LAG Hamm (Westfalen), Urteil vom 17.03.2011 – 8 Sa 1854/10
Erhält das vertragswidrige Verhalten des Arbeitnehmers kündigungsrelevante Bedeutung erst durch seine mehrfache Wiederholung und die Summierung der wirtschaftlichen Folgen für den Arbeitgeber (hier: unterlassenes Ausbuchen von „Raucherpausen“ im Arbeitszeiterfassungssystem in 11 Fällen innerhalb sechs Wochen mit der Folge unberechtigten Bezuges von Arbeitsentgelt für 267 Minuten), so beurteilt sich die Frage der Entbehrlichkeit einer Abmahnung jedenfalls dann nicht nach Unrechtsgehalt und Gesamtschaden, wenn der Arbeitgeber aufgrund von Verdachtsmomenten eine Beobachtung des Arbeitnehmers veranlasst hat und jeden Einzelverstoß dokumentieren lässt, jedoch von einem frühzeitigen Eingreifen und einer Abmahnung absieht, ohne dass dies durch Art und Umstände der Pflichtverletzung begründet ist. Kann davon ausgegangen werden, dass bei frühzeitigem Einschreiten weitere Verstöße gegen die Gleitzeitregelung unterblieben wären, scheitert die Wirksamkeit einer fristlosen und fristgerechten Kündigung an der unterbliebenen Abmahnung, welche trotz Eindeutigkeit der Rechtslage und abstrakter Kündigungsandrohung in einem Aushang nicht entbehrlich ist.
Tenor
Unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 11.05.2010 – 1 Ca 3561/09 – abgeändert:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 05.11.2009 noch durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 05.11.2009 beendet worden ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens arbeitsvertragsgemäß weiter zu beschäftigen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen und fristgerechten Kündigung. Hilfsweise begehrt die Beklagte die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung.
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Der im Jahre 1978 geborene Kläger, verheiratet, drei Kinder, ist seit dem 01.02.2000 bei der Beklagten als Sachbearbeiter im Debitorenmanagement gegen ein monatliches Bruttoeinkommen von ca. 2.852,– € beschäftigt. Die Beklagte führt mit mehr als 10 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern ein Unternehmen der Distribution und Logistik von überregionaler Bedeutung. Mit gesonderten Schreiben vom 05.11.2009 (Bl. 9, 10 d. A.) sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger eine fristlose Kündigung sowie eine ordentliche, fristgerechte Kündigung mit Wirkung zum 28.02.2010 aus. Gegen beide Kündigungen wendet sich der Kläger mit seiner am 11.11.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.
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Zur Rechtfertigung der Kündigungen hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger habe es entgegen den Regeln der Rahmentarifvereinbarung „Gleitende Arbeitszeit“ (Bl. 61 ff. d. A.) wiederholt unterlassen, sich bei Verlassen des Großraumbüros zwecks privat veranlasster Arbeitsunterbrechungen an dem im Zugangsbereich des Büroraums befindlichen Terminal abzumelden und sich so Arbeitsvergütung für die Dauer der eingelegten Pausen erschlichen. Nachdem zunächst ein entsprechender Verdacht gegen den Kläger entstanden sei, habe sich im Zuge einer gezielten Beobachtung in der Zeit vom 06.08. bis 07.10.2009 gezeigt, dass der Kläger insgesamt 11-mal seinen Arbeitsplatz verlassen habe, ohne das Zeiterfassungssystem zu bedienen, wobei sich die Gesamtabwesenheitszeit auf 267 Minuten belaufe. Von der Möglichkeit, die Zeiterfassung nachträglich zu korrigieren, habe der Kläger in keinem Fall Gebrauch gemacht. In diesem Verhalten liege eine nachhaltige Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten in Form des Arbeitszeitbetruges mit der Folge, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist unzumutbar sei. Zumindest könne die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordentliche Kündigung zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht beanstandet werden.
