BGH, Urteil vom 10.02.2011 – I ZR 183/09 – Irische Butter
Irische Butter
1. Nach Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist – ebenso wie zuvor nach § 5 Abs. 5 UWG 2004 – nicht die unzulängliche Bevorratung der beworbenen Ware, sondern die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung unlauter (Rn.21).
2. Zielt ein Unterlassungsantrag durch Formulierungen wie “für Lebensmittel wie nachfolgend abgebildet zu werben” auf das Verbot der konkreten Verletzungsform ab, stellen weitere in den Antrag aufgenommene, die konkrete Verletzungsform beschreibende Merkmale grundsätzlich eine unschädliche Überbestimmung dar (Rn.24).
3. Eine Gleichartigkeit im Sinne von Nr. 5 UWG des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG liegt nur dann vor, wenn das andere Produkt nicht nur tatsächlich gleichwertig, sondern auch aus der Sicht des Verbrauchers austauschbar ist. Wird für ein Markenprodukt geworben, ist daher ein unter einer Handelsmarke vertriebenes Produkt nicht gleichartig, auch wenn es objektiv gleichwertig sein mag (Rn.28).
4. Die in der Regelung der Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG zugrunde gelegte Erwartung, dass eine einschränkungslos angebotene Ware in sämtlichen in die Werbung einbezogenen Filialen in ausreichender Menge erworben werden kann, lässt sich nur durch einen aufklärenden Hinweis neutralisieren, der klar formuliert, leicht lesbar und gut erkennbar ist (Rn.26).
(Leitsatz des Gerichtes)
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Oktober 2009 unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Beklagten im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der in erster Linie gestellten Unterlassungsanträge zum Nachteil der Klägerin erkannt und statt dessen nach den hilfsweise gestellten Unterlassungsanträgen verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Heilbronn vom 11. Dezember 2008 auf die Berufung der Klägerin abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,
– für Lebensmittel (hier: Kerrygold Original Irische Butter) – wie nachfolgend im Urteilstatbestand bei der Wiedergabe des Unterlassungsantrags zu 1 abgebildet – zu werben oder werben zu lassen, wenn diese Produkte nicht zumindest am ersten Geltungstag der Werbung vorgehalten werden;
– für Computerprodukte (hier: 17? LCD-Monitor) – wie nachfolgend im Urteilstatbestand bei der Wiedergabe des Unterlassungsantrags zu 2 abgebildet – zu werben oder werben zu lassen, wenn diese Produkte nicht zumindest am ersten Geltungstag der Werbung bis 14 Uhr vorgehalten werden.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das vorstehende Verbot ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten und im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu zwei Jahren angedroht, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin zu vollziehen ist.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Die Klägerin ist die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverband. Die Beklagte gehört zum Handelskonzern Lidl; nach ihren Angaben ist sie im Konzern allein für die grafisch-fotografische Erfassung und Gestaltung der Anzeigenelemente zuständig. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen zwei Anzeigen auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Die beiden Anzeigen hält sie für wettbewerbswidrig, weil die Kunden über den Vorrat an beworbener Ware in einzelnen Verkaufsfilialen in die Irre geführt worden seien.
2
Im ersten Fall wurde in einer am 21. April 2008 in der „Westdeutschen Zeitung“ erschienenen Anzeige für die Zeit vom 21. bis 26. April 2008 unter anderem das Produkt „ Kerrygold Original Irische Butter“ mit der Angabe „– 23%! … -,99“ für die 250g-Packung beworben. Zu dem in der Fußzeile der Anzeige gegebenen Hinweis „ *Dieser Artikel kann aufgrund begrenzter Vorratsmenge bereits am ersten Angebotstag ausverkauft sein“ führte dabei – anders als bei anderen in der Anzeige beworbenen Produkten – kein Sternchenhinweis. Der Artikel war am 21. April 2008 zwischen 12.00 und 13.00 Uhr in zwei Lidl-Filialen in dem Gebiet, auf das sich die Werbung bezog, nicht erhältlich, weil er – wie die Nachfrage beim Verkaufspersonal jeweils ergab – bereits ausverkauft war.
