Örtliche Zuständigkeit der Gerichte bei Klagen des Versicherten aus einer Fremdversicherung

OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 18.04.2012 – 5 U 196/11

Bei einer Fremdversicherung ist in entsprechender Anwendung von § 215 Abs. 1 S. 1 VVG für Klagen des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherte seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 28.09.2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – an das Landgericht Osnabrück zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

A.

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Erbringung von Leistungen aus einer zwischen der T…GmbH mit Sitz in . M… (im Folgenden T… genannt) und der Beklagten abgeschlossenen Gruppen-Reiserücktrittskostenversicherung. Die Kläger buchten am 08.12.2009 bei der T… eine Namibia-Reise für den Reisezeitraum 20.04. bis 27.04.2010 zum Preis von zusammen 13.080,- €. Das ausgefüllte und unterschriebene Buchungsformular enthält den Hinweis auf eine – so wörtlich – „für jeden Teilnehmer abgeschlossene Reiserücktrittskosten-Versicherung“. In den bei Vertragsabschluss vorliegenden „Versicherungsbedingungen für Reiseversicherungen“ der Beklagten (VB-ERV 2007), deren Geltung und wirksame Einbeziehung in den vorliegenden Reisevertrag zwischen den Parteien nicht im Streit steht, heißt es unter Art. 10.1, dass Gerichtsstand für Klagen gegen die Beklagte München oder der Wohnsitz des Versicherungsnehmers in Deutschland ist. Ergänzend wird hierzu auf Bl. 57 ff. Bezug genommen. Im Zeitpunkt der Einleitung des Rechtsstreits war die Klägerin zu 2.) in Lengerich und damit außerhalb des Bezirks des Landgerichts Osnabrück gemeldet. Die Kläger stornierten die Reise einen Tag vor deren Beginn wegen einer vermeintlichen plötzlichen Erkrankung der Klägerin zu 2) und erhielten daraufhin 1.790,- € von der T… erstattet. Den Restbetrag in Höhe von 10.635,- € haben sie als Stornierungskosten gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Diese lehnte eine Erstattung u.a. mit der Begründung ab, der Versicherungsfall sei nicht eingetreten.

2

Die Kläger sind der Auffassung gewesen, dass das Landgericht Osnabrück für die Klage örtlich zuständig sei. Aus dem vorliegenden Buchungsformular und den Versicherungsbedingungen ergebe sich nicht, dass sie, die Kläger, nicht „Versicherungsnehmer“ geworden seien. Sofern sie versicherte Personen wären, dürften sie in analoger Anwendung des § 215 VVG an ihrem Wohnsitz Klage gegen die Beklagte erheben. Beide – sowohl der Kläger als auch die Klägerin – hätten schon lange vor der Klageeinreichung überwiegend eine gemeinsame Wohnung in Melle – also im Landgerichtsbezirk Osnabrück – bewohnt.

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Die Kläger haben beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an sie

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1) 10.635,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.07.2010 zu zahlen;

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2) außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 837,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.08.2010 zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

9

Sie hat die Auffassung vertreten, dass das angerufene Landgericht örtlich unzuständig sei. Allenfalls sei das für die T… zuständige Landgericht Konstanz zuständig. Der Klageanspruch sei auch inhaltlich nicht berechtigt.

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Das Landgericht hat die Klage im Wege des Prozessurteils als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich weder aus den vorliegenden Versicherungsbedingungen noch aus § 215 VVG dessen örtliche Zuständigkeit ergebe. In beiden Fällen komme es auf den Wohnsitz des „Versicherungsnehmers“ an. Die Kläger seien jedoch nur „versicherte Personen“. Für eine analoge Anwendung der Regelung des § 215 VVG auf versicherte Personen bestehe aufgrund des klaren Gesetzeswortlauts keine Veranlassung. Im Übrigen habe die Klägerin zu 2.) ihren Wohnsitz auch nicht im Landgerichtsbezirk Osnabrück.

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Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie weiterhin die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Osnabrück geltend machen. Sie beanstanden, dass das Landgericht Osnabrück seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint habe. Diese ergebe sich aus § 215 Abs. 1 VVG, der nicht allein auf das Verhältnis des Versicherers zum Versicherungsnehmer Anwendung finde, sondern auch Klagen von versicherten Personen erfasse. Deren Interessenlage sei bezogen auf eine wohnortnahe Klagemöglichkeit mit derjenigen eines Versicherungsnehmers vergleichbar. Die Vorschrift weise eine planwidrige Regelungslücke auf.

12

Die Kläger beantragen,

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die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Landgericht Osnabrück zurückzuverweisen.