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Demgegenüber hat der Kläger geltend gemacht, er habe zu keinem Zeitpunkt selbst veranlasste Pausen eingelegt ohne abzustempeln. Auch wenn er nachträglich zu konkreten Erklärungen für das jeweilige Verlassen des Arbeitsplatzes nicht in der Lage sei, habe sein Verhalten stets mit der Erledigung dienstlicher Angelegenheiten wie Botengängen o. ä. in Zusammenhang gestanden. Soweit es die fristlose Kündigung betreffe, sei im Übrigen die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten, da die Beklagte zwischen Abschluss der Beobachtung (07.10.2009) und Einleitung des Kündigungsverfahrens einen erheblichen Zeitraum habe verstreichen lassen.
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Durch Urteil vom 11.05.2010 (Bl. 129 ff. d. A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens und der gestellten Anträge Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht nach uneidlicher Vernehmung der Zeugen S1 und M1 gemäß dem Terminsprotokoll vom selben Tage die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger in einer Vielzahl von Fällen seinen Arbeitsplatz verlassen habe, ohne die Zeiterfassung zu bedienen. In Anbetracht der klaren Aussage der Zeugen und der Tatsache, dass das Vorbringen des Klägers zu angeblichen Botengängen vollkommen allgemein gehalten sei und damit keine Anhaltspunkte zu Zweifeln biete, stehe fest, dass sich der Kläger in einem Zeitraum von ca. 6 Wochen Arbeitsvergütung für ungefähr 2 ½ Stunden habe bezahlen lassen. Hierin liege ein strafrechtlich relevanter Betrag im Sinne des § 263 StGB. Der Ausspruch einer Abmahnung sei im vorliegenden Fall entbehrlich gewesen, da eine strafbare Handlung des Klägers vorliege; bei einer strafbaren Handlung bedürfe es grundsätzlich keiner Abmahnung. Überdies werde in den Betriebsaushängen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Verstoß gegen die bestehenden Anweisungen zur Bedienung der Zeiterfassung eine fristlose Kündigung nach sich ziehen könne. Entgegen der Auffassung des Klägers sei auch die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. In Anbetracht der Notwendigkeit, die Pflichtverstöße des Klägers im Einzelnen zu sichten und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger vom 21.10.2009 bis zum 04.11.2009 urlaubsbedingt abwesend gewesen sei, könne es nicht beanstandet werden, dass die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung am 05.11.2009 noch ein Gespräch mit dem Kläger habe führen wollen.
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Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung wendet sich der Kläger gegen die vom Arbeitsgericht vorgenommene Beweiswürdigung und wiederholt seinen Vortrag, er habe seinen Arbeitsplatz durchweg nur aus dienstlichem Anlass verlassen. Erst Recht könne dem Kläger kein betrügerisches Verhalten vorgeworfen werden. Weder habe der Kläger Gleitzeitmanipulationen vorgenommen noch stehe der hier erhobene Vorwurf dem Abstempelnlassen von Arbeitszeitnachweisen durch Dritte gleich. Schon die Tatsache, dass er – der Kläger – gelegentlich seine Stempelkarte offen auf dem Schreibtisch habe liegen lassen, mache deutlich, dass dem Kläger jedwede Betrugsabsicht und jedwedes Unrechtsbewusstsein gefehlt hätten. Der vom Arbeitsgericht angenommene Betrugsvorwurf scheitere im Übrigen schon daran, dass der Kläger innerhalb der vereinbarten Arbeitszeit die ihm zugewiesene Arbeit jeweils vollständig erledigt habe, ohne dass die angeblichen Arbeitsunterbrechungen zu Überstunden und diesbezüglicher Mehrarbeitsvergütung geführt hätten. Schließlich habe das Arbeitsgericht zu Unrecht die Einhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB angenommen. Da der letzte Vorwurf vom 21.09.2009 datiere und der Kläger bis zum Urlaubsantritt am 21.10.2009 für ein Anhörungsgespräch zur Verfügung gestanden habe, könne die Kündigung vom 05.11.2009 nicht als rechtzeitig angesehen werden. Der Hinweis der Beklagten, die Personalleiterin T1 sei erst am 26.10.2009 über den Kündigungssachverhalt informiert worden, vermöge hieran nichts zu ändern, da sich die Beklagte die Kenntnis der Vorgesetzten S1 und N1 nach Treu und Glauben zurechnen lassen müsse.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 11.05.2010 aufzuheben und
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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der fristlosen Kündigung der Beklagten vom 05.11.2009 beendet worden ist,
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2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht aufgrund der fristgerechten Kündigung der Beklagten vom 05.11.2009 mit Ablauf des 28.02.2010 beendet worden ist, sondern fortbesteht,
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3. die Beklagte zu verpflichten, den Kläger auf seinem bisherigen Arbeitsplatz für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits weiterzubeschäftigen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen,
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hilfsweise das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aufzulösen.