3
Im zweiten Fall wurde in einer am 17. Februar 2008 in der Zeitung „Extra-Tipp“ aus Anlass der Wiedereröffnung einer Lidl-Filiale in Krefeld erschienenen Anzeige unter anderem für einen 17-Zoll-LCD-Monitor mit einer Preisreduzierung von 149 € auf 77,77 € geworben. Die Fußzeile, die über den hier in der Werbung enthaltenen Sternchenhinweis erreicht wurde, war ebenso formuliert wie die Fußzeile der am 21. April 2008 erschienenen Werbung. Der Monitor war für Verbraucher bereits zum in der Anzeige angegebenen Zeitpunkt der Wiedereröffnung der Filiale am 18. Februar 2008 um 8.00 Uhr nicht erhältlich.
4
Die Klägerin hat mit ihrer nach erfolgloser Abmahnung erhobenen Klage beantragt,
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die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs zu unterlassen,
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1. für Lebensmittel wie nachfolgend abgebildet (hier Kerrygold Original Irische Butter ) zu werben oder werben zu lassen, wenn diese Produkte nicht zumindest am ersten Geltungstag der Werbung vorgehalten werden:
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2. für Computerprodukte wie nachfolgend abgebildet (hier 17” LCD-Monitor ) zu werben oder werben zu lassen, wenn diese Produkte nicht zumindest am ersten Geltungstag der Werbung bis 14.00 Uhr vorgehalten werden:
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Darüber hinaus hat die Klägerin Abmahnkosten in Höhe von 200 € ersetzt verlangt.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
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Im zweiten Rechtszug hat die Klägerin ihre vor dem Landgericht gestellten Anträge als Hauptanträge weiterverfolgt und hilfsweise das Verbot der beanstandeten Werbung begehrt, wenn nicht bezüglich der beworbenen Produkte darauf hingewiesen wird, dass bei ihnen mit der Möglichkeit eines Ausverkaufs bereits am ersten Geltungstag der Werbung (bei Lebensmitteln) bzw. am ersten Geltungstag der Werbung vor 14.00 Uhr (bei Computerprodukten) gerechnet werden muss.
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Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage mit den vor dem Landgericht gestellten Unterlassungsanträgen bestätigt. Den im zweiten Rechtszug gestellten Unterlassungshilfsanträgen sowie dem Zahlungsantrag hat es stattgegeben.
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Unterlassungshauptanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen, und erstrebt mit der Anschlussrevision weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
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Die in der Berufungsinstanz gestellten Unterlassungshauptanträge seien unbegründet, weil das maßgebliche neue Recht mit der an die Stelle des § 5 Abs. 5 UWG 2004 getretenen Regelung in Nummer 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 das Charakteristische des Unlauterkeitsvorwurfs von einer unzulänglichen Bevorratung zu einer unzureichenden Aufklärung verschoben habe; anders als nach altem Recht könnten nunmehr keine Vorgaben für die Bevorratung gemacht werden.
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Die in zweiter Instanz zulässigerweise gestellten Unterlassungshilfsanträge seien demgegenüber begründet. Die Beklagte sei passivlegitimiert, weil sie sich im arbeitsteilig aufgestellten Lidl-Konzern dadurch als Verantwortliche der streitgegenständlichen Werbung geriert habe, dass die Zeitungsanzeigen keinen Hinweis auf die genaue Identität des verantwortlichen Unternehmens enthielten, eine Kennung vielmehr nur unter „LIDL“ und „www.lidl.de“ erfolgt sei und die Beklagte unter dieser Internetadresse als einziges und verantwortliches Unternehmen genannt werde. Dies gelte umso mehr deshalb, weil der Kern der Unlauterkeit nicht in der Fehlbevorratung, sondern in der in den Anzeigen selbst enthaltenen unzureichenden Aufklärung gelegen habe.
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Die streitgegenständliche Werbung habe nach altem Recht gegen § 5 Abs. 5 UWG 2004 verstoßen. Soweit die verbilligte Butter beworben worden sei, habe die Werbung keinen Hinweis auf die danach nicht angemessene Bevorratung enthalten. Das bei der Werbung für den Monitor angebrachte Sternchen sei für eine weiterführende Verweisfunktion schon zu undeutlich gewesen. Zudem habe der in der Fußzeile gegebene Hinweis nicht der Verbrauchererwartung entgegengewirkt, dass der Monitor zumindest bei Öffnung der Filiale erhältlich sei.
