Landgericht Heidelberg, Urteil vom 13.12.2013 – 3 S 24/13
Ortschaftsrat muss Leserbrief-Kritik (Vorwurf angeblich fremdenfeindlicher Äußerungen) hinnehmen
Der Kläger in einem aktuell entschiedenen Berufungsverfahren des Landgerichts Heidelberg ist Ortschaftsrat eines Ortsteils der Stadt Neckargemünd. Am 26.11.2012 fand im Zusammenhang mit der geplanten Errichtung eines Funkmastes eine außerordentliche öffentliche Sitzung des Ortschaftsrats statt. In einer vorangegangenen Bürgersprechstunde hatte ein Anhänger der Bürgerinitiative gegen den Funkmast eine Erklärung in englischer Sprache mit beleidigendem Inhalt gegenüber dem Ortsvorsteher abgegeben. Unter Bezugnahme auf diese englischsprachige Erklärung verlas der Kläger eine eigene Erklärung, in der er sich für die Errichtung des Funkmastes aussprach. Unter anderem führte er Folgendes aus: „Da wagt sich ein neu hinzugezogener Bürger, welcher nicht einmal der deutschen Sprache mächtig ist, auf Englisch eine Erklärung abzugeben, in deren Inhalt er den Ortsvorsteher beleidigt. Dies empfanden ich und andere als eine Unverschämtheit.“ In einem Leserbrief an die Rhein-Neckar-Zeitung äußerte sich die Beklagte zu der Rede des Klägers u.a. wie folgt: „(…) Da bemüht sich eine Bürgerinitiative um eine Standortlösung für den geplanten Funkmast (…) Und was tun diese Bürgervertreter? Ignorieren die Zweifel und Ängste der Bürger (ein Ortschaftsrat ergeht sich sogar in Beleidigungen gegen Mitglieder der Bürgerinitiative und fremdenfeindlichen Äußerungen) und verspielen die Chance, (…) möglichst viele Bürger mitzunehmen (…)“.
Der Kläger hat im Wege der Klage von der Beklagten die Unterlassung der Behauptung verlangt, er würde fremdenfeindliche Äußerungen tätigen. Das Amtsgericht Heidelberg hat die Klage in erster Instanz abgewiesen.
Dieses Urteil hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Heidelberg mit ihrem Urteil vom 13.12.2013 bestätigt und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zwar seien die Äußerungen der Beklagten geeignet, die persönliche Ehre des Klägers zu beeinträchtigen, sie seien jedoch durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung geschützt und daher nicht rechtswidrig. Die Äußerung der Beklagten stehe in sachlichem Zusammenhang mit der Stellungnahme des Klägers in der Sitzung des Ortschaftsrats, in welcher der Kläger selbst zur Unterstreichung seiner Kritik am Verhalten der Funkmastgegner ausdrücklich auf die Herkunft und Deutschkenntnisse eines Mitglieds der Bürgerinitiative Bezug genommen habe. Auf diese Argumentation habe die Beklagte mit ihrem Leserbrief reagiert und damit inhaltlich an die Auseinandersetzung angeknüpft. Es habe auch nicht die persönliche Herabsetzung des Klägers im Vordergrund gestanden, zumal dieser nicht namentlich genannt worden sei. Die Beklagte habe mit ihrer Äußerung die Kritik am sachlichen Gehalt der Äußerung und nicht an der Person des Klägers in den Vordergrund gestellt. Der Kläger habe sein Amt und das Forum der Ortschaftsratssitzung vor einer Vielzahl von Zuhörern genutzt, seine Sichtweise mit den von ihm gewählten Argumenten darzulegen. Entsprechend müsse ihm abverlangt werden, eine zugespitzte Reaktion der Öffentlichkeit hinzunehmen, selbst wenn sie sein Ansehen mindere. Es stehe dem Kläger offen, sich seinerseits im Meinungskampf wieder öffentlich zur Wehr zu setzen.
Quelle: Pressemitteilung des LG Heidelberg vom 10.01.2014