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Der Kläger beantragt,
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den Auflösungsantrag zurückzuweisen.
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Die Beklagte verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend. Soweit sich der Kläger auch im Berufungsrechtszuge auf angebliche Botengänge o. ä. berufe, sei dieser Vortrag völlig pauschal und nicht einlassungsfähig. Dementsprechend habe das Arbeitsgericht zu Recht einen Arbeitszeitbetrug angenommen. Indem der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verlasse, ohne zu arbeiten, täusche er den Arbeitgeber über den Umfang der Arbeitszeit und erlange so nicht geschuldete Arbeitsvergütung. Hierin liege unzweifelhaft ein Vermögensdelikt zum Nachteil des Arbeitgebers, welches grundsätzlich den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertige. Unabhängig von der Frage der strafrechtlichen Beurteilung sei im Übrigen für die Berechtigung der Kündigung der mit der Verletzung vertraglicher Haupt- oder Nebenpflichten verbundene Vertrauensbruch maßgeblich. Da der Kläger in erheblichem Umfang Arbeitsvergütung erschlichen habe, welche ihm nicht zustehe, könne nicht zweifelhaft sein, dass mit der Wiederherstellung des erforderlichen Vertrauens keinesfalls habe gerechnet werden können. Zu Recht sei das Arbeitsgericht aus diesem Grunde von der Entbehrlichkeit einer Abmahnung ausgegangen. Ohnehin habe der Kläger auch wegen des Betriebsaushangs über Bedeutsamkeit und Folgen einer Gleitzeitmanipulation nicht im Unklaren sein können, so dass es weiterer Hinweise und Warnungen nicht bedurft habe. Soweit es die Einhaltung der Zweiwochenfrist betreffe, komme es auf die Kenntnis des Kündigungsberechtigten und nicht die Kenntnis der Vorgesetzten des Klägers an. Erst am 26.10.2009 sei die von den Mitarbeitern erstellte Dokumentation der Personalabteilung übermittelt worden. Von einer verzögerten Aufklärung des Kündigungssachverhalts könne danach keine Rede sein.
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Von der weiten Darstellung der Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Sie führt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils zur antragsgemäßen Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die angegriffenen Kündigungen nicht beendet worden ist (I). Demgegenüber bleibt der im Wege der Anschlussberufung verfolgte hilfsweise Auflösungsantrag der Beklagten ohne Erfolg (II). Wegen des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses ist die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers für die Dauer des Rechtsstreits verpflichtet (III).
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I. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist weder durch die fristlose Kündigung vom 05.11.2009 noch durch die fristgerechte, mit Wirkung zum 28.02.2010 ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 05.11.2009 beendet worden. Weder liegt ein „wichtiger Grund“ im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vor, welcher der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist unzumutbar macht, noch kann die Kündigung als sozial gerechtfertigt im Sinne § 1 Abs. 2 KSchG angesehen werden.
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1. Soweit es die fristlose Kündigung vom 05.11.2009 betrifft, ist das vom Arbeitsgericht festgestellte bzw. in vollem Umfang als wahr unterstellte Fehlverhalten des Klägers zwar an sich zur Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung geeignet. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalls führt die Interessenabwägung jedoch zu dem Ergebnis, dass der Ausspruch einer fristlosen Kündigung ohne vorangehende Abmahnung als unverhältnismäßig anzusehen ist.