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Nach neuem Recht habe die streitgegenständliche Werbung gegen Nummer 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 verstoßen. Bei der für einen festen Zeitraum beworbenen und unter 32 Lebensmittelprodukten auch in der Bandbreite der dortigen Preisherabsetzungen nicht unerheblich ermäßigten Butter habe der Verbraucher, selbst wenn es sich nur um einen verbilligten Artikel des Dauersortiments gehandelt haben sollte, davon ausgehen dürfen, dass das beworbene Produkt jedenfalls am ersten Tag vorrätig sein werde. Nichts anderes gelte für den Monitor. Die entsprechende Werbung habe dem Verbraucher den Eindruck einer besonderen Gelegenheit und deshalb auch einer besonders nachhaltigen Bevorratung und Lieferfähigkeit vermittelt.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit die in erster Linie gestellten Unterlassungsanträge abgewiesen worden sind, und zur Verurteilung der Beklagten nach diesen Anträgen. Da die Klage mit den in erster Linie gestellten Unterlassungsanträgen Erfolg hat, bedarf es keiner Entscheidung mehr über die hilfsweise gestellten Unterlassungsanträge. Die Anschlussrevision geht daher insofern ins Leere.
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1. Zur Revision
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Das Berufungsgericht hat die Klage zu Unrecht mit den in erster Linie gestellten Unterlassungsanträgen abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sowohl nach dem im Zeitpunkt der beanstandeten Werbung geltenden alten Recht (§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3, §§ 3, 5 Abs. 5 Satz 1 und 2 UWG 2004) als auch nach dem nunmehr geltenden neuen Recht (§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang Nr. 5 UWG 2008) zu.
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a) Nach der Bestimmung der Nummer 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008, durch die Nummer 5 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt worden ist, stellt es eine stets irreführende geschäftliche Handlung dar, wenn ein Unternehmer zum Kauf von Waren auffordert (§ 5a Abs. 3 UWG), ohne darüber aufzuklären, dass er hinreichende Gründe hat anzunehmen, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichwertige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zu dem genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen. Nach dieser Regelung ist – wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat – nicht die unzulängliche Bevorratung der beworbenen Ware, sondern die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts entspricht dies jedoch der Sache nach altem Recht. Denn nach § 5 Abs. 5 Satz 1 UWG 2004 stellte es eine irreführende Werbung dar, wenn für eine Ware geworben wurde, die nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage vorgehalten war (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 5 Rn. 8.1). Auch nach altem Recht konnte der Werbende eine Irreführung ohne weiteres dadurch ausschließen, dass er in der Werbung die konkrete Warenmenge angab oder durch andere aufklärende Hinweise einer Fehlvorstellung der Werbeadressaten entgegenwirkte (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 5 Rn. 8.6 mwN).
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b) Die Klägerin hat mit den Unterlassungshauptanträgen das Verbot einer nach § 5 Abs. 5 Satz 1 UWG 2004 sowie nach Nr. 5 Satz 1 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 als irreführend beanstandeten konkreten Werbung begehrt. Es hätte danach der Beklagten, die für diese Werbung verantwortlich war (vgl. dazu unten II 1 e), nach § 5 Abs. 5 Satz 2 UWG 2004 ebenso wie nach Nr. 5 Satz 2 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 oblegen, Gründe darzutun, die eine geringere als die nach den (Haupt-)Anträgen erforderliche Bevorratung (Unterlassungsantrag zu 1: „zumindest am ersten Geltungstag der Werbung“, Unterlassungsantrag zu 2: „zumindest am ersten Geltungstag der Werbung bis 14 Uhr“) rechtfertigten (vgl. dazu Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 5.5 und § 5 Rn. 8.13 f.).
23
Dieser Darlegungslast ist die Beklagte, wie das Berufungsgericht im Einzelnen ausgeführt hat, nicht hinreichend nachgekommen. Die insofern im Rahmen der Anschlussrevision erhobene Rüge, in der eine Gegenrüge der Revisionserwiderung zu sehen ist, ist nicht begründet. Sie verweist lediglich auf den Vortrag zum Abverkauf der Butter an den verschiedenen Verkaufstagen, den das Berufungsgericht zu Recht als nicht ausreichend angesehen hat. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
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c) Die in erster Linie gestellten Unterlassungsanträge zielen, wie sich aus der Formulierung ergibt („für Lebensmittel [bzw. Computerprodukte] wie nachfolgend abgebildet … zu werben“), auf ein Verbot der konkreten Verletzungsform ab. Der anschließende Konditionalsatz („wenn diese Produkte nicht zumindest am ersten Geltungstag der Werbung [bzw. am ersten Geltungstag der Werbung bis 14.00 Uhr] vorgehalten werden“), der das Verbot unter eine zusätzliche Bedingung stellt, kann naturgemäß nicht auf ein Klageziel gerichtet sein, das über die konkrete Verletzungsform hinausgeht. Was die Beschreibung der konkreten Verletzungsform angeht, handelt es sich daher um eine unschädliche Überbestimmung (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2005 – I ZR 252/02, GRUR 2006, 164 Rn. 14 = WRP 2006, 84 – Aktivierungskosten II). Der Zusatz erfüllt aber über die Konkretisierung des beanstandeten Verhaltens hinaus eine weitere Funktion: Er macht deutlich, in welchem Umfang die Klägerin über die Umstände des konkret beanstandeten Verhaltens hinaus (hier: beworbene Ware schon am ersten Geltungstag der Werbung zwischen 12 und 13 Uhr nicht mehr erhältlich bzw. Ware schon bei Geschäftsöffnung am ersten Geltungstag nicht mehr erhältlich) andere Verletzungshandlungen als im Kern gleichartig ansieht. Die Fassung der Unterlassungsanträge begegnet auch insofern keinen Bedenken.