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Die Beklagten beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näheren Ausführungen zur örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts.

B.

I.

17

Die Berufung der Kläger ist zulässig. Prinzipiell ist eine Berufung mit einem Sachantrag, der – wie hier – nur auf die Aufhebung und Zurückverweisung gerichtet ist, mangels eines auf Abänderung des Urteils gerichteten Antrags zwar unzulässig (Zöller-Heßler, ZPO-Komm., 29. Aufl., § 520 Rn. 28). Allerdings enthält der Antrag auf Aufhebung und Zurückverweisung in der Regel konkludent auch den in der ersten Instanz gestellten Sachantrag (vgl. Zöller-Heßler, aaO, § 538 Rn. 56 m.w.N.). Das ist auch hier der Fall. Die Kläger erstreben eine Zurückverweisung ersichtlich nicht um ihrer selbst willen, sondern um ihr bisheriges Sachbegehren weiterzuverfolgen. In einem solchen Fall schadet es nicht, wenn ein ausdrücklicher Sachantrag unterbleibt (vgl. BGH, NJW-RR 1995, 1154 (1154)).

II.

18

Auch in der Sache hat die Berufung der Kläger Erfolg. Auf ihren Antrag war das Verfahren an das Landgericht Osnabrück zurückzuverweisen, § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Eine eigene Entscheidung des Senats nach § 538 Abs. 1 ZPO wäre vorliegend nicht sachdienlich gewesen. Das wäre mit dem Verlust einer Tatsacheninstanz verbunden; das Interesse der Parteien an einer schnelleren Erledigung überwiegt demgegenüber nicht.

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Das Landgericht Osnabrück ist örtlich zuständig. Das ergibt sich aus § 215 Abs. 1 VVG analog in Verbindung mit den §§ 12 ff., 35 ZPO. Die Kläger haben von dem ihnen zustehenden Wahlrecht, am Wohnsitz des Klägers zu 1) Klage gegen die Beklagte zu erheben, wirksam Gebrauch gemacht.

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1) Zwar ist dem Landgericht im Ausgangspunkt darin zu folgen, dass die Kläger nicht Versicherungsnehmer, sondern nur versicherte Personen in der vorliegenden Reiserücktrittskostenversicherung sind. Anhand der Erläuterungen im Glossar der hier vorliegenden AVB wird für den durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Kunden hinreichend deutlich, dass er nicht „Versicherungsnehmer“, sondern lediglich „versicherte Person“ ist. Dort ist unter Buchstabe „V“ als „Versicherungsnehmer“ derjenige bestimmt, der mit der Beklagten einen Versicherungsvertrag abgeschlossen hat, wohingegen als „versicherte Personen“ die im Versicherungsschein oder Zahlungsbeleg namentlich genannten Personen oder der im Versicherungsschein beschriebene Personenkreis definiert sind.

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2) Allerdings ist auch versicherten Personen, die Verbraucher sind, die Möglichkeit eröffnet, an ihrem eigenen Wohnsitz Klage zu erheben.

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a) Auf den Rechtsstreit findet das VVG in der seit dem 1.1.2008 geltenden Fassung Anwendung, da der vorliegende Versicherungsvertrag erst danach geschlossen worden ist.

23

b) Nach dem klaren Wortlaut des § 215 Abs. 1 VVG erstreckt sich das Wahlrecht zwar nicht auf die versicherte Person. Allerdings findet die Vorschrift auf versicherte Personen entsprechende Anwendung. Das gilt zumindest dann, wenn es sich dabei – wie im vorliegenden Fall – um Verbraucher im Sinne des § 13 BGB handelt.

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aa) Eine Analogie setzt voraus, dass das Gesetz eine Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGHZ 105, 140, 143; NJW 2003, 1932, 1933; NJW 2007, 992, 993). Die Unvollständigkeit des Gesetzes muss „planwidrig” sein. Der dem Gesetz zu Grunde liegende Regelungsplan ist im Wege der historischen und teleologischen Auslegung zu erschließen; es ist zu fragen, ob das Gesetz – gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht – planwidrig unvollständig ist (BGHZ 149, 165, 174; NJW 2007, 992, 993).

25

bb) Diese Voraussetzungen liegen vor. § 215 Abs. 1 VVG weist eine planwidrige Regelungslücke auf, weil danach Verbraucher, die nicht Versicherungsnehmer, sondern versicherte Personen sind, nicht befugt sind, an ihrem Wohnsitz Klage gegen den Versicherer zu erheben.

26

(1) Die Frage, ob § 215 Abs. 1 VVG auch für andere am Versicherungsvertrag beteiligte Personen als dem Versicherungsnehmer einen Gerichtsstand für Klagen gegen den Versicherer an ihrem eigenen Wohnsitz begründet, ist umstritten.