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a) Auf der Grundlage der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger jedenfalls in dem von den Zeugen geschilderten Umfang gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, Arbeitsunterbrechungen aus privaten Gründen – z. B. „Kaffee- oder Raucherpausen“ – im Arbeitszeiterfassungssystem auszubuchen. Da auch nachträglich keine Korrekturbuchung vorgenommen worden ist, hat der Kläger auf diese Weise Arbeitsvergütung ohne Arbeitsleistung erhalten. Gleich, ob der vom Arbeitsgericht genannte Schaden der Beklagten in Höhe von 80,– € sich auf die angenommene Arbeitsversäumnis von etwa 2 ½ Stunden oder auf die gesamte, von der Beklagten behauptete Arbeitsversäumnis von 267 Minuten bezieht, wird deutlich, dass von einer bloßen Bagatelle nicht ausgegangen werden kann. Dies gilt erst recht, wenn nicht allein die von den vernommenen Zeugen bestätigten „Pausenzeiten“ sondern sämtliche dokumentierten 11 Fälle als wahr unterstellt werden.
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b) Zutreffend hat das Arbeitsgericht das unterlassene Ausbuchen der genannten Arbeitsunterbrechungen als erheblichen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten angesehen. Die vom Arbeitsgericht zitierte Regelung unter Ziffer 10 der Rahmenbetriebsvereinbarung „Gleitende Arbeitszeit“ dürfte zwar allein auf die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen zugeschnitten sein und dazu dienen, den Arbeitnehmer trotz freier Arbeitszeitgestaltung zur Einhaltung der Pausen nebst Buchung im Zeiterfassungsterminal zu veranlassen. Unabhängig hiervon nennt Ziffer 19 der Rahmenbetriebsvereinbarung jedoch als kündigungsbedrohten Missbrauch der Gleitzeitregelung ausdrücklich das Registrierenlassen von nicht durch Arbeit ausgefüllter Zeit als Arbeitszeit. Darüber hinaus wird aus dem Betriebsaushang vom 22.09.2005 ohne Weiteres ersichtlich, dass nicht allein (gesetzlich vorgeschriebene) Pausen i.e.S., sondern alle Arbeitsunterbrechungen aus privatem Anlass zu buchen sind.
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c) Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls führt die gebotene Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass der Ausspruch einer fristlosen Kündigung ohne vorangehende Abmahnung als unverhältnismäßig anzusehen ist. Der Beklagten war die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist unzumutbar.
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(1) Das Arbeitsgericht hat seinen Standpunkt, im vorliegenden Fall sei eine Abmahnung entbehrlich gewesen, damit begründet, das Verhalten des Klägers stelle einen strafbaren Betrug i.S.d. § 263 StGB dar. Unabhängig davon, dass es für die rechtliche Beurteilung der Kündigung letztlich nicht auf strafrechtliche Gesichtspunkte ankommt, vermag die Kammer sich der Bewertung als „Arbeitszeitbetrug“ nicht anzuschließen.
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Kennzeichnend für den Straftatbestand des Betruges ist das Vorliegen einer Täuschungserklärung. Lässt der Arbeitnehmer seine Stempelkarte von einem Kollegen abstempeln, obgleich er noch nicht im Betrieb erschienen ist oder den Betrieb bereits verlassen hat, täuscht er den Arbeitgeber über die Dauer seiner Anwesenheit im Betrieb, da dem An- und Abstempeln der Erklärungsgehalt zukommt, den Betrieb persönlich zum dokumentierten Zeitpunkt betreten bzw. verlassen zu haben. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer abstempelt, den Betrieb jedoch sogleich wieder verlässt, um sein Fahrzeug auf dem Werksparkplatz abzustellen. Demgegenüber erklärt der Arbeitnehmer mit dem Abstempeln beim Verlassen des Betriebes nicht, er habe sich während der gesamten dokumentierten Anwesenheitszeit ausschließlich der Arbeit gewidmet. Auch wenn der Arbeitnehmer durch Zeitunglesen o. ä. seine Arbeitspflicht verletzt und nicht verdiente Arbeitsvergütung erlangt, fehlt es an einer Täuschungserklärung gegenüber dem Arbeitgeber, vielmehr beruht die ungekürzte Zahlung der Arbeitsvergütung auf der – im Einzelfall nicht stets realitätsgerechten – allgemeinen Erwartung untadeliger Vertragserfüllung. Soweit demgegenüber der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht den Standpunkt vertreten hat, der Arbeitnehmer bestätige mit dem Ausstempeln konkludent eine durchgängige Arbeitserledigung von Beginn bis zum Ende der dokumentierten Arbeitszeit, überzeugt dies nicht und wird – soweit ersichtlich – in Rechtsprechung und Schrifttum nirgends vertreten.