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aa) Da die beworbene Butter in den beiden Lidl-Filialen am 21. April 2008 bereits zwischen 12.00 und 13.00 Uhr nicht mehr erhältlich war, bestehen gegen die Begründetheit des Unterlassungs(haupt)antrags zu 1 im Blick auf die erforderliche Wiederholungsgefahr auch insoweit keine Bedenken, als er auch Fälle erfasst, in denen der Warenvorrat erst am Nachmittag des ersten Tages erschöpft ist. Entsprechendes gilt für den Unterlassungs(haupt)antrag zu 2.
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bb) Hinsichtlich der Werbung für den Bildschirm hat das Berufungsgericht im Rahmen der Behandlung der hilfsweise gestellten Anträge darauf abgestellt, dass das dort hinter dem herabgesetzten Preis angebrachte Sternchen zu undeutlich sei, um „eine weiterführende Verweisfunktion auszuüben“. Auch hiergegen wendet sich die Revisionserwiderung ohne Erfolg. Die der Bestimmung der Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 zugrunde liegende Regelerwartung, dass eine einschränkungslos angebotene Ware in sämtlichen in die Werbung einbezogenen Filialen in ausreichender Menge erworben werden kann, kann nur dadurch ausgeräumt werden, dass sie durch einen aufklärenden Hinweis wirksam neutralisiert wird (Fezer/Peifer aaO Anhang UWG Nr. 5 Rn. 17 f. mwN). Ein solcher aufklärender Hinweis muss daher klar formuliert, leicht lesbar und gut erkennbar sein (Fezer/Peifer aaO Rn. 18). Das Berufungsgericht hat im konkreten Fall das Vorliegen der zuletzt genannten Voraussetzung in tatsächlicher Würdigung des Sachverhalts verneint. Ein Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten ist insoweit nicht ersichtlich.
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cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts muss der auf die konkrete Verletzungsform abstellende Unterlassungsantrag nicht unter die Bedingung gestellt werden, dass die beanstandeten Anzeigen keinen oder keinen ausreichenden Hinweis auf die eingeschränkte Verfügbarkeit der beworbenen Waren enthalten. Dass die Frage, ob der Verkehr durch eine Anzeige irregeführt wird, von aufklärenden Hinweisen abhängen kann, ist eine Selbstverständlichkeit, die keiner Erwähnung bedarf. Da die konkret beanstandeten Anzeigen nach den zutreffenden Erwägungen, die das Berufungsgericht im Rahmen der Erörterung der Hilfsanträge angestellt hat, keine hinreichende Aufklärung über die mangelnde Verfügbarkeit der fraglichen Waren enthalten, ist ohne weiteres von ihrer Wettbewerbswidrigkeit nach § 5 Abs. 5 Satz 1 UWG 2004 und nach Nr. 5 Satz 1 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 auszugehen. Da die Unterlassungs(haupt)anträge auf das Verbot der konkreten Verletzungsform abzielen, ist es Sache des Beklagten, Wege zu finden, die aus dem Verbot herausführen (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 2002 – I ZR 317/99, GRUR 2002, 706, 708 = WRP 2002, 691 – vossius.de; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 51 Rn. 25, jeweils mwN).
