diese Spur gepasst.
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Darüber hinaus sei auch die Beweiswürdigung des Landgerichts zu beanstanden. Der Gutachter erkläre pauschal und ohne jegliche inhaltliche Begründung, dass sich aus dem Abweichen von den Vorgaben der DB AG eine Gefahr für die Verkehrsteilnehmer ergebe, insbesondere für Zweiradfahrzeuge. Folge man aber der Aussage der Zeugin M., habe die Klägerin mit ihrem Fahrrad zwischen den Messpunkten 4 bis 6 hin zu den Messpunkten 15 bis 17 die Gleisanlage überquert. Nehme man die Durchschnittswerte dieser Messpunkte, so würden die Messpunkte 4 bis 6 eine Spurrillenbreite von durchschnittlich 8,4 cm und die Messpunkte 15 – 17 eine Spurrillenbreite von 7,35 cm haben. Eine so geringe Überschreitung des Breitenmaßes der Spurrille könne aber als Unfallursache ausgeschlossen werden. Die Behauptung des Gutachters, dass Radfahrer viermal innerhalb von ca. acht Metern Fahrstrecke ihre Richtung um 45 Grad ändern müssten, um die vier Spurrillen in einem Winkel befahren zu können, sei ebenfalls nicht zutreffend. Bei realer Betrachtung und lebensnahen Maßstäben müsse auch der Laie zu der Erkenntnis kommen, dass an diesem Bahnübergang trotz Überschreitung der Breitenmaße der Spurrillen ein gefahrloses Überqueren dieses Bahnüberganges durch Zweiradfahrer möglich sei.
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Die Klägerin treffe das alleinige Verschulden, weil sie ortskundig sei und sich der Unfall bei Tageslicht ereignet habe. Sowohl die Zeugin M. als auch bisherige Radfahrer hätten ohne Beanstandungen oder Unfälle diesen Bahnübergang mit dem Fahrrad überquert.
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Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des am 31. Januar 2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Dessau-Roßlau, Geschäftsnummer: 4 O 749/12, die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil, soweit ihre Klage Erfolg hatte. Mit ihrer Anschlussberufung macht sie geltend, dass sie entgegen der Annahme des Landgerichtes kein Mitverschulden an dem Unfall treffe. Erst später habe sie erfahren, dass sie nicht die erste Fahrradfahrerin gewesen sei, die auf diesem Bahnübergang gestürzt sei. Der Unfall sei nicht durch ihre Fahrweise verursacht worden. Sie sei vorsichtig und konzentriert gefahren, was auch die Zeugin M. bestätigt habe. Soweit die Zeugin ausgeführt habe, dass sie (die Klägerin) auf einmal mit ihrem Fahrrad umgekippt sei, habe sie dies jedenfalls dahin eingegrenzt, dass der Unfall sich an der in Fahrtrichtung zweiten Gleisanlage des Bahnüberganges ereignet habe. Gerade für diese beiden Gleise habe der Sachverständige aber ein zu großes Breitenmaß der Spurrille festgestellt. Ein Fahrradfahrer könne sich auch nicht darauf einstellen, dass die Spurrillen des Bahnüberganges eine Gefahr darstellen würden, weil sie breiter sind, als sie eigentlich sein dürften.
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Dass eine entsprechende Abhilfe durch die Beklagte möglich gewesen wäre, beweise der Zustand an einem anderen, in der Nähe gelegenen Bahnübergang an der E. Straße, der mit Gummiplatten belegt sei und bei dem das Breitenmaß der Spurrille mit 60 mm weit geringer sei als das Breitenmaß am Unfallbahnübergang.
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Ferner sei ein Schmerzensgeld mit 6.000,00 € für die erlittenen Verletzungen und Beschwerden zu gering bemessen. Angemessen sei ein Schmerzensgeld von mindestens 8.000,00 €.
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Die Klägerin beantragt im Wege der Anschlussberufung,
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das angefochtene Urteil in den Ziffern 1. und 3. abzuändern und die Beklagte zu Ziffer 1 zu verurteilen, an die Klägerin 9.198,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Dezember 2012 zu zahlen, die Beklagte zu Ziffer 3 zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 399,72 € zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Anschlussberufung zurückzuweisen.
II.
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Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Anschlussberufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
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Die angefochtene Entscheidung beruht auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO), die zu Grunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine abweichende Beurteilung.