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Überträgt man diese Grundsätze auf das pflichtwidrig unterlassene Ausbuchen von Arbeitsunterbrechungen, so ist auch hier zu beachten, dass der Arbeitnehmer weder bei Verlassen des Arbeitsplatzes noch bei seiner Rückkehr eine an den Arbeitgeber gerichtete Erklärung abgibt, sondern allein die geforderte Dokumentation unterlässt. Trotz des direkt am Zugang zum Arbeitsplatz installierten Terminals zur Arbeitszeiterfassung beruht die Vorstellung des Arbeitgebers, mangels ausgewiesener Arbeitszeitunterbrechungen habe der Arbeitnehmer durchgängig gearbeitet, nicht auf unrichtigen Erklärungen des Arbeitnehmers. Auch eine Täuschung durch Unterlassen liegt nicht vor, da der Arbeitnehmer nicht zu einer Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber oder anwesenden Vorgesetzten, sondern allein zur korrekten Bedienung der Arbeitszeiterfassungseinrichtung verpflichtet ist.
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Auch aus dem Unterlassen einer Korrekturbuchung folgt nichts anderes. Im Gegensatz zur Vorlage von Besuchsberichten durch einen Außendienstler oder dem Abzeichnen eines vorgelegten Ausdrucks der erfassten Arbeitszeit kann allein in der fehlenden Initiative des Klägers, von sich aus nicht erfasste Arbeitsunterbrechungen zu Korrekturzwecken zu melden, keine Täuschungshandlung gesehen werden. Die Verpflichtung des Arbeitnehmers zu arbeiten anstatt zu pausieren wie auch die Verpflichtung, bei Arbeitsunterbrechungen das Zeiterfassungssystem zu bedienen, sind zu unterscheiden von einer diesbezüglichen strafrechtlich bewehrten Erklärungs- und Offenbarungspflicht. Allein die Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems mit der Verpflichtung, Arbeitsunterbrechungen zu verbuchen, vermag die Grenze zwischen Arbeitszeitversäumnis nebst unberechtigtem Bezug von Arbeitsvergütung einerseits und strafrechtlich relevantem Betrug durch Täuschungshandlung nicht zu verschieben.
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(2) Von der Prüfung, ob unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vor Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung erforderlich war, kann nach alledem nicht mit der Begründung abgesehen werden, mit der Hinnahme einer Vermögensstraftat könne der Arbeitnehmer ohnehin nicht rechnen. Vielmehr kommt es ohne Rücksicht auf strafrechtliche Bewertungsmaßstäbe darauf an, ob im Kündigungszeitpunkt die Prognose berechtigt war, durch Ausspruch einer Abmahnung könne der Kläger zuverlässig zu einem künftigen vertragsgerechten Verhalten veranlasst und das erforderliche Vertrauen in die Vertragstreue des Klägers wiederhergestellt werden.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. die Nachweise bei KR-Fischermeier, 9. Aufl., § 626 BGB Rn 266) bedarf es einer Abmahnung nicht, wenn der Ausspruch einer Abmahnung aussichtslos ist, weil der Arbeitnehmer ohnehin zu einer Verhaltensänderung nicht bereit oder in der Lage ist oder der festgestellten Pflichtverletzung ein solches Gewicht zukommt, dass die Abmahnung nicht mehr als ausreichendes Mittel zur Wahrung der Interessen des Arbeitgebers angesehen werden kann (KR-Fischermeier, a.a.O., Rn. 268). Handelt es sich um schwerwiegende Pflichtverletzungen, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei denen eine Hinnahme des Verhaltens offensichtlich ausgeschlossen ist und kann aus diesem Grunde die eingetretene Erschütterung oder Zerstörung des Vertrauensverhältnisses ohnehin nicht mehr behoben werden, ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch ohne vorangehende Abmahnung gerechtfertigt.