28
d) Hinsichtlich des Unterlassungsantrags zu 1 rügt die Revisionserwiderung ferner vergeblich, dass das Berufungsgericht die in den Lidl-Filialen jeweils vorgehaltene Butter der (Eigen-)Marke „ Milbona “ zu Unrecht nicht als gleichartiges Produkt im Sinne von Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 angesehen hat. Eine solche Gleichartigkeit liegt nur dann vor, wenn das andere Produkt tatsächlich gleichwertig und zudem aus der Sicht des Verbrauchers, bei der auch subjektive Gesichtspunkte wie der Wunsch nach Erwerb eines bestimmten Markenprodukts eine Rolle spielen können, austauschbar ist (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des UWG 2008, BT-Drucks. 16/10145, S. 13, 31). Dass die zweite dieser beiden Voraussetzungen erfüllt war, hat die Beklagte selbst nicht vorgetragen.
29
e) Die Revisionserwiderung wendet sich auch vergeblich dagegen, dass das Berufungsgericht die Beklagte als passivlegitimiert angesehen hat.
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aa) Schuldner der in § 8 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung im Sinne von § 3 UWG 2004, §§ 3, 7 UWG 2008 selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2007 – I ZR 60/05, GRUR 2008, 530 Rn. 21 = WRP 2008, 777 – Nachlass bei der Selbstbeteiligung; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 2.5; Fezer/Büscher aaO § 8 Rn. 120). Im Falle der Verbreitung wettbewerbswidriger Äußerungen in Medien haftet neben dem Urheber jeder an der Weitergabe und der Verbreitung Beteiligte, soweit sein Verhalten eine Wettbewerbshandlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 bzw. eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008 darstellt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 2.10 mwN). Die zuletzt genannte Voraussetzung hat zur Folge, dass Personen, die zwar rein tatsächlich an einer Verletzung mitwirken, aber – wie etwa Plakatkleber oder Prospektverteiler – nicht entscheidungsbefugt und in völlig untergeordneter Stellung ohne eigenen Entscheidungsspielraum tätig sind, in der Regel nur bei vorsätzlichem Handeln als Gehilfen zur Verantwortung gezogen werden können (§ 830 Abs. 2 BGB; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 2.7).
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bb) Von einer in vergleichbarer Weise völlig untergeordneten Stellung kann bei der Beklagten, die ihren eigenen Angaben zufolge im Lidl-Konzern für die grafisch-fotografische Erfassung und Gestaltung der Anzeigenelemente zuständig ist, nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat sich nach den getroffenen Feststellungen zudem dadurch als Verantwortliche der streitgegenständlichen Werbung geriert, dass die beanstandeten Anzeigen keine Hinweise auf die genaue Identität des verantwortlichen Unternehmens enthalten, sondern eine Kennung allein unter „LIDL“ und „www.lidl.de“ erfolgt und die Beklagte unter dieser Internetadresse als einziges und verantwortliches Unternehmen genannt wird. Unter diesen Umständen wäre es Sache der Beklagten gewesen darzulegen, dass sie entgegen dem für Außenstehende dadurch erweckten Eindruck tatsächlich nicht in der Lage war, auf den Inhalt der beanstandeten Werbung auch nur in der Weise Einfluss zu nehmen, dass sie nach bekannt gewordenen Beanstandungen darauf hinwirken konnte, dass entsprechende Verstöße in Zukunft unterblieben. Soweit die Beklagte die Bejahung ihrer Passivlegitimation durch das Berufungsgericht in der Anschlussrevisionsbegründung beanstandet hat, hat sie auf keinen von ihr in dieser Hinsicht in den Vorinstanzen gehaltenen Vortrag verwiesen.
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2. Zur Anschlussrevision
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a) Soweit sich die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision gegen die Verurteilung nach den in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Unterlassungsanträgen wendet, gehen ihre Angriffe ins Leere. Da die Abweisung der Klage mit den in erster Linie gestellten Unterlassungsanträgen zu Unrecht erfolgt ist, sind die hilfsweise gestellten Anträge nicht mehr Gegenstand der Prüfung.
34
b) Den von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch hat das Berufungsgericht mit Recht als aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG 2004, § 286 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 288 Abs. 1 und 2 BGB begründet angesehen.
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III. Danach ist das Urteil des Berufungsgerichts auf die Revision der Klägerin unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Beklagten im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als es die Abweisung der Klage mit den Unterlassungshauptanträgen durch das Landgericht bestätigt hat. Da die erforderlichen Feststellungen getroffen sind, ist die Sache zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dementsprechend ist die Beklagte nach den Hauptanträgen zur Unterlassung zu verurteilen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.