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Das Landgericht hat zunächst zu Recht eine Gefährdungshaftung der Beklagten als Bahnbetriebsunternehmen nach § 1 Haftpflichtgesetz verneint. Denn unter dem Betrieb einer Schienenbahn sind die technischen Betriebsvorgänge des Bahnunternehmers zu verstehen, die mit der eigentlichen Beförderungstätigkeit in Zusammenhang stehen. Zwar reicht es aus, dass der Unfall dem Bahnbetrieb zuzurechnen ist. Der Grund für die Gefährdungshaftung des Bahnunternehmers liegt jedoch darin, dass dem Bahnbetrieb im Verhältnis zu anderen Transportbetrieben besondere Gefahren anhaften. Das Haftpflichtgesetz will deshalb die Betroffenen von den spezifischen Auswirkungen der dem Bahnbetrieb eigentümlichen Gefahren schadlos stellen. Ein Unfall, der nur durch eine Betriebsanlage und nicht durch den Bahnbetrieb als solchen verursacht wird, ist jedoch kein Betriebsunfall (z. B. BGH, VersR 1958, 609; OLG Hamm, NZV 1998, 154; Kaufmann, in: Geigel, Haftpflichtprozess, Kapitel 26 Rdn. 24). Hier ist nach der Behauptung der Klägerin der Unfall durch eine zu breite Spurrille an den Schienen verursacht worden. Der Unfall steht also nur im Zusammenhang mit der Betriebsanlage, nicht aber mit den besonderen Gefahren des Bahnbetriebes. Denn Fahrbahnvertiefungen und Spurrillen sind auch bei anderen Straßensituationen außerhalb des Bahnverkehrs möglich.
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Die Klägerin hat allerdings entgegen der Annahme des Landgerichts auch aus § 823 Abs. 1 BGB keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld. Denn die Beklagte hat die ihr für den Bahnübergang zwischen K. und Z. obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt.
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Grundsätzlich ist allerdings derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, auch verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst danach die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Denn eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, ist nicht erreichbar (z. B. BGH VersR 2003, 1319; VersR 2007, 762). Für den Umfang der Verkehrssicherungspflicht sind Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrsweges und seiner Bedeutung maßgebend. Sie umfasst die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Benutzer hinreichend sicheren Straßenzustandes. Grundsätzlich muss sich der Straßenbenutzer allerdings den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich erkennbar darbietet. Der Verkehrssicherungspflichtige muss in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (z. B. BGH VersR 1979, 1055; VersR 1980, 946; Wellner, in: Geigel, a.a.O., 14. Kap., Rdnr. 44). Denn die Verkehrssicherungspflicht dient nicht dazu, das allgemeine Lebensrisiko auf den Sicherungspflichtigen abzuwälzen (z. B. OLG Koblenz, MDR 1999, 39). Eine haftungsbegründende Verkehrssicherungspflicht beginnt grundsätzlich erst dort, wo auch für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintritt und nicht rechtzeitig erkennbar ist
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Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht jedoch nicht verletzt. Zwar steht im Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass die Breite der Spurrillen zwischen den Schienen und den Ausplattungen zwischen den Gleisen nicht den Vorgaben der Deutschen Bahn AG aus der Richtlinie 815 DB Netz AG (Fassung 2008) entspricht. Der Senat geht davon aus, dass der Inhalt dieser Richtlinie die übliche und technisch sinnvolle Verarbeitung bestimmt. Danach soll die Breite zwischen Schienen und Ausplattungen im Gleis grundsätzlich zwischen 45 mm und 70 mm betragen. Tatsächlich beträgt die Spurrillenbreite nach den Messungen des Sachverständigen auf der von der Klägerin benutzten Fahrbahn im Bereich der ersten Schiene (ob der Unfall bei der ersten oder der zweiten Schiene des in Fahrtrichtung der Klägerin zweiten Gleises geschehen ist, konnte nicht festgestellt werden) zwischen 75,9 mm und 85,6 mm, also im Mittel 80,5 mm, und im Bereich der zweiten Schiene zwischen 67,1 mm und 77,9 mm, also im Mittel 72,8 mm. Außerdem steht nach den Messungen des Sachverständigen fest, dass die Bahngleise in einem Winkel von 25,4 Grad zu der Straße verlaufen, wobei der Radfahrer bei der Überquerung des Bahnübergangs eine Strecke von ca. 8 Metern zu fahren hat.