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(a) Stellt man bei der rechtlichen Würdigung auf das Gesamtverhalten des Klägers – 11 nicht gebuchte Arbeitszeitunterbrechungen im Umfang von 267 Minuten – ab, so kann nicht zweifelhaft sein, dass dem Kläger nicht allein die Rechtswidrigkeit seines Handelns als solches, sondern auch die Tatsache bewusst sein musste, dass die Beklagte einen Verstoß gegen die Gleitzeitregelung mit der Folge des unberechtigten Bezuges von Arbeitsentgelt in der hier maßgeblichen Größenordnung mit einem Schaden von ca. 80 € keinesfalls sanktionslos hinnehmen würde. Anders als bei einem einmaligen oder jedenfalls insgesamt unbedeutenden (auch vorsätzlichen) Verstoß gegen die Gleitzeitregelung bestand für die Erwartung, der Arbeitgeber werde allein wegen der im Übrigen zeitgerechten Arbeitserledigung „ein Auge zudrücken“ oder jedenfalls nicht ohne konkrete Warnung zur Kündigung schreiten, bei einem systematischen Missbrauch keine Grundlage.
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(b) Die vorliegende Fallgestaltung ist allerdings durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass die – in ihrem Gesamtumfang zweifellos kündigungsrelevanten – Pflichtverletzungen des Klägers nicht erst zeitnah zur Kündigung bekannt geworden sind. Vielmehr ist der Kläger, nachdem ein entsprechender Verdacht entstanden war, durch gezielte Beobachtung überführt worden. Auch wenn für den Ablauf der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB allein auf die positive Kenntnis des Kündigungsberechtigten abgestellt wird und in diesem Zusammenhang die Kenntnis der Vorgesetzten des Klägers unberücksichtigt bleibt, ist doch zu beachten, dass die Beklagte aufgrund der von ihr veranlassten gezielten Beobachtung des Klägers ohne Weiteres Gelegenheit hatte, sich zeitnah darüber informieren zu lassen, ob der Kläger – dem entstandenen Verdacht entsprechend – Arbeitsunterbrechungen ohne Ausbuchung aus dem Zeiterfassungssystem vornahm. Dementsprechend hätte die Beklagte unschwer bereits nach dem ersten oder zweiten festgestellten Pflichtverstoß – also noch vor der aufsummierten Zeitversäumnis und dem entsprechend hohen Betrag „erschlichener“ Arbeitsvergütung – den Kläger gezielt auf die Vertragswidrigkeit seines Verhaltens hinweisen und sein Fehlverhalten abmahnen können. Stellt man für die Frage der Entbehrlichkeit der Abmahnung wegen Aussichtslosigkeit oder wegen Zerstörung der Vertrauensgrundlage allein auf den Zeitpunkt ab, zu welchem erst eine ein- oder zweimalige Pflichtverletzung des Klägers vorlag, so spricht nach Auffassung der Kammer alles dafür, dass der Kläger sich einsichtig gezeigt, sein Verhalten geändert und den ihm anzulastenden Missbrauch von Kontrolleinrichtungen abgestellt hätte. Zu diesem Zeitpunkt konnte bei verständiger Würdigung auch nicht angenommen werden, jedwedes Vertrauen in die Redlichkeit des Klägers sei bereits unwiederbringlich verloren. Im Hinblick auf eine ein- oder zweimalige – wenn auch vorsätzliche – unterlassene Verbuchung der Pausenzeit könnte damit eine fristlose Kündigung nicht als angemessene Reaktion des Arbeitgebers bewertet werden. Vielmehr überwiegt bei der Bewertung der Umstände des Einzelfalls das Bestandsschutzinteresse des Klägers.
