Überbrückungsgeld für Arbeitslose auch bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Ausland

Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.09.2011 2011 – L 7 AL 104/09

Überbrückungsgeld für Arbeitslose auch bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Ausland

Nehmen Arbeitslose eine selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit auf, können sie in der Zeit nach der Existenzgründung eine finanzielle Förderung zur Sicherung ihres Lebensunterhalts beanspruchen. Dies gilt auch für eine Tätigkeit im Ausland, so der 7. Senat des Hessischen Landessozialgerichts in einem heute veröffentlichten Urteil.

Ein arbeitsloser Diplom-Betriebswirt beantragte im Jahre 2005 Überbrückungsgeld für die Übernahme einer Pizzeria im österreichischen Ried im Innkreis. Dies lehnte die Bundesagentur mit der Begründung ab, dass nur Tätigkeiten in Deutschland gefördert werden. Der Arbeitslose verwies darauf, dass er seinen Wohnsitz im Main-Taunus-Kreis behalte und die Gewinne in Deutschland versteuere.

Das Hessische Landessozialgericht verurteilte die Bundesagentur zur Leistung. Überbrückungsgeld (seit August 2006: Gründungszuschuss) solle in erster Linie Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden. Dieses Ziel könne ebenso durch die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Ausland erreicht werden. Auf einen Wohnsitz in Deutschland komme es nicht einmal an.

Die Darmstädter Richter verwiesen auf die gesetzliche Regelung zur Förderung der beruflichen Eingliederung. Insoweit sei ausdrücklich geregelt, dass auch eine Beschäftigungsaufnahme in der Europäischen Union sowie dem Europäischen Wirtschaftsraum gefördert werden könne.

Hinweise zur Rechtslage

§ 57 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der Fassung von 2005

(1) Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, haben zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf Überbrückungsgeld.
(2) …

§ 57 SGB III (aktuelle Fassung)

(1) Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, haben zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss.
(2) …

§ 45 SGB III (aktuelle Fassung)

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. (…)

(2) Nach Absatz 1 kann auch die Anbahnung oder die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (…) in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz gefördert werden.

(3) …

Quelle: Pressemitteilung 28/11 des Hessischen Landessozialgerichtes vom 12. Oktober 2011

Dieser Beitrag wurde unter Sozialrecht abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.