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Die festgestellte Situation des sonst mangelfreien und ordnungsgemäß beschilderten Bahnübergangs begründet allerdings noch keine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten. Denn aus Bahn- bzw. Straßenbahngleisen ergeben sich zwangsläufig insbesondere für Zweiradfahrer bestimmte Gefahren, insbesondere eine geringere Haftfähigkeit der Reifen und hierdurch bedingte Rutschgefahr sowie die Gefahr, mit den Reifen in die Schienenspur geraten zu können und dadurch die Lenkfähigkeit zu verlieren. Solche allgemeinen Gefahren sind aber jedem Zweiradfahrer bekannt oder müssen bekannt sein. Sie haben diese daher hinzunehmen und müssen sich mit ihrer Fahrweise darauf einzustellen (z. B. OLG Koblenz, DAR 2001, 460; OLG Hamm, VersR 1983, 466; OLG Hamm, NZV 1998, 154). Dabei ist im Bereich von Schienen nicht nur durch die Schienenkörper selbst, sondern erfahrungsgemäß insbesondere auch durch die Anbindung des Straßenbelags an die Schienen mit besonderen Gefahren zu rechnen (z. B. OLG Stuttgart, VersR 2004, 215). Es wird daher, auch ohne dass Sicherungsmaßnahmen ergriffen oder auch nur verlangt werden können, von Radfahrern erwartet, dass sie diesen erkennbaren Gefahren durch geeignete Fahrweise begegnen (z. B. OLG Hamm, VersR 1983, 466). Dies geschieht üblicherweise dadurch, dass die Schienen bzw. Spurrillen mit angemessener Geschwindigkeit in einem geeigneten Winkel überfahren werden, der optimal 90 Grad beträgt, aber auch deutlich kleiner sein kann. Ist dies erkennbar nicht gefahrlos möglich, muss von einem Radfahrer erwartet werden, dass er sein Fahrrad dann über den Bahnübergang schiebt. Diese Handlungsmöglichkeit besteht zumindest dann, wenn er die Schienen nicht durch bloße Geradeausfahrt über das rechtwinklig querende Gleis bewältigen kann, weil dieses in einem spitzen Winkel zu der Straße verläuft. Im vorliegenden Fall waren der Bahnübergang und der Gleiskörper sowie deren Anbindung an die Straße fraglos nicht nur an einem Abend im August gegen 18.45 Uhr, sondern auch grundsätzlich gut erkennbar, zumal der Übergang auch durch eine entsprechende Beschilderung angezeigt ist. Ebenso eindeutig und jederzeit erkennbar für den Verkehrsteilnehmer war der Umstand, dass die Gleise in einem spitzen Winkel zur Straße verlaufen. Darauf kann sich aber jeder Radfahrer einstellen und die einzelnen Schienen dann jeweils in einem geeigneten Winkel anfahren, der ein gefahrloses Überfahren sicherstellt. Denn ein erhebliches Versetzen in Richtung Straßenmitte, was die Gefahr einer Kollision mit Kraftfahrzeugen bedingen könnte, ist damit nicht verbunden. Der Radfahrer ist also nicht darauf verwiesen, zum Queren des Bahnübergangs die gesamte Straßenbreite – also beide Fahrspuren – in Anspruch zu nehmen, wie der Sachverständige Dr. G. offenbar angenommen hat. Falls dies ausnahmsweise gleichwohl erforderlich werden sollte, ist es einem sorgfältigen Fahrradfahrer dann jedenfalls zuzumuten in diesem Bereich abzusteigen, falls sonst der übrige Fahrzeugverkehr behindert oder gar gefährdet würde. Dass der Sachverständige den Bahnübergang für die Zweiradfahrer als ungünstig angelegt wertet, bedeutet im Übrigen nicht, dass dieser weitergehend vor Gefahren zu sichern wäre. Es mag zutreffen, dass die Überquerung eines solchen Überganges gegenüber rechtwinklig querenden Bahngleisen für einen Zweiradfahrer unbequemer ist. Er muss sich aber generell immer wieder auf solche oder ähnliche Situationen einstellen, was auch im Eigeninteresse ohne weiteres zumutbar ist. Kann er das Überqueren der Schienen nach der erkennbaren Verkehrssituation nicht fahrend bewältigen, muss er absteigen. Dabei macht es auch keinen Unterschied, dass die Breite der Spurrillen die Vorgaben der internen Richtlinie 815 der DB Netz AG überschritten hat. Die nicht weiter begründete Ansicht des Sachverständigen (der sich das Landgericht pauschal angeschlossen hat), dass die Überschreitung des vorgegebenen Breitenmaßes eine Gefahr für Verkehrsteilnehmer darstelle (insbesondere Zweiradfahrzeuge), teilt der Senat nicht. Wäre der Bahnübergang rechtwinklig zur Straße angeordnet, würde eine um äußerstenfalls 15,6 mm breitere Spurrille offensichtlich keinerlei Probleme oder sonstigen Gefahren für einen Radfahrer bedingen. Im Falle einer eher spitzwinkligen Anordnung – wie hier – mag der Winkel zwischen der breiteren Spurrille und dem Fahrrad, der zu einem Abrutschen des Rades in die Spurrille führen kann, um eine Nuance erhöht sein. Letztlich ist aber entscheidend, dass sich die Klägerin in der für sie erkennbaren Situation gerade auf den spitzwinkligen Verlauf der Gleise einstellen konnte, entweder durch das Überfahren in einem möglichst rechten Winkel oder durch Absteigen und Schieben. Im Übrigen sind ausweislich der vorgelegten Lichtbilder die Spurrillen für einen Radfahrer sehr gut zu erkennen.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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Der Gebührenstreitwert ergibt sich aus §§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 3, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, §§ 3 ZPO.