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Dies gilt zum einen unter Berücksichtigung der familiären Situation und langjährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers seit dem Jahre 2000. Auch wenn die Arbeitstätigkeit des Klägers – wie die vorgelegten Abmahnungen erkennen lassen – in fachlicher Hinsicht nicht beanstandungsfrei geblieben ist, hat das Verhalten des Klägers jedenfalls keinen Anlass gegeben, die Vertrauenswürdigkeit des Klägers ansonsten in Zweifel zu ziehen.
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Zum anderen bewirkt die konkrete Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen dazu, dass nach entsprechender Abmahnung ein erneuter Verstoß gegen die bestehenden Gleitzeitregeln als wenig realistisch anzusehen war. Anders als bei einem Arbeitnehmer im Außendienst, dessen Arbeitstätigkeit vom Arbeitgeber nicht unmittelbar überwacht werden kann und anders als bei einem Arbeitnehmer, der seine Arbeit in einem Einzelbüro hinter verschlossenen Türen erbringt, weswegen Anwesenheit und Befassung mit der aufgetragenen Arbeit sich der unmittelbaren Anschauung entziehen, ist wegen der Tätigkeit des Klägers in einem Großraumbüro eine jederzeitige Überwachung der Anwesenheit gegeben. Dass der Kläger nach Abmahnung sein Fehlverhalten unbemerkt hätte fortsetzen können, erscheint damit praktisch ausgeschlossen. Gegebenenfalls wäre neben der Erteilung einer Abmahnung auch die Einführung einer Ab- und Rückmeldepflicht denkbar gewesen, was wegen der Anwesenheit von Vorgesetzten im Großraumbüro auch nicht auf organisatorische Schwierigkeiten gestoßen wäre.
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(c) Geht man dementsprechend davon aus, dass allein ein- oder zweimaliges Fehlverhalten des Klägers als abmahnfähig und abmahnungsbedürftig anzusehen war, so kann der Umstand, dass die Beklagte erst im Anschluss an die von ihr veranlasste längerfristige Beobachtung und nach Auswertung der vorgelegten Dokumentation das Fehlverhalten des Klägers gewichtet und zur Grundlage ihres Kündigungsentschlusses genommen hat, bei der erforderlichen Interessenabwägung nicht unberücksichtigt bleiben. Anders als bei einem erst nachträglich aufgedeckten Fehlverhalten des Arbeitnehmers, bei welchem zwangsläufig das Gesamtverhalten und der angerichtete Gesamtschaden zu bewerten sind, bestand hier ohne Weiteres die Möglichkeit frühzeitigen Eingreifens. Aus welchem Grunde die Beklagte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, ist aus Sicht der Kammer nicht nachzuvollziehen und auch nicht durch überwiegende Arbeitgeberinteressen gedeckt.
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Je nach den Umständen ist zwar im Einzelfall denkbar, dass der Arbeitgeber zur Wahrnehmung berechtigter Interessen ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum beobachtet, um sich ein vollständiges Bild zu verschaffen und insbesondere durch die Dokumentation mehrere Einzelfälle möglichen Einwänden und Ausflüchten begegnen zu können. Dementsprechend könnte eine Kassiererin, welche regelmäßig geringfügige Kassenüberschüsse abzweigt, nicht mit dem Einwand durchdringen, dass im Falle sofortiger Aufdeckung und Abmahnung nur ein Bagatellbetrag unterschlagen worden wäre. Ist nach Art der Tätigkeit das Vertrauen in die Redlichkeit des Arbeitnehmers schon durch einen einmaligen schwersten Pflichtenverstoß beseitigt, erhält die Pflichtverletzung ihre Bedeutung als Kündigungsgrund nicht erst durch längere Beobachtung und die hiermit verbundene Ausweitung des Schadens. Demgegenüber bleibt für die vorliegende Fallgestaltung zu beachten, dass das Fehlverhalten des Klägers erst durch die laufende Wiederholung kündigungsrelevante Bedeutung erhalten hat. Die Tatsache, dass der Kläger nicht nur einmal, sondern – wie als wahr unterstellt wird – 11-mal im Beobachtungszeitraum vertragswidrig die Zeit der Arbeitsunterbrechung nicht gebucht hat, erklärt sich nicht aus einer hartnäckigen, uneinsichtigen Haltung des Klägers oder der Absicht gezielter Schädigung, sondern daraus, dass der Kläger die an die Belegschaft gerichteten Hinweise und Warnungen aus dem Betriebsaushang nicht ernst genommen und in der Vorstellung gehandelt hat, sein Fehlverhalten falle nicht ins Gewicht, weil er die ihm aufgetragene Arbeit zeitgerecht erledige. Soweit die Beklagte hiergegen einwendet, in Anbetracht der klaren Hinweise habe es einer Abmahnung nicht bedurft, ist dem entgegenzuhalten, dass die Abmahnung eines konkret festgestellten Pflichtenverstoßes eine deutlich intensivere Warnwirkung entfaltet, als dies auf ein an die Belegschaft gerichtetes Verbot mit Kündigungsandrohung – im Sinne einer „vorweggenommenen Abmahnung“ – zutrifft. Dass sich der Kläger die abstrakten Hinweise der Beklagten nicht als Warnung hat genügen lassen, rechtfertigt deshalb nicht die Annahme, auch im Falle einer individuellen Abmahnung sei eine Verhaltensänderung nicht zu erwarten gewesen.
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2. Dieselben Gesichtspunkte gelten auch für die soziale Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung vom 05.11.2009. Auch insoweit ist zu beachten, dass die wiederholten Pflichtverletzungen des Klägers, der hiermit verbundene erhebliche Umfang versäumter Arbeitszeit bzw. zu Unrecht beanspruchter Arbeitsvergütung nicht isoliert betrachtet werden können, vielmehr berücksichtigt werden muss, dass die Beklagte durch frühzeitige Abmahnung den Kläger zu einem vertragsgerechten Verhalten hätte veranlassen können. Ausgehend von der Prognose, dass es für diesen Fall nicht zu der festgestellten Häufung der Pflichtverletzungen gekommen wäre und der Kläger sich nach Abmahnung vertragsgerecht verhalten hätte, scheidet auch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordentliche Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist aus.
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II. Der von der Beklagten im Wege der Anschlussberufung für den Unterliegensfall gestellte und bei verständiger Würdigung allein auf die Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung bezogene Auflösungsantrag bleibt erfolglos, da es an einem Auflösungsgrund fehlt.
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Ersichtlich leitet die Beklagte die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus denselben Tatsachen ab, auf welche die Kündigung nicht erfolgreich gestützt werden kann. Will der Arbeitgeber, ohne dass zusätzliche Gesichtspunkte wie etwa ein nicht hinzunehmendes Prozessverhalten des Arbeitnehmers ersichtlich sind, den Auflösungsantrag damit begründen, der vorgetragene und vom Gericht als Kündigungsgrund nicht akzeptierte Sachverhalt mache jedenfalls die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 9 KSchG unzumutbar, bedarf es der Darlegung greifbarer Tatsachen (KR-Spilger, 9. Aufl., § 9 KSchG Rn 58 m.w.N.). Allein aus der Tatsache, dass sich der Kläger in der Vergangenheit pflichtwidrig verhalten hat und damit Zweifel an seiner Redlichkeit entstanden sind, kann aus denselben Gründen, aus welchen sich die Unwirksamkeit der Kündigung ergibt, auch nicht auf einen irreparablen Vertrauensverlust geschlossen werden.
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III. Aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ergibt sich die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger für die Dauer des Rechtsstreits arbeitsvertragsgemäß weiterzubeschäftigen. In Anbetracht der Tatsache, dass sich der Arbeitsvertrag bei der Gerichtsakte befindet und über den Inhalt der vertraglichen Aufgabenstellung unter den Parteien kein Streit besteht, bedarf es keiner Aufnahme näherer Angaben zu Art und Inhalt der Beschäftigung in den Urteilstenor.
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IV. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen, da sie unterlegen ist.
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V. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Die Entscheidung beschränkt sich auf die Anwendung der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Prognoseprinzip bei fristlosen und fristgerechten verhaltensbedingten Kündigungen. Die fallbezogenen Besonderheiten erfordern keine Abweichung oder Fortentwicklung anerkannter Grundsätze, weswegen auch eine grundsätzliche Bedeutung nicht zu erkennen ist.