27

Teilweise wird dies jedenfalls für natürliche Personen befürwortet (so Klimke in Prölss/Martin, aaO, § 215 VVG Rn. 18 f.; Rixecker in: Römer/Langheid, VVG-Komm., 3. Aufl., § 215 Rn. 3: Marlow/Spuhl, VVG-Handbuch, 4. Aufl., Rn. 1486; tendenziell befürwortend, aber im Ergebnis offenlassend: Franz, VersR 2008, 307, 311). Das wird mit der im Wesentlichen gleichen Interessenlage begründet und der im Verhältnis zum Versicherer ebenfalls typischerweise vorhandenen Unterlegenheit der versicherten Person.

28

Gegenstimmen lehnen dies indes ab. Teilweise wird dabei die Auffassung vertreten, dass § 215 Abs. 1 VVG auf sonstige an dem Versicherungsvertrag Beteiligte grundsätzlich nicht anzuwenden sei (so LG Limburg, Beschl. vom 17.11.2011, Az. 4 O 280/11 b. juris m.w.N; LG Halle, Beschl. v. 15.10.2010 – 5 O 406/10NJW-RR 2011, 114). Teilweise wird zwar eine Anwendbarkeit auch auf versicherte Personen befürwortet, allerdings nur insoweit, als diese eine Klage am Wohnsitz des „Versicherungsnehmers“ erheben könnten (LG Cottbus, Urt. v. 04.05.2011, Az. 5 S 78/10, BecksRS 2011, 27578; Looschelders in: Münchener Kommentar zum VVG, § 215 Rn. 16; Muschner in Rüffer/Halbach/Schimikowski, Komm. zum VVG, 2. Aufl., § 215 Rn. 12; kritisch hierzu: Fricke, VersR 2009, 15, zu Ziff. II.2).

29

(2) Der Senat ist der Auffassung, dass § 215 Abs. 1 VVG auf versicherte Personen, die Verbraucher sind, entsprechend anzuwenden ist.

30

(a) § 215 Abs. 1 VVG enthält insoweit eine Regelungslücke. Durch die Regelung soll der prozessuale Rechtsschutz des Verbrauchers gestärkt werden (Begr. RegE, BT-Drucks. 16/3945, S. 117). Bezweckt ist, dem Versicherungsnehmer Klagen gegen den Versicherer und einen Vermittler zu erleichtern, indem eine ihm günstige weitere örtliche Zuständigkeit geschaffen, und für gegen ihn gerichtete Klagen ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet wird (Rixecker in Römer/Langheid, aaO, § 215 Rn. 1). Dieser Schutzzweck trifft auch auf Verbraucher zu, die versicherte Personen einer Gruppen-Reiserücktrittskostenversicherung sind. Gruppenversicherungen, die Händler oder Dienstleister produkt- oder dienstleistungsakzessorisch mit Versicherern abschließen, schützen in aller Regel Verbraucher, die Konsumgüter erwerben (wie etwa Restschuldversicherungen) oder die Dienstleistungen in Anspruch nehmen, wie etwa hier Reiseleistungen. Für den Verbraucher ist entscheidend, dass das versicherte Risiko abgedeckt ist; welche Stellung er dabei in versicherungsrechtlicher Hinsicht einnimmt, ist für ihn von untergeordneter Bedeutung. Regelmäßig kann er auch keinen Einfluss darauf nehmen, ob er „Versicherungsnehmer“ oder nur „versicherte Person“ wird. Die Bedingungen, zu denen er Versicherungsschutz erlangen kann, werden ihm üblicherweise vom Händler oder Dienstleister mittels für eine Vielzahl von Kunden vorformulierter Vertragsbedingungen vorgegeben.

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Dem Schutzzweck des § 215 Abs. 1 VVG wird nicht schon dadurch entsprochen, dass die versicherte Person am Sitz des jeweiligen Versicherungsnehmers Klage erheben kann. Denn dieser befindet sich – wie der vorliegende, nicht untypische Fall zeigt – häufig weit entfernt von seinem eigenen Wohnsitz.

32

(b) Die aufgezeigte Regelungslücke ist planwidrig. Der Gesetzgeber hatte bei der Regelung des § 215 Abs. 1 VVG offensichtlich nicht im Blick, dass viele Versicherungsverträge mit Verbrauchern geschlossen werden, bei denen der Verbraucher nicht Versicherungsnehmer, sondern nur versicherte Person ist. Hätte der Gesetzgeber dies bedacht, hätte er die Vorschrift auch auf versicherte Personen erstreckt.

33

Dass der Verbraucher, der Versicherungsnehmer ist, an seinem Wohnort Klage gegen den Versicherer erheben kann, wohingegen er das als versicherte Person nicht kann, erweist sich nach der gesetzgeberischen Wertentscheidung als eine nicht verständliche Ungleichbehandlung bei im Wesentlich gleich gelagerter Interessenlage. Ein sachlich gerechtfertigter Grund für diese Ungleichbehandlung ist nicht ersichtlich. Für den Verbraucher ist eine Unterscheidung zwischen „versicherten Personen“ und „Versicherungsnehmern“ in der Regel schwer nachvollziehbar; aus seiner Sicht „vermittelt“ ihm der Händler oder Dienstleister eine Versicherung, so dass er sich als Inhaber der wesentlichen Rechte aus dem Versicherungsvertrag ansieht. Der Verbraucher kann auch in der Regel nicht beurteilen, welche Vor- und Nachteile es mit sich bringt, wenn er lediglich „versicherte Person“ ist.

34

Diese Ungleichbehandlung entspricht nach Auffassung des Senats nicht dem Willen des Gesetzgebers. Entgegen der Auffassung des Landgerichts Cottbus (aaO) lässt sich nicht annehmen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Neufassung des VVG in § 215 Abs. 1 VVG bewusst eine Regelung getroffen hat, die allein auf den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Versicherungsnehmers abstellt. Der Gesetzgeber hat dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit geben wollen, entsprechend der in § 29 c ZPO getroffenen Regelung an seinem Wohnsitz Klage zu erheben (Begr. RegE, BT-Drucks. 16/3945, S. 117). Weiteren Aufschluss über die mit § 215 Abs. 1 VVG verbundene Absicht des Gesetzgebers geben die Gesetzesmaterialien nicht. Demgegenüber ergibt sich beispielhaft aus der Regelung des § 44 Abs. 1 S. 1 VVG, dass der versicherten Person nach dem Willen des Gesetzgebers selbstständig einklagbare Rechte zustehen sollen. Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 48 VVG a.F. – anders als an anderer Stelle des neuen VVG – an eine Konstellation, bei der ein Verbraucher an einem Versicherungsvertrag als versicherte Person beteiligt ist, nicht gedacht hat. Hätte er dies bedacht, hätte er die Möglichkeit der Klagerhebung am Wohnsitz des Verbrauchers in § 215 VVG auch zugunsten der – ebenso schützenswerten – versicherten Person vorgesehen.

35

b) Das Landgericht Osnabrück ist für den Rechtsstreit beider Kläger örtlich zuständig. Der Kläger zu 1) hat seinen allgemeinen Gerichtsstand gem. §§ 12 f. ZPO beim Landgerichtsbezirk Osnabrück, da er im Zeitpunkt der Klagerhebung innerhalb dessen Bezirks gewohnt hat. Dabei kann offen bleiben, ob er seinen Wohnsitz unter seiner Meldeanschrift in Bad Rothenfelde oder in Melle gehalten hat, da beide Orte innerhalb des Landgerichtsbezirks Osnabrück liegen.

36

Dass die Klägerin zu 1) im Zeitpunkt der Klagerhebung unter einer Anschrift außerhalb des Landgerichtsbezirks Osnabrück gemeldet war, steht der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Osnabrück nicht entgegen. Denn den Kläger steht gemäß § 35 ZPO ein Wahlrecht zu, an welchem der für sie in Betracht kommenden allgemeinen Gerichtsstände sie Klage erheben wollen. Diese Vorschrift findet bei aktiver Streitgenossenschaft – wie sie auch hier vorliegt – Anwendung, wenn die Zuständigkeit an den Klägerwohnsitz anknüpft (Zöller-Vollkommer, ZPO-Komm., 29. Aufl., § 35 Rn. 1). Sie gilt mithin auch für einen sich aus § 215 Abs. 1 VVG ergebenden Wahlgerichtsstand. Mit der Klagerhebung vor dem Landgericht Osnabrück haben die Kläger in wirksamer Weise von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht.

C.

37

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst; das Landgericht hat über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden (vgl. Zöller-Heßler, aaO, § 538 Rn. 58). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Ausnahmsweise bedarf es dabei nicht des Ausspruches einer Abwendungsbefugnis gem. § 711 ZPO (OLG München, Urteil vom 11.11.2011 – 10 U 2024/11, BeckRS 2011, 25922).

38

Die Revision war gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Eine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage der analogen Anwendbarkeit des § 215 Abs. 1 VVG auf versicherte Personen liegt noch nicht